Leitsatz (amtlich)
1.1. Macht der Konkursverwalter selbst als Anwalt Masseansprüche gerichtlich geltend, schuldet er den Beteiligten grundsätzlich dieselbe Sorgfalt wie einem Mandanten.
1.2. Der Konkursverwalter hat einem Gläubiger für den Einzelschaden, der ihm durch die schuldhafte Verletzung konkursspezifischer Pflichten entstanden ist, auch dann persönlich einzustehen, wenn dieser auf einer Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und der Masse beruht.
2. Hat ein Abschlußprüfer zu verantworten, daß in der Bilanz der Aktiengesellschaft ein in Wahrheit nicht bestehender Gewinn ausgewiesen wurde, beginnt die Verjährung des gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruchs erst mit dem Gewinnverwendungsbeschluß der Hauptversammlung. Das gilt auch dann, wenn die Aktien nahezu ausschließlich den Mitgliedern des Vorstands und/oder Aufsichtsrats der Gesellschaft gehören.
3. Zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines Schadensersatzanspruchs im Mahnbescheid.
Orientierungssatz
1. Die Formulierung eines Antrags auf Erlaß eines Mahnbescheids gestützt auf „Anspruch aus AktG § 168 wegen Pflichtverletzung bei der Bilanzierung” bringt zweifelsfrei zum Ausdruck, daß der Antragsgegner für die Verletzung seiner Pflichten als Abschlußprüfer in Anspruch genommen werden soll, da zu den Pflichten des Abschlußprüfers nicht die Bilanzierung selbst, sondern allein deren Prüfung gehört.
2. Ein Zusatz im Mahnantrag „gemäß Schreiben und Mahnung” ist, wenn solche Schriftstücke dem Mahnantrag nicht beiliegen, unschädlich, sofern der Anspruch durch andere Angaben bereits hinreichend bezeichnet ist.
Tatbestand
Der Beklagte ist Verwalter in dem im Jahre 1985 eröffneten Konkurs über das Vermögen der T., Treuhand-Aktiengesellschaft E.; der Kläger hat gegen die Gemeinschuldnerin Forderungen in Höhe von über 478.000 DM, die zur Konkurstabelle festgestellt sind. Er verlangt vom Beklagten persönlich Schadensersatz, weil dieser Ersatzansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die D. Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft wegen fehlerhafter Prüfung des Jahresabschlusses 1981 habe verjähren lassen.
Der Prüfungsbericht der Abschlußprüferin bestätigte, daß der Jahresabschluß für das Jahr 1981, der einen Bilanzgewinn von fast 889.000 DM auswies, dem Gesetz und der Satzung entspreche. Dieser Bericht lag dem Vorstand der T. am 1. Juli 1982 vor und wurde am 5. Juli vom Aufsichtsrat gebilligt. Am 26. Juli 1982 beschloß die Hauptversammlung – entsprechend dem Vorschlag des Vorstands –, von dem Bilanzgewinn 840.000 DM als Dividende auf das Grundkapital auszuschütten, das von lediglich vier Aktionären gehalten wurde. Nach der Behauptung des Klägers erhielten die Aktionäre diese Summe ausbezahlt.
Der Kläger macht geltend, die Abschlußprüferin habe infolge einer Reihe, im einzelnen ausführlich dargestellter Pflichtverletzungen den Jahresabschluß zu Unrecht als ordnungsgemäß testiert. In Wirklichkeit hätte die Bilanz einen Verlust ausweisen müssen.
Am 24. April 1987 schloß der Kläger mit dem Beklagten, „handelnd als Konkursverwalter über das Vermögen der T.”, eine Vereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:
1. Die Beteiligten beabsichtigen, … gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. Treuhandgesellschaft mbH, D., Klage wegen Unkorrektheiten bei den Bilanzen per 1981 und 1982 sowie den hierauf beruhenden Gewinnverwendungsbeschlüssen zu erheben.
2. Herr Dr. S. (Beklagter) ist jedoch im Verhältnis zu Herrn U. (Kläger) nicht verpflichtet, diese Klage zu erheben. Sollte sich im weiteren Verlauf herausstellen, daß es aus anwaltlicher Sicht nicht vertretbar erscheint, die Klagen zu führen, insbesondere im Hinblick auf das Prozeßkostenrisiko der Konkursmasse T., kann Herr Dr. S. jederzeit von der weiteren Durchführung des Verfahrens Abstand nehmen. Er wird Herrn U. hierüber jedoch informieren.
3. Der Prozeß … (wird) von Herrn Dr. S. als Partei kraft Amtes (Konkursverwalter der T.) geführt. Herr U. wird jedoch an den Kosten sowie an einem möglichen Erlös dieses Verfahrens … in Höhe von 25 % beteiligt.
…
4. Darüber hinaus wird Herr U. das Gutachten zur Falschbewertung der Jahresabschlüsse 1981 und 1982 für die Klageschrift erstellen. Dies ist nicht gesondert zu vergüten.
Am 14. Juli 1987 beantragte der Beklagte gegen die Abschlußprüferin den Erlaß eines Mahnbescheids in Höhe von 500.000 DM, gestützt auf „Anspruch aus § 168 AktG wegen Pflichtverletzung bei der Bilanzierung der Firma T., Treuhand-Aktiengesellschaft, per 31.12.1981. Gemäß Schreiben und Mahnung.”
Die Abschlußprüferin hat dem ihr zugestellten Mahnbescheid widersprochen.
Erst mit Schriftsatz vom 19. Juni 1992 hat der Beklagte die Abgabe an das Prozeßgericht beantragt, die Klage begründet und den Anspruch zugleich auf 300.000 DM beschränkt. Dieser Rechtsstreit ist noch nicht abgeschlossen.
