Gründe
I
Zwischen der klagenden Krankenkasse (KK) und dem beklagten Rentenversicherungsträger ist ein Erstattungsanspruch für die Zeit vom 1. Juni bis 6. Juli 1992 sowie vom 4. August 1992 bis 31. Januar 1993 in Höhe von etwa 11.200,- DM streitig.
Der am 4. Januar 1949 geborene Versicherte W. Sch. bezog aufgrund am 17. Januar 1992 eingetretener Arbeitsunfähigkeit seit dem 28. Februar 1992 von der Klägerin Krankengeld (Krg). Ohne von ihr dazu aufgefordert worden zu sein, stellte er am 24. Juni 1992 über die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation (Reha), die in der Zeit vom 7. Juli bis 3. August 1992 stationär erbracht wurden.
Am 24. Februar 1993 beantragte der Versicherte bei der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wobei er zu dem Zeitpunkt, ab wann die Rente beginnen solle, keine Angaben machte. Am 4. März 1993 verstarb er.
Mit Schreiben vom 25. März 1993, gerichtet an den Versicherten, wies die Beklagte darauf hin, daß der Reha-Antrag vom 24. Juni 1992 als Rentenantrag gelte, da die durchgeführte Reha-Maßnahme ohne Erfolg geblieben sei. Durch die Zahlung von Rente oder Übergangsgeld könne der Krg-Anspruch entfallen.
Die Witwe des Versicherten teilte der Beklagten am 8. Juli 1993 telefonisch mit, für den Rentenbeginn solle das Datum des Rentenantrags und nicht das des Reha-Antrags gelten. Mit dem - an die Witwe des Versicherten gerichteten - Bescheid vom 12. Juli 1993 bewilligte die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) für die Zeit vom 1. Februar bis 31. März 1993. Die Anspruchsvoraussetzungen seien seit dem 17. Januar 1992 erfüllt. Die Rente werde vom Antragsmonat an gewährt, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt worden sei, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien.
Die Beklagte rechnete mit der Klägerin den von dieser angemeldeten Erstattungsanspruch für die Zeit vom 1. Februar bis 4. März 1993 ab. Eine weitere Erstattung lehnte sie ab.
Mit ihrer beim Sozialgericht Speyer (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin die Erstattung des für die Zeit ab 1. Juni 1992 gezahlten Krg im wesentlichen mit folgender Begründung weiterverfolgt: Nachdem der Versicherte sein Dispositionsrecht, den Reha-Antrag nicht als Rentenantrag zu bestimmen, nicht wahrgenommen habe, habe dieses höchstpersönliche Recht von der Witwe nicht mehr ausgeübt werden können. Die gesetzliche Fiktion des § 116 Abs 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) habe nach dem Tode des Versicherten von der Witwe nicht mehr geändert werden können. Aufgrund des Reha-Antrags vom 24. Juni 1992 hätte die Beklagte den Rentenbeginn zum 1. Juni 1992 festsetzen müssen.
Das SG hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin aus der Versicherung des W. Sch. die vom 1. Juni bis zum 6. Juli 1992 und vom 4. August 1992 bis zum 31. Januar 1993 zu gewährende EU-Rente bis zur Höhe des für diese Zeiträume geleisteten Krg zu zahlen.
Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch der Klägerin seien gemäß § 103 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) erfüllt. Der Anspruch des Versicherten auf Krg sei nachträglich entfallen, weil ihm aufgrund des Reha-Antrags vom 24. Juni 1992 EU-Rente vom 1. Juni bis zum 6. Juli 1992 und vom 4. August 1992 bis zum 31. Januar 1993 zugestanden habe. Die Beklagte könne sich nicht auf die Bindungswirkung des Rentenbescheides vom 12. Juli 1993 berufen. Wegen der bereits ab 17. Januar 1992 bestehenden EU sei es offensichtlich fehlerhaft gewesen, dem Versicherten erst für die Zeit ab 1. Februar 1993 und nicht schon ab 1. Juni 1992 EU-Rente zuzubilligen. Nach § 116 Abs 2 SGB VI gelte der Reha-Antrag als Antrag auf Rente. Zwar trete diese Antragsfiktion nicht ein, wenn ein Versicherter von seinem Dispositionsrecht Gebrauch mache, die Rente nicht schon ab Reha-Antragstellung, sondern erst ab Rentenantragstellung zu begehren, doch habe der Versicherte im vorliegenden Fall dieses Dispositionsrecht nicht ausgeübt. Eine nachträgliche Bestimmung durch die Witwe des Versicherten als Sonderrechtsnachfolgerin könne keine Rechtswirkungen entfalten. Es handele sich bei dem Bestimmungsrecht um ein gleichsam höchstpersönliches Recht, das nach dem Tode des Berechtigten nicht für sich fortdauere und daher von einem Sonderrechtsnachfolger nicht ausgeübt werden könne.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der vom LSG zugelassenen Revision. Hierzu trägt sie im wesentlichen folgendes vor: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu. Da für die streitige Zeit keine Rentenzahlungen erbracht worden seien, komme es nur darauf an, ob der Krg-Anspruch des Versicherten bzw seiner Rechtsnachfolgerin für den betreffenden Zeitraum ganz oder teilweise entfallen und ob die Beklagte "der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger" sei. Dies sei nicht der Fall. Die Witwe des Versicherten sei als Sonderrechtsnachfolgerin befugt gewesen zu erklären, daß für die festzustellende EU-Rente nicht der am 24. Juni 1992 gestellte Reha-Antrag, sondern der am 24. Februar 1993 gestellte Rentenantrag maßgebend sein solle. Ein Sonderrechtsnachfolger trete auch verfahrensrechtlich in Rechtspositionen des Verstorbenen ein und könne daher Verfahrenshandlungen wie der verstorbene Berechtigte selbst vornehmen. Das von der Witwe ausgeübte Wahlrecht habe keinen höchstpersönlichen Charakter. Der Rentenbescheid vom 12. Juli 1993 sei fehlerfrei sowohl hinsichtlich des Beginns (1. Februar 1993) als auch bezüglich der Rentenhöhe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Mai 1998 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 6. September 1996 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Gründe des Urteils der Vorinstanz. Ergänzend gibt sie an, der geltend gemachte Erstattungsanspruch belaufe sich für die streitige Zeit auf etwa 11.200,- DM.
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.
Verfahrenshindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Insbesondere hat das LSG zu Recht die Statthaftigkeit der Berufung bejaht. Der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch beläuft sich auf etwa 11.200,- DM und übersteigt damit den in § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genannten Wert des Beschwerdegegenstandes.
In der Sache selbst steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Erstattungsanspruch für die Zeit vor dem 1. Februar 1993 zu.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß als Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch nur § 103 SGB X in Betracht kommt. Nach Abs 1 dieser Vorschrift gilt: Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Gemäß § 103 Abs 2 SGB X richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift waren, bezogen auf den streitigen Zeitraum, nicht gegeben. Zwar hat die Klägerin dem Versicherten für diese Zeit Krg gewährt. Dessen Krg-Anspruch ist jedoch nicht nachträglich entfallen. Der hier einschlägige § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) sieht dazu vor: Für Versicherte, die Rente wegen EU beziehen, endet ein Anspruch auf Krg vom Beginn der Leistungen an. Der insoweit maßgebliche Rentenbeginn bestimmt sich grundsätzlich nicht nach dem Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen, sondern nach dem Regelungsinhalt des entsprechenden Bewilligungsbescheides (vgl BSGE 76, 218, 220 = SozR 3-2500 § 50 Nr 3; BSGE 82, 226, 227 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2, jeweils mwN). Da die Beklagte einen Rentenanspruch erst ab 1. Februar 1993 zugesprochen hat, kann der Krg-Anspruch des Versicherten vor dem 1. Februar 1993 im Prinzip nicht entfallen sein.
Der grundsätzlichen - auch vom LSG bejahten - Bindung der beteiligten Sozialleistungsträger an einen Bescheid, mit dem der erstattungspflichtige Träger dem Sozialleistungsberechtigten gegenüber über Grund und Höhe des Leistungsanspruchs entschieden hat, steht nicht entgegen, daß ein derartiger Verwaltungsakt nur die Leistung, nicht aber die Erstattung regelt. Ebensowenig fällt insoweit ins Gewicht, daß die durch §§ 102 ff SGB X geregelten Erstattungsansprüche unabhängig von und selbständig neben dem Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den zur Erstattung herangezogenen Leistungsträger bestehen. Diese Eigenständigkeit des Erstattungsanspruchs führt nicht dazu, daß über Grund und Höhe der Leistung zum Zwecke der Erstattung noch einmal entschieden werden müßte (vgl BSGE 82, 226, 227 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2). Die Entscheidung des vorrangigen oder zuständigen Leistungsträgers hat der nachrangige oder unzuständige Leistungsträger bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs grundsätzlich hinzunehmen (BSG SozR 3-2200 § 310 Nr 1; vgl auch BSGE 57, 146, 149 = SozR 1300 § 103 Nr 2; BSGE 58, 119, 126 = SozR 1300 § 104 Nr 7; BSGE 72, 163, 166 = SozR 3-2200 § 183 Nr 6). Anders gewendet: Der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger kann sich in der Regel auf die bindende Entscheidung einschließlich ihrer Tatbestandswirkung berufen, was im Grundsatz auch für den Fall gilt, daß der die Leistung bewilligende oder ablehnende Verwaltungsakt fehlerhaft ist. Eine eventuelle Fehlerhaftigkeit des Bescheides berechtigt somit die KK nicht dazu, diesen anzufechten; hierzu ist nur der Versicherte befugt (BSGE 82, 226, 228 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2 mwN).
Zutreffend ist von dem LSG allerdings darauf hingewiesen worden, daß es aufgrund der Pflicht zur engen Zusammenarbeit (§ 86 SGB X) dem in Anspruch genommenen Leistungsträger dann versagt ist, auf der getroffenen Entscheidung zu beharren, wenn sich diese als offensichtlich fehlerhaft erweist und sich dies zum Nachteil des anderen Leistungsträgers auswirkt. Hierbei ist zu prüfen, ob die getroffene Entscheidung objektiv unter Berücksichtigung der verfügbaren Entscheidungsgrundlagen dem materiellen Recht deutlich widerspricht (vgl BSGE 72, 281, 283 = SozR 3-1300 § 103 Nr 4). In einem solchen Fall hat der Leistungsträger im Erstattungsstreit die Fehlentscheidung zu korrigieren (vgl BSGE 72, 281, 283 = SozR 3-1300 § 103 Nr 4; BSGE 82, 226, 228 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2, jeweils mwN).
Entgegen der Ansicht der Klägerin und der Rechtsauffassung des LSG kann eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit in der Entscheidung der Beklagten, trotz der bereits seit Beginn der Erkrankung am 17. Januar 1992 vorhandenen EU des Versicherten erst ab 1. Februar 1993 und nicht schon ab 1. Juni 1992 EU-Rente zuzusprechen, nicht erblickt werden. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine fehlerhafte Entscheidung über den Rentenbeginn mit dem Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 1993 getroffen wurde.
Das LSG ist zwar bei der Prüfung dieser Frage zutreffend davon ausgegangen, daß ein Reha-Antrag gemäß § 116 Abs 2 SGB VI grundsätzlich als Rentenantrag gilt. Es handelt sich bei dieser Regelung um eine gesetzliche Fiktion, die vor allem Nachteile für den Versicherten ausschließen will (BSG SozR 3-2600 § 75 Nr 1; zur Vorgängervorschrift des § 1241d der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫: BSG SozR 2200 § 1241d Nr 2; BSG SozR 1300 § 103 Nr 3, jeweils mwN). Diese Fiktion nimmt dem Versicherten aber nicht das Recht, im Rahmen seiner Dispositionsbefugnis zu bestimmen, daß der Reha-Antrag nicht als Rentenantrag gelten solle (vgl Terdenge in Hauck, SGB VI, § 116 RdNr 9; Niesel in KassKomm, § 116 SGB VI RdNr 15). Für die Ausübung des Bestimmungsrechts, mit der der Fiktion des § 116 Abs 2 SGB VI widersprochen wird, gelten die allgemeinen Grundsätze über die Antragsrücknahme (Kreikebohm, SGB VI, § 116 RdNr 16). Vorliegend ist nicht streitig, daß der Versicherte befugt gewesen wäre, eine solche Bestimmung zu seinen Lebzeiten zu treffen. Wenn dem Versicherten aber bis zum Zeitpunkt seines Todes die Ausübung dieses Bestimmungsrechts noch möglich war, liegt es nahe, daß dieses Recht nach seinem Tod von seiner Witwe als Sonderrechtsnachfolgerin wirksam ausgeübt werden konnte. Gründe, weshalb die Ausübung dieses Rechts der Sonderrechtsnachfolgerin verwehrt gewesen sein sollte, sind nicht erkennbar.
Unzweifelhaft ist, daß es sich bei dem von dem Verstorbenen geltend gemachten Rentenanspruch um eine laufende Geldleistung handelt, die gemäß § 59 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) iVm § 56 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB I der Sonderrechtsnachfolge unterliegt (vgl Mrozynski, SGB I, 2. Aufl, § 59 RdNr 1; Reichel, Zur Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen in den §§ 56 ff Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil -, Diss Bayreuth 1987, S 67). Auch die für den Eintritt der Sonderrechtsnachfolge erforderliche weitere Voraussetzung der Anhängigkeit eines Verwaltungsverfahrens zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten ist erfüllt, da das Rentenverfahren bereits eingeleitet, aber noch nicht beendet war. Bezüglich des einzelnen in die Sonderrechtsnachfolge fallenden anhängigen Anspruchs tritt der Sonderrechtsnachfolger nicht nur in die materiell-rechtliche Stellung des Verstorbenen ein, sondern er tritt auch verfahrensrechtlich die Rechtsnachfolge an (Maier ua, SGB I - Text mit Erl, 8. Aufl 1995, § 59 Anm 3; vgl auch für das Gerichtsverfahren: §§ 239, 240 der Zivilprozeßordnung iVm § 202 SGG). Dies bedeutet für die verfahrensrechtliche Stellung, daß der Rechtsnachfolger bereits gestellte Anträge zurücknehmen kann und über den vom Verstorbenen geltend gemachten Anspruch dieselbe Dispositionsbefugnis über den Verfahrens- bzw Streitgegenstand hat wie der verstorbene Rechtsinhaber (Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl, § 13 RdNr 51, zum Verwaltungsverfahrensrecht).
Entsprechend diesen Grundsätzen ist nicht ersichtlich, weshalb das im Hinblick auf § 116 Abs 2 SGB VI beim Tode des Versicherten noch vorhandene Bestimmungsrecht nicht auf die Witwe als Sonderrechtsnachfolgerin übergegangen, sondern mit dem Tode des Versicherten erloschen sein sollte. Daß es sich hierbei um ein gleichsam höchstpersönliches Recht handelt, ist nicht einsichtig. Die Statthaftigkeit von Verfahrensmaßnahmen richtet sich grundsätzlich nach dem materiellen Recht (BSGE 57, 215, 217 = SozR 1200 § 59 Nr 6). Ist die materielle Rechtsposition im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangen, stehen dem Sonderrechtsnachfolger auch die verfahrensmäßigen Mittel zu, diesen Anspruch zu verwirklichen oder über ihn zu verfügen. Dies zeigt auch die Rechtsprechung zur Berechtigung des Sonderrechtsnachfolgers, einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu stellen, wenn der - übergegangene - Anspruch auf Sozialleistung zu Unrecht gegenüber dem verstorbenen Rechtsinhaber abgelehnt wurde (vgl BSGE 55, 220, 222 f = SozR 1200 § 59 Nr 4; BSG SozR 1200 § 59 Nr 5).
Bestehen demnach schon Zweifel an einer den Rentenbeginn betreffenden Fehlerhaftigkeit des Rentenbescheides, so kann jedenfalls von einer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit nicht die Rede sein. Das LSG hat eine nähere Begründung für seine Annahme, es liege offensichtlich eine Fehlerhaftigkeit vor, nicht gegeben. Bereits die Ausführlichkeit seiner Argumentation spricht eher gegen als für die Offensichtlichkeit des angenommenen Rechtsfehlers. Offensichtlich ist eine Fehlerhaftigkeit in der Regel nur dann, wenn sie sozusagen "auf der Hand" liegt, die Rechtsanwendung des die Leistung bewilligenden Leistungsträgers aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage mithin offenkundig nicht vertretbar ist. Dabei ist die Frage, ob eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit vorliegt, unter Zugrundelegung objektiver Gesichtspunkte zu beurteilen (BSGