Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel in einem Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, wonach eine Leistungspflicht des Versicherers nur dann besteht, wenn die Berufsunfähigkeit innerhalb von drei Monaten seit ihrem Eintritt angezeigt worden ist, hält der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand.
Sie bestimmt eine Ausschlußfrist, auf deren Versäumung der Versicherer sich nicht berufen kann, wenn den Versicherungsnehmer daran kein Verschulden trifft.
Normenkette
AGBG § 9; VVG vor § 1 ff.
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Januar 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 7. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten (noch) darum, ob der Kläger von der Beklagten Versicherungsleistungen wegen Berufsunfähigkeit beanspruchen kann.
Am 7. September 1987 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluß einer Lebensversicherung unter Einschluß einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Nach diesem Antrag sollte die Versicherungssumme in der Lebensversicherung 100.000 DM, die Jahresrente im Falle der Berufsunfähigkeit 24% davon betragen; als Versicherungsbeginn ist der 1. Oktober 1987 angegeben. Vor der Unterschrift des Klägers auf dem Antragsformular befindet sich unter anderem der Hinweis, daß der Antrag innerhalb von zehn Tagen nach seiner Unterzeichnung widerrufen werden könne. Im Anschluß an die Erläuterung der Erfordernisse eines solchen Widerrufs heißt es sodann:
„Für den vorläufigen Versicherungsschutz gelten die umseitigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen.”
In diesen Bedingungen (im folgenden AVB-VV) bestimmt § 3 Abs. 1:
„Der vorläufige Versicherungsschutz beginnt mit dem Tage, an dem Ihr Antrag bei uns eingeht, jedoch nicht vor Ablauf der Widerrufsfrist, wenn ein befristetes Widerrufsrecht eingeräumt ist.”
Der Versicherungsantrag ging bei der Beklagten am 11. September 1987 ein.
Am 13. Oktober 1987 stellte die Beklagte einen dem Antrag entsprechenden Versicherungsschein mit Versicherungsbeginn zum 1. Oktober 1987 aus. Nach Maßgabe der der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zugrunde liegenden Bedingungen (B-BUZ) erbringt die Beklagte Versicherungsleistungen – Befreiung von der Beitragspflicht für die Hauptversicherung sowie für die eingeschlossene Zusatzversicherung und Zahlung einer Berufsunfähigkeits-Rente –, wenn „der Versicherte während der Dauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50% berufsunfähig” wird (§ 1 Abs. 1 B-BUZ). Gemäß der in § 2 Abs. 1 B-BUZ bestimmten Definition der Berufsunfähigkeit liegt diese vor, „wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht”.
Der Kläger ist Kraftfahrzeug-Mechanikermeister. Er betrieb bei Antragstellung als Selbständiger eine Kraftfahrzeugwerkstatt nebst Kraftfahrzeughandel. Am 18. September 1987 wurde er wegen eines Herzinfarkts in ein Krankenhaus eingewiesen und dort bis zum 8. Oktober 1987 stationär behandelt. In der Folgezeit waren weitere ärztliche Behandlungen erforderlich. 1988 unterzog sich der Kläger zunächst einer Rehabilitationskur und schließlich im Dezember des Jahres einer Bypass-Operation. Zwischen den stationären Behandlungen setzte der Kläger seine berufliche Tätigkeit fort, stellte aber schließlich wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen einen Meister für die Werkstatt und eine Büromitarbeiterin ein. Mit Schreiben vom 19. Januar 1991 forderte der Kläger von der Beklagten unter Hinweis darauf, daß er seit 1. Dezember 1990 berufsunfähig sei, Versicherungsleistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.
Die Beklagte verweigert Leistungen. Sie hat sich unter anderem darauf berufen, daß Berufsunfähigkeit beim Kläger bereits mit dem Herzinfarkt am 18. September 1987 und damit vor Beginn des Versicherungsschutzes aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung eingetreten sei. Auch Ansprüche des Klägers aus dem Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz bestünden nicht, weil der Kläger den Eintritt von Berufsunfähigkeit nicht rechtzeitig angezeigt habe.
