Entscheidungsstichwort (Thema)
GbR als Grundstückseigentümerin. Eintragung im Grundbuch. Eigentümerbezeichnung im Grundbuch mit Namen und Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts”
Leitsatz (amtlich)
Sind im Grundbuch die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zusatz "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" als Eigentümer eingetragen, so ist die Gesellschaft Eigentümerin des Grundstücks. Auf die Frage, ob die Gesellschaft auch selbst in das Grundbuch eingetragen werden könnte, kommt es dabei nicht an.
Normenkette
BGB § 705; GBO § 47; ZPO § 736
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 27.06.2005; Aktenzeichen 20 U 109/04) |
LG Berlin (Entscheidung vom 07.04.2004; Aktenzeichen 4 O 305/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des KG vom 27.6.2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Klägerin, ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, schloss am 27.7./9.8.1995 zur Finanzierung des von ihr betriebenen Bauvorhabens K. straße 11 in B. einen Darlehensvertrag mit der beklagten Bank. Dabei wurde sie von ihren Gründungsgesellschaftern P. und Z. vertreten. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 13.8.1996 bestellten P. und Z. als damalige Eigentümer des Grundstücks K. straße 11 zu Gunsten der Beklagten an vier noch zu bildenden Wohnungseigentumseinheiten eine Gesamtgrundschuld über 728.300 DM und unterwarfen sich und den jeweiligen Eigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung in die Liegenschaft.
[2] Zu der Auszahlung des Darlehens kam es nicht, weil die Beklagte auf einer gesamtschuldnerischen Mithaftung aller Gesellschafter in voller Höhe - wie in dem Darlehensvertrag vorgesehen - bestand, während die Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nur zur anteiligen Haftung verpflichtet waren und eine weitergehende Haftungsübernahme ablehnten. Die Beklagte macht deshalb einen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung von Bereitstellungszinsen und Nichtabnahmeentschädigung i.H.v. 72.878,57 EUR geltend und will wegen dieses Anspruchs die Zwangsvollstreckung in die von der Grundschuld erfassten Miteigentumsanteile an dem Grundstück betreiben. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Vollstreckungsabwehrklage. Hilfsweise hat sie beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde wegen Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung für unzulässig zu erklären.
[3] Weiter begehrt die Klägerin Freistellung von Ansprüchen der H. AG (im Folgenden: H.) auf Zahlung von Bereitstellungszinsen und Nichtabnahmeentschädigung i.H.v. zuletzt noch 21.115,75 EUR. Dem liegt zugrunde, dass die Gesellschafter der Klägerin wegen der Weigerung der Beklagten, das vereinbarte Darlehen auszuzahlen, einen neuen Darlehensvertrag mit der H. geschlossen haben, der aber nach dem Vortrag der Klägerin nicht durchgeführt werden konnte, weil sich die Beklagte weigert, auf die Rechte aus der - erstrangigen - Grundschuld zu verzichten.
[4] Das LG hat der Klage stattgegeben, das OLG hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
[5] Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[6] I. 1. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf die Vollstreckungsabwehrklage ausgeführt: Die Klage sei unbegründet, weil sich die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung nicht gegen die Klägerin richte. Dabei könne offen bleiben, ob eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) grundbuchfähig sei. Denn in den Grundbüchern seien als Wohnungseigentümer die Gesellschafter der Klägerin eingetragen. Jedenfalls deswegen sei nicht die Klägerin selbst Eigentümerin und damit Vollstreckungsschuldnerin.
[7] 2. Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
[8] Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klägerin Eigentümerin des von der Vollstreckung betroffenen Grundstücks.
[9] Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO (i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2, § 795 ZPO) ist von "dem Schuldner" zu erheben (BAG NJW 1964, 687, 689). Das ist derjenige, gegen den sich die Zwangsvollstreckung richtet, der also in dem für vollstreckbar erklärten Titel oder in der gegen den Rechtsnachfolger erteilten Vollstreckungsklausel aufgeführt ist (K. Schmidt in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 767 Rz. 44). Erklärt - wie hier - der Eigentümer eines Grundstücks in einer notariellen Urkunde, dass er sich und den jeweiligen künftigen Eigentümer wegen des Anspruchs auf Zahlung aus dem Grundstück (§§ 1191 f., 1147 BGB) der Zwangsvollstreckung in das Grundstück unterwerfe, so ist er oder der zum Zeitpunkt des Vollstreckungsbeginns im Grundbuch eingetragene (Nachfolge-)Eigentümer Vollstreckungsschuldner. Das gleiche gilt bei einer Zwangsvollstreckung in einen in einem Wohnungsgrundbuch eingetragenen Miteigentumsanteil.
