Orientierungssatz
1. Bei eventueller Klagenhäufung Zulässigkeit der Abweisung des Hauptantrags durch Teilurteil.
2. Schadensersatzanspruch des Konkursverwalters gegen denjenigen, der es übernommen hat, die Geschäfte einer konkursreifen GmbH im eigenen Namen weiterzuführen, wegen Beihilfe zur Konkursverschleppung.
3. Erstattungsanspruch aus GmbHG § 31 bei Auszahlung von Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals einer GmbH erforderlich ist, an eine Gesellschaft, an der ein naher Angehöriger eines Gesellschafters maßgeblich beteiligt ist.
Tenor
Auf die Revision wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. Juni 1984 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Die Sache wird im Umfange der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter des Vermögens der W R GmbH, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts am 11. April 1981 ihre Zahlungen eingestellt hat. Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist der Beklagte zu 2; die einzigen Gesellschafterinnen sind dessen Ehefrau und deren Mutter, Frau A.
Am 16. April 1981 erwarben die W R GmbH einen Geschäftsanteil von 500 DM und der Beklagte zu 2 einen Geschäftsanteil von 19.500 DM an der Dr. Sch & Co.-GmbH, der Beklagten zu 1. Die Satzung dieser Gesellschaft wurde dahin geändert, daß die Firma nunmehr Autohaus W R GmbH lautete und der Unternehmensgegenstand in Autohandel und -reparatur bestand. Geschäftsführer wurde der Beklagte zu 2. Zweck des Anteilserwerbs und der Satzungsänderung war die Fortführung des Unternehmens der W R GmbH. Mit dessen Übernahme hatte die Beklagte zu 1 bereits am 13. April 1981 begonnen. An diesem Tage schloß sie mit der W R GmbH einen Darlehensvertrag, auf dessen Grundlage sie Gelder in Höhe von mindestens 120.837,92 DM erhielt. Die Beklagte zu 1 übernahm ferner halbfertige Arbeiten sowie Ersatz- und Zubehörteile; ferner setzte sie Arbeitskräfte der W R GmbH ein, ohne mit ihnen Arbeitsverträge zu schließen.
Am 30. April 1981 stellte der Beklagte zu 2 für die W R GmbH Konkursantrag, der am 1. Juni 1981 zur Konkurseröffnung führte. Am 20. Mai 1981 stellte auch die Beklagte zu 1 den Betrieb ein. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen wurde am 3. Juni 1983 mangels Masse abgelehnt. Am 22. September 1983 wurde sie im Handelsregister gelöscht.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte zu 1 habe aus der Verwertung der halbfertigen Arbeiten 64.540 DM und aus dem Verkauf der Ersatz- und Zubehörteile 364.000 DM erlöst; ferner habe die Gemeinschuldnerin für das von der Beklagten beschäftigte Personal vom 13. April bis 31. Mai 1981 681.493,25 DM aufgewandt. Der Kläger hat auf Zahlung von 400.000 DM geklagt (Darlehen: 120.837,92 DM, halbfertige Arbeiten: 64.540 DM, Ersatzteile: Teilbetrag 150.000 DM, Personal: Teilbetrag 64.622,08 DM). Hilfsweise hat er die Klage darauf gestützt, daß die Beklagte zu 1 101.655,89 DM aus der Verwertung von Gebrauchtfahrzeugen der Gemeinschuldnerin erzielt habe sowie Lohnerlöse in Höhe von 200.976,80 DM schulde, für die der Beklagte zu 2 ebenfalls hafte.