Mit seiner Klage hat der Kläger – neben weiteren Anträgen – die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 25.041,25 DM (Rentenleistung für die Zeit von Dezember 1990 bis Oktober 1991) begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er nunmehr Zahlung von 138.866,50 DM (Rentenleistung von Dezember 1990 bis Dezember 1995) verlangt und weitere Feststellungsanträge verfolgt hat, ist hinsichtlich des Leistungsantrags (und soweit sich ein Feststellungsantrag auf die Leistungspflicht der Beklagten für die Zeit nach Dezember 1995 bezogen hat) erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger dieses Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Es hat verkannt, daß dem Kläger ein Anspruch auf Rentenleistung wegen Berufsunfähigkeit aus einem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz zustehen kann, so daß die Abweisung der Anträge des Klägers keinen Bestand hat.
1. Allerdings ist das Berufungsgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen aus der bei der Beklagten genommenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung hat. Dazu führt es aus:
a) Nach Maßgabe des zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrages sei Versicherungsbeginn in der Haupt- und Zusatzversicherung der 1. Oktober 1987. Erst ab diesem Zeitpunkt habe die Beklagte mithin aus diesem Vertrag Versicherungsschutz zu gewähren. Berufsunfähigkeit sei beim Kläger aber bereits vor diesem Zeitpunkt eingetreten, so daß keine Leistungspflicht der Beklagten bestehe. Der Kläger sei seit seinem Herzinfarkt am 18. September 1987 bedingungsgemäß berufsunfähig. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt habe ein Zustand vorgelegen, der bei rückschauender Betrachtung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine Besserung – Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit – mehr habe erwarten lassen. Das folge aus dem Ergebnis der hierzu durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen.
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung stand.
b) Die Leistungspflicht der Beklagten aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung setzt nach § 1 Abs. 1 B-BUZ voraus, daß der Versicherte „während der Dauer” der Zusatzversicherung zu mindestens 50% berufsunfähig wird. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der Versicherte nach Versicherungsbeginn – hier also dem 1. Oktober 1987 – infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls die Fähigkeit zu dem vereinbarten Prozentsatz verloren hat, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen in seinem zuletzt ausgeübten Beruf tätig zu sein oder einen Vergleichsberuf auszuüben (§ 2 Abs. 1 B-BUZ). Die Leistungspflicht des Versicherers hängt demgemäß davon ab, daß sich beide Elemente der Definition von Berufsunfähigkeit während der Vertragszeit verwirklicht haben, daß also der Versicherte sowohl in seinem zuletzt ausgeübten als auch in einem Vergleichsberuf nicht mehr tätig sein kann (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - IV ZR 309/91 - VersR 1993, 469 unter 2). Schon dann, wenn der Versicherte bereits vor Versicherungsbeginn die Fähigkeit verloren hat, seinem zuletzt ausgeübten Beruf in bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließendem Umfang nachzugehen, fehlt es an dieser Voraussetzung, so daß keine Leistungspflicht des Versicherers besteht. Davon ist auch im vorliegenden Falle auszugehen.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Kläger bereits mit dem Herzinfarkt am 18. September 1987 – und damit vor Versicherungsbeginn – zu mindestens 50% berufsunfähig geworden ist. Damit ist zugleich festgestellt, daß der Kläger zu diesem Zeitpunkt und in diesem Ausmaß die Fähigkeit verloren hat, seiner konkret ausgeübten Tätigkeit im Rahmen der von ihm betriebenen Kraftfahrzeugwerkstatt mit Kraftfahrzeughandel weiterhin nachzugehen.
Die gegen diese Feststellung von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft; sie greifen nicht durch (§ 565a ZPO).
2. Dagegen erweist es sich als rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht weiter annimmt, auch ein Anspruch des Klägers auf Versicherungsleistungen aus einem Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz komme nicht in Betracht.
a) Das Berufungsgericht meint hierzu, der Kläger könne seinen Anspruch nicht damit begründen, daß der Versicherungsfall (der Eintritt von Berufsunfähigkeit) am 18. September 1987 in bereits versicherter Zeit eingetreten sei, weil spätestens seit dem 17. September 1987 vorläufiger Versicherungsschutz bestanden habe, der nahtlos in den Schutz der beantragten Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung übergegangen sei. Denn entgegen der Auffassung des Klägers bildeten der vorläufige Versicherungsschutz und die beantragte Versicherung keine Einheit. Auf die weitere Frage, ob die Berufung der Beklagten darauf, der Kläger habe die Anzeigefrist nach § 1 Abs. 3 (c) AVB-VV versäumt, gegen Treu und Glauben verstoße, komme es deshalb nicht an. Diese Begründung trägt die Ablehnung eines Rentenanspruchs des Klägers nicht.
