Rn 40
Gesellschafter sind grundsätzlich nicht als selbstständig wirtschaftlich tätig zu klassifizieren, da sie nur die Unternehmensträger sind. Leitende Angestellte, angestellte (Fremd-)Geschäftsführer oder Vorstände von Kapitalgesellschaften mit einem Arbeits- bzw. Anstellungsvertrag, üben keine wirtschaftlich selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 304 aus, da sie weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung handeln und auch ein eigenes unternehmerisches Risiko nicht übernehmen.
Rn 41
Ist der Geschäftsleiter aber gleichzeitig Mehrheits- oder Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft, unterfällt er nicht mehr dem Verbraucherinsolvenzverfahren. Er muss in diesem Fall als selbstständiger Unternehmer angesehen werden, weil er sich selbst zum Geschäftsleiter bestellen und die Geschicke des Unternehmens dominierend leiten kann. In Ausnahmefällen kann auch eine Minderheitsbeteiligung des Geschäftsführers ausreichen, wenn die wirtschaftliche Existenz aus anderen Gründen eng mit der Gesellschaft verflochten ist (bspw. über eine Bürgschaftserteilung) und der Gesellschafter nicht lediglich einen eingeschränkten Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen kann. Darüber hinaus kann auch die Verbrauchereigenschaft eines nicht geschäftsführungsbefugten Gesellschafters entfallen, wenn er zwar lediglich zu 50 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, sich aber das Gesamterscheinungsbild der Verschuldensstruktur des Schuldners nicht mehr als verbrauchertypisch darstellt.
Rn 42
Persönlich haftende Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) werden mit der Aufnahme des Geschäftsbetriebs Kaufleute und sind damit selbstständig beruflich tätig, weil sie die eigentlichen Unternehmensträger sind. Für Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann nichts anderes gelten, wenn es sich um eine wirtschaftlich tätige Außengesellschaft handelt.
Rn 43
Eine Zurechnung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft auf ihre Organe oder Gesellschafter kann nur erfolgen, wenn die Gesellschaft im maßgeblichen Zeitpunkt (s. u. Rdn. 63) selbst noch aktiv werbend tätig ist. Hat die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Eröffnungsantragstellung ihre selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit bereits aufgegeben oder ist der Schuldner vollständig und endgültig aus ihr ausgeschieden, richtet sich die Zuordnung des Schuldners zum Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2.
Rn 44
Ist zweifelhaft, ob eine ehemalige selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung vollständig aufgegeben worden ist, muss der Schuldner die Zweifel des Gerichts durch die Vorlage von Nachweisen ausräumen.