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 durch rechtskräftiges Teilurteil zur Zahlung von 110.837,92 DM (Darlehen) verurteilt. In einem zweiten Teil- und Grundurteil hat es den Beklagten zu 2 zur Zahlung desselben Betrages sowie beide Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, wegen der Inanspruchnahme des Personals 72.829,11 DM zu zahlen (dabei ist das Landgericht davon ausgegangen, daß der Kläger den Teilbetrag dieser Klageforderung hilfsweise um 10.000 DM erhöht habe, um die die Darlehensforderung unbegründet sei); im übrigen hat es die Klage gegen beide Beklagten dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. In der Berufungsinstanz haben die Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt, soweit der Beklagte zu 2 zur Zahlung von 110.837,92 DM verurteilt worden ist. Der Kläger hat die Klage, soweit sie die Inanspruchnahme des Personals betrifft, zusätzlich auf einen „Zwischenabschluß” gestützt, den die Beklagte zu 1 zum 30. September 1981 erstellt hat und der mit einem Überschuß von 168.843,14 DM abschließt. Das Berufungsgericht hat die weitergehende Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Die Berufung der Beklagten zu 1 hatte keinen Erfolg, soweit die Klage wegen der Verwertung halbfertiger Arbeiten (64.540 DM) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden ist; im übrigen hat das Berufungsgericht das Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Der Kläger verfolgt mit der Revision seinen Antrag weiter, die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Zurückverweisung.
I. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben, weil es dessen Entscheidung über den Grund des Anspruchs insoweit für unzulässig hält, als das Urteil sich gegen die Beklagte zu 1 richtet und die Ersatz- und Zubehörteile sowie die Lohnkosten betrifft. Unzulässig sei das Grundurteil deshalb, weil der Kläger hilfsweise weitere prozessuale Ansprüche erhoben hat, über die gleichzeitig entschieden werden müsse, wenn das Berufungsgericht – anders als das Landgericht – den Hauptanspruch der Klage für unbegründet halte; ein klageabweisendes Teilurteil, das nur den Hauptanspruch zum Gegenstand habe, sei unzulässig.
Hierin kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden. Bei einer eventuellen Klagenhäufung hängt die Entscheidung über den Hauptantrag nicht von der über den Hilfsantrag ab, so daß es sich bei beiden Anträgen nicht um ein „einheitliches Ganzes” handelt, über das nur gleichzeitig entschieden werden könnte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist auch nicht zu befürchten, daß ungewiß ist, wieweit die Rechtskraft eines den Hauptantrag abweisenden Teilurteils reicht. Das kann im Urteil ohne weiteres klargestellt werden. Folgerichtig ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, daß bei eventueller Klagenhäufung das Gericht den Hauptantrag durch Teilurteil abweisen kann (BGHZ 56, 79).
Die Revision beanstandet deshalb mit Recht, daß das Berufungsgericht nicht entschieden hat, ob der Anspruch auf Herausgabe der Erlöse aus dem Verkauf der Ersatzteile und des Zubehörs, der nach seiner Meinung unter dem Gesichtspunkt der Konkursanfechtung entstanden ist, dem Grunde nach noch besteht oder durch Erfüllung inzwischen erloschen ist. Auf diesen Anspruch, den der Kläger mit 364.000 DM beziffert hat, sind zwar unstreitig 237.000 DM gezahlt worden; das Berufungsgericht hat aber hinreichend Anhaltspunkte dafür festgestellt, daß die Teile einen Wert hatten, der den Tilgungsbetrag übersteigt. Die teilweise Tilgung der Schuld war somit für die Entscheidung des Landgerichts, der Anspruch sei dem Grunde nach gerechtfertigt, ohne Bedeutung, so daß das Berufungsgericht das angefochtene Urteil in diesem Punkt hätte bestätigen müssen, solange es nicht feststellte, daß auch die behauptete weitere Zahlung von 320.000 DM erfolgt und damit die Klageforderung insgesamt, also auch in Höhe des geltend gemachten Teilbetrages von 150.000 DM während der Dauer des Berufungsverfahrens erloschen ist. Diese Feststellung hatte das Berufungsgericht selbst zu treffen; es durfte sie nicht dem Landgericht übertragen.
