Leitsatz (amtlich)
a) Eine der Organgesellschaft vom Organträger als herrschendem Unternehmen im Rahmen der sogenannten gewerbesteuerlichen Organschaft auferlegte Umlage in Höhe der von ihr als nicht abhängiger Gesellschaft hypothetisch zu entrichtenden Gewerbesteuer kann mangels umlagefähigen Steueraufwands des Organträgers die Zufügung eines Nachteils i.S. der §§ 311 ff. AktG darstellen.
b) Gleicht das herrschende Unternehmen den der Organgesellschaft durch die auferlegten Umlagezahlungen im Umfang der Nichtentstehung der Gewerbesteuer entstandenen Nachteil nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres tatsächlich oder durch Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Rückzahlung unter Anwendung einer betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entsprechenden Verteilungsmethode aus, so ist sie dieser zum Schadensersatz nach § 317 AktG verpflichtet.
Ist in den Tatsacheninstanzen eine Stufenklage wegen (vermeintlichen) Nichtbestehens eines Leistungsanspruchs unabhängig von dem Stufenverhältnis insgesamt abgewiesen worden, so kann das Revisionsgericht gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht nur ein abänderndes Teilurteil über Rechnungslegung erlassen, sondern zugleich durch Grundurteil zum Leistungsanspruch jedenfalls dann entscheiden, wenn ein solcher in irgendeiner Höhe bereits zu diesem Zeitpunkt unabhängig von der Rechnungslegung feststeht.
Normenkette
AktG §§ 311, 317; ZPO §§ 254, 301, 304, 565 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 16 U 225/96) |
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/3 O 502/95) |
Tenor
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 1997 aufgehoben.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 3. Zivilkammer - vom 4. Juli 1996 abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welcher Höhe sie für die Veranlagungszeiträume 1992 und 1993 für ihren gewerbesteuerlichen Organkreis Gewerbeertrag- und Gewerbekapitalsteuer gezahlt hat, welchen Anteil die Klägerin an dem Gewerbeertrag und Gewerbekapital des Organkreises hatte und in welcher Höhe der Klägerin Steuerbeträge aus diesen Steuerarten für die genannten Zeiträume zurückerstattet worden sind.
- Die Zahlungsklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
III. Hinsichtlich des weiteren Verfahrens im Rahmen der Stufenklage wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin – früher Teil des Konzerns der F. AG (F.) – gehörte vom 1. Januar 1992 bis 21. Juni 1994 dem Konzern der Beklagten an; diese war mittelbar über die MG M. -S. GmbH (MGMS), eine 100 %ige Tochtergesellschaft, und über die M. I. AG (MGI)- eine zuletzt 100 %ige Enkelgesellschaft, die bis Mai 1992 98,79 % und danach 79,9 % des Grundkapitals der Klägerin hielt – an der Klägerin beteiligt. Als Folge der finanziellen, wirtschaftlichen und – über personelle Verflechtungen in den jeweiligen Gesellschaftsorganen sowie über Konzernrichtlinien – auch organisatorischen Einbindung der Klägerin in den Konzern bestand zwischen den Parteien sowohl im Rumpfgeschäftsjahr 1992 (bis 30. September 1992) als auch im Geschäftsjahr 1992/93 eine sogenannte gewerbesteuerliche Organschaft: Danach galt die Klägerin während dieser Zeit gewerbesteuerlich als Betriebsstätte der Beklagten, der als Organträgerin die Steuerpflicht der Klägerin als Organgesellschaft zugerechnet wurde. Auf Veranlassung der Beklagten hatte die Klägerin an sie eine Gewerbesteuerumlage zu entrichten, die nicht mehr – wie zur Zeit der Zugehörigkeit der Klägerin zum F. -Konzern – durch Verteilung der tatsächlichen Steuerschuld des Organträgers auf den gesamten Organkreis ermittelt wurde, sondern ihrer fiktiven Steuerpflicht ohne Bestehen einer Organschaft entsprach; ein Ausgleich für den Fall einer geringeren oder gänzlich entfallenden Steuerlast der Beklagten war nicht vorgesehen. Die Klägerin zahlte – durch Abschläge, die für das jeweilige Geschäftsjahr auf der Basis des vorgesehenen Modus abgerechnet wurden – an die Beklagte insgesamt 44.714.732,– DM, davon für das Rumpfgeschäftsjahr 1992 20.220.919,– DM (Gewerbekapitalsteuer: 4.395.628,– DM; Gewerbeertragsteuer: 15.225.291,– DM) und für 1992/93 24.493.813,– DM (Gewerbekapitalsteuer: 3.090.241,– DM; Gewerbeertragsteuer: 21.403.572,– DM). Die Beklagte leistete als Organträgerin für beide Veranlagungszeiträume Gewerbesteuervorauszahlungen an die zuständigen Gemeinden. Anfang 1994 beantragte sie wegen erst Ende 1993 bekannt gewordener, bei ihr selbst eingetretener Verluste von ca. 3,5 Mrd. DM die Rückerstattung der gesamten von ihr für die genannten Zeiträume erbrachten Gewerbesteuern. Es erfolgten Rückerstattungen, über deren Höhe die Beklagte keine Angaben macht.
