Leitsatz (amtlich)
›a) § 265 b Abs. 1 Nr. 1 a StGB verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG).
b) Zur Frage der Erheblichkeit unrichtiger Angaben in den einem Kreditantrag beigefügten Bilanzen.‹
Verfahrensgang
Gründe
I. Das Landgericht hat den Angeklagten u. a. vom Vorwurf des Betruges und des Kreditbetruges (§ 265b StGB) freigesprochen. Die hierauf beschränkte, vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachbeschwerde Erfolg.
Der Angeklagte, von Beruf Steuerberater, war Kommanditist und zugleich steuerlicher Berater einer Mineralölfirma; er fertigte für sie die Bilanzen. In den Handelsbilanzen für 1974 und 1975 wies er bewußt überhöhte Forderungen gegenüber Kunden und zu niedrige Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten aus, wodurch jede der beiden Bilanzen ein gegenüber der Wirklichkeit um etwa 1,4 Millionen DM günstigeres Bild bot. Die Bilanzen übergab der Angeklagte dem Geschäftsführer der Firma, der sie, wie der Angeklagte wußte, zusammen mit einem Kreditantrag einer Bank vorlegte. Zweck der Bilanzfälschung war, die Bank zu veranlassen, einen schon gewährten Kredit zu verlängern und auszuweiten. Tatsächlich gewährte die Bank weiteren Kredit, wenn auch nicht in dem gewünschten Umfang. In dem bald darauf eröffneten Konkursverfahren der Firma fiel die Bank mit ihrer Forderung in voller Höhe aus.
II. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges (oder Betrugsversuchs) deshalb nicht verurteilt, weil er darauf vertraut hatte, die Bank werde, auch wenn die Firma den Kredit nicht zurückzahlen könne, keinen Schaden erleiden; sie werde sich dann in voller Höhe an den Sicherheiten (Grundschulden und Bürgschaft) befriedigen, die ein früherer - mit der Firma noch immer zusammenarbeitender - Geschäftsführer der Firma der Bank gewährt hatte. Tatsächlich war eine solche Befriedigung, als es dazu kommen sollte, aus vom Angeklagten nicht zu vertretenen Gründen nicht möglich.
Insoweit ist ein Rechtsfehler - auch nach Meinung der Staatsanwaltschaft und des Generalbundesanwalts - nicht zu erkennen; der bisher festgestellte Sachverhalt rechtfertigt die rechtliche Wertung. Durchgreifende Bedenken erweckt das Urteil jedoch, soweit eine Strafbarkeit nach § 265b StGB verneint wird.
III. 1. Die Regelung des § 265b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB widerspricht - entgegen der Meinung der Verteidigung - nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Bestimmtheit gesetzlicher Vorschriften (Art. 103 Abs. 2 GG); eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG kommt nicht in Betracht. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, § 265b StGB verstoße wegen ungenügender gesetzlicher Bestimmtheit einzelner Tatbestandsmerkmale ("unrichtig", "unvollständig", "erheblich") gegen Art. 103 Abs. 2 GG oder erwecke jedenfalls verfassungsrechtliche Bedenken (Lampe, Der Kreditbetrug, S. 50, 54 f; Haft ZStW 88 (1976), 369; Bundesverband der Deutschen Industrie, Protokolle des Sonderausschusses 7, 2624). Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
Es ist anerkannte, daß das Strafrecht nicht darauf verzichten kann, allgemeine Begriffe zu verwenden, die in besonderem Maße einer Deutung durch den Richter bedürfen. "Ohne derartige Begriffe könnte der Gesetzgeber der Vielgestaltigkeit des Lebens nicht Rechnung tragen" (BVerfGE 4, 352, 357; ähnlich BVerfGE 14, 245; BVerfGE 28, 175; BVerfGE 37, 201). Welchen Grad an Bestimmtheit der einzelne Tatbestand haben muß, läßt sich allgemein nicht sagen; das hängt von der Besonderheit des jeweiligen Tatbestandes und von den Umständen ab, die zu der gesetzlichen Regelung geführt haben. Eine Rolle kann hierbei spielen, ob die vom Gesetzgeber verwendeten Begriffe völlig neu sind oder an schon bisher benutzte und durch die Rechtsprechung umschriebene und präzisierte Begriffe anknüpfen können (BVerfGE 28, 175, 183).