II. 1. Die Klage gegen die Beklagte zu 1 kann allerdings, soweit sie die Ersatzteile und die Personalkosten betrifft, unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Konkursanfechtung schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger die Rechtshandlungen innerhalb der Jahresfrist des § 41 KO nicht angefochten hat. Auf Konkursanfechtung hat der Kläger die Klage nur insoweit gestützt, als sie das – inzwischen nicht mehr streitige – Darlehen betraf. Soweit es um Ersatzteile und Personalkosten geht, fehlt eine ausdrückliche Anfechtung. Diese kann sich zwar auch aus dem Zusammenhang des Klagevorbringens durch Auslegung ergeben (BGH, Urt. v. 29.3.1960 – VIII ZR 142/59, LM KO § 31 Nr. 3; v. 16.5.1969 – V ZR 86/68, LM BGB § 1953 Nr. 1; v. 1.3.1982 – VIII ZR 75/81, WM 1982, 562, 563; v. 19.10.1983 – VIII ZR 156/82, WM 1983, 1313, 1315). Für eine Auslegung des Vorbringens im Sinne einer Anfechtung ist im vorliegenden Falle aber keine Raum, weil der Kläger den Anspruch auf Ersatz der Personalkosten ausdrücklich auf § 613 a BGB und den Anspruch auf Ersatz der Ersatzteile auf gesetzliche, namentlich deliktische Vorschriften gestützt und daher nicht zu erkennen gegeben hat, daß insoweit – jedenfalls auch – eine Anfechtungsklage gewollt war.
2. Die Gemeinschuldnerin hat wegen der Verwertung ihrer Ersatzteile und des Einsatzes ihres Personals auch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1, weil – wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat – der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer beider Gesellschaften die Vermögenswerte für die Beklagte zu 1 auf Grund eines mit Zustimmung aller Gesellschafter wirksam zustandegekommenen Geschäftsbesorgungsvertrages übernommen hat. Wegen der aus diesem Vertrage folgenden Rechtmäßigkeit der Zuwendungen kommt auch eine deliktische Haftung der Beklagten zu 1 zum Nachteil der Gemeinschuldnerin nicht in Betracht.
3. Allerdings ist dadurch nicht auch eine deliktische Haftung der Beklagten zu 1 gegenüber den Konkursgläubigern ausgeschlossen. Das Berufungsgericht hat unterstellt, daß der Konkurs schuldhaft dadurch verschleppt worden ist, daß die Beklagte zu 1 es übernahm, die Geschäfte der konkursreifen GmbH im eigenen Namen weiterzuführen. Trifft das zu, so könnte die Beklagte zu 1 wegen Beihilfe zur Konkursverschleppung (§ 823 Abs. 2 BGB, § 64 Abs. 1 GmbHG oder § 826 BGB, jeweils in Verbindung mit § 830 BGB) verpflichtet sein, den Konkursgläubigern den Schaden zu ersetzen, um den ihre Konkursquote infolge der Vermögensverfügungen zugunsten der Beklagten zu 1 geringer ist. Das Berufungsgericht ist der zutreffenden Ansicht, daß der Konkursverwalter den Anspruch auf Ersatz dieses einheitlichen Quotenschadens aller Gläubiger aus eigenem Recht verfolgen kann (vgl. BGH, Urteil v. 24. Oktober 1973 – VIII ZR 82/72, LM BGB § 826 (Ge) Nr. 9). Das gilt nicht nur, wenn es um die Haftung der Geschäftsführer und Gesellschafter geht, sondern auch um die anderer Tatbeteiligter. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 1 nur deshalb nicht zum Ersatz verurteilt, weil der Kläger seine Ersatzforderung nicht um die Konkursquoten vermindert habe, die auf die Gläubiger entfallen wären, die die Beklagte zu 1 bei ihrer Geschäftsbesorgung befriedigt habe. Hier hat das Berufungsgericht die Darlegungslast verkannt. Der Konkursverwalter kann bei seiner Schadensberechnung ersparte Konkursquoten nur dann schadensmindernd berücksichtigen, wenn er den Geschäftsbüchern der Gesellschaft entnehmen kann, daß nach Eintritt der Konkursreife Gläubiger befriedigt worden sind. Dafür fehlt jeder Anhaltspunkt. Die Beklagte zu 1 jedenfalls hatte von der GmbH nichts zu fordern, so daß durch Leistung an sie die spätere Konkursmasse um keine Quote entlastet worden ist. Hat die Beklagte zu 1 im Rahmen der Geschäftsbesorgung Gläubiger der GmbH befriedigt, so ist es ihre Sache, die Zahlungen und die damit verbundene Entlastung der Konkursmasse im einzelnen darzulegen; denn der Konkursverwalter ist dazu regelmäßig nicht in der Lage, weil er den Zahlungsverkehr nicht kennt und in den Büchern der Gemeinschuldnerin darüber nichts findet. Das Berufungsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob der Konkurs verschleppt und die Masse verkürzt worden ist und, falls es das bejaht, die Beklagte zu 1 zum vollen Ersatz verurteilen müssen, soweit diese nicht darlegt, wieweit die Konkursmasse durch Befriedigung potentieller Konkursgläubiger entlastet worden ist.