Der Kläger ist der Meinung, der Beklagte habe den Mahnbescheid erst nach Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 168 Abs. 5 AktG a.F. beantragt und den damit verfolgten Anspruch zudem in einer Weise bezeichnet, die nicht geeignet sei, die Verjährung zu unterbrechen. Der Kläger nimmt den Beklagten daher persönlich wegen Verletzung der Vereinbarung vom 24. April 1987 sowie aus § 82 KO auf Schadensersatz in Höhe von 125.000 DM in Anspruch. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat in Höhe von 50.000 DM Erfolg; in diesem Umfang führt sie zur Aufhebung und Zurückverweisung. Im übrigen ist die Revision unbegründet.
A.
I.
Das Berufungsgericht hat vertragliche Ansprüche des Klägers verneint. Die Vereinbarung vom 24. April 1987 habe keine Verpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger begründet. Der Beklagte habe dieses Rechtsgeschäft in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter geschlossen. Er hafte daraus nicht persönlich; denn er habe weder eigene Pflichten ausdrücklich übernommen noch einen besonderen Vertrauenstatbestand gesetzt, an dem er sich festhalten lassen müsse.
II.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Die Auffassung des Berufungsgerichts beruht auf einer Auslegung der Vereinbarung, die tatrichterlich möglich ist und keinen Rechtsfehler erkennen läßt.
Die Revision verweist darauf, der Beklagte habe gemäß Ziffer 2 Satz 2 der Vereinbarung von einem Prozeß gegen die Abschlußprüferin absehen dürfen, wenn er aus „anwaltlicher Sicht” nicht vertretbar erscheine. Damit vermag sie jedoch nicht aufzuzeigen, daß das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung einen wesentlichen Gesichtspunkt unberücksichtigt gelassen hat. Ziffer 2 Satz 2 regelt lediglich, welcher Beurteilungsmaßstab für die Entscheidung gelten sollte, ob Ansprüche gegen die Abschlußprüferin namens der Masse geltend gemacht wurden. Der Hinweis auf die anwaltliche Sicht enthält daher keinen Beleg für die Auffassung des Klägers, der Beklagte habe ihm gegenüber eine eigene vertragliche Pflicht übernommen.
B.
Das Berufungsgericht hat Ansprüche aus § 82 KO ebenfalls verneint. Der Beklagte habe keine Konkursverwalterpflichten verletzt. Der Mahnbescheidsantrag habe den geltend gemachten Anspruch hinreichend individualisiert und sei auch rechtzeitig gestellt worden; denn die Verjährung des Ersatzanspruchs aus § 168 Abs. 5 AktG a.F. habe nicht vor dem Gewinnverwendungsbeschluß der Hauptversammlung vom 26. Juli 1982 begonnen. Mit der Billigung des fehlerhaften Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat sei der Gesellschaft noch kein Schaden entstanden.
Der Beklagte habe den Mahnbescheid nicht etwa deshalb früher beantragen müssen, weil in der Literatur die Ansicht vertreten werde, die Verjährungsfrist beginne bereits mit der Abgabe des Prüfungsberichts. Ein Schadensersatzanspruch entstehe erst, wenn sich die Vermögenslage wenigstens dem Grunde nach verschlechtert habe. Das sei bei Aushändigung des Prüfungsberichts an die Gesellschaft noch nicht der Fall gewesen. Der Beklagte führe das mit dem Mahnbescheid eingeleitete Verfahren gegenwärtig durch.
Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
I.
Das Berufungsgericht sieht den Kläger ohne weiteres als befugt an, den Anspruch selbst gerichtlich geltend zu machen. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Zwar kann der Schaden, der der Gemeinschaft der Gläubiger durch ein pflichtwidriges Verhalten des Konkursverwalters erwächst, grundsätzlich nicht durch einen einzelnen der davon betroffenen Masse- oder Konkursgläubiger eingeklagt werden; denn das der Gemeinschaft zugewiesene Verwertungsrecht steht dem Konkursverwalter zu, so daß es durch einen neu bestellten Verwalter ausgeübt werden muß (BGH, Urt. v. 22. Februar 1973 – VI ZR 165/71, NJW 1973, 1198; v. 5. Oktober 1989 – IX ZR 233/87, WM 1989, 1781; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 82 Rdnr. 5 m.w.N.). Dieses Recht läßt sich nicht in Einzelansprüche der verschiedenen mittelbar betroffenen Gläubiger aufteilen (Senatsurt. v. 5. Oktober 1989, aaO S. 1784). Indes ist ein solcher Anspruch nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Der Kläger verlangt nicht einen Anteil von dem, was der Gesamtheit der Gläubiger als Schadensersatz zustände. Er begehrt vielmehr ausschließlich Ersatz für den Verlust des Sonderanteils, der ihm infolge der Vereinbarung vom 24. April 1987 seiner Ansicht nach hätte zufließen müssen, wenn der Beklagte seine Amtspflichten als Konkursverwalter ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Der Kläger macht daher – was Lüke EWiR 1993, 797, 798 verkennt – ausschließlich einen Einzelschaden geltend.
II.
Der Beklagte hat allerdings bei Beantragung des Mahnbescheids gegen die Abschlußprüferin seine gesetzlichen Pflichten als Konkursverwalter verletzt.
