§ 358 Überschuss bei der Schlussverteilung
Können bei der Schlussverteilung im Sekundärinsolvenzverfahren alle Forderungen in voller Höhe berichtigt werden, so hat der Insolvenzverwalter einen verbleibenden Überschuss dem ausländischen Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens herauszugeben.
1. Überblick
Rn 1
§ 358 InsO regelt den Fall eines verbleibenden Überschusses im Sekundärinsolvenzverfahren nach Verteilung der Insolvenzmasse zur Berichtigung aller festgestellten Forderungen. Hierbei handelt es sich um einen eher theoretischen Fall, da § 341 Abs. 1 InsO vorsieht, dass die Gläubiger ihre Forderungen sowohl im Haupt- als auch in jedem Sekundärinsolvenzverfahren anmelden können, somit sollte ein Überschuss nur in Ausnahmefällen verbleiben.
Rn 2
Der Zweck von § 358 InsO besteht einerseits in der Gewährleistung eines reibungslosen Zusammenspiels zwischen Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren. Zum Anderen wird die vermögensmäßige Verbindung zwischen beiden Verfahren festgelegt: Es werden zwar verschiedene Massen gebildet, die von unterschiedlichen Verwaltern verwaltet und realisiert werden, jedoch stellen sie zusammen das schuldnerische Vermögen dar. Durch die Vorgabe, einen etwaige verbleibenden Überschuss an den Hauptinsolvenzverwalter herauszugeben, wird der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gewährleistet. Schließlich stellt § 358 InsO den Vorrang des Hauptinsolvenzverfahrens vor Sekundärinsolvenzverfahren klar.
Rn 3
§ 358 InsO ist nur auf Sekundärinsolvenzverfahren und nicht auf unabhängige Partikularverfahren im Sinne von § 354 InsO anwendbar, wie sich bereits aus der systematischen Stellung nach § 356 InsO sowie aus § 356 Abs. 1 Satz 2 InsO ausdrücklich ergibt. Eine Anwendung auf Partikularverfahren scheidet ohnehin bereits aus dem Grund aus, dass entweder kein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde oder dass dieses nicht anerkannt wird. Bei Partikularinsolvenzverfahren ist ein eventueller Überschuss am Ende des Verfahrens gemäß § 199 InsO an den Schuldner herauszugeben.
Rn 4
§ 358 entspricht Art. 35 EuInsVO, sodass auf die diesbezügliche Kommentierung verwiesen werden kann.
2. Berichtigung aller Forderungen in voller Höhe
Rn 5
Im Falle der Abwicklung der Sekundärinsolvenzmasse durch den Verwalter dürfte in aller Regel die Feststellung eines Überschusses keine Schwierigkeiten bereiten. Allerdings kann in mehreren Konstellationen trotz des Vorhandseins eines Überschusses die Anwendung des § 358 InsO abzulehnen sein.
Rn 6
Es handelt sich insbesondere um die Fälle, in denen das Sekundärinsolvenzverfahren beendet wird, ohne dass eine Befriedigung aller Gläubiger stattgefunden hat. Zu erwähnen sind die Einstellung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung der Gläubiger nach § 213 InsO, die Einstellung mangels Masse nach § 207 InsO sowie die Einstellung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 211 InsO. In diesen Fällen kann mangels Befriedigung der Forderungen § 358 InsO nicht zum Tragen kommen. Der verbleibende Überschuss wird allerdings mit Verfahrenseinstellung von der Beschlagnahmewirkung des Hauptinsolvenzverfahrens erfasst und kann zu dessen Masse gezogen werden. Der Fall einer Einstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes nach § 212 InsO kommt hier allerdings nicht infrage. Gemäß § 356 Abs. 3 InsO ist im Rahmen des Sekundärinsolvenzverfahrens das Vorhandensein eines Insolvenzgrunds nicht festzustellen.
3. Herausgabe des Überschusses
Rn 7
Der Überschuss ist gemäß § 358 InsO nach vollzogener Schlussverteilung (§ 200 Abs. 1 InsO) an den Insolvenzverwalter des Hauptverfahrens zu übergeben. Dies setzt voraus, dass das ausländische Verfahren noch nicht beendet ist, da sonst der Überschuss lediglich im Rahmen einer Nachtragsverteilung verteilt werden kann.
Rn 8
Durch § 358 InsO wird insofern § 199 InsO verdrängt. Nach dieser Norm hat der Insolvenzverwalter, wenn bei der Schlussverteilung die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe berichtigt werden, den verbleibenden Überschuss dem Schuldner herauszugeben.