2. Ob Bilanzen (oder die sonst in § 265b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB genannten Unterlagen) "unrichtig" oder "unvollständig" sind, mag im Einzelfall zweifelhaft und nur schwer festzustellen sein, besonders wenn es um Fragen der Bewertung geht; in diesem Fall trägt die Feststellung des Tatbestandsmerkmals selbst wertenden Charakter. Doch ist dieser Umstand nichts den Merkmalen des § 265b StGB Eigentümliches. Ob eine sexuelle Handlung "von einiger Erheblichkeit" (§ 184c StGB), ein Übel "empfindlich" (§ 240 StGB) oder ein Werkzeug "gefährlich" (§ 223a StGB) ist, ob ein Verletzter "in erheblicher Weise" entstellt wird (§ 224 StGB) oder eine Behandlung das Leben gefährdet (§ 223a StGB), ist ebenfalls das Ergebnis einer Bewertung. Gleiches gilt, wenn es darauf ankommt, ob der Täter bei einem Gewässer "dessen Eigenschaften nachteilig verändert" (§ 324 StGB), ob Abfälle "geeignet sind, nachhaltig ein Gewässer ... zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern" (§ 326 StGB), und bei der Anwendung vieler anderer Strafbestimmungen.
In allen diesen Fällen muß der Bürger sein Handeln an der allgemeinen Rechtsüberzeugung und - soweit es um Tatbestände geht, die besondere Lebensbereiche betreffen - an den für diese Bereiche bestehenden besonderen Anschauungen messen; hierbei sind die von Rechtsprechung und Schrifttum gesetzten Maßstäbe von besonderer Bedeutung. So beraten, ist der Bürger in der Lage, mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen, ob das von ihm ins Auge gefaßte Handeln die Voraussetzungen eines Straftatbestandes erfüllt. Verkennt er ausnahmsweise doch dessen Grenzen, so ist der subjektive Tatbestand geeignet, Fälle, in denen infolge Irrtums strafrechtliche Schuld nicht vorliegt, abzugrenzen und auszuscheiden.
Soweit Tiedemann (in LK, 10. Aufl., Rdn. 54; ebenso Lenkner in Schönke/Schröder 20. Aufl. Rdn. 2a, jeweils zu § 265b StGB) darauf hinweist, dem Bestimmungsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG sei in der Weise Rechnung zu tragen, daß § 265b StGB nur bei "eindeutig feststehender Unrichtigkeit" anzuwenden sei, dann nämlich, wenn eine gegenteilige Auffassung "schlechterdings nicht mehr vertretbar erscheint", betont er im Grunde nur, was für alle Tatbestandsmerkmale gilt, bei solchen wertenden Merkmalen freilich besonderen Hinweis und besondere Beachtung verdient: daß sie vorliegen, muß nach richterlicher Überzeugung feststehen, nicht nur wahrscheinlich sein (vgl. Sarstedt, Die Revision in Strafsachen, 4. Aufl. S. 240, 241).
Die strafrechtliche Beurteilung von Bilanzen war schon unter der Geltung des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund und des Reichsstrafgesetzbuchs in seiner ursprünglichen Fassung (§ 281, § 283), später der Konkursordnung (§ 209, § 210 bzw. § 239, § 240) von Bedeutung und es ist heute im Hinblick auf §§ 283 ff StGB 1975, mögen auch die Begriffe "Unrichtigkeit" und "Unvollständigkeit" im Gesetzestext nicht auftauchen. Schon frühzeitig war erkannt, daß strafbare unordentliche Buchführung auch vorliegen kann, wenn vorhandene Vermögenswerte mit einem anderen als dem ihnen zukommenden Wert in die Bilanz eingestellt (RGSt 13, 354), wenn Vermögensstücke willkürlich oder gar bewußt falsch bewertet werden (RGSt 39, 222). Die Rechtsprechung zu § 265b StGB kann daher auf bewährte und gefestigte Grundsätze zurückgreifen.
3. Nicht viel anders liegt es bei der Frage, ob eine unrichtige oder unvollständige Angabe "für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich" ist. Damit soll nicht in erster Linie ein Ausmaß gekennzeichnet werden (wie etwa in § 63 StGB - "erhebliche rechtswidrige Taten"; in § 184c StGB; in § 224 StGB - "in erheblicher Weise dauernd entstellt", in § 283 Abs. 1 Nr. 3 StGB - "erheblich unter ihrem Wert"), sondern es soll zum Ausdruck kommen, daß eine strafbare Handlung nur vorliegt, wenn die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit als mögliche Ursache oder Mitursache der erstrebten Kreditentscheidung in Betracht kommt.
Insoweit unterscheidet sich § 265b StGB nicht von anderen Gefährdungstatbeständen. Beim Verletzungsdelikt gehört die Ursächlichkeit zwischen Handeln und Erfolg zum Tatbestand; daß sie vorliegen muß, versteht sich von selbst und bedarf keiner besonderen Erwähnung in der Strafvorschrift. Beim Gefährdungsdelikt hingegen kann der mögliche Ursachenzusammenhang zwischen gefährlichem Tun und zu mißbilligtem Erfolg von Bedeutung sein; er bietet einen Weg, die Strafbarkeit einzuschränken. Was von vornherein keine Gefahr für das zu schützende Gut mit sich bringen kann, verdient keine Bestrafung. Nichts anderes will der Begriff der Erheblichkeit in § 265b StGB besagen.
§ 48 KWG, der bis zur Neufassung des Gesetzes über das Kreditwesen am 10. Juli 1961 die Einreichung unwahrer Bilanzen bei einem Kreditinstitut zur Erlangung eines Kredits unter Strafe stellte, enthielt kein entsprechendes Merkmal, doch war bezeichnenderweise auch damals anerkannt, daß die Abweichung der Bilanzausgaben von den tatsächlichen Verhältnissen für die Kreditentscheidung "von Bedeutung" sein müsse (Reichardt, KWG, § 48 Anm. 5).
4. Auch das Landgericht hält § 265b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB nicht für verfassungswidrig, meint jedoch, die Bestimmung sei nur dann mit Art. 103 Abs. 2 GG zu vereinbaren, wenn bei Prüfung der Erheblichkeit darauf abgestellt werde, ob "nach den konkreten Umständen des Einzelfalles die vorgelegten Bilanzen für den Kreditgeber wesentlich waren", ob die unrichtigen Bilanzangaben also für die Entscheidung des Kreditgebers tatsächlich ursächlich geworden sind.
Der Senat teilt aus den genannten und in anderem Zusammenhang noch näher darzulegenden Gründen diese Auffassung nicht. Wie nahe sich die Prüfung der Erheblichkeit im Sinne der genannten Vorschrift am Einzelfall ausrichten muß, wird letztlich - wie auch bei anderen Gefährdungsdelikten - die Rechtsprechung zu entscheiden haben. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen auch dann nicht, wenn die Strafbarkeit nicht von der konkreten Ursächlichkeit der in der Bilanz enthaltenen Unrichtigkeit für die Kreditentscheidung abhängt, sondern - wie noch herauszustellen ist - von der generellen Eignung unrichtiger Bilanzangaben, die Entscheidung über einen Kreditantrag zugunsten des Antragstellers zu beeinflussen.
IV. 1. Aus seiner Sicht folgerichtig, verneint das Landgericht hier die Strafbarkeit, "weil die ... vorgelegten Handelbilanzen 1974 und 1975 für die Kreditentscheidung ... nicht erheblich im Sinne des § 265b waren". Die Bank hatte sich, wie die Kammer feststellt, bei ihrer Entscheidung "ausschließlich an den in ihren Händen befindlichen Grundschulden" und der schon erwähnten Bürgschaft orientiert. Den Bilanzen dagegen hatte der Kreditsachbearbeiter der Bank "jegliches Gütesiegel" abgesprochen, weil deren Unterlagen allein von der Auftraggeberin zusammengestellt worden waren.