1. Die Durchsetzung von Ansprüchen der Masse gegen Dritte dient dem Gesamtinteresse der Konkursgläubiger und gehört daher zu den konkursspezifischen Aufgaben des Konkursverwalters. Dieser hat folglich solche Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, wenn die Erfolgsaussichten günstig sind und die Prozeßführung wirtschaftlich vertretbar erscheint. Der beantragte Mahnbescheid sollte verhindern, daß der Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die Abschlußprüferin verjährt, und dem Beklagten so die Möglichkeit erhalten, einen Prozeß zu führen, sobald günstige Erfolgsaussichten für ihn erkennbar wurden. Der Beklagte hatte daher einen den Anforderungen der §§ 688 bis 690 ZPO zweifelsfrei genügenden Mahnantrag so rechtzeitig anzubringen, daß die Unterbrechung der Verjährung (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB) gesichert war.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist ein Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten verpflichtet, bei ungeklärter Rechtslage die für diesen ungünstigere Auffassung in seine Überlegungen mit einzubeziehen und demgemäß den Weg zu wählen, der geeignet ist, die Rechte seines Auftraggebers möglichst umfassend zu wahren (BGH, Urt. v. 17. Dezember 1987 – IX ZR 41/86, NJW 1988, 1079, 1082; v. 28. Juni 1990 – IX ZR 209/89, WM 1990, 1917, 1919). Demgemäß hat der Rechtsanwalt bei der Geltendmachung von Ansprüchen sicherheitshalber von der kurzen Verjährungsfrist auszugehen, solange deren Dauer und Ablauf zweifelhaft erscheint (Senatsurt. v. 5. November 1992 – IX ZR 12/92, NJW 1993, 734, 735; v. 17. Juni 1993 – IX ZR 206/92, z.V.b.).
Das dem Konkursverwalter übertragene private Amt begründet zwischen ihm und den von § 82 KO erfaßten Beteiligten besondere Rechte und Pflichten. Es entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis, das eine rechtsgeschäftsähnliche Beziehung herstellt (BGHZ 93, 278, 281). Die Belange der Konkursgläubiger, die der Konkursverwalter bei der Durchsetzung von Masseansprüchen zu wahren hat, sind den Interessen der Personen vergleichbar, die einen Dritten mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragen. Hat sich der Konkursverwalter entschlossen, selbst einen Rechtsstreit für die Masse zu führen, so hat er dies mit der Sorgfalt eines beruflichen Sachwalters fremder Vermögensinteressen zu tun. Besitzt er die dafür erforderlichen Kenntnisse nicht, ist er im Rahmen der verfügbaren Mittel verpflichtet, den entsprechenden Rat eines Rechtskundigen einzuholen. Ist der Konkursverwalter selbst Rechtsanwalt, schuldet er den Beteiligten bei der gerichtlichen Durchsetzung der Rechte grundsätzlich dieselbe Sorgfalt wie ein Rechtsanwalt seinem Mandanten. Infolgedessen hatte der Beklagte bei Beantragung des Mahnbescheids im Interesse der Konkursgläubiger den sichersten Weg zu wählen.
3. Diesen Anforderungen ist der Beklagte im Streitfall nicht gerecht geworden.
a) Der Mahnbescheid bezeichnet den geltend gemachten Anspruch nicht präzise; denn der Beklagte begehrte Schadensersatz nicht wegen mangelhafter Bilanzierung – welche gar nicht Gegenstand des erteilten Auftrags war –, sondern aus Pflichtverletzungen bei der Abschlußprüfung. Der Zusatz „gemäß Schreiben und Mahnung” war verfehlt, weil entsprechende Schriftstücke nicht existieren. Das Landgericht Dortmund hat inzwischen im Regreßprozeß des Klägers gegen die Abschlußprüferin die Angaben nicht als geeignete Individualisierung des Anspruchs im Sinne des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO angesehen (Urt. v. 17. Juni 1993 – 16 O 86/92) und in dem die Prüfung des Jahresabschlusses 1982 betreffenden Rechtsstreit ebenso entschieden (Urt. v. 12. April 1991 – 18 O 26/90). Zwar ist dieser Auffassung – wie noch zu zeigen sein wird – nicht zu folgen. Das ändert aber nichts daran, daß der Anspruch im Mahnbescheid nicht sorgfältig bezeichnet worden und daraus ein unnötiges Prozeßrisiko entstanden ist. Folglich hat der Beklagte insoweit pflichtwidrig gehandelt.
b) Der Beklagte wäre nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ohne weiteres in der Lage gewesen, den Mahnbescheid bereits am 1. Juli 1987 zu beantragen. Darin, daß er dies unterlassen und bis zum 14. Juli gewartet hat, liegt ebenfalls eine Pflichtverletzung.
Die Frage, wann die fünfjährige Verjährungsfrist des § 168 Abs. 5 AktG a.F. zu laufen beginnt, war damals noch ungeklärt. Veröffentlichte Rechtsprechung fehlte; im Schrifttum wurde teilweise die Auffassung vertreten, der Ersatzanspruch sei bereits mit Ablieferung des Prüfungsberichts entstanden (vgl. die Nachweise unten III 2 a). Die Literatur behandelte die Frage durchweg ohne eine vertiefte Begründung. Im Hinblick darauf hätte der Beklagte zur Vermeidung jeglichen Risikos den Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids bis spätestens 1. Juli 1987 bei Gericht einreichen müssen.
III.
Indessen ist dem Kläger aus diesen Pflichtverletzungen bisher kein Schaden entstanden. Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen die Abschlußprüferin ist durch den am 14. Juli 1987 beantragten Mahnbescheid wirksam unterbrochen worden (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
1. Ein Mahnbescheid unterbricht die Verjährung nur für solche Ansprüche, die in der gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO geforderten Weise bezeichnet sind (BGH, Urt. v. 5. Dezember 1991 – VII ZR 106/91, NJW 1992, 1111). Die Angaben, die der vom Beklagten erwirkte Mahnbescheid enthielt, waren dafür noch ausreichend.
a) § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verlangt lediglich eine hinreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs. Dieser muß so gekennzeichnet sein, daß er über einen Vollstreckungsbescheid Grundlage eines Vollstreckungstitels sein und der Antragsgegner erkennen kann, welcher Anspruch gegen ihn erhoben wird, damit er zu beurteilen vermag, ob er sich gegen ihn zur Wehr setzen soll oder nicht (BGHZ 104, 268, 273 f). Welche Angaben im Einzelfall notwendig sind, läßt sich nicht allgemein festlegen, sondern hängt von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis sowie der Art des Anspruchs ab (BGH, Urt. v. 5. Dezember 1991 aaO). Erkennbar sein muß aber nur der konkrete Gegenstand des Rechtsstreits. Eine nähere Angabe des Rechtsgrundes, aus dem der Anspruch hergeleitet wird, ist in der Regel nicht geboten (BGHZ 112, 367, 370).
b) Aus dem Hinweis auf die Vorschrift des § 168 AktG ging zweifelsfrei hervor, daß die Antragsgegnerin für die Verletzung ihrer Pflichten als Abschlußprüfer, betreffend das Jahr 1981, in Anspruch genommen werden sollte. Da zu den Pflichten des Abschlußprüfers nicht die Bilanzierung selbst, sondern allein deren Prüfung gehört, ließ die vom Beklagten gewählte Bezeichnung für den Adressaten hinreichend erkennbar werden, daß letzteres gemeint war und der Mahnbescheid eine dabei begangene Pflichtverletzung betraf. Verstöße gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit sowie das Verbot der unbefugten Verwertung von Geheimnissen, die in § 168 Abs. 1 AktG a.F. ebenfalls erfaßt sind, waren nicht erwähnt und daher ersichtlich nicht angesprochen. Einer näheren Angabe, worin die Prüfungsfehler der Antragsgegnerin zu sehen waren, bedurfte es zur Individualisierung des in Höhe der Haftungshöchstsumme von 500.000 DM (§ 168 Abs. 2 Satz 1 AktG a.F.) erhobenen Anspruchs nicht; denn eine derartige Erweiterung widerspräche dem Sinn und Zweck des auf eine möglichst knappe Darstellung ausgerichteten § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Solche Anforderungen wären mit dem Ziel des auf eine schnelle Erledigung ausgerichteten Massenverfahrens nach §§ 688 ff ZPO nicht vereinbar.
War der Anspruch durch die genannten Angaben bereits hinreichend bezeichnet, so schaden die Schlußworte „gemäß Schreiben und Mahnung” nicht. Diese Worte waren zwar zur Kennzeichnung des Anspruchs ungeeignet; denn es gab solche Schriftstücke nicht. Da es sich indes lediglich um einen formelhaften Zusatz handelte, der keine konkrete Aussage enthielt, vermochte er die durch die vorstehende Erläuterung schon bewirkte Individualisierung des Anspruchs nicht zu beseitigen oder zu verändern.
2. Als der Mahnbescheid beantragt wurde, war der Ersatzanspruch aus § 168 AktG a.F. gegen die Abschlußprüferin noch nicht verjährt.
a) Der Schadensersatzanspruch, den § 168 Abs. 1 AktG a.F. (nunmehr § 323 Abs. 1 HGB) der Aktiengesellschaft bei Pflichtverletzungen des Abschlußprüfers gewährt, verjährt gemäß Abs. 5 der Vorschrift in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt nach der allgemeinen Regel des § 198 BGB mit der Entstehung des Anspruchs. Insoweit herrscht im Schrifttum Einigkeit; unterschiedlich wird dagegen die Frage beurteilt, wann der Schaden entstanden ist. Eine Reihe von Autoren meint, dies sei bereits mit Ablieferung des Prüfungsberichts der Fall (Brönner in Großkommentar zum AktG, 3. Aufl. § 168 Anm. 20; Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers S. 59; Hofbauer/Kupsch, Bonner Handbuch der Rechnungslegung § 323 HGB Rdnr. 35; Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung 3. Aufl. § 323 HGB Rdnr. 18; Späth, Die zivilrechtliche Haftung des Steuerberaters 3. Aufl. Rdnr. 439; Lüke EWiR 1993, 797, 798; wohl auch Gessler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Aktiengesetz § 168 Rdnr. 40). Andere vertreten demgegenüber die Ansicht, bei Ablieferung des Prüfungsberichts könne noch offen sein, ob ein pflichtwidriges Verhalten zu einem Schaden führe (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen 5. Aufl. § 323 HGB Rdnr. 73; Budde/Hense in Beck'scher Bilanzkommentar 2. Aufl. § 323 HGB Rdnr. 40). Wann ein Schaden eintritt, wird indes nicht näher erläutert (vgl. auch Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. § 323 HGB Anm. 6; Claussen in Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl. § 323 HGB Rdnr. 26; Marsch/Barner in GK-HGB, § 323 Rdnr. 8).
b) Ansprüche gegen Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, gegen Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte und Notare beginnen ebenfalls mit der Entstehung eines Schadens zu verjähren (vgl. §§ 93 Abs. 6 AktG, 51 a WirtschaftsprüferO, 68 StBerG, 51 BRAO, 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO, 852 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzung ist erst dann gegeben, wenn die Vermögenslage des Betroffenen infolge der Handlung im Vergleich mit dem früheren Vermögensstand schlechter geworden ist. Zwar genügt es, daß die Verschlechterung sich wenigstens dem Grunde nach verwirklicht hat. Ist jedoch noch offen, ob pflichtwidriges Verhalten zu einem Schaden führt, besteht also lediglich ein entsprechendes Risiko, ist die Verjährungsfrist noch nicht in Lauf gesetzt. Eine lediglich risikobehaftete Lage stellt regelmäßig eine bloße Gefährdung dar, die sich noch nicht in der Bewertung des Gesamtvermögens niederschlägt und daher nicht einem Schadenseintritt gleichsteht (vgl. BGHZ 100, 228, 231 f; 119, 69, 71; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 650; v. 5. November 1992 – IX ZR 200/91, NJW 1993, 1320, 1321).