Da die Beklagte unter Berufung auf den von ihr veranlaßten und als verbindlich angesehenen Umlagemodus die von der Klägerin geforderte Rückzahlung der auf die weggefallene Gewerbesteuer geleisteten Beträge verweigerte, erhob die Klägerin Stufenklage auf Rechnungslegung und Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages. Das Landgericht hat die Klage insgesamt wegen Nichtbestehens eines Zahlungsanspruchs abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin – einschließlich des zusätzlich gestellten Hilfsantrags auf Zahlung von 44.714.732,– DM – mit derselben Erwägung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung und zum Erlaß eines Grundurteils hinsichtlich des Zahlungsbegehrens sowie zur Zurückverweisung der Sache im übrigen an das Oberlandesgericht (§ 565 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Stufenklage sei wegen Nichtbestehens eines Rückzahlungsanspruchs insgesamt abzuweisen. Unter dem Gesichtspunkt der §§ 311, 317 AktG sei zwar eine Veranlassung der Klägerin zu den Umlagezahlungen durch die Beklagte nicht zweifelhaft, jedoch seien diese nicht für die Klägerin nachteilig gewesen, weil sie als unabhängige Gesellschaft ebensoviel Gewerbesteuer hätte zahlen müssen. Auch ein gewissenhafter Vorstand einer unabhängigen Gesellschaft hätte daher der Umlage zugestimmt, zumal das gewählte Umlageverfahren steuerrechtlich anerkannt sei und zudem im maßgeblichen Zeitpunkt der Umlagezahlungen niemand mit den Milliardenverlusten der Beklagten, die zum Wegfall der Steuerschuld geführt hätten, habe rechnen können. Das hält in wesentlichen Punkten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 242 BGB Anspruch auf Auskunftserteilung hinsichtlich der in deren Organkreis in den Veranlagungszeiträumen der Geschäftsjahre 1992 und 1992/93 angefallenen und zunächst geleisteten Gewerbesteuerzahlungen, ihres – der Klägerin – Anteil hieran sowie der hierfür durch den Steuerfiskus erfolgten Rückerstattungen. Dieser Anspruch hat sich – wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat – nicht prozessual dadurch erledigt, daß die Beklagte zunächst in der Berufungserwiderung die Rückzahlung sämtlicher Gewerbesteuervorauszahlungen für die genannten Zeiträume unstreitig gestellt hat; denn sie hat dies in der Berufungsverhandlung dahin eingeschränkt, daß die Erstattungen „für 1992” noch nicht feststünden. Damit ist die Klägerin auf die Auskunft insgesamt angewiesen, weil die – unklare – Einschränkung auch das Geschäftsjahr 1992/93 betreffen kann und im übrigen weitere Modifikationen im Vorbringen der Beklagten angesichts ihres bisherigen Prozeßverhaltens ohne eine bindende Rechnungslegung nicht auszuschließen sind.
2. Nach dem festgestellten Sachverhalt steht der Klägerin auch – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – als Voraussetzung des Auskunftsbegehrens bereits dem Grunde nach ein Hauptanspruch auf Zahlung in Gestalt eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 317 AktG auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Umlagezahlungen zu, soweit ein auf den Organkreis verteilungsfähiger Gewerbesteueraufwand durch Erstattungen entfallen ist.
a) Die Klägerin war – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – eine von der Beklagten als herrschendem Unternehmen abhängige Gesellschaft, ohne daß ein Beherrschungsvertrag bestand; die vorliegende gewerbesteuerliche Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 Nr. 1 und 2 KStG hatte in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht nur die Abhängigkeit im Sinne des § 17 AktG, sondern darüber hinaus wegen der einheitlichen Leitung im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 AktG das Vorliegen eines einfachen faktischen Konzerns zur Folge.
