Entscheidungsstichwort (Thema)
Leibgedinge (Alterteil) im Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
In einem Leibgedinge (Altenteil) ausbedungene Sachleistungen und Wohnrechte unterliegen nicht dem Versorgungsausgleich.
Normenkette
BGB § 1587
Verfahrensgang
OLG München (Beschluss vom 13.03.1990) |
AG Nördlingen |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 4. Zivilsenats, zugleich Familiensenat, des Oberlandesgerichts München mit dem Sitz in Augsburg vom 13. März 1990 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 4.218,60 DM.
Tatbestand
I.
Der 1905 geborene Ehemann (Antragsgegner) und die 1909 geborene Ehefrau (Antragstellerin) schlossen am 24. Juni 1930 die Ehe, aus der die inzwischen erwachsenen Söhne Michael und Adolf hervorgingen. Während ihres Zusammenlebens betrieben die Parteien eine Landwirtschaft mit Schäferei. Im Jahre 1956 übergaben sie ihren Grundbesitz mit landwirtschaftlichem Inventar an den Sohn Michael gegen ein Gutsabstandsgeld von 7.500 DM und ein Leibgedinge zu ihren Gunsten sowie ein Wohnrecht zugunsten des Sohnes Adolf.
Im Rahmen des Leibgedinges wurde das Grundstück, auf dem die Hofgebäude stehen, mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit des Inhalts belastet, daß beiden Parteien das Wohnrecht an einer Stube mit anschließender Kammer sowie das Recht zur Mitbenutzung von in gemeinschaftlichem Gebrauch stehenden Räumen zusteht. An dem gesamten Grundbesitz wurde eine Reallast bestellt, wonach die Parteien jährlich bestimmte Mengen an Lebensmitteln (darunter ein Stück Schlachtvieh) und Heizmaterial erhalten sollten, dazu Beleuchtung und Wasser, ferner pro Monat ein Pfund Butter und ein Taschengeld von 30 DM, schließlich pro Tag 1 ½ Liter Milch. Anstelle der Naturalreichnisse sollte Kost am Tisch des Hauses gewählt werden können. Weiter wurden Pflegeleistungen für den Fall der Krankheit und des Alters mit Übernahme von nicht durch Krankenkassen abgedeckten Arzt- und Apothekerkosten ausbedungen, dazu die Tragung der Beerdigungskosten.
Nach der Hofübergabe betrieb der Ehemann noch bis 1965 die Schäferei weiter. Die Schafe wurden sodann verkauft und aus dem Erlös ein Anwesen erworben, in das der Ehemann 1967 allein entzog. Seit dieser Zeit lebten die Parteien getrennt. Das Scheidungsverbundverfahren wurde am 25. März 1988 rechtshängig. Zu diesem Zeitpunkt lebte der Ehemann bereits in einem Heim, da er einen Schlaganfall erlitten hatte und auf den Rollstuhl angewiesen war. Die Ehefrau wird auf dem übergebenen Hof versorgt.
In der Ehezeit (1. Juni 1930 bis 29. Februar 1988, § 1587 Abs. 2 BGB) hat der Ehemann Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, woraus er bereits seit Ende 1963 eine Rente bezieht, die sich bei Ende der Ehezeit auf monatlich 790,60 DM belief. Die Ehefrau erhält eine Unfallrente der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft von monatlich 252 DM sowie Leistungen nach dem Kindererziehungsleistungsgesetz – KLG – in Höhe von monatlich 57,60 DM.
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat durch Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, daß im Wege des Splittings Anrechte des Ehemannes aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 351,55 DM (Hälfte des Ehezeitanteils seiner Rente) auf das Konto der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Schwaben übertragen werden.
Gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs hat der Ehemann Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, einen Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau ganz oder teilweise nicht durchzuführen. Dabei hat er sich auf die gesetzlichen Härteregelungen, auf ihre Anrechte aus dem Leibgedinge und die Leistungen nach dem KLG berufen.
Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die – zugelassene – weitere Beschwerde des Ehemannes, mit der er sein zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Nach der Auskunft der Landesversicherungsanstalt Schwaben hat der Ehemann Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 780,30 DM erlangt, von denen monatlich 703,10 DM auf die Ehezeit entfallen. Tatsächlich belief sich jedoch die von ihm bei Ehezeitende bezogene Rente auf monatlich 790,60 DM. Ob der auszugleichende Anteil deshalb höher anzusetzen ist als sich aus der Auskunft ergibt (vgl. dazu etwa Senatsbeschluß vom 14. Oktober 1981 – IVb ZB 504/80 – FamRZ 1982, 33), kann aber dahinstehen, da hier eine Erhöhung des Ausgleichsbetrages aufgrund des Verbots der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (Senatsbeschluß BGHZ 85, 180) nicht zulässig ist. Die Entscheidung über den Ausgleich des Rentenanrechts braucht auch nicht wegen des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Rentenreformgesetzes 1992 korrigiert zu werden. Denn am 1. Januar 1992 bereits laufende Altersruhegelder der gesetzlichen Rentenversicherung werden, solange sie nicht neu festgestellt werden müssen, durch dieses Gesetz nicht berührt (§ 300 Abs. 3 SGB VI), so daß es im vorliegenden Fall hierwegen keiner weiteren Ermittlungen bedarf (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 7. Oktober 1992 – XII ZB 58/91 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die von der Ehefrau bezogene Unfallrente der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft hat Entschädigungscharakter und unterfällt aus diesem Grunde nicht dem Versorgungsausgleich (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 2. Aufl. § 1587 Rdn. 14). Weiter hat das Oberlandesgericht mit Recht angenommen, daß Leistungen nach dem KLG vom 12. Juli 1989 (BGBl I 1585) nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen (Senatsbeschluß vom 27. Februar 1991 – XII ZB 147/90 – FamRZ 1991, 675).
Nach dem Vorangegangenen ergibt sich für die Ehefrau somit ein Ausgleichsanspruch in Höhe von monatlich 351,55 DM.
2. Im Ergebnis zu Recht hat es das Oberlandesgericht abgelehnt, Anrechte der Parteien aus dem 1956 bestellten Leibgedinge in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Bei einer Berücksichtigung auf selten der Ehefrau käme eine Verkürzung ihres Ausgleichsanspruchs in Betracht; das ist aber nicht gerechtfertigt.
In seinem Beschluß vom 6. Mai 1982 (IVb ZB 550/80 – FamRZ 1982, 909) hat es der Senat grundsätzlich nicht für ausgeschlossen angesehen, daß Versorgungsansprüche, die durch ein Leibgedinge begründet werden, in den Versorgungsausgleich einbezogen werden können. Er ist insbesondere der Auffassung entgegengetreten, daß solche Versorgungsansprüche in der Regel nicht im Sinne von § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB „mit Hilfe des Vermögens begründet” worden sind. Das neuere Schrifttum vertritt überwiegend die gleiche Auffassung (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 52. Aufl. § 1587 Rdn. 17; Erman/v. Maydell BGB 8. Aufl. § 1587 Rdn. 9, 16; Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O. § 1587 Rdn. 17; Schwab/Hahne, Handbuch des Scheidungsrechts 2. Aufl. Teil VI Rdn. 25, 30; Wick in FamGb § 1587 BGB Rdn. 17, 22; Borth, Versorgungsausgleich 2. Aufl. S. 14 Rdn. 30; – a.A. Bergner in RVO Verbandskommentar Vorbem. § 1304 Anm. 4.6 zu § 1587 BGB unter „Leibgedinge”; Rahm/Lardschneider, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens Teil V Rdn. 44), teilweise allerdings mit der Einschränkung, daß insoweit nur Geldleistungen, nicht auch Sachleistungen dem Versorgungsausgleich unterliegen können (MünchKomm/Maier 2. Aufl. § 1587 Rdn. 13 und § 1587a Rdn. 299, 300; Soergel/Zimmermann BGB 12, Aufl. § 1587a Rdn. 188). Daß nur Geldrenten, mangels Artgleichheit nicht auch wiederkehrende Sachleistungen, wie etwa Deputate, Gegenstand des Versorgungsausgleichs sein können, soll nach verbreiteter Ansicht allgemein gelten (vgl. Zimmermann, Versorgungsausgleich bei betrieblicher Altersversorgung S. 144 f; Höfer/Reiners/Wüst BetrAVG 3. Aufl. Bd. I ART Rdn. 1014; Gernhuber, Familienrecht 3. Aufl. 28 III 1 S. 330; Voskuhl/Pappai/Niemeyer, Versorgungsausgleich in der Praxis § 1587 BGB Anm. II 1 c S. 14; Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch 1. EheRG § 1587 BGB Rdn. 4, 6; Göppinger, Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung 6. Aufl. Rdn. 365). Wenn es in der Begründung des Regierungsentwurfs zum 1. EheRG u.a. heißt, das Altenteil werde vom Versorgungsausgleich nicht erfaßt (BT-Drucks. 7/650 S. 155), könnte dem dieselbe Ansicht zugrunde liegen.
Für die einschränkende Auffassung, daß die typischerweise in einem Leibgedingevertrag (Altenteil) ausbedungenen Sachleistungen und Wohnrechte (vgl. dazu BGHZ 53, 41 ff) nicht in den Versorgungsausgleich fallen, sprechen gewichtige Gründe. Wenn es auch mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar wäre, Naturalreichnisse als „ähnliche wiederkehrende Leistungen” im Sinne von § 1587a Abs. 2 Nr. 4 BGB aufzufassen und diese unter Heranziehung der Auffangvorschrift des § 1587a Abs. 5 BGB nach billigem Ermessen zu bewerten (so etwa OLG Nürnberg Mitt. BayNot 1980, 28), ist nicht zu leugnen, daß die Grundkonzeption des Versorgungsausgleichs auf Geldrenten sowie Anwartschaften und Aussichten darauf zugeschnitten ist. Außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung hat insbesondere zur qualitativen Angleichung in der Regel eine Umrechnung mit Hilfe der BarwertVO (§ 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB) stattzufinden, wobei die beigegebenen Tabellen auf versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhen (vgl. BR-Drucks. 191/77 S. 15). Für den Wert von Sachleistungen, auch von Wohnrechten, besteht aber keine versicherungsmathematische Kalkulierbarkeit (vgl. Zimmermann aaO). Wohnrechte werden häufig, wie auch im vorliegenden Fall, in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§ 1093 BGB) bestellt. Es liegt nahe, sie wie andere dingliche Nutzungsrechte in einen güterrechtlichen Ausgleich und nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (vgl. Staudinger/Thiele BGB 12. Aufl. § 1374 Rdn. 5; Schwab Handbuch a.a.O. Teil VII Rdn. 42; s.a. Winkler in AgrarR 1978, 239, 243 sowie in Ehescheidung in der Landwirtschaft – 1986 – S. 35, 59 f, der bei grundsätzlicher Befürwortung des Versorgungsausgleichs beim Leibgedinge das Wohnrecht ausklammern will). Auch Gründe der praktischen Handhabung sprechen gegen eine Einbeziehung in den Versorgungsausgleich. Wenn einem ausgleichspflichtigen Ehegatten, der keine anderweiten Geldeinkünfte und Versorgungsanrechte hat, aus einem Leibgedinge ausschließlich Naturalleistungen und Wohnvorteile zufließen, müßte ein Versorgungsausgleich grundsätzlich in der Weise durchgeführt werden, daß er an den ausgleichsberechtigten Ehegatten gemäß § 1587g BGB eine Geldrente zu zahlen hätte. Er wäre also genötigt, Monat für Monat einen Teil der ihm zufließenden Reichnisse in Geld umzusetzen, um seiner Zahlungsverpflichtung nachkommen zu können. Das ist praktisch kaum durchführbar und – jedenfalls im hohen Alter – auch nicht zumutbar. Andererseits kann für die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich nicht danach differenziert werden, ob im Einzelfall das Anrecht auf selten des Verpflichteten oder des Berechtigten zu berücksichtigen ist oder ob dem Verpflichteten daneben Geldmittel zur Verfügung stehen oder nicht. Der Senat schließt sich deshalb der Auffassung an, daß ein Leibgedinge jedenfalls insoweit nicht dem Versorgungsausgleich unterliegt, als es sich um Anrechte auf Sachleistungen sowie um Wohnrechte handelt.
