Rn 48
Neben den in § 165 ausdrücklich genannten Verwertungsarten hat der Insolvenzverwalter auch die Möglichkeit, den unbeweglichen Gegenstand freihändig zu veräußern. Gegenüber den formalisierten Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung ist der freihändige Verkauf meist vorzugswürdig, da er weniger zeit- und kostenintensiv ist. Zudem lassen sich im Regelfall höhere Erlöse erzielen.
Da es insoweit an einer § 165 entsprechenden Regelung fehlt, kann der Insolvenzverwalter die freihändige Veräußerung von Sicherungsgegenständen im Regelfall nicht gegen den Willen der absonderungsberechtigten Gläubiger durchsetzen, vielmehr ist er – zumindest soweit der realistisch erzielbare Veräußerungserlös zur vollständigen Ablösung der Grundpfandrechte nicht ausreicht – insoweit auf eine einvernehmliche Verständigung mit den gesicherten Gläubigern angewiesen. Umgekehrt trifft den Insolvenzverwalter aber auch keine Pflicht, an einer freihändigen Verwertung im Interesse der absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuwirken, insbesondere wenn kein Kostenbeitrag zugunsten der Masse geleistet wird (unten Rn. 49).
Die freihändige Veräußerung birgt insbesondere für die Inhaber nachrangiger Grundpfandrechte Vorteile. Da die Grundstücke des Schuldners in der Insolvenz regelmäßig überbelastet sind (Phänomen der sog. Schornsteinhypotheken), würden nachrangige Gläubiger im Falle der Zwangsversteigerung in der Regel nicht an der Erlösverteilung teilhaben. Da der Grundstückserwerber – was den Regelfall darstellen wird – das Grundstück lastenfrei erwerben will, ist auch von den nachrangigen Gläubigern eine Löschungsbewilligung hinsichtlich ihrer nachrangigen Belastungen einzuholen. Damit steht auch den nachrangigen Gläubigern ein Druckmittel zur Verfügung. Sie können die Erteilung der Bewilligung faktisch davon abhängig machen, dass ihnen eine Quote aus dem Veräußerungserlös gezahlt wird (sog. Lästigkeitsprämie). Die Grenzen des Rechtsmissbrauchs sind freilich auch von den nachrangigen Gläubigern zu beachten und ein Verstoß kann zu Schadenersatzansprüchen aus – je nach zugrunde liegender Verbindung – Delikt (§ 826 BGB) oder Vertrag (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) führen. Verspricht der Insolvenzverwalter dem durch eine offensichtlich wertlose, weil nachrangige Grundschuld gesicherten Gläubiger gegen Erteilung der Löschungsbewilligung zusätzlich zu den übernommenen Löschungskosten eine Geldleistung, kann diese Vereinbarung wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig sein, mit der Folge, dass der nachrangige Gläubiger die gezahlte Lästigkeitsprämie hinterher wieder nach Bereicherungsrecht gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zurückzahlen muss, nachdem er die Löschungsbewilligung erteilt hat.
Rn 49
Bei der freihändigen Veräußerung trifft die Grundpfandrechtsinhaber keine Pflicht zur Zahlung von Verwertungskosten zugunsten der Insolvenzmasse. Die Höhe des Massekostenanteils ist frei verhandelbar. In der Praxis führt der Verwalter die freihändige Veräußerung aber nur dann durch, wenn die absonderungsberechtigten Gläubiger bereit erklären, einen Massekostenanteil aus dem Verwertungserlös zu zahlen. Dies ist nicht zuletzt deshalb sachgerecht, weil die Insolvenzmasse auch für Gewährleistungsansprüche haftet. In der Regel führt die freihändige Veräußerung zu einer Win-win-Situation. Denn anderenfalls würde der Verwalter das Grundstück freigeben und die Gläubiger müssten die Verwertung nach dem für sie regelmäßig nachteiligem formalisierten Verfahren der Zwangsversteigerung gegen den Schuldner betreiben (oben Rn. 7 ff.).
Rn 50
Hinsichtlich einer etwaigen Gewährleistungshaftung ist an eine Freihalteerklärung des absonderungsberechtigten Gläubigers gegenüber der Insolvenzmasse und dem Insolvenzverwalter zu denken, die optimalerweise zusätzlich mit einer Bankbürgschaft hinterlegt wird. Eine solche Freihalteerklärung ist wenigstens zu verlangen, wenn der Insolvenzverwalter ganz auf die Zahlung von Verwertungskosten zugunsten der Insolvenzmasse verzichtet, aber gleichwohl eine freihändige Veräußerung des Grundstücks durchzuführen breit ist.
Rn 51
Erwirbt der Gläubiger – was den Regelfall darstellen dürfte (oben Rn. 48) – das Grundstück lastenfrei, so setzen sich die Absonderungsrechte der Gläubiger im Ergebnis kraft Verwertungsvereinbarung am Veräußerungserlös fort und der Erlös ist entsprechend an die Gläubiger auszukehren. Mit einer Ersatzabsonderung entsprechend § 48 InsO hat das freilich nicht zu tun, weil der Insolvenzverwalter auf Grund der getroffenen Vereinbarung als Berechtigter veräußert. Die Rangfolge bei der Erlösverteilung richtet sich auch bei der freihändigen Veräußerung kraft Vereinbarung in der Regel nach § 10 ZVG. Von dem Vorbild des § 10 ZVG abweichende Vereinbarungen zwischen dem Insolvenzverwalter und den Absonderungsberechtigten sind freilich möglich, insbesondere wenn sog. Lästigkeitsprämien an nachrangige Gläubiger gezahlt werden sollen (oben Rn. 48).
Rn 52
Eine Ersatzabsonderung e...