Entsprechendes gilt für die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Abschlußprüfer. Die Bestimmung des § 168 Abs. 5 AktG a.F. (nunmehr § 323 Abs. 5 HGB) ist ebenso ausgestaltet wie die Verjährungsvorschriften zur Haftung der oben genannten Berufsgruppen. Hier wie dort geht es um den Ersatz reiner Vermögensschäden; auch die Interessenlage der jeweiligen Vertragspartner ist in allen Punkten vergleichbar.
c) Die Revision meint, der Schaden sei mit der Abgabe des Prüfungsberichts eingetreten, weil dadurch die Vergütungsforderung des Abschlußprüfers entstanden sei, ohne daß die Gesellschaft einen korrekten Prüfungsbericht als gleichwertige Gegenleistung erhalten habe. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Enthält der Prüfungsbericht fachliche Mängel, kann die Gesellschaft gemäß § 633 BGB beziehungsweise Ziffer 8 der Allgemeinen Auftragsbedingungen deren Beseitigung verlangen. Da die Vorschriften über die Gewährleistung beim Werkvertrag insoweit zumindest entsprechend anwendbar sind (Adler/Düring/Schmaltz, § 318 HGB Rdnr. 126; Gessler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, § 163 Rdnr. 22), steht der Gesellschaft gegenüber dem Vergütungsanspruch, solange die Mängel der Leistung des Abschlußprüfers nicht behoben sind, gemäß § 320 BGB die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu (vgl. BGHZ 26, 337). Der Nachbesserungsanspruch kann auch nach Abnahme des Prüfungsberichts gegebenenfalls auf Neuherstellung gerichtet sein (vgl. BGHZ 96, 111). Allein die Ablieferung des Prüfungsberichts begründet daher jedenfalls so lange keinen Schaden, wie der Abschlußprüfer noch keine Vergütung erhalten hat. Der Kläger hat nicht behauptet, die Gesellschaft habe vor dem 14. Juli 1982 eine Zahlung geleistet.
d) Im Streitfall sollen die dem Abschlußprüfer zur Last gelegten Prüfungsfehler zur Folge gehabt haben, daß ein in Wahrheit nicht bestehender Gewinn in der Bilanz ausgewiesen und an die Aktionäre ausgeschüttet wurde. Ein Schaden daraus ist der Gesellschaft nicht vor dem Gewinnverwendungsbeschluß der Hauptversammlung am 26. Juli 1982 entstanden.
aa) Gemäß § 58 Abs. 4 AktG haben die Aktionäre Anspruch auf den Bilanzgewinn, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung, durch Hauptversammlungsbeschluß oder als zusätzlicher Aufwand aufgrund des Gewinnverwendungsbeschlusses von der Verteilung ausgeschlossen ist. Dieses mitgliedschaftliche – Mehrheitsentscheidungen unterworfene – Recht des Aktionärs auf Gewinnbeteiligung verwandelt sich in einen Zahlungsanspruch gegen die Aktiengesellschaft erst durch den Gewinnverwendungsbeschluß der Hauptversammlung (vgl. BGHZ 7, 263, 264; 23, 150, 154; 65, 230, 235; Gessler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, § 58 Rdnr. 116 f; Lutter in Kölner Kommentar, § 58 Rdnr. 89 f, § 174 Rdnr. 27).
Mit der Billigung durch den Aufsichtsrat ist der Jahresabschluß festgestellt (§ 172 AktG). Damit ist zwar ein konkreter Gewinnbeteiligungsanspruch rechtlich existent geworden (BGHZ 65, 230, 235; Gessler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 58 Rdnr. 116). Die Vermögenslage der Aktiengesellschaft hat sich jedoch noch nicht verändert; denn die Verpflichtung, einen Teil des Gewinns an die Aktionäre auszuschütten, ist dadurch nicht begründet worden. Nach wie vor kann die Hauptversammlung beschließen, den gesamten Bilanzgewinn in offene Rücklagen einzustellen oder als Gewinn vorzutragen (§§ 58 Abs. 3, 174 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AktG). Sie ist in der Wahl zwischen den verschiedenen Möglichkeiten rechtlich völlig frei und auch nicht an den Gewinnverwendungsvorschlag des Vorstandes gebunden. Erst der Gewinnverwendungsbeschluß der Hauptversammlung bewirkte daher einen Auszahlungsanspruch der Aktionäre und demzufolge einen vermögensmäßigen Nachteil der Gesellschaft.
bb) Gebunden ist die Hauptversammlung dagegen an die Feststellung des Jahresabschlusses (§§ 174 Abs. 1, 172 AktG). Daraus kann indes entgegen der Meinung der Revision nicht hergeleitet werden, der Schaden sei bereits mit dem entsprechenden Beschluß des Aufsichtsrates am 5. Juli 1982 eingetreten.