3. Das Landgericht hatte dem Kläger für die Inanspruchnahme des Personals 72.829,11 DM zuerkannt, weil die Beklagte zu 1 aus diesem Grund und in dieser Höhe im Zwischenabschluß zum 30. September 1981 eine Verbindlichkeit gegenüber der Gemeinschuldnerin ausgewiesen hatte. Das Berufungsgericht hat demgegenüber den Standpunkt vertreten, daß der Kläger diese Forderung nicht selbständig geltend machen könne, weil sie nur einen Rechnungsposten innerhalb der von der Beklagten zu 1 aufzustellenden Gesamtabrechnung sei; der Kläger habe nur Anspruch auf den sich aus der Gesamtabrechnung ergebenden Überschuß. Aber auch diesen, der im Zwischenabschluß mit 168.843,– DM ausgewiesen worden ist und der nach Verrechnung der im Abschluß ebenfalls ausgewiesenen gegenseitigen Forderungen nur noch 13.131,44 DM betrage, könne der Kläger zum Ausgleich für die Personalkosten erst ausgezahlt verlangen, wenn die Beklagte zu 1 das Vermögen versilbert, alle Forderungen eingezogen und die Schulden getilgt habe. Diese Auslegung des Geschäftsbesorgungsvertrages, die in der Revisionsinstanz nur beschränkt nachprüfbar ist, läßt keinen Rechtsfehler erkennen; auch die Revision hat insoweit nichts zu erinnern. Zwar hatte die Beklagte zu 1, als die Geschäftsbesorgung am 20. Mai 1981 endete, nach § 667 BGB herauszugeben, was sie zu deren Ausführung sowie aus ihr erlangt hatte; die GmbH hätte der Beklagten zu 1 aber im Gegenzuge nach § 670 BGB die Aufwendungen ersetzen, sie also von allen Verbindlichkeiten befreien müssen, die sie für Rechnung der GmbH eingegangen war. Der Kläger fordert aber nicht die Abtretung der Forderungen gegen Ersatz der Aufwendungen, sondern Zahlung; deshalb ist die Ansicht des Berufungsgerichts rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Beklagte zu 1 noch die Forderungen einzuziehen und die Schulden zu tilgen habe und dem Kläger nur den Saldo schulde, der ihr danach verbleibe, und auch diesen nur, soweit die Beklagte zu 1 nicht mit Gegenforderungen aufrechnen könne, weil sie Schulden der GmbH getilgt habe.
Auch das Aufrechnungsverbot des § 55 Abs. 1 Nr. 3 KO schließt die Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche nicht aus. Zwar hat die Beklagte zu 1 den Geschäftsbesorgungsvertrag, aus dem sie ihre Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin herleitet, erst geschlossen, als diese – was der Beklagte zu 2 als beider Geschäftsführer wußte – ihre Zahlungen bereits eingestellt hatte; da aber die Gegenansprüche der Gemeinschuldnerin ebenfalls auf dem Geschäftsbesorgungsvertrage beruhen, sind die gegenseitigen Ansprüche mit Abschluß des Vertrages – wenn auch aufschiebend bedingt – gleichzeitig entstanden. Der § 55 Abs. 1 Nr. 3 KO setzt demgegenüber voraus, daß die Schuld gegenüber dem späteren Gemeinschuldner früher als die Forderung gegen ihn entstanden ist. Der Kläger hatte allerdings nach § 30 Nr. 1 KO die Möglichkeit, die Geschäftsbesorgung anzufechten; es ist jedoch – wie ausgeführt – nicht ersichtlich, daß er das getan hätte.
4. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die Klage nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt, nämlich auf Grund der §§ 30, 31 GmbHG begründet ist. Laut Bericht, den der Kläger am 27. Mai 1981 dem Konkursgericht erstattet und in diesem Verfahren schon dem Landgericht abschriftlich vorgelegt hat, bestand bei der Gemeinschuldnerin eine Überschuldung von 2,6 Mio. DM. Nach einem Vermögensstatus, der im Prozeß gegen die Gesellschafterin A überreicht worden ist (das Berufungsgericht hat zur Ergänzung des Parteivorbringens über den Inhalt dieser Prozeßakten verhandelt), betrug die Überschuldung am 31. Mai 1981 sogar rd. 4,4 Mio. DM. Angesichts dieser Zahlen, von denen mangels gegenteiliger Feststellungen auszugehen ist, kann Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich war, ausgezahlt oder eine bereits bestehende Überschuldung vergrößert worden sein, falls an die Stelle der geldwerten Leistungen in dem Zeitpunkt, in dem sie aus dem Vermögen der späteren Gemeinschuldnerin ausgeschieden sind, nicht auf Grund des Geschäftsbesorgungsvertrages ein vollwertiger Gegenanspruch gegen die Beklagte zu 1 getreten ist und dadurch eine Minderung des Stammkapitals verhindert hat. Dabei kann, wenn es die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen zu beurteilen gilt, der Gesichtspunkt eine Rolle spielen, ob die spätere Gemeinschuldnerin den Geschäftsbesorgungsvertrag mit demselben Inhalt auch mit einem gesellschaftsfremden Dritten geschlossen hätte, ob – mit anderen Worten – die Beklagte zu 1 einen sich aus dem Geschäftsführungsvertrage möglicherweise ergebenden Vorteil dem Umstand verdankt, daß sie dem Gesellschafter nahesteht. Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, daß der GmbH aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag aufschiebend bedingt ein künftiger Anspruch erwachsen ist. Zur Frage, welchen Wert dieser Anspruch hatte, als die Vermögenswerte auf die Beklagte zu 1 übertragen wurden, fehlen aber die Feststellungen.
Ist Stammkapital ausgezahlt worden, so wäre die Erstattungspflicht der Beklagten zu 1 jedenfalls nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie nicht Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin ist. Nach der Rechtsprechung des Senats ist nicht nur der Gesellschafter erstattungspflichtig, sondern auch der Dritte, an den die Gesellschaft geleistet hat, wenn er dem Gesellschafter besonders nahesteht, insbesondere eine wirtschaftliche Einheit mit ihm bildet oder ihm als naher Angehöriger (Ehegatte, minderjährige Kinder) eng verbunden ist (BGHZ 81, 365, 368 ff). Diese enge Bindung besteht zwar nicht zwischen den Gesellschafterinnen und der Beklagten zu 1, wohl aber zwischen der zu 50 % an der Gemeinschuldnerin beteiligten Gesellschafterin R und dem Beklagten zu 2 als deren Ehemann, der am Stammkapital der Beklagten zu 1 (20.000,– DM) mit 19.500 DM beteiligt ist und diese damit beherrscht. Der vom Senat aus dem Recht der Organkredite (§ 89 Abs. 3, § 115 Abs. 2 AktG) und dem Anfechtungsrecht (§ 31 Nr. 2, § 32 Nr. 2 KO; § 3 Nr. 2, 4 AnfG) auf das Recht der Kapitalerhaltung übertragene allgemeine Grundsatz gilt auch, wenn nicht an den nahen Angehörigen, sondern an eine Gesellschaft gezahlt wird, an der jener maßgeblich beteiligt ist. Denn in einem solchen Falle ist die Gefahr einer Umgehung der Schutzvorschriften, die bei Geschäften mit nahen Angehörigen naheliegt und der vom Gesetzgeber deshalb mit den genannten Bestimmungen begegnet wird, ebenso groß, als wäre an den nahen Angehörigen unmittelbar geleistet worden. Das Berufungsgericht wird deshalb der Frage näher nachzugehen haben, ob der Klage gegen die Beklagte zu 1 nicht auf Grund von § 31 GmbHG stattzugeben ist.
