Leitsatz (amtlich)
Eine Kapitalerhöhung ist auch im Wege der Erhöhung des einzelnen Geschäftsanteils jedenfalls dann zulässig, wenn der Inhaber dieses Anteils zu den Gründern gehört.
Normenkette
GmbHG §§ 5, 55 Abs. 3-4
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main |
LG Frankfurt am Main |
OLG Frankfurt am Main |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Anmelderin werden die Beschlüsse der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Main) vom 8. Februar 1973 und des Amtsgerichts – Registergerichts – Frankfurt (Main) vom 4. Januar 1973 aufgehoben.
Das Registergericht wird angewiesen, die Eintragung der am 1&. Dezember 1972 beschlossenen Kapitalerhöhung nicht aus den Gründen seines Beschlusses abzulehnen.
Gründe
I.
Die Gesellschafter der Anmelderin, einer GmbH, haben am 28. Dezember 1972 beschlossen, das Stammkapital der Gesellschaft von 20.000 DM auf 48.000 DM gegen Bareinlagen zu erhöhen. Von dem neuen Kapital soll die Bank, die zu den Gründern der Gesellschaft gehört, einen Betrag von 400 DM„im Wege der Erhöhung des von ihr gehaltenen Geschäftsanteils von DM 8.000 auf DM 8.400” übernehmen. Das Registergericht hat die Eintragung mit der Begründung abgelehnt, eine Kapitalerhöhung sei nach § 55 Abs. 3 und 4, § 5 Abs. 1 GmbHG nur durch Bildung neuer selbständiger Geschäftsanteile von mindestens 500 DM zulässig. Das Landgericht hat die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen. Deren weiterer Beschwerde möchte das Oberlandesgericht stattgeben. Es sieht sich hieran jedoch durch eine Entscheidung des 3. Kammergerichts vom 20. Februar 1908 (KGJ 35 A 186 = OLG 19, 372) gehindert und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG sind gegeben. In seinem zu I angeführten, auf weitere Beschwerde ergangenen Beschluß hat das Kammergericht unter Hinweis auf § 55 Abs. 3 und 4, § 57 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 5 Abs. 1 bis 3 GmbHG und die Begründung zu diesem Gesetz die Auffassung vertreten, das Stammkapital einer GmbH könne nicht durch Erhöhung der bereits vorhandenen, sondern nur durch Schaffung neuer selbständiger Geschäftsanteile erhöht werden. Das gelte auch für den Fall, daß die Stammeinlagen bereits voll gedeckt seien (ebenso Scholz, GmbHG 5. Aufl. § 55 Rn. 3; Vogel, GmbHG 2. Aufl. § 55 Anm. 1). Demgegenüber hält das vorlegende Oberlandesgericht Frankfurt (Main) jedenfalls bei Volleinzahlung der Stammeinlagen, wie sie hier gegeben sei, eine Erhöhung der einzelnen Stammeinlagen auch um einen unter 500 DM liegenden Betrag für möglich. Es folgt damit einer Ansicht, die im Schrifttum unter anderem von Pastor/Werner (DB 1968, 1935), Schilling (in Hachenburg, GmbHG 6. Aufl. § 55 Anm. 6), Baumbach/Hueck (GmbHG 13. Aufl. § 55 Anm. 1 B) und Scholz/Fischer (Kleinkomm. z. GmbHG 7. Aufl. § 55 Anm. 2 a) vertreten wird. Nach dieser Auffassung müßte es von der Entscheidung des Kammergerichts abweichen.
III.
In der Sache schließt sich der Senat im Ergebnis der Ansicht des vorlegenden Gerichts an. Wie sich aus § 5 Abs. 2, § 17 Abs. 6 und § 55 Abs. 4 GmbHG ergibt, geht der Gesetzgeber von dem Grundsatz der einheitlichen Beteiligung aus. Diesen Grundsatz durchbrechen § 15 Abs. 2 GmbHG für den Fall, daß ein Gesellschafter weitere Geschäftsanteile erwirbt, sowie § 55 Abs. 5 GmbHG, indem dort vorgesehen ist, daß ein der GmbH bereits angehörender Gesellschafter, der bei einer Kapitalerhöhung eine Stammeinlage auf das erhöhte Kapital übernimmt, einen weiteren Geschäftsanteil erwirbt. Hierfür ist der Gedanke maßgebend, daß der Rechtsvorgänger eines mit der Einzahlung der Stammeinlage säumigen und nach § 21 GmbHG aus der Gesellschaft ausgeschlossenen Gesellschafters dessen Geschäftsanteil nach § 22 Abs. 4 GmbHG erwirbt, wenn er den rückständigen Betrag bezahlt; ein solcher Rückerwerb setzt aber den Fortbestand des alten Geschäftsanteils voraus (Begr. zum Entw. eines GmbHG, Amtl. Ausgabe 1891, S. 60 f, 105). Diese Regelung dient der Aufbringung des Stammkapitals und damit vor allem dem Interesse der Gläubiger.
Für sie besteht dann kein Bedürfnis, wenn die in Frage kommenden Geschäftsanteile voll eingezahlt sind und eine Nachschußpflicht nicht besteht. Denn in diesem Fall scheiden der Rückgriff auf einen Vormann und der Erwerb des Geschäftsanteils durch diesen gemäß § 224 GmbHG aus. Deshalb hat der Senat in Übereinstimmung mit dem Reichsgericht (RGZ 142, 36, 39) eine Zusammenlegung von Geschäftsanteilen entgegen dem Wortlaut des 15 Abs. 2 GmbHG für zulässig erachtet, wenn die Stammeinlagen auf diesen Anteil voll geleistet sind und die Satzung keine Nachschußpflicht vorsieht (BGHZ 42, 89, 91 f).
Hieraus leiten Pastor/Werner (aaO S. 1936) her, eine durch Erhöhung des Nennbetrags eines Geschäftsanteils müsse erst recht statthaft sein. Denn während § 15 Abs. 2 GmbHG davon ausgehe, daß ein Gesellschafter von einem anderen eine noch nicht voll eingezahlte Stammeinlage erhalte und hierbei mit Rücksicht auf die Interessen der Gläubiger die Selbständigkeit der Anteile gewahrt bleiben müsse, könnten bei einer Kapitalerhöhung durch Erhöhung des eigenen Anteils schutzwürdige Interessen überhaupt nicht verletzt werden. Dabei ist freilich übersehen, daß es auch bei einer solchen Anteilsveränderung in der Hand desselben Inhabers zu jener Erschwernis des Erwerbs durch einen Rechtsvorgänger kommen kann, die der Gesetzgeber vermeiden wollte, nämlich dann, wenn die Stammeinlage, die erhöht werden soll, im Wege der Abtretung auf den jetzigen Anteilsinhaber übergegangen und noch nicht voll bezahlt ist.
Gehört aber der zu erhöhende Geschäftsanteil noch einem der Gründer, wie es hier bei dem von der Bank gehaltenen Anteil von 8.000 DM der Fall ist, so kommt der in § 22 Abs. 4 GmbHG vorgesehene Anteilserwerb durch einen Vormann, der durch eine Veränderung des Anteils erschwert werden könnte, nicht in Betracht. In einem solchen Fall bestehen gegen eine Erhöhung des Geschäftsanteils nicht nur keine Bedenken, sie entspricht auch eher als die Bildung neuer Anteile dem Willen des Gesetzgebers, eine Anteilszersplitterung tunlichst zu vermeiden (vgl. auch Begr. zu § 160 Abs. 1 Satz 3 RegEntw. eines GmbHG, BTDs. VII/253 S. 179). Daraus folgt weiter, daß der Betrag, um den der ursprüngliche Anteil erhöht wird, auch unter 500 DM liegen kann, sofern er nur durch hundert teilbar ist (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG). Denn § 5 Abs. 1 GmbHG verbietet nur die Bildung selbständiger Geschäftsanteile von weniger als 500 DM.
IV.
Die von den Vorinstanzen geäußerten Bedenken greifen daher schon mit Rücksicht auf die Gründereigenschaft der Bank nicht durch, ohne daß es noch auf die vom Oberlandesgericht vermerkte Volleinzahlung der Stammeinlagen ankäme. Demgemäß ist den Rechtsmitteln der Anmelderin stattzugeben und die Sache zur Prüfung, ob der beantragten Eintragung sonstige Hindernisse entgegenstehen, an das Registergericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 609454 |
BGHZ, 116 |
NJW 1975, 118 |