[10] Als Wohnungseigentümer sind in den Wohnungsgrundbüchern betreffend der mit der Grundschuld belasteten Miteigentumsanteile mittlerweile die 22 derzeitigen Gesellschafter der Klägerin mit dem Zusatz "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" eingetragen. Diese Eintragung entspricht der Regelung des § 47 Alt. 2 GBO. Ob nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR durch die Senatsentscheidung BGH, Urt. v. 29.1.2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = AG 2001, 307 = BGHReport 2001, 237 m. Anm. Sprau = MDR 2001, 459 auch die Gesellschaft selbst als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen werden kann, ist streitig (s. statt aller Ulmer/Steffek, NJW 2002, 330), bedarf hier aber keiner Entscheidung. Klar ist nach der neueren Rechtsprechung des BGH jedenfalls, dass materiell-rechtlich das Eigentum an einer zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Liegenschaft nicht den Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft selbst zusteht (BGH, Beschl. v. 6.4.2006 - V ZB 158/05, BGHReport 2006, 992 = MDR 2006, 1254 = ZIP 2006, 1318 Tz. 11; OVG Nordrhein-Westfalen v. 7.5.2002 - 15 A 5299/00, DB 2002, 1545; Wiedemann, GesR II § 7 III 2 a). Ob dafür - wie im Schrifttum vorgeschlagen - ein bestimmter Organisationsgrad erforderlich ist (so Ulmer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 705 Rz. 306; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1001 f.; Wiedemann, ZGR 1996, 286, 290 f., 298f.), kann offen bleiben. Die Klägerin erfüllt jedenfalls diese Voraussetzung.
[11] Wenn dann im Grundbuch die einzelnen Gesellschafter mit dem Zusatz "als GbR" eingetragen sind, wird damit für den Rechtsverkehr - unabhängig von der Frage, ob auch die GbR selbst eingetragen werden könnte - unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass Eigentümerin der Liegenschaft die GbR ist (ebenso schon Flume, ZHR 136 [1972], 177, 195). Ansonsten müsste es eine Form des Gesamthandseigentums neben dem Gesellschaftsvermögen geben, oder die Gesellschafter müssten Bruchteilseigentümer sein. Beides kommt nicht ernsthaft in Betracht.
[12] II. Auch der weiteren Annahme des Berufungsgerichts, ein Anspruch der Klägerin auf Freistellung von den Zahlungspflichten ggü. der H. scheide schon deshalb aus, weil der Darlehensvertrag mit dieser Bank nicht von der Klägerin, sondern von deren Gesellschaftern geschlossen worden sei, so dass die Klägerin daraus nicht verpflichtet sei, kann nicht gefolgt werden.
[13] Das Berufungsgericht hat dabei unterstellt, dass die Beklagte verpflichtet war, die Rechte aus der Grundschuld an die von der Klägerin bezeichnete Bank abzutreten, und dass sie mit dieser Pflicht in Verzug gekommen ist. Damit ist sie der Klägerin gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 BGB zum Ersatz des Verzögerungsschadens verpflichtet. Nach dem - für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden - Vortrag der Klägerin sind die von der H. geltend gemachten Ansprüche auf Bereitstellungszinsen und Nichtabnahmeentschädigung durch den Verzug der Beklagten verursacht worden. Entscheidend ist damit, ob sich die Ansprüche der H. gegen die Klägerin richten und damit einen Schaden der Klägerin darstellen.
[14] Das ist der Fall. Der zugrunde liegende Darlehensvertrag ist zwischen dieser Bank und der Klägerin zustande gekommen. Die Gesellschafter der Klägerin haben den Vertrag mit dem Zusatz "zusammen in GbR K. str. 11" geschlossen. Damit haben sie zum Ausdruck gebracht, dass sie in ihrer gesamthänderischen Verbindung als GbR berechtigt und verpflichtet werden wollten. Nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR durch die neuere Senatsrechtsprechung ist damit die GbR selbst berechtigt und verpflichtet. Dem steht - anders als das Berufungsgericht meint - nicht entgegen, dass unter Nr. 2.1.8 und 4.1. des Darlehensvertrages "jeder einzelne Darlehensnehmer" in Bezug auf den seinem Gesellschaftsanteil entsprechenden Teil der Darlehenssumme die persönliche Haftung übernommen hat. Damit ist lediglich klargestellt, dass die Gesellschafter - entgegen § 128 HGB - nicht unbeschränkt haften (s. dazu BGH, Urt. v. 27.9.1999 - II ZR 371/98, BGHZ 142, 315, 318 ff. = GmbHR 1999, 1134 = MDR 2000, 94; BGH, Urt. v. 21.1.2002 - II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 = BGHReport 2002, 637 = MDR 2002, 766).
[15] III. Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
[16] 1. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Grundschuld, aus der die Beklagte die Zwangsvollstreckung betreibt, durch Einigung der damaligen Grundstückseigentümer Z. und P. mit der Beklagten und Eintragung in die anschließend gebildeten Wohnungsgrundbücher gem. § 873 Abs. 1 BGB wirksam bestellt worden.