III. Die Revision führt ferner zur Zurückverweisung, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen worden ist.
1. Das Berufungsgericht hat eine Verpflichtung des Beklagten zu 2, dem Kläger die Leistungen an die Beklagte zu 1 nach § 64 Abs. 2 GmbHG zu ersetzen, mit der Begründung verneint, daß diese Bestimmung – wie ihr Wortlaut zeige – nur Geldzahlungen, nicht aber sonstige Leistungen der Gesellschaft erfasse. Ob dem Berufungsgericht hierin zu folgen ist oder ob – wie die Revision meint und wofür manches sprechen könnte – unter „Zahlung” ähnlich wie im § 30 Abs. 1 GmbHG jede Leistung zu verstehen ist, bedarf indes keiner Entscheidung. Denn der Beklagte zu 2 ist nach § 43 Abs. 3 GmbHG dem Kläger mindestens in demselben Umfange ersatzpflichtig, falls die Übertragung der Vermögenswerte auf die Beklagte zu 1 bei der Gemeinschuldnerin zu einer Unterbilanz oder gar zu einer Überschuldung geführt und der Beklagte zu 2 das bei Beobachtung des Sorgfaltsmaßstabs des § 43 Abs. 1 GmbHG erkannt hat oder hätte erkennen können. Hat der Beklagte zu 2 dabei im Einverständnis der beiden Gesellschafterinnen gehandelt, so wäre das insoweit unerheblich, als der Schadensersatz zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wird (§ 43 Abs. 3 Satz 3 GmbHG). Entfällt dagegen die Ersatzpflicht nach § 43 GmbHG, weil die Gegenleistung vollwertig war oder der Beklagte zu 2 wenigstens die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes beobachtet hat, so dürfte aus demselben Grunde regelmäßig auch die Haftung aus § 64 GmbHG entfallen (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Das Berufungsgericht wird deshalb, auch soweit es um die Haftung des Beklagten zu 2 geht, den Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung zu prüfen haben.
2. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, daß ein Anspruch aus § 64 Abs. 1 GmbHG i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB wegen Konkursverschleppung ebenso wie ein solcher aus § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit strafrechtlichen Vorschriften daran scheitere, daß der Kläger keinen einheitlich berechneten Schaden, sondern Einzelpositionen geltend gemacht habe, die als solche nicht ersatzfähig seien. Auch hiergegen wendet sich die Revision mit Recht. Als Schadensersatz ist so viel in die Konkursmasse zu zahlen, daß alle Gläubiger diejenige Quote erhalten, die auf sie entfallen wäre, wenn der Konkurs ohne schuldhafte Verschleppung hätte eröffnet werden können. Steht – wie im vorliegenden Falle – fest, daß die GmbH nach Eintritt ihrer Konkursreife ihren Geschäftsbetrieb nicht selbst fortgeführt, sondern zu diesem Zweck ihn einschließlich der Vermögenswerte auf einen Dritten übertragen hat, so reicht es für die Berechnung des Quotenschadens regelmäßig aus, daß der Konkursverwalter darlegt, welche Vermögenswerte der GmbH auf diese Weise verlorengegangen sind und der Konkursmasse nunmehr fehlen. Soweit die Geschäftsbücher der GmbH nichts darüber aussagen, ob ihr aus der Geschäftsbesorgung durch den Dritten Vorteile erwachsen sind, kann der Konkursverwalter sie nicht schadensmindernd berücksichtigen, so daß es Aufgabe des Geschäftsführers ist, die Vorteile im einzelnen darzulegen. Führt der Konkursverwalter, wenn er den Schaden begründet, nicht alle, sondern nur bestimmte Teile des übertragenen Vermögens an, so ist der Vortrag deshalb nicht unbeachtlich, sondern ohne weiteres dahin zu verstehen, daß der einheitliche Schadensersatzanspruch nur teilweise geltend gemacht wird. Das Berufungsgericht wird deshalb auch in diesem Zusammenhang der Frage nachzugehen haben, ob der Beklagte zu 2 den Konkurs schuldhaft verschleppt hat.
IV. Damit es die fehlenden Feststellungen nachholen kann, wird das Urteil aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, und die Sache zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 649079 |
ZIP 1986, 456 |