2. Die Ansicht der Strafkammer beruht jedoch auf einer unzutreffenden Gesetzesauslegung. Der Tatbestand des § 265b StGB ist vollendet, sobald die Bilanzen oder sonstigen Unterlagen dem Kreditgeber vorliegen. Das war im Gesetzgebungsverfahren nie zweifelhaft (vgl. Bericht des Sonderausschusses Bundestagsdrucksache 7/5291 S. 16), kommt im Gesetzeswortlaut deutlich zum Ausdruck - was nicht zuletzt eine Gegenüberstellung mit der Vorschrift des § 263 StGB zeigt - und ist im Schrifttum nicht umstritten (Dreher/Tröndle, 40. Aufl., Rdn. 6; Tiedemann a.a.O., Rdn. 49; Lenkner a.a.O., Rdn. 49). Im Zeitpunkt der Vollendung der Tat aber muß feststehen, ob die Tatbestandsmerkmale gegeben sind; die Strafbarkeit kann insoweit nicht von einer später zu fassenden oder gefaßten Entscheidung eines Beteiligten abhängen (Samson in SK, StGB, § 265b Rdn. 22).
Schon aus diesem Grund kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Ob die vorgelegten Bilanzen die ergangene Kreditentscheidung tatsächlich beeinflußt haben, ist für § 265b StGB ohne Belang. Erforderlich ist auf jeden Fall eine Bewertung für den Zeitpunkt der Vorlage, ein "Ex-ante-Urteil" (Lenkner a.a.O. Rdn. 22).
3. Damit ist freilich noch nicht entschieden, von welchen Umständen es abhängt, ob vorgelegte Bilanzen "erheblich" im Sinne von § 265b Abs. 1 Nr. 1 StGB sind; ob es auf die "konkreten Umstände des Einzelfalles" in der Weise ankommt, daß hypothetisch zu prüfen ist, ob und wie nach der tatsächlichen Lage dieses Falles die vorgelegten Bilanzen sich auf die Entscheidung des Kreditgebers voraussichtlich ausgewirkt haben würden (die später tatsächlich ergangene Kreditentscheidung könnte hierfür ein Indiz sein), oder ob eine mehr allgemeine und generalisierende Betrachtung geboten ist.
4. Im Gesetzgebungsverfahren bestand Einigkeit darüber, das Merkmal der Erheblichkeit sie objektiv aufzufassen. Nach dem Regierungsentwurf sollte das durch die Formulierung "für die Entscheidung über den Antrag erheblich sein können" ausgedrückt werden (Bundestagsdrucksache 7/3441 S. 5, 31), in den Beratungen des Sonderausschusses wurde die jetzt geltende Fassung "für die Entscheidung über einen solchen Antrag" gewählt, um deutlich zu machen, daß es nicht auf die besondere Beurteilung des Einzelfalles durch die Parteien, sondern auf eine abstrahierende und generalisierende Betrachtung ankomme (Wilts, Eyrich in Protokollen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 7, 2770 f). Ausschlaggebend sei, "was nach der Art des Geschäfts im konkreten Fall von einem verständigen, durchschnittlich vorsichtigen Dritten für erforderlich gehalten wird" (Bericht und Antrag des Sonderausschusses, Bundestagsdrucksache 7, 5291 S. 16).
Wie sich diese angestrebte, im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommene Objektivierung im Einzelfall auswirkt, ist im Schrifttum umstritten. Insbesondere wird hierbei auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit hingewiesen; den Parteien müsse freistehen, von welchen Umständen sie den Vertragsabschluß einverständlich abhängig machen und welche anderen Umstände sie als unerheblich bezeichnen wollten (Tiedemann a.a.O. Rdn. 42; vgl. auch Göhler, Protokolle des Sonderausschusses a.a.O. S. 2754; Wilts, Eyrich ebenda S. 2770). Erforderlich sei jedenfalls, daß der eine den anderen mit falschen Unterlagen über einen wahren Sachverhalt täuschen wollte (Göhler a.a.O.). Im übrigen besteht Einigkeit darüber, daß "unwesentliche Abweichungen", "Bagatellunrichtigkeiten" nicht unter § 265b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB fallen (Bundestagsdrucksache 7, 3441 S. 31; Dreher/Tröndle a.a.O.; Tiedemann a.a.O.).