Die Bindung an den festgestellten Jahresabschluß hat lediglich zur Folge, daß sich die Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung auf den ausgewiesenen Bilanzgewinn beschränkt. Sie kann diesen weder erhöhen noch ermäßigen. Da aber die Entscheidung, ob Bilanzgewinn an die Aktionäre als Dividende ausgeschüttet wird, allein bei der Hauptversammlung liegt, bewirkte die Feststellung des Jahresabschlusses zwar eine Vermögensgefährdung für die Gesellschaft, jedoch noch keine reale finanzielle Schlechterstellung, ohne die nach der Rechtsprechung des Senats ein Schaden nicht eintritt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß im Streitfall der Mehrheitsaktionär Dr. K. zugleich Aufsichtsratsvorsitzender war und 99 % der Anteile von Aktionären gehalten wurden, die im Vorstand oder Aufsichtsrat mitwirkten. Aufgrund dieser Gegebenheiten war zwar rein tatsächlich mit Sicherheit zu erwarten, daß die Hauptversammlung dem Gewinnverwendungsvorschlag des Vorstands folgen und die Ausschüttung beschließen würde. Gleichwohl konnte vor der Entscheidung der Hauptversammlung eine rechtliche Verpflichtung zur Ausschüttung der Dividende an die Aktionäre nicht eintreten und infolgedessen bis dahin kein greifbarer Vermögensnachteil bei der Aktiengesellschaft entstehen. Auch aus Gründen der Rechtsklarheit ist ein Schaden erst dann zu bejahen, wenn eine Entschließung vorliegt, die für die Gesellschaft als die von der Pflichtverletzung des Abschlußprüfers betroffene Vertragspartnerin nachteilige Rechtswirkungen äußert (vgl. BGHZ 119, 69, 73; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 650 f). Der Beginn der Verjährungsfrist kann daher nicht davon abhängen, in welchem Umfang Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder selbst Aktionäre der Gesellschaft sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Konzern- oder Holdinggesellschaft, die mit Mehrheit an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, den bei der Tochtergesellschaft erzielten und zur Ausschüttung vorgesehenen Gewinn noch für das gleiche Geschäftsjahr in der Bilanz ausweisen, wenn der Jahresabschluß der Tochtergesellschaft noch vor Abschluß der Prüfung bei der Muttergesellschaft festgestellt worden ist und mindestens ein entsprechender Gewinnverwendungsvorschlag vorliegt (BGHZ 65, 230). Der Bundesfinanzhof sieht sogar eine steuerrechtlich begründete Verpflichtung, in dieser Weise zu verfahren (BFHE 131, 196; 132, 80; 156, 443). Diese Entscheidungen vermögen die Auffassung des Klägers, bei den hier gegebenen Beteiligungsverhältnissen sei der Schaden spätestens mit der Feststellung des Jahresabschlusses eingetreten, jedoch ebenfalls nicht zu stützen. Die Rechtsprechung betrifft ausschließlich die Frage des Bilanzierungszeitpunkts bei der mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft. Da die Bilanzierung allein noch keinen Schaden bei der Tochtergesellschaft begründet, kann daraus nichts für den Zeitpunkt gewonnen werden, zu dem die Verjährungsfrist der Ansprüche gegen den Abschlußprüfer zu laufen beginnt.
cc) Vergeblich ist weiter der Hinweis der Revision auf die mit der Ausweisung eines Gewinns entstehenden Steuerforderungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entsteht ein durch einen Fehler des Steuerberaters verursachter steuerlicher Nachteil nicht schon, sobald ein Anspruch des Fiskus begründet wird, sondern frühestens mit dem Zugang des Steuerbescheids (BGHZ 119, 69; Senatsurt. v. 10. Dezember 1992 – IX ZR 54/92, NJW 1993, 1137, 1138; v. 29. April 1993 – IX ZR 109/92, NJW 1993, 2181). Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, davon bei der Beurteilung der Verjährung des Anspruchs gegen den Abschlußprüfer abzuweichen, wenn von ihm zu vertretende Mängel des Prüfungsberichts zu steuerlichen Nachteilen für die betreffende Gesellschaft geführt haben.
Entgegen der Meinung der Revision wirkt sich die Vorschrift des § 158 AO nicht auf den Verjährungsbeginn aus. Nach der genannten Bestimmung sind Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalles kein Anlaß besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Das Gesetz knüpft daher an die formell ordnungsgemäße Buchführung lediglich eine Beweisregel, die das Finanzamt bei der ihm obliegenden Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen zu beachten hat (BFHE 165, 326; Tipke/Kruse, AO/FGO 14. Aufl. § 158 AO Rdnr. 1 f). Die Pflicht des Finanzamts zur eigenständigen Prüfung des für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalts bleibt davon unberührt. Schon deshalb ist aus der genannten Bestimmung – ebenso wie bei der Steuerberaterhaftung – nichts für den Zeitpunkt der Verjährung von Ansprüchen gegen den Abschlußprüfer herzuleiten.
e) Ersichtlich gehen beide Parteien übereinstimmend davon aus, daß der Mahnbescheid der Abschlußprüferin bis zum 26. Juli 1987 oder zumindest „demnächst” im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO zugestellt worden ist. Der Schadensersatzanspruch gegen die Abschlußprüferin ist daher nicht seit dem 27. Juli 1987 verjährt.
3. Da der Rechtsstreit des Beklagten gegen die Abschlußprüferin noch nicht rechtskräftig entschieden ist, läßt sich allerdings gegenwärtig nicht ausschließen, daß der dort weiterverfolgte Anspruch – zu Unrecht – endgültig wegen Verjährung abgewiesen wird.
a) In einem solchen Falle entstände mit Rechtskraft des Urteils ein Schaden, der in den Schutzbereich der vom Beklagten verletzten Pflichten fiele, weil er durch eine rechtzeitige Beantragung des Mahnbescheides sowie die sachgerechte Bezeichnung des erhobenen Anspruchs das Risiko einer Klageabweisung wegen Verjährung hätte ausschließen müssen.
b) Die Feststellung eines in Zukunft eventuell noch entstehenden Schadensersatzanspruchs ist in dem vom Kläger gestellten Zahlungsantrag, der allein angeblich bereits erwachsene Nachteile betrifft, nicht enthalten. Im übrigen wäre ein solcher Antrag auch nicht zulässig. Wegen eines künftigen Vermögensschadens ist ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO erst dann zu bejahen, wenn nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge der Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich ist (Senatsurt. v. 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 653 m.w.N.). Infolge der vom Senat in diesem Urteil zur Verjährung des Anspruchs aus § 168 AktG a.F. vertretenen Auffassung wird die jetzt noch rechtshängige Klage gegen die Abschlußprüferin – trotz des zwischenzeitlich ergangenen klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils – mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an der Verjährungseinrede scheitern. Mit einem entsprechenden zukünftigen Schaden ist daher voraussichtlich nicht zu rechnen.
4. Folglich kann offenbleiben, ob der Beklagte sich seinerseits gegenüber dem auf Pflichtverletzungen bei Beantragung des Mahnbescheids gestützten Schadensersatzanspruch zu Recht auf Verjährung beruft.
IV.
Die Revision führt in Höhe von 50.000 DM zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, weil das Berufungsgericht übersehen hat, daß der Kläger eine Pflichtverletzung des Beklagten im weiteren Verlauf des Rechtsstreits gegen die Abschlußprüferin sowie einen daraus entstandenen entsprechenden Schaden schlüssig dargelegt hat, und mangels anderweitiger Feststellungen in den Tatsacheninstanzen für die Revision vom Vorbringen des Klägers auszugehen ist.
1. In Höhe von 200.000 DM sind die Schadensersatzansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Abschlußprüferin inzwischen verjährt, weil der Prozeß insoweit nach Beantragung des Mahnbescheids mehr als fünf Jahre zum Stillstand gekommen ist (§ 211 Abs. 2 BGB). Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin gegen den Mahnbescheid hat der Beklagte den Prozeß, beschränkt auf 300.000 DM, erst mit Schriftsatz vom 19. Juni 1992 weiterbetrieben. Der Stillstand des Rechtsstreits trat mit der letzten Handlung des Gerichts, offenbar der Zusendung des Widerspruchs an den klagenden Konkursverwalter, ein. Unstreitig war jener Prozeß im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wegen des über 300.000 DM hinausgehenden Anspruchs mehr als fünf Jahre nicht betrieben worden. Nach der Darstellung des Klägers hätte der Beklagte die Abschlußprüferin mit Erfolg auf Schadensersatz in Höhe von 500.000 DM gerichtlich in Anspruch nehmen und die günstigen Erfolgsaussichten aufgrund des vom Kläger vereinbarungsgemäß erstellten Gutachtens zweifelsfrei erkennen können.
2. Nach dem Vorbringen des Klägers hat der Beklagte dadurch, daß er den im Mahnbescheid gegen die Abschlußprüferin erhobenen Anspruch in Höhe von 200.000 DM nicht weiterverfolgt hat, seine den Beteiligten geschuldeten konkursspezifischen Pflichten verletzt. Unter dieser Voraussetzung haftet er dem Kläger nach § 82 KO auch für den Verlust des Betrages, der diesem aufgrund der Vereinbarung vom 24. April 1987 zugestanden hätte, wenn die Abschlußprüferin bei sachgerechtem Vorgehen des Beklagten zur Zahlung weiterer 200.000 DM verurteilt worden wäre und dieser Anspruch auch hätte realisiert werden können.
a) Diese Vereinbarung ist – was von den Parteien auch nicht bezweifelt wird – aufgrund des dem Beklagten zustehenden Verwaltungsrechts (§ 6 Abs. 2 KO) wirksam, obwohl sie den Kläger insoweit gegenüber den Konkursgläubigern bevorzugt, als sie ihm bei einem Erfolg der Klage gegen die Abschlußprüferin einen eigenständigen Anspruch gewährt, der erheblich über das hinausgeht, was er nach den Vorschriften über die Rangordnung der Konkursforderungen (§§ 57-61 KO) verlangen könnte.
Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Konkursverwalters dient dem Zweck der größtmöglichen und gleichmäßigen Befriedigung der Konkursgläubiger. Diese umfassenden Befugnisse bedingen einen erheblichen Ermessensspielraum im Einzelfall, weil der Konkursverwalter nur dann seinen vielfältigen und schwierigen Aufgaben, die nicht selten schnelle Entschlußkraft und ein gewisses Maß an Risikobereitschaft fordern, gerecht werden kann. Daher sind nur solche Rechtshandlungen unwirksam, die dem Konkurszweck offenbar zuwiderlaufen, bei denen der Verstoß also für einen verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich ist (BGH, Urt. v. 13. Januar 1983 – III ZR 88/81, NJW 1983, 2018; Kilger, KO 15. Aufl. § 6 Anm. 7). Im Streitfall war es vertretbar, dem Kläger den vereinbarten Vorteil zu gewähren, weil er als Gegenleistung durch ein kostenloses Gutachten die für eine erfolgreiche Klage gegen die Abschlußprüferin notwendige Grundlage liefern sollte und sich zusätzlich verpflichtete, persönlich 25 % der anfallenden Prozeßkosten zu übernehmen.