b) Zwar trifft es zu, daß ein Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz und der später antragsgemäß zustande gekommene Versicherungsvertrag keine rechtliche Einheit bilden. Der Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz stellt vielmehr einen vom späteren Versicherungsvertrag losgelösten, rechtlich selbständigen Vertrag dar, der schon vor dem Beginn eines endgültigen Versicherungsvertrages und unabhängig von ihm einen Anspruch auf Versicherungsschutz entstehen läßt (Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 a). Demgemäß gibt der Hinweis des Berufungsgerichts auf die rechtliche Selbständigkeit des Vertrages über vorläufigen Versicherungsschutz keine Begründung dafür her, daß trotz eines während seiner Wirksamkeit eingetretenen Versicherungsfalles ein Anspruch des Klägers nicht gegeben sei. Vielmehr ergibt sich gerade daraus das Erfordernis der Prüfung, ob unabhängig vom fehlenden Anspruch aus dem endgültigen Versicherungsvertrag sich ein solcher aus dem Vertrag über den vorläufigen Versicherungsschutz ergeben kann.
c) Zwischen den Parteien ist – wovon auch das Berufungsgericht ausgeht – ein Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz zustande gekommen. Der Antrag des Klägers vom 7. September 1987 auf Abschluß des Versicherungsvertrages stellt – nach Maßgabe des von der Beklagten verwendeten Formulars – zugleich die Annahme eines Angebots der Beklagten dar, mit dem diese gemäß § 3 Abs. 1 AVB-VV vorläufigen Versicherungsschutz als mit dem Tag des Antragseingangs (jedoch nicht vor Ablauf der Widerrufsfrist) beginnend versprochen hat. Der Antrag war am 11. September 1987 bei der Beklagten eingegangen; die im Antragsformular bestimmte Widerrufsfrist lief am 17. September 1987 ab. Demgemäß bestand für den Kläger am 18. September 1987 Versicherungsschutz aus dem Vertrag über vorläufige Deckung, der sich nach § 1 Abs. 1 AVB-VV auf die für den Fall der Berufsunfähigkeit beantragten Leistungen – allerdings in der mit § 1 Abs. 4 AVB-VV vorgegebenen Begrenzungen der Höhe nach – erstreckte.
Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, vorläufiger Versicherungsschutz könne am 18. September 1987 schon deshalb keinesfalls bestanden haben, weil der Kläger mit dem Versicherungsantrag als Versicherungsbeginn erst den 1. Oktober 1987 angegeben habe, ist ihr nicht zu folgen. Denn der im Antrag bezeichnete Versicherungsbeginn in der endgültigen Versicherung steht dem versprochenen vorläufigen Versicherungsschutz in der Zeit davor nicht entgegen. Vielmehr ergibt sich aus § 2 (a) AVB-VV, daß vorläufiger Versicherungsschutz grundsätzlich auch für die Zeit vor beantragtem Versicherungsbeginn zugesagt wird. Denn nach dieser Regelung ist insoweit Voraussetzung für den vorläufigen Versicherungsschutz nur, daß der beantragte Versicherungsbeginn nicht später als zwei Monate nach dem in § 3 Abs. 1 AVB-VV genannten Zeitpunkt – also dem Antragseingang beim Versicherer bzw. dem Ablauf der Widerrufsfrist – liegt. Ist diese Voraussetzung – wie hier – gegeben, besteht demgemäß vorläufiger Versicherungsschutz auch in der Zeit vor dem beantragten Versicherungsbeginn in der endgültigen Versicherung.
d) Ob sich die Beklagte gegen einen Anspruch des Klägers aus dem Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz mit Erfolg darauf berufen kann, daß die Voraussetzungen ihrer Leistungspflicht nach § 1 Abs. 3 (c) AVB-VV nicht gegeben seien, steht derzeit nicht fest, bedarf vielmehr weiterer Aufklärung.
aa) § 1 Abs. 3 (c) AVB-VV enthält folgende Regelung:
„Haben Sie den Einschluß einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beantragt und tritt während der Dauer des vorläufigen Versicherungsschutzes Berufsunfähigkeit ein, so gilt:
…
(c) Voraussetzung für unsere Leistungspflicht ist außerdem, daß uns die Berufsunfähigkeit innerhalb von drei Monaten seit ihrem Eintritt angezeigt worden ist.”
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß beim Kläger Berufsunfähigkeit am 18. September 1987 eingetreten ist. Der Kläger hat der Beklagten den Eintritt von Berufsunfähigkeit jedoch erst mit Schreiben vom 19. Januar 1991 angezeigt. Wenngleich damit die Frist des § 1 Abs. 3 (c) AVB-VV nicht gewahrt worden ist, steht allein damit nicht fest, daß die Beklagte leistungsfrei ist.
bb) § 1 Abs. 3 (c) AVB-VV bestimmt zwar eine Ausschlußfrist (vgl. zu § 1 Nr. 3 Satz 2 BB-BUZ Senatsurteil vom 2. November 1994 - IV ZR 324/93 - VersR 1995, 82), deren Versäumung einen vollständigen Leistungsausschluß bewirkt. Das bedeutet indessen noch nicht, daß gegen die Versäumung der Frist zur Anzeige auch ein Entschuldigungsbeweis nicht möglich wäre. Zwar sehen die Bedingungen der Beklagten einen solchen nicht ausdrücklich vor, die Klausel des § 1 Abs. 3 (c) AVB-VV ist aber so auszulegen, daß der Versicherer sich auf die Versäumung der Frist zur Anzeige nicht berufen kann, wenn den Versicherungsnehmer, was dieser zu beweisen hat, daran kein Verschulden trifft. Der Bundesgerichtshof hat bereits wiederholt entschieden, daß eine solche Auslegung des Ausschlußprinzips, sofern es auf die Untätigkeit des Versicherungsnehmers binnen bestimmter Frist abstellt, unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben im Interesse des sorgfältigen Versicherungsnehmers geboten ist (vgl. Senatsurteil vom 15. April 1992 - IV ZR 198/91 - VersR 1992, 819 unter II, 1; Senatsurteil vom 2. November 1994 aaO). Das gilt auch im vorliegenden Falle.
In dieser Auslegung hält die Klausel auch einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand. Das hat der Senat bereits für eine ähnlich ausgestaltete Regelung entschieden (Senatsurteil vom 2. November 1994 aaO unter 3). Zwar führt die Versäumung der Frist zur Anzeige von Berufsunfähigkeit hier nicht nur – wie im zuvor genannten Falle – zu einem teilweisen, sondern zu einem vollständigen Anspruchsverlust. Indessen kann insoweit nicht unberücksichtigt bleiben, daß § 1 Abs. 3 (c) AVB-VV das Leistungsversprechen des Versicherers im Rahmen des vorläufigen Versicherungsschutzes ausgestaltet. Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz, ohne daß er sich zuvor die Möglichkeit eröffnet hat, das übernommene Risiko einer Vorprüfung zu unterziehen; Versicherungsschutz wird zudem regelmäßig nur für einen kurzen Zeitraum versprochen. Nimmt man dazu noch in den Blick, daß die Klausel erkennbar dem Zweck dient, dem Versicherer eine zeitnahe Prüfung und zeitnahe Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalles zu ermöglichen, wird deutlich, daß gerade beim hier gewährten vorläufigen Versicherungsschutz eine verspätete Anzeige es erheblich erschwert, festzustellen, ob der Versicherungsfall im kurzen Zeitraum der vorläufigen Deckung eingetreten ist oder nicht. Diese besonderen Umstände lassen den an die Versäumung der Anzeigefrist geknüpften Anspruchsverlust jedenfalls dann nicht als unangemessene Benachteiligung erscheinen, wenn dem Versicherungsnehmer gegen die Fristversäumung zudem der Entschuldigungsbeweis eröffnet ist.
cc) Das Berufungsgericht wird demgemäß zu prüfen haben, ob der Kläger – der geltend gemacht hat, vom Eintritt der Berufsunfähigkeit bis zu seiner Anzeige keine Kenntnis gehabt zu haben – wegen der Versäumung der Frist des § 1 Abs. 3 (c) AVB-VV den Entschuldigungsbeweis zu führen vermag (vgl. dazu Senatsurteil vom 2. November 1994 aaO unter 3 b, bb, cc); dabei wird den Parteien Gelegenheit zu geben sein, hierzu unter Berücksichtigung der aufgezeigten Rechtsprechung ergänzend vorzutragen.
Unterschriften
Dr. Schmitz, Römer, Dr. Schlichting, Terno, Ambrosius
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.07.1999 durch Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538850 |
BB 1999, 1729 |
DB 1999, 27 |
NJW 2000, 576 |
NJW-RR 1999, 1571 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 1999, 957 |
MDR 1999, 1195 |
NVersZ 1999, 471 |
VersR 1999, 1266 |
ZfS 1999, 480 |
ZfS 2000, 25 |