5. Der vorliegende Fall nötigt nicht dazu, allgemein zu entscheiden und abzugrenzen, welche Unrichtigkeiten für die Entscheidung über einen Kreditantrag erheblich im Sinne von § 265b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB sind. Eine allgemein gültige Aussage wäre ohnedies kaum möglich; entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Die Informationen, die einer Bilanz entnommen werden können, sind vielfältig (vgl. etwa Harrmann, Bilanzanalyse auf Grund veröffentlicher Bilanzen, Der Betrieb 1972, 1685; Schedlbauer, Bilanzanalyse in der Praxis, Der Betrieb 1978, 2425). Welche Gesichtspunkte bei der Entscheidung über einen Kreditantrag eine Rolle spielen können, hängt von der Art des kreditsuchenden Unternehmens ebenso ab wie von der besonderen Situation, in der es sich zur Zeit des Kreditantrages befindet. Für die Kreditentscheidung können allgemeine Aussagen der Bilanz (etwa über Umsatz und Gewinn, über Anlage- und Umlaufvermögen, über Außenstände und Verbindlichkeiten) ebenso bedeutsam sein wie einzelne Bilanzposten, die ein bezeichnendes Licht auf Vorgänge und Umstände werfen, von denen die Ertragsstärke des Unternehmens abhängt. Das kann in aller Regel nur in einer Gesamtschau entschieden werden.
Es kann bei alledem nicht zweifelhaft sein, daß die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit nicht dem Belieben des Kreditunternehmers überlassen werden kann, daß er sich vielmehr, wie vom Sonderausschuß formuliert, in die Rolle eines "verständigen, durchschnittlich vorsichtigen Dritten" zu versetzen hat. Im vorliegenden Fall bestand kein Einverständnis zwischen Mineralölfirma und Bank, es komme auf die Bilanzen oder gar auf die Richtigkeit der Angaben über Außenstände und Verbindlichkeiten nicht an, auch hatte die Bank weder die Unrichtigkeit der Bilanzen in diesem speziellen Punkt genannt noch hatte sie vorher zu erkennen gegeben, deren Richtigkeit sei ihr gleichgültig. Daher kann außer Betracht bleiben, ob solche Umstände Einfluß auf die Strafbarkeit nach § 265b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB hätten. Vielmehr stand außer Zweifel, daß die Bilanzen, wie üblich, auch hier bei der Beurteilung des Kreditantrages eine Rolle spielen könnten und daß die Angaben über Außenstände und Verbindlichkeiten hiervon nicht ausgenommen waren. Davon ging, wie das Landgericht feststellt, auch der Angeklagte aus. Daß der Kreditsachbearbeiter der Bank die Bilanzen später als ungeeignet bewertete, ist ohne Belang.
Vieles spricht dafür, die vom Angeklagten vorgenommenen Verfälschungen als erheblich im Sinne von § 265b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB zu bewerten. Dennoch sieht sich der Senat nicht in der Lage, diese - wesentlich dem Tatgericht obliegende - Entscheidung zu treffen und einen Schuldspruch zu fällen. Zwar lassen die im Urteil mitgeteilten Zahlen das Verhältnis der Unrichtigkeit bei Außenständen und Verbindlichkeiten zu deren absoluten Betrag erkennen, doch fehlt eine Gesamtschau der Bilanz und damit eine Wertung des Ausmaßes und Gewichts der Unrichtigkeiten. Beides ist für die Schuldfrage, aber auch - wenn es zum Schuldspruch kommt - für den Umfang der Schuld und damit für die Straffrage von Bedeutung. Da das Landgericht aus anderem Grund freisprach, hatte es keinen Anlaß, hierzu erschöpfende Feststellungen zu treffen. Die neue Verhandlung wird Gelegenheit geben, das nachzuholen.
V. Die Aufhebung umfaßt, da es sich insoweit um dieselbe Tat handelt, auch den Freispruch vom Vorwurf des Betruges.
Fundstellen
BGHSt 30, 285 |
BGHSt, 285 |
NJW 1982, 775 |
LM StGB § 265b Nr. 1 |
JR 1982, 427 |
wistra 1982, 69 |
JZ 1982, 214 |
MDR 1982, 334 |