Im vorliegenden Fall stehen der Ehefrau aus dem Leibgedinge – neben nicht wiederkehrenden, fallbezogenen Leistungen, die schon deswegen ausscheiden müssen – ausschließlich solche Anrechte zu. Zwar ist ihr auch zusammen mit dem Ehemann ein monatliches Taschengeld von 30 DM ausgesetzt (zur Mitberechtigung vgl. Winkler a.a.O. S. 60 und Meder BWNotZ 1982, 36), aber dieses ist so geringfügig, daß es als Ergänzung und Bestandteil der Naturalleistungen anzusehen und daher wie diese zu behandeln ist (vgl. für das Unterhaltsrecht Senatsurteil vom 3. Dezember 1980 – IVb ZR 537/80 – FamRZ 1981, 250, 252). Eine Einbeziehung in den Versorgungsausgleich scheidet somit insgesamt aus; allenfalls können ihre Anrechte Gegenstand eines Zugewinnausgleichs (vgl. Oehlers in Brühler Schriften zum Familienrecht – 5. DFGT S. 97) oder unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen sein.
Der Ehemann war zu Ehezeitende nicht mehr in der Lage, Ansprüche aus dem Leibgedinge wahrzunehmen, aber es kam – wie das Oberlandesgericht in anderem Zusammenhang ausgeführt hat – eine Umwandlung in eine Geldrente gemäß Art. 96 EGBGB i.V. mit Art. 18 BayAGBGB in Betracht. Es kann offenbleiben, ob ein so zustandegekommener Geldrentenanspruch Gegenstand des Versorgungsausgleichs sein kann. Hier war die Umwandlung bei Ehezeitende jedenfalls noch nicht vollzogen. Ebenso wie bei einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht das Wahlrecht zu diesem Stichtag bereits ausgeübt sein muß (vgl. Senatsbeschluß BGHZ 88, 386, 392 f), wäre Voraussetzung für die Einbeziehung des Geldrentenanspruchs in den Versorgungsausgleich, daß es zu einer Umwandlung bereits gekommen ist.
3. Die weitere Beschwerde rügt vornehmlich, das Oberlandesgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen eines Ausschlusses des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587c Nr. 1 BGB verneint. Hierzu ist im angefochtenen Beschluß im wesentlichen ausgeführt, der Ausgleich führe vorliegend nicht zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ehemannes. Dieser habe nach seinen Angaben bisher die Heimkosten, soweit sie seine Renteneinkünfte übersteigen, aus seinem Vermögen bestritten, ohne Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Rechte aus dem Leibgedinge stünden ihm an sich in gleicher Weise zu wie der Ehefrau; er habe die rechtliche Möglichkeit, aufgrund veränderter Verhältnisse insoweit eine Umwandlung in eine Geldrente zu verlangen. Es könne auch nicht angenommen werden, daß die Ehefrau auf die Übertragung des Rentenanspruchs im Wege des Versorgungsausgleichs nicht angewiesen sei, zumal sie aufgrund der Scheidung selbst für eine Krankenversicherung sorgen müsse. Das langjährige Getrenntleben der Parteien könne zwar im Rahmen des § 1587c Nr. 1 BGB berücksichtigt werden, dem stehe aber im vorliegenden Fall entgegen, daß während der Trennungszeit nur noch eine geringfügige Rentenanwartschaft in Höhe von rund 30 DM vom Ehemann erworben worden sei.
Demgegenüber macht die weitere Beschwerde geltend, im Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung sei jedenfalls abzusehen gewesen, daß der Ehemann künftig als Folge des Versorgungsausgleichs auf öffentliche Unterstützung angewiesen sein werde. Soweit das Oberlandesgericht einen Anspruch auf Umwandlung des Leibgedinges in eine Geldrente angenommen habe, fehlten dazu ausreichende Feststellungen. Die Ehefrau sei auch ohne den Versorgungsausgleich hinreichend versorgt. Insbesondere habe sie unabhängig von einem Krankenversicherungsschutz Anspruch auf Pflege im Krankheitsfall gegenüber dem Übernehmer des Hofes, was das Oberlandesgericht verkannt habe.