b) Die Beklagte hat als herrschendes Unternehmen die Klägerin dazu veranlaßt, die von ihr geforderte Umlage der Gewerbesteuer in der konkreten Form des Belastungsverfahrens zu akzeptieren. Das Oberlandesgericht hat – insoweit zutreffend – die unter den Parteien umstrittene Frage, ob zwischen ihnen eine vertragliche Umlagevereinbarung zustandegekommen ist oder lediglich eine einseitige Anordnung der Beklagten vorlag, der sich die Klägerin unterworfen hat, dahinstehen lassen, weil in jedem Falle eine Veranlassung seitens der Beklagten als Konzernherrin zu vermuten ist. Aus Wortlaut und Zusammenhang der Aktennotiz der Klägerin vom 13. Januar 1992 ergibt sich eindeutig, daß diese nicht etwa aus freien Stücken das in der früheren Organschaft unter F. übliche Verteilungsverfahren aufgegeben und statt dessen auf das von der Beklagten vorgesehene Umlageverfahren nach der hypothetischen isolierten Steuerpflicht (sog. Belastungs- oder stand-alone-Methode) umgestellt hat.
c) Die – sei es durch Vertrag, sei es durch konzernleitende Anordnung – von der Beklagten veranlaßte Auferlegung der Gewerbesteuerumlage nach der reinen Belastungsmethode mit unterstellter selbständiger Steuerpflicht war für die Klägerin nachteilig im Sinne der §§ 311, 317 AktG. Der Nachteilsbegriff erfaßt jede Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft ohne Rücksicht auf Quantifizierbarkeit, soweit sie als Abhängigkeitsfolge eintritt (vgl. Hüffer, AktG 3. Aufl. § 311 Rdn. 25 m.w.N.). Zur Nachteilsfeststellung kommt hier allerdings die bei Rechtsgeschäften angewandte Methode der Prüfung eines objektiven Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung jedenfalls insoweit nicht in Betracht, als die Ermittlung im Wege des Vergleichs mit einem hypothetischen Drittgeschäft stattfinden soll. Anders als das Berufungsgericht meint, ist die besondere Situation der Klägerin als Organgesellschaft im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft mit ihrer hypothetischen Lage als unabhängige Gesellschaft schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Organgesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin ist und der etwa verteilungsfähige Steueraufwand des Organkreises sich in der Regel nicht mit der Summe der hypothetischen Steuerschulden der Einzelorgane deckt. Die Frage der Nachteiligkeit des hier konkret von der Beklagten veranlaßten Umlageverfahrens ist daher allein aus der kraft Gesetzes gemäß §§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, 14 Nr. 1, 2 StG vorgegebenen Situation der gewerbesteuerlichen Organschaft heraus zu ermitteln.
Hiernach war die – sei es durch Vertrag, sei es durch konzernleitende Anordnung – auferlegte Gewerbesteuerumlage nach der reinen Belastungsmethode mit unterstellter selbständiger Steuerpflicht schon im Ansatz nachteilig, weil die regelmäßig – so auch hier – eintretenden organschaftlichen Steuerminderungseffekte – auch als Umlagegewinn oder steuerliche Konzernprämie bezeichnet – allein bei der Beklagten als Organträgerin verblieben (vgl. hierzu Marx DB 1996, 950, 954 f. m.w.N.) und dementsprechend – mangels umlagefähigen Aufwands – eine durch das Aktienrecht nicht gestattete verdeckte Verwendung von Gewinn der Klägerin zu deren Lasten eintrat.
Das von der Beklagten durchgesetzte Umlageverfahren überschreitet schon begrifflich den Rahmen einer „Umlage”, soweit es dem Organträger die Durchsetzung von mehr als lediglich steuerlichem Aufwand gestattet. Unter einer Konzernumlage wird allgemein die Inrechnungstellung von Leistungen des herrschenden an das abhängige Unternehmen verstanden (vgl. Wiedemann/Strohn AG 1979, 113); sinnentsprechend haben die speziellen gewerbesteuerlichen Konzernumlagen lediglich die Aufgabe, steuerlichen Aufwand im Innenverhältnis unabhängig von dem jeweiligen Steuerschuldner auf alle Unternehmen des Organkreises zu verteilen. Wenn und soweit danach keine Gewerbesteuer beim Organträger als Steuerschuldner anfällt, gibt es auch nichts an Aufwand zu verteilen. Dementsprechend hat bereits der IX. Zivilsenat (BGHZ 120, 50, 59, 60) für den Innenausgleich zwischen Organträger und Organgesellschaft nach § 426 Abs. 1 BGB – bei Fehlen einer konzernrechtlichen Vereinbarung oder Anordnung – die hypothetische Belastungsmethode verworfen und nur die Ausgleichsberechnung nach dem tatsächlichen Steueraufwand (Verteilungsmethode) für zulässig erachtet. Nach Auffassung des erkennenden Senats gilt auch bei Vorliegen einer konzernrechtlichen Vereinbarung oder Anordnung nichts anderes, wenn diese von der grundlegenden Ausgestaltung her im Ergebnis zu überschießenden unentgeltlichen Leistungen der Organgesellschaft an den Organträger führt, die schon steuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden und danach aktienrechtlich als unzulässig anzusehen sind. So liegt es hier.
