Dr. Jürgen Blersch, Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 3
Nach Abs. 1 geht unter den dort genannten Voraussetzungen das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das Schuldnervermögen auf den Insolvenzverwalter über.
Zwingende Voraussetzung ist zunächst eine wirksame Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Erlass eines ordnungsgemäßen Eröffnungsbeschlusses gemäß § 27. Ein Rechtsübergang findet also in den seltenen Fällen nicht statt, in denen ein nichtiger Eröffnungsbeschluss vorliegt, z.B. bei fehlender Unterschrift oder bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Bundeslandes oder einer in § 12 Abs. 1 Nr. 2 genannten öffentlich-rechtlichen Körperschaft. In allen anderen Fällen eines fehlerhaften bzw. anfechtbaren Eröffnungsbeschlusses wird dieser gleichwohl wirksam in dem Augenblick, in dem er aufhört, eine innere Angelegenheit des Gerichts zu sein. Die insolvenzrechtlichen Eröffnungswirkungen treten mit diesem Wirksamkeitszeitpunkt ein, unabhängig von einer Zustellung oder dem Eintritt der Rechtskraft. Wird also der Beschluss auf eine begründete sofortige Beschwerde aufgehoben, bestand bis zu diesem Zeitpunkt gleichwohl das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Verwalters nach Abs. 1, und der Schuldner ist an die in diesem Zeitraum vom Verwalter vorgenommenen Verfügungen auch gebunden, als ob er selbst verfügt hätte.
Rn 4
Betroffen von dem Rechtsübergang ist das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen. Damit nimmt Abs. 1 Bezug auf die in § 35 enthaltene Legaldefinition sowie die sich daran anschließenden Einschränkungen der §§ 36, 37. Danach wird vom Insolvenzbeschlag zunächst das gesamte Vermögen des Schuldners erfasst, das ihm zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gehört, und – in Abweichung von der bisherigen konkursrechtlichen Regelung des § 1 KO – auch das Vermögen, das er während des Verfahrens erlangt. Zur Insolvenzmasse gehört also nunmehr auch der sog. Neuerwerb des Schuldners.
Rn 5
Ausgenommen vom Insolvenzbeschlag sind nach § 36 Abs. 1 diejenigen Vermögensgegenstände des Schuldners, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Dadurch wird im Wesentlichen Bezug genommen auf die Vorschriften der §§ 811, 811c, 850a bis 850i ZPO. § 36 Abs. 2 lässt jedoch davon wiederum eine Ausnahme zu, wonach die Geschäftsbücher des Schuldners, ebenso wie die in § 811 Nr. 4 und 9 ZPO genannten Gegenstände gleichwohl dem Insolvenzbeschlag unterliegen und somit für eine Verwertung zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehen. Schließlich bestimmt § 36 Abs. 3 in wörtlicher Übernahme des § 812 ZPO, dass im Haushalt des Schuldners genutzte Hausratsgegenstände nicht zur Insolvenzmasse zu zählen sind, wenn durch eine Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu ihrem Wert außer allem Verhältnis steht. Abzuwägen sind also die Befriedigungsaussichten der Gläubiger mit dem subjektiven Nutzungswert der Hausratsgegenstände für den Schuldner, der regelmäßig überwiegen dürfte, wenn es sich nicht um besonders wertvolle Gegenstände handelt, für die ggf. ein preisgünstigerer Ersatz beschafft werden kann, der die betreffende Funktion genauso gut erfüllt.
Rn 6
Im Falle einer Gütergemeinschaft zählt das Gesamtgut gemäß § 37 Abs. 1 zur Insolvenzmasse, wenn es von einem Ehegatten allein verwaltet wird und über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. In allen anderen Fällen fällt das Gesamtgut nicht in die Insolvenzmasse. Gleiches gilt nach § 37 Abs. 3 für die fortgesetzte Gütergemeinschaft.
Rn 7
Wie bisher gehört auch das gesamte Auslandsvermögen des Schuldners zur Insolvenzmasse (ausführlich § 35 Rn. 116 ff.). Beendet werden kann der Insolvenzbeschlag und die damit verbundene Massezugehörigkeit durch eine Freigabe seitens des Verwalters, wie sie in § 32 Abs. 3 Satz 1, § 85 Abs. 2 als zulässig vorausgesetzt ist (vgl. § 35 Rn. 104 ff.). Der betreffende Gegenstand wird dadurch dem insolvenzfreien Vermögen des Schuldners zugewiesen. Dies gilt auch in der Insolvenz einer juristischen Person oder einer sonstigen insolvenzfähigen Personenvereinigung. Zwar wird neuerdings verschiedentlich behauptet, in diesem Fall gebe es – anders als bei natürlichen Personen – kein insolvenzfreies Vermögen und deshalb auch nicht die Möglichkeit einer Freigabe in ein solches, da zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters hier nicht nur die Vermögensverwertung und Gläubigerbefriedigung, sondern auch die völlige Abwicklung der schuldnerischen Personenvereinigung gehöre. Indessen wäre es ein auffälliges und merkwürdiges Ergebnis, wenn das Gesetz aus solchem Anlass dem Verwalter in der Insolvenz einer Personenvereinigung ein Instrument des Masseschutzes vorenthielte, das es ihm in der Insolvenz einer natürlichen Person aus gutem Grund gewährt (vgl. ausführlich und m.w.N. § 35 Rn. 110).Wegen weiterer Einzelheiten der Bestimmung des zur Insolvenzmasse gehörigen Vermögens des Schuldners wird auf die Kommentierungen der §§ 35 bis 37 verwiesen.
Rn 8
Die dem Insolvenzbeschlag unterliegenden Vermögensgegenstände werden der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners en...