Damit vermag die weitere Beschwerde nicht durchzudringen. Von dem Ausnahmetatbestand des § 1587c Nr. 1 BGB ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur Gebrauch zu machen, wenn die Durchführung des Versorgungsausgleichs seinem Grundgedanken – für beide Eheleute nach der Scheidung den Grundstück zu einer eigenständigen Alterssicherung zu legen und dadurch auch dem sozial schwächeren Teil zur wirtschaftlichen Selbständigkeit zu verhelfen – in unerträglicher Weise zuwiderlaufen würde. Unterhalb dieser Schwelle ist die Ausgleichspflicht grundsätzlich von der beiderseitigen wirtschaftlichen Lage der Ehegatten unabhängig. Eine grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1587c Nr. 1 BGB kann ausnahmsweise angenommen werden, wenn der Versorgungsausgleich nicht zu einer ausgewogenen sozialen Sicherheit der Ehegatten beitragen, sondern im Gegenteil zu einem erheblichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen würde. Dazu reicht es aber nicht aus, daß der Ausgleichsberechtigte wirtschaftlich besser dasteht. Eine Kürzung oder ein Ausschluß des Ausgleichs kommt vielmehr erst in Betracht, wenn der Berechtigte bereits eine ausreichende Versorgung hat oder über nicht ausgleichspflichtiges Grund- oder Kapitalvermögen verfügt, während der Verpflichtete auf die von ihm erworbenen Versorgungsanrechte dringend angewiesen ist (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 9. November 1988 – IVb ZB 161/86 – BGHR BGB § 1587c Nr. 1 Auswirkungen, wirtschaftl. 4 m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die Beurteilung des Tatrichters rechtlich nicht zu beanstanden. Der Ehemann hat trotz dahingehender Aufforderungen beider Vorinstanzen über seine finanziellen Verhältnisse keine klaren und nachprüfbaren Angaben gemacht, sondern sich auf den Vortrag beschränkt, die über seine Renteneinkünfte hinausgehenden Heimkosten finanziere er aus Ersparnissen, wobei nach dem Vorbringen im Termin vom 20. Februar 1990 ca. 30.000 DM vorhanden gewesen sein sollen, während die Ehefrau mindestens 100.000 DM behauptet hatte. Der von der weiteren Beschwerde erhobene Vorwurf eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) geht somit fehl, zumal das Gericht allgemein davon ausgehen kann, daß die Parteien für die Anwendung der Kärteklausel günstige Umstände von sich aus dartun (vgl. Senatsbeschluß vom 23. März 1988 – IVb ZB 51/87 – BGHR BGB § 1587c Nr. 1 Darlegungslast 1). Abgesehen davon rechtfertigt der Umstand, daß der ausgleichspflichtige Ehegatte infolge des Versorgungsausgleichs sozialhilfebedürftig wird oder der Sozialhilfe in verstärktem Maße bedarf, für sich noch nicht, den Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit zu verringern oder auszuschließen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 – IVb ZB 49/84 – BGHR BGB § 1587c Nr. 1 Auswirkungen, wirtschaftl. 1).
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts ist insgesamt nicht der Schluß gerechtfertigt, daß die ausgleichsberechtigte Ehefrau bereits hinreichend versorgt ist, während der Ehemann dringend auf sein ungekürztes Altersruhegeld angewiesen ist. Hierbei konnte ohne Rechtsverstoß berücksichtigt werden, daß dem Ehemann zuzumuten ist, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, die das Gesetz in bezug auf die Umwandlung seines Altenteilsanspruchs in eine Geldrente bietet. Aus dem Vorbringen der weiteren Beschwerde ergibt sich nicht, daß dahingehende Bemühungen des Ehemannes erfolglos geblieben wären. Das Oberlandesgericht hat auch den Leibgedingevertrag nicht falsch ausgelegt, wenn es davon ausgegangen ist, daß die abschließenden Parteien einen Krankenversicherungsschutz der Eltern vorausgesetzt haben, so daß die Ehefrau nicht ohne Rücksicht auf einen solchen für den Fall der Krankheit abgesichert ist. Es ist vielmehr rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß die Ehefrau ebenso wie der Ehemann der Teilhabe an der während der Ehe aufgebauten Versorgung des Ehemannes bedarf. Wenn es dem Gesichtspunkt des langjährigen Getrenntlebens der Parteien deswegen keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat, weil bei Beginn der Trennung die Anwartschaft auf Altersruhegeld bis auf einen Teilbetrag von rund 30 DM bereits entstanden war, ist dies rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit wird von der weiteren Beschwerde auch nichts erinnert.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Zysk, Knauber, Hahne
Fundstellen
Haufe-Index 1128860 |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1994, 257 |