Das Steuerrecht stellt zwar selbst keine Verbote auf, sondern korrigiert lediglich – bei Verletzung der von ihm anerkannten Regeln – die Besteuerungsgrundlagen im Sinne einer Gewinnberichtigung mit entsprechenden Zahllasten (vgl. Wiedemann/Strohn aaO, S. 114). Gleichwohl läßt sich aus der steuerrechtlichen Handhabung der Anerkennungsfähigkeit von Gewerbesteuerumlagen im Organkreis als Betriebsausgaben durch die Finanzverwaltung mit indizieller Wirkung auch für die aktienrechtliche Nachteilsprüfung feststellen, ob die vorliegende Umlage dem steuerlichen Aufwand oder dem Bereich der verdeckten Gewinnverwendung zuzurechnen ist. Nach ursprünglicher Auffassung der Finanzbehörden des Bundes und der Länder (vgl. gem. Erlaß Fin.beh. NRW/Hamburg v. 19./16. Februar 1964, DB 1964, 314) durfte eine Konzernumlage nur in Höhe der tatsächlich geschuldeten Steuerbeträge erhoben werden, weil ein abweichendes Verfahren zu Vermögensverlagerungen führen könne, die im Hinblick auf die enge Verflechtung der Gesellschaften des Organkreises als Einlagen oder verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen wären. Später kam man zu dem – seither ständig praktizierten – Ergebnis, daß auch andere Methoden als die Verteilungsmethode aus Zweckmäßigkeitserwägungen jedenfalls unter der Voraussetzung anzuerkennen seien, daß das Unternehmen an der einmal gewählten Methode festhalte und die Umlagen so bemessen würden, daß – mindestens im Durchschnitt mehrerer Jahre – nur die tatsächlich gezahlten Steuerbeträge umgelegt werden (gem. Erlaß Fin.beh. NRW/Hamburg v. 14./8. Dezember 1964, DB 1965, 13; OFD Frankfurt a.M. v. 6. November 1986, WPG 1987, 141). Damit wird im Endeffekt an der Verteilungsmethode festgehalten; als Maßstab wird lediglich nicht die Abschnitts-, sondern eine Art Periodenbesteuerung gewählt. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts läßt sich indes aus der relativen Unschärfe des Begriffs des „Durchschnitts mehrerer Jahre” vorliegend nicht die steuerrechtliche Zulässigkeit der gewählten Belastungsmethode im Sinne der Anerkennung der vereinnahmten Umlagen trotz Wegfalls der Steuerpflicht ableiten. Das Oberlandesgericht hat offenbar nicht bedacht, daß die Klägerin lediglich vom 1. Januar 1992 bis 21. Juni 1994 zum faktischen Konzern der Beklagten gehörte und die gewerbesteuerliche Organschaft nach den gesetzlichen Vorgaben bereits rückwirkend zum 1. Oktober 1993 beendet wurde. Als zeitliche Grenze des genannten „Durchschnitts mehrerer Jahre” ist in jedem Falle höchstens die Periode anzusehen, in der die Organgesellschaft dem Organkreis angehört hat; mehr als die während der gesamten Zugehörigkeit der Organgesellschaft zum Organkreis nach einem betriebswirtschaftlich vernünftigen Schlüssel auf die Organgesellschaft entfallenden tatsächlich gezahlten Steuern darf insgesamt nicht umgelegt werden (vgl. Welf Müller, FS Heinrich Beisse, 363, 371). Andernfalls handelt es sich um eine verdeckte Gewinnverwendung im Sinne einer Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. BFH BStBl. II 1989, 475, 476; 1989, 631 jew. m.w.N.). Gemessen daran war die hier von der Beklagten gewählte Umlagemethode, die ohne zeitliche Begrenzung den Verbleib der Konzernprämie ohne Rücksicht auf die tatsächlich angefallenen Steuern anordnete, auch steuerrechtlich letztlich nicht anerkannt. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Konzernprämie auch nicht als Betriebsausgabe im Sinne einer negativen Steuerumlage zum Ausgleich der – ohnehin nur die Gewerbeertragsteuer betreffende – durch Erträge von Organgesellschaften eintretenden Minderung der Verlustvortragsmöglichkeit anerkannt werden. Der während der Organschaft erwirtschaftete Verlust ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gewerbesteuerrechtlich als Betriebsstättenverlust des Organträgers zu behandeln; nur er kann ihn durch Kompensation mit dem ihm zuzurechnenden Einkommen nutzen, ihn aber nicht einer Organgesellschaft zur Nutzung übertragen (BFH BStBl. II 1990, 917 ff.). Wollte er sich dennoch wegen des Verlustes beim Organ schadlos halten, so änderte dies nichts an der steuerrechtlichen Bewertung als – verdeckte – Verwendung von Gewinnen der im übrigen – vor allem körperschaftsteuerrechtlich – selbständigen Organgesellschaft.