[17] 2. Damit kommt es für den Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage darauf an, ob den Rechten der Beklagten aus der Grundschuld der Einwand der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB entgegensteht, weil der Darlehensvertrag - wie das LG angenommen hat - unwirksam ist.
[18] Das LG hat gemeint, die Gesellschafter Z. und P. seien aufgrund des Gesellschaftsvertrages nicht berechtigt gewesen, die Mitgesellschafter einer unbeschränkten Haftung für die Darlehensverbindlichkeit zu unterwerfen, wie es in dem Darlehensvertrag geschehen sei, und deshalb sei der Darlehensvertrag - da die Mitgesellschafter die Genehmigung verweigert hätten - unwirksam.
[19] a) Daran ist richtig, dass die Gesellschafter der Klägerin nicht schon analog § 128 HGB für die Gesellschaftsschulden unbeschränkt haften - so dass es auf den Umfang der Vollmacht nicht ankäme. Aus Gründen des Vertrauensschutzes hat der Senat angenommen, dass sich die Anleger bereits existierender Immobilienfonds für die von ihnen vor der Rechtsprechungsänderung zu der Haftung der GbR-Gesellschafter durch die Urteile vom 27.9.1999 und 29.1.2001 (BGH, Urt. v. 27.9.1999 - II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 = GmbHR 1999, 1134 = MDR 2000, 94; BGH, Urt. v. 29.1.2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = AG 2001, 307 = BGHReport 2001, 237 m. Anm. Sprau = MDR 2001, 459) abgeschlossenen Verträge unter den bis zur Aufgabe der früher gegenteiligen Rechtsprechung maßgebenden Voraussetzungen (BGH, Urt. v. 12.5.1990 - II ZR 312/88, ZIP 1990, 715, 716 m.w.N.) auf die in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung berufen dürfen (BGH, Urt. v. 21.1.2002 - II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 5 = BGHReport 2002, 637 = MDR 2002, 766). Davon ist auch hier nach den bisherigen Feststellungen auszugehen.
[20] b) Das Berufungsgericht wird aber durch Auslegung des Darlehensvertrages zu klären haben, ob die Mitgesellschafter tatsächlich zu einer unbeschränkten Haftung verpflichtet werden sollten, obwohl nach dem Wortlaut des Vertrages die Annahme näher liegt, es solle sich nur um eine Auszahlungsvoraussetzung handeln. Wenn aufgrund der Vertragsauslegung eine solche Pflicht anzunehmen und damit die entsprechende Klausel mangels einer darauf gerichteten Vollmacht der geschäftsführenden Gesellschafter und mangels Genehmigung der Mitgesellschafter unwirksam sein sollte, ist weiter zu prüfen, ob diese Teilunwirksamkeit gem. § 139 BGB zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages führt. Nur dann steht den Rechten der Beklagten aus der Grundschuld die Bereicherungseinrede entgegen.
[21] 3. Sollte danach die Beklagte aus § 812 BGB verpflichtet sein, die Rechte aus der Grundschuld an die von der Klägerin benannte Bank abzutreten, kommt eine Haftung der Beklagten wegen Verzugs im Hinblick auf die Ansprüche der H. auf Bereitstellungszinsen und Nichtabnahmeentschädigung in Betracht. Dazu muss geklärt werden, ob die H. - wie die Klägerin behauptet - das von ihr zu gewährende Darlehen nur deshalb nicht ausgezahlt hat, weil die Klägerin wegen der Weigerung der Beklagten keine erstrangige Grundschuld bereitstellen konnte, oder ob das - wie die Beklagte geltend macht - auf einem davon unabhängigen Wunsch der Klägerin beruhte und somit nicht Folge des Verzugs der Beklagten war.
Fundstellen
Haufe-Index 1620394 |
BB 2006, 2490 |
DB 2006, 2516 |
DStR 2006, 2222 |
HFR 2007, 282 |
NJW 2006, 3716 |
Inf 2006, 892 |
BGHR 2007, 17 |
EBE/BGH 2006, 362 |
DNotI-Report 2006, 185 |
JR 2007, 377 |
MittBayNot 2007, 118 |
NZG 2006, 939 |
NZM 2006, 900 |
StuB 2007, 159 |
WM 2006, 2135 |
WuB 2007, 73 |
ZAP 2007, 326 |
ZIP 2006, 2128 |
ZKF 2007, 117 |
ZMR 2007, 23 |
ZfIR 2007, 99 |
DNotZ 2007, 118 |
InVo 2007, 112 |
JuS 2007, 185 |
MDR 2007, 284 |
Rpfleger 2007, 23 |
BKR 2006, 485 |
GuT 2006, 332 |
Info M 2007, 41 |
NotBZ 2007, 21 |
RÜ 2006, 643 |
ZBB 2006, 476 |
ZNotP 2007, 67 |
IMR 2007, 197 |
SJ 2006, 39 |