b) Der behauptete Schaden ist vom Schutzzweck der Vorschrift des § 82 KO umfaßt, obwohl nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts die Vereinbarung vom 24. April 1987 keine persönliche Verpflichtung des Beklagten begründet hat.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats haftet der Konkursverwalter persönlich nach § 82 KO nur für den Schaden, der aus der Verletzung ihm obliegender konkursspezifischer Pflichten entstanden ist. Pflichten, die den Konkursverwalter aus Verträgen mit Dritten wie jeden Vertreter fremder Interessen gegenüber seinem Geschäftspartner treffen, haben ihre Grundlage in den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen. Für daraus entstandene Ansprüche hat in aller Regel der Vertretene allein einzustehen, so daß der Konkursverwalter für so begründete Verbindlichkeiten von niemandem nach § 82 KO haftbar gemacht werden kann (vgl. BGHZ 99, 151, 154; 100, 346, 350 f; BGH, Urt. v. 12. November 1987 – IX ZR 259/86, ZIP 1987, 1586, 1587; v. 12. Oktober 1989 – IX ZR 245/88, ZIP 1989, 1584, 1587). Sein Haftungsrisiko wird damit auf den rechtlichen Bereich begrenzt, der sich für sein Amt aus konkursrechtlichen Vorschriften unmittelbar ergibt.
bb) Diese Beschränkung gewinnt im Streitfall indessen keine Bedeutung. Der Anspruch des Klägers stützt sich dem Grunde nach ausschließlich auf die Verletzung einer Pflicht, die dem Beklagten schon kraft Gesetzes der Gesamtheit der Gläubiger gegenüber – zu denen auch der Kläger gehört – oblag: aussichtsreiche Ansprüche der Masse gegen Dritte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Konkursverwalters zu verfolgen. Diese gesetzliche Aufgabe des Beklagten wurde durch die Vereinbarung vom 24. April 1987 weder erweitert noch in irgendeiner Weise inhaltlich verändert. Die vertraglichen Abreden hatten allerdings Bedeutung für die Durchsetzung eines Anspruchs gegen die Abschlußprüferin; denn die vom Kläger kostenfrei zu erstellenden Gutachten schufen eine wesentliche Grundlage dafür, den Schadensersatzanspruch mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich geltend zu machen. Die Vereinbarung erleichterte es somit dem Beklagten, im Bereich seiner konkursspezifischen Aufgaben das Interesse der Gesamtheit der Gläubiger bestmöglich wahrzunehmen. Der dem Kläger eingeräumte Anspruch auf eine Erlösbeteiligung hatte in diesem Zusammenhang lediglich zur Folge, daß der Kläger im Vergleich zu den übrigen Gläubigern einen erheblich höheren Schaden erlitt, wenn der Beklagte bei der Durchführung des Rechtsstreits gegen die Abschlußprüferin ihm obliegende konkursspezifische Aufgaben nicht sachgerecht wahrnahm. Beruhte somit der Einzelschaden des Klägers auf demselben Rechtsgrund, aus dem eine persönliche Haftung des Beklagten gegenüber der Gesamtheit der Gläubiger in Betracht kommt, ist der geltend gemachte Nachteil in vollem Umfang vom Schutzzweck des § 82 KO umfaßt.
Dies ist auch deshalb gerechtfertigt, weil ein solches Verständnis des Schutzbereichs der Norm das Haftungsrisiko des Beklagten grundsätzlich nicht erweitert. Die Vereinbarung vom 24. April 1987 verminderte im gleichen Umfang den in Betracht kommenden Schaden der Masse, wie sie die Entstehung eines Einzelschadens beim Kläger ermöglichte; denn der Beklagte kann – von der Gesamtheit der Gläubiger auf Schadensersatz in Anspruch genommen – nunmehr einwenden, diese hätten wegen der mit dem Kläger getroffenen Vereinbarung ohnehin höchstens 75 % des aus dem Rechtsstreit gegen die Abschlußprüferin erzielbaren Erlöses erhalten.
cc) Schließlich ist die Haftung des Beklagten nach § 82 KO auch deshalb geboten, weil es in keiner Weise einsichtig wäre, wenn die Masse selbst aufgrund der Vereinbarung vom 24. April 1987 für den Schaden aufkommen müßte, der durch eine pflichtwidrige Handlung des Konkursverwalters entstanden ist, die sich auch zum Nachteil der Gesamtheit der Konkursgläubiger ausgewirkt hat. Eine solche Rechtsfolge wäre aber ansonsten unausweichlich; denn die Masse könnte einen Schadensersatzanspruch des Klägers nicht schon mit dem Hinweis darauf abwehren, sie habe sich nicht verpflichtet, die Abschlußprüferin auf Schadensersatz zu verklagen. Wie aus Ziffer 2 Satz 2 der Vereinbarung vom 24. April 1987 hervorgeht, durfte der Beklagte in seiner Rechtsstellung als Konkursverwalter nur dann davon absehen, die Abschlußprüferin zu verklagen, wenn dies aus anwaltlicher Sicht vertretbar erschien. Die Masse hatte daher für eine schuldhaft unrichtige Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den Beklagten einzustehen. Dies gilt erst recht für eine vom Beklagten zu verantwortende Einschränkung der Klageforderung, auf deren Folgen sich der Kläger im Streitfall gerade beruft.
3. Ein auf diesen Rechtsgrund gestützter Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt; denn der Schaden ist erst mit der Verjährung der Haftung des Abschlußprüfers im Laufe des Jahres 1992 entstanden. Der Anspruch kann bis zur Höhe von 25 % aus 200.000 DM begründet sein.
C.
Die Sache ist daher, soweit ein Anspruch des Klägers in Höhe von 50.000 DM verneint wurde, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO). Dieses wird nunmehr zu prüfen haben, ob der Beklagte schuldhaft pflichtwidrig handelte, als er den Anspruch gegen die Abschlußprüferin in Höhe von 200.000 DM verjähren ließ, und ob gegebenenfalls dem Kläger dadurch der behauptete Schaden entstanden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 650068 |
BGHZ, 27 |
BB 1994, 183 |
NJW 1994, 323 |
ZIP 1993, 1886 |