Ausgehend von diesem steuerrechtlichen Befund hat das von der Beklagten angeordnete Umlageverfahren im Umfang des Anfalls einer „Konzernprämie” auch aktienrechtlich eine verdeckte und damit unzulässige Gewinnverwendung zu Lasten der Klägerin zur Folge. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte – was sie leugnet – als Konzernherrin auch als „mittelbare Gesellschafterin” zu gelten hat und danach die aus dem Umlageverfahren resultierenden Umlagegewinne als auf der Gesellschafterstellung beruhende, nicht aus ausschüttungsfähigem Bilanzgewinn stammende (verdeckte) Leistungen im Sinne des § 57 AktG zu qualifizieren sind (vgl. Sen.Urt. v. 14. Mai 1992 - II ZR 299/90, ZIP 1992, 1081). Auch wenn die Beklagte insoweit als Dritte anzusehen ist, liegt hier eine gesetzlich zugelassene Gewinnausschüttung an einen anderen als den Gesellschafter nicht vor. Ein Gewinnabführungsvertrag im Sinne von § 291 AktG, bei dem die Umlage als zulässige Aufteilung in einen Gewinnabführungsbetrag und einen Umlagebetrag angesehen werden könnte (vgl. dazu OFD Frankfurt aaO), besteht zwischen den Parteien ebensowenig, wie ein formgültiger Teilgewinnabführungsvertrag (vgl. §§ 292 Abs. 1 Nr. 2, 293 AktG).
d) Infolge der Veranlassung des nachteiligen Umlageverfahrens ist eine weitere Vermögensgefährdung bei der Klägerin durch die einzelnen Gewerbesteuervorauszahlungen an die Beklagte entstanden, ohne daß diese den Nachteil im Umfang der Nichtentstehung der Steuer tatsächlich bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen oder ihr bis dahin einen Rechtsanspruch auf Vorteilsausgleich im Umfang der nach endgültiger Steuerfestsetzung gebotenen Rückzahlung unter Anwendung einer betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entsprechenden Verteilungsmethode gewährt hätte.
e) Der Klägerin ist als Folge der nachteiligen Maßnahme nicht nur mit hoher Wahrscheinlichkeit (vgl. dazu BGHZ 126, 217, 219 m.Nw.), sondern mit Sicherheit ein Schaden entstanden, weil jedenfalls Steuerrückerstattungen als Folge der nachträglich bekannt gewordenen Milliardenverluste der Beklagten erfolgt sind, so daß der Klägerin nach Maßgabe einer betriebswirtschaftlich vertretbaren Verteilungsmethode die von ihr hierauf geleisteten Zahlungen zumindest zu einem Teil zurückzuerstatten sind.
f) Die Ersatzpflicht ist nicht nach § 317 Abs. 2 AktG ausgeschlossen; denn bereits die Beeinträchtigung der Vermögens- und Ertragslage der Klägerin war Folge ihrer Abhängigkeit von der Beklagten. Ein gewissenhafter und ordentlicher Geschäftsleiter einer – im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG – nicht abhängigen Klägerin hätte unter sonst gleichen Bedingungen (vgl. hierzu Hüffer aaO, § 311 Rdn. 27, § 317 Rdn. 11 - jew. m.w.N.) – d.h. hier also ohne die Weisung der Beklagten – den Wechsel von der in jeder Hinsicht steuer- und aktienrechtlich einwandfreien Verteilungsmethode aus der Zeit der früheren Konzernierung bei F. auf die nachteilige Belastungsmethode nicht vollzogen. Schon die Befolgung der Anordnung oder der Abschluß des Vertrages mit den – methodenbedingt – einzukalkulierenden Folgen der unzulässigen verdeckten Gewinnverwendung bei Nichtbestehen der Steuerschuld oder auch nur geringerer tatsächlicher Steuerschuld als der auf fiktiver Basis ermittelten Vorleistung hält sich nicht im Rahmen des pflichtgemäßen unternehmerischen Ermessens (§ 93 Abs. 1 AktG). Die anschließende Nachteilsvertiefung und der Schadenseintritt waren nur noch die zwangsläufige Folge der schon von der Anlage her nachteiligen Unterwerfung unter das Verlangen der Beklagten. Da der bezeichnete Maßstab, obwohl er einen unternehmerischen Handlungsspielraum anerkennt, normativ-objektiver Art ist (vgl. Hüffer aaO, § 93 Rdn. 3, 4 m.w.N.; Sen.Urt. v. 1. Dezember 1986 - II ZR 306/85, BB 1987, 433 - zur GmbH) kommt es – anders als das Berufungsgericht meint – auf die subjektive Unkenntnis der Beteiligten vom Bestehen oder Umfang der später offenbar gewordenen Milliardenverluste der Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung des nachteiligen Umlageverfahrens nicht an.
III.
Wegen bestehender Entscheidungsreife (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) konnte der Senat zunächst durch Teilurteil in der ersten Stufe der Stufenklage den Auskunftsanspruch der Klägerin zuerkennen. Darüber hinaus hat er bei der vorliegenden Fallkonstellation keinen Hinderungsgrund für den gleichzeitigen Erlaß eines Grundurteils über den Zahlungsanspruch der weiteren Stufe gesehen. Soweit es für unzulässig erachtet wird, ein Teilurteil über Auskunft mit einem Grundurteil über den Hauptanspruch zu verbinden, weil das Gericht nicht wisse, ob die Auskunft eine Leistungspflicht für die nächste Stufe überhaupt ergebe (vgl. Zöller/Greger, ZPO 21. Aufl. § 254 Rdn. 9 m.w.N.), liegt eine solche – den Regelfall bildende – Konstellation hier nicht vor. Nach den oben getroffenen Feststellungen ist nicht nur wahrscheinlich, sondern steht fest, daß eine Leistungspflicht der Beklagten gegeben ist, und zwar mindestens aus erstatteter Gewerbeertragsteuer; lediglich die Höhe kann die Klägerin wegen des bisherigen – zum Teil widersprüchlichen – Verhaltens der Beklagten noch nicht eindeutig beziffern. Dem Erlaß des Grundurteils stehen auch nicht etwa fehlende Prozeßanträge hinsichtlich der weiteren Stufe der Stufenklage in den Vorinstanzen entgegen. Nach Aktenlage sind die Anträge hinsichtlich aller Stufen – in der Berufungsinstanz sogar erweitert um den Hilfsantrag auf Zahlung – gestellt worden, so daß für die Vorinstanzen kein Hinderungsgrund bestand, über die Klage insgesamt negativ zu befinden. Wird dies zu Lasten des Klägers praktiziert, muß auch – bei Entscheidungsreife – zu seinen Gunsten eine abändernde Entscheidung des Rechtsmittelgerichts möglich sein (vgl. hierzu Peters ZZP 110 (1989), 67, 73 ff.).
Im übrigen war die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Röhricht, Röhricht RiBGH Dr. Hesselberger ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben, Henze, Goette, Kurzwelly
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 01.03.1999 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538677 |
BGHZ |
BGHZ, 79 |
BB 1999, 1022 |
DB 1999, 951 |
DStR 1999, 724 |
HFR 2000, 143 |
NJW 1999, 1706 |
NWB 1999, 1705 |
BGHR |
EBE/BGH 1999, 154 |
NJW-RR 1999, 1259 |
JR 2000, 282 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 850 |
WuB 1999, 727 |
ZIP 1999, 708 |
AG 1999, 372 |
JZ 2000, 156 |
MDR 1999, 823 |
GmbHR 1999, 660 |