Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. November 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten, ob es sich bei dem Unfall des Beigeladenen vom 16. August 1997 um einen Arbeitsunfall handelt.
Der Beigeladene schloß zum Zwecke seiner Freizeitgestaltung mit dem Kläger, der ein Luftfahrtunternehmen betreibt, einen Vertrag über eine einmalige Beförderung in einem Heißluftballon. Die „Besonderen Regeln und Verhalten” bei Ballonfahrten, die Bestandteil dieses Vertrages waren, sehen in Ziffer 7 den aktiven Einsatz des Fluggastes beim Auf- und Abrüsten des Ballons vor, wenn der Fluggast damit einverstanden ist. Am 16. August 1997, dem für die Ballonfahrt vorgesehenen Tag, erklärte sich der Beigeladene auf Anfrage des Klägers bereit, beim Aufrüsten des Ballons mitzuwirken. Er wurde daraufhin mit der Aufgabe betraut, die Ballonhülle aufzuhalten, während die Luft mit dem Brenner erwärmt wurde. Hierbei erlitt er durch die Abstrahlungshitze des Brenners Verbrennungen an beiden Unterarmen. Als der Beigeladene gegenüber dem Kläger einen Anspruch auf Schmerzensgeld geltend machte, vertrat dessen Haftpflichtversicherung die Auffassung, er sei im Unternehmen des Klägers wie ein Arbeitnehmer tätig geworden, so daß der Kläger sich auf sein Haftungsprivileg (§ 104 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch ≪SGB VII≫; früher: § 636 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫) berufen könne. Daraufhin beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung, daß ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 1997 lehnte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen die Bewilligung von Entschädigungsleistungen ab, weil der Unfall vom 16. August 1997 kein Arbeitsunfall gewesen sei. Gegen diesen Bescheid erhob nunmehr der Kläger Widerspruch und beantragte die Feststellung, daß die Verbrennungen an den Unterarmen des Beigeladenen Folgen eines Arbeitsunfalls seien. Der Widerspruch wie auch die anschließende Klage und die Berufung des Klägers blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. April 1998, Urteil des Sozialgerichts vom 17. Juni 1999, Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 23. November 1999). Das LSG hat den hier allenfalls in Betracht kommenden Versicherungsschutz nach § 2 Abs 2 SGB VII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (arbeitnehmerähnliche Tätigkeit) verneint, weil dem Beigeladenen im Unfallzeitpunkt die auf die Belange des klägerischen Luftfahrtunternehmens gerichtete fremdwirtschaftliche Handlungstendenz gefehlt habe, dieser vielmehr zum Zwecke seiner Freizeitgestaltung einen seiner privaten Sphäre zuzuordnenden Vertrag geschlossen habe, der den aktiven Einsatz der Fluggäste beim Auf- und Abrüsten des Ballons vorsehe. Ferner habe keine Notwendigkeit zu einem derartigen Tätigwerden des Beigeladenen bestanden, da mehrere Mitarbeiter des Flugunternehmens am Startplatz anwesend gewesen seien, welche dessen Aufgabe hätten übernehmen können. Schließlich habe der Anhörung des Beigeladenen entnommen werden können, daß Beweggrund für dessen Tätigwerden die Verfolgung des eigenen Interesses an den Aufrüstungsarbeiten als Teil des „Ballonerlebnisses” gewesen sei. So habe er erklärt, die Vorbereitungsarbeiten, bei denen er sich verletzt habe, gehörten für ihn – ebenso wie beim Reiten das Satteln der Pferde und das Anlegen der Zügel – zu einer Ballonfahrt dazu.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in dreifacher Hinsicht geltend. 1. Er hält die Frage für klärungsbedürftig, ob ein Fluggast einer von einem Luftfahrtunternehmen veranstalteten Ballonfahrt, der bei einer erforderlichen Vorbereitungshandlung – insbesondere das Aufhalten der Ballonhülle, während die Luft mit dem Brenner erwärmt wird – aktiv teilnimmt, als Person iS des § 2 Abs 2 SGB VII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII zu qualifizieren sei, der wie ein Arbeitnehmer – also arbeitnehmerähnlich – tätig geworden sei. 2. Weiterhin sieht er eine grundsätzlich Bedeutung in der Frage, ob bereits der Umstand, daß es sich um eine Tätigkeit im Rahmen einer Beförderung handele, folge, daß der Handelnde zum Kreis der versicherten Personen nach § 2 SGB VII zähle. 3. Schließlich sieht er die Frage für grundsätzlich bedeutsam an, ob vor dem Hintergrund, daß nach dem auch bei Ballonfahrten anzuwendenden § 44 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) und dem Warschauer Abkommen nur das Ein- und Aussteigen, nicht aber Vorbereitungshandlungen zum Beförderungsvertrag zählten, die Vorbereitungshandlung per se nicht als Teil des Erlebnisses Ballonfahrt gewertet werden könne und damit zwangsläufig als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren sei, zumal das LuftVG im Gegensatz zur gesetzlichen Unfallversicherung eine Haftungsbegrenzung vorsehe und sich dort der Unternehmer nach § 44 LuftVG entlasten könne.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vorliegt.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Nach § 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Sie ist gegeben, wenn zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine vom Beschwerdeführer für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits klärungsbedürftig, klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160 Nrn 53 und 54; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Auflage, 1997, IX, RdNr 63 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13 und 65) oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (BSG SozR 1300 § 13 Nr 1), wenn sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17), wenn sie praktisch außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4) oder wenn sich für die Antwort in anderen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 117; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 66).
Der Senat hält die vom Kläger aufgeworfenen drei Fragen nicht für klärungsbedürftig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO iVm § 539 Abs 1 Nr 1 RVO, dessen Regelung im wesentlichen der des hier anzuwendenden § 2 Abs 2 SGB VII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII entspricht, voraus, daß – selbst wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt – eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit vorliegt, die ungeachtet des Beweggrundes des Tätigwerdens ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSGE 5, 168, 174; 14, 1, 4; 15, 292, 294 = SozR Nr 25 zu § 537 RVO aF; BSGE 16, 73, 76 = SozR Nr 26 zu § 537 RVO aF; BSGE 17, 211, 216 = SozR Nr 30 zu § 537 RVO aF; BSGE 34, 240, 242 = SozR Nr 32 zu § 539 RVO; BSG SozR Nrn 16, 23, 29 zu § 537 RVO aF; SozR Nr 27 zu § 539 RVO; SozR 2200 § 539 Nrn 55, 66, 93, 119; BSG Urteile vom 29. November 1972 – 8/2 RU 200/71 – USK 72178, 30. November 1972 – 2 RU 195/71 – USK 72202, 27. Juni 1974 – 2 RU 23/73 – USK 74127 und 25. August 1982 – 2 RU 25/81 – USK 82194). Bei einer Tätigkeit gemäß § 539 Abs 2 RVO braucht eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen, weiterhin sind die Beweggründe des Handelns für den Versicherungsschutz unerheblich (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 16 mwN). Grundsätzlich entfällt der Versicherungsschutz auch nicht bei Freundschafts- und Gefälligkeitsdiensten (BSGE 5, 168, 172; BSG SozR 2200 § 539 Nr 55). Nicht jede unter diesen Voraussetzungen geleistete Tätigkeit unterliegt jedoch dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Vielmehr muß die Verrichtung nach ihrer Art und nach den Umständen, unter denen sie geleistet worden ist, einer Tätigkeit aufgrund eines (abhängigen) Beschäftigungsverhältnisses der in § 539 Abs 1 Nr 1 RVO bzw § 2 Abs 1 SGB VII bezeichneten Art ähneln (BSG SozR 2200 § 539 Nr 119 mwN). Ob das der Fall ist, kann nicht losgelöst von den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen beurteilt werden, unter denen sich die Tätigkeit vollzieht. Die isolierte Betrachtung der einzelnen Verrichtung reicht allein nicht aus, um die Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu kennzeichnen (BSGE 31, 275, 277). Andernfalls wäre nahezu jede auch nur vorübergehende und noch so geringfügige Tätigkeit versichert und damit fast jeder Unfall bei jedweder Tätigkeit ein versicherter Arbeitsunfall (BSG SozR 2200 § 539 Nr 49). Das würde aber dem sich aus der Entstehungsgeschichte des § 539 Abs 2 RVO ergebenden Sinn und Zweck dieser Vorschrift widersprechen (BSG Urteil vom 15. Dezember 1977 – 8 RU 42/77 – USK 77246; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 15).
Diese Rechtsprechung, die durch die Vielfalt der Lebenssachverhalte geprägt ist, gibt zwar keine Lösung für die vom Kläger aufgeworfene 1. Frage in dem Sinne, daß diese ohne weitere Differenzierung bejaht oder verneint werden kann. Ihr kann aber mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, mit welchen Maßstäben im Einzelfall das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer unter Versicherungsschutz stehenden arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit ermittelt werden kann. Diese Maßstäbe hat das LSG im angefochtenen Urteil angewandt. Dementsprechend waren für seine Entscheidung die konkreten Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend, die es für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG) festgestellt hat. Hierzu zählen der Abschluß eines Vertrages mit dem Kläger, worin der aktive Einsatz der Fluggäste beim Auf- und Abrüsten des Ballons vorgesehen war, die Anwesenheit mehrerer Mitarbeiter des Flugunternehmens am Startplatz sowie das beim Beigeladenen festgestellte sportlich geprägte Interesse an den Aufrüstungsarbeiten als Teil des „Ballonerlebnisses”. Wären diese gegen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit sprechenden Umstände nicht festgestellt worden und hätte das LSG statt dessen Umstände festgestellt, die für eine solche Tätigkeit gesprochen hätten, wäre seine Entscheidung bei sonst vergleichbarem Sachverhalt möglicherweise anders ausgefallen. Dies zeigt, daß eine über die Entwicklung von rechtlichen Grundsätzen hinausgehende Differenzierung bei der Auslegung des § 2 Abs 2 SGB VII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII jedenfalls im Zusammenhang mit Ballonfahrten letztlich nur zu Einzelfallentscheidungen führen und damit zudem noch die freie Beweiswürdigung durch die Tatsacheninstanzen in nicht unproblematischer Weise einengen würde. Dies würde jedoch nicht dem einer Revision zugrunde liegenden Ziele dienen, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Der Kläger trägt zwar in seiner Beschwerdebegründung vor, die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen beträfen jeden Fluggast einer Ballonfahrt, der bei solchen Vorbereitungs- oder Nachbereitungshandlungen mitwirke, mit denen ein Verletzungsrisiko verbunden sei. Dies trifft jedoch nicht zu, weil nicht jeder Ballonfahrt, insbesondere was das Auf- und Abrüsten betrifft, die gleichen vertraglichen Voraussetzungen zugrunde liegen wie im vorliegenden Falle. Vielmehr unterliegt das Rechtsverhältnis zwischen dem Flugunternehmer und dem Fluggast im Rahmen bestehender Rechtsvorschriften insoweit der freien Vereinbarung. Derartige Vereinbarungen können daher von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Ferner kann bei Ballonfahrten nicht stets davon ausgegangen werden, daß – wie hier – Mitarbeiter des Flugunternehmers zur Stelle sind, um gegebenenfalls die Auf- oder Abrüstungsmaßnamen vorzunehmen. Schließlich kann bei den als Fluggästen an einer Ballonfahrt Teilnehmenden auch nicht von einer gleichen Handlungstendenz ausgegangen werden. Können aber die für die Auslegung des § 2 Abs 2 SGB VII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII maßgebenden Umstände in jedem Einzelfall anders gelagert sein, bedarf die 1. Frage über die bisherige Rechtsprechung hinaus keiner weiteren Klärung.
Die 2. vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig. Sie ist im wesentlichen durch § 55 Satz 1 LuftVG beantwortet. Nach dieser Vorschrift bleiben die Vorschriften der RVO (bzw des SGB) über die Unfallversicherung von Personen, die im Betrieb des Luftfahrzeughalters beschäftigt sind, unberührt. Dem ist zu entnehmen, daß das Vorliegen einer nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder § 2 Abs 2 SGB VII iVm dieser Vorschrift versicherten Tätigkeit unabhängig von den Vorschriften des LuftVG festzustellen ist.
Auch die 3. vom Kläger aufgeworfene Frage ist nicht klärungsbedürftig. Da nach § 55 Satz 1 LuftVG Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung über die Beschäftigtenversicherung unberührt lassen, kann es nicht Aufgabe dieses Zweiges der Sozialversicherung sein, mit Mitteln, welche allein die Unternehmer aufzubringen haben, Haftungsbeschränkungen im Bereich des Luftverkehrsrechts auszugleichen. Soweit hier Unzulänglichkeiten bestehen sollten, ist es Aufgabe des Gesetzgebers, dem auf andere Weise abzuhelfen.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen