Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 11.12.2017; Aktenzeichen L 4 KR 3845/17) |
SG Stuttgart (Entscheidung vom 30.06.2017; Aktenzeichen S 10 KR 1206/16) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Dezember 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt F. beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Dezember 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der bei der beklagten Krankenkasse bis 30.6.2017 versichert gewesene Kläger blieb mit seinem Begehren, ihm Krankenversicherungsberechtigungsscheine auszustellen, bei der Beklagten erfolglos. Damit und mit dem weiteren Begehren, die Beklagte zur Beantwortung seiner mit Schreiben vom 10.6.2015 gestellten Fragen zu verpflichten, ist er in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei hinsichtlich der Ausstellung von Krankenversicherungsberechtigungsscheinen schon wegen der Beendigung der Mitgliedschaft unzulässig geworden. Im Übrigen sei die Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig (Beschluss vom 11.12.2017).
Der Kläger, der "alle Rechtsmittel" geltend macht, wendet sich sinngemäß gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss und begehrt, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des Rechtsanwalts F., zu bewilligen.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen (dazu 1.), seine Beschwerde ist zu verwerfen (dazu 2.).
1. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.
Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen, weil es keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Klägervorbringens - Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte.
a) Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zur Rechtmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen über die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ist mit Blick auf die Rspr des erkennenden Senats zur eGK (BSGE 117, 224 = SozR 4-2500 § 291a Nr 1) im vorliegenden Zusammenhang nicht ersichtlich.
b) Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von Rspr des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
c) Der Kläger dürfte auch keinen Verfahrensfehler des LSG dartun können, auf dem die Entscheidung des LSG beruhen kann (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist eine Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Anhaltspunkte für einen Verfahrensmangel liegen nicht vor.
Insbesondere dürfte der Kläger nicht darlegen können, dass sich ein solcher daraus ergibt, dass das LSG das Prozessurteil des SG bestätigt hat. Ein Verfahrensmangel kann grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn das LSG die Berufung als unzulässig verworfen hat, obwohl es eine Sachentscheidung hätte treffen müssen (vgl BSGE 1, 283, 286 f; BSGE 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG; BSG SozR 1500 § 160a Nr 55 S 73; BSG SozR 4-1500 § 156 Nr 1 RdNr 4). Ausnahmsweise kommt es nicht allein auf das Berufungsverfahren an. Vielmehr kann ein fortwirkender Verfahrensmangel vorliegen, wenn anstelle eines erstinstanzlichen Prozessurteils eine Sachentscheidung hätte ergehen müssen und auch das LSG lediglich das Prozessurteil des SG bestätigt hat (vgl BSG SozR 3-1500 § 73 Nr 10 S 31 mwN; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 13 R 140/17 B - Juris RdNr 5 mwN). Allein der Eintritt eines Ereignisses, das einen mit der Anfechtungsklage angegriffenen Verwaltungsakt auf andere Weise erledigt (vgl § 39 Abs 2 SGB X), führt nicht zwangsläufig zur Unzulässigkeit einer Anfechtungsklage. Insoweit kommt in Betracht, diese als Fortsetzungsfeststellungsklage fortzuführen. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig, wenn die ursprüngliche Anfechtungsklage zulässig gewesen ist, ein den Verwaltungsakt erledigendes Ereignis eingetreten ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und ein Feststellungsinteresse vorliegt (vgl § 131 Abs 1 S 3 SGG).
Hier ist schon nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte über das Begehren des Klägers auf Ausstellung von Krankenversicherungsberechtigungsscheinen durch Verwaltungsakt vor Klageerhebung überhaupt entschieden hat. Insoweit hat das SG in seinem Urteil nur auf Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hingewiesen (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 11.7.2016 - L 5 KR 2267/16 ER-B).
Unerheblich ist auch, ob der Kläger darlegen könnte, dass eine auf die (quartalsweise) Ausstellung von Krankenversicherungsberechtigungsscheinen gerichtete isolierte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) bis zur Beendigung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten zulässig gewesen sei und im Wege der Umstellung auf eine Feststellungsklage (§ 55 SGG) ihre Fortsetzung finden könne, weil insoweit ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf Schadenersatzansprüche und sein Ziel, wieder Mitglied der Beklagten zu werden, fortbestehe. Selbst wenn man eine solche Feststellungsklage für zulässig hielte, wäre für die Gewährung von PKH kein Raum. PKH soll es einem Bedürftigen nicht ermöglichen, Verfahren durchzuführen, welche im Ergebnis nicht zu seinen Gunsten ausgehen können, die also ein verständiger Rechtsuchender nicht auf eigene Kosten führen würde (vgl BSG SozR 4-1500 § 73a Nr 2 RdNr 3 mwN; BSG Beschluss vom 4.8.2016 - B 1 KR 56/16 B - RdNr 7). So verhält es sich hier. Das Begehren des Klägers ist letztlich darauf gerichtet, die vom erkennenden Senat bejahten, sich aus § 15 Abs 2, §§ 291 f SGB V ergebenden, ihn als Versicherten treffenden Obliegenheiten (vgl BSGE 117, 224 = SozR 4-2500 § 291a Nr 1) gesetzeswidrig zu umgehen.
Schließlich dürfte es dem Kläger nicht gelingen, einen Verfahrensfehler aufzuzeigen, soweit das LSG die Abweisung der auf eine Beantwortung des Schreibens vom 10.6.2015 gerichteten Klage als unzulässig wegen anderweitiger Rechtshängigkeit bestätigt hat (vgl dazu auch Beschluss des erkennenden Senats vom 21.3.2018 - B 1 KR 101/17 B).
Da PKH nicht bewilligt werden kann, entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO.
2. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Vor dem BSG müssen sich die Beteiligten, außer im PKH-Verfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (§ 73 Abs 4 S 1 SGG). Der Kläger, der nicht zu dem Kreis der zugelassenen Prozessbevollmächtigten gehört, hat die Beschwerde jedoch selbst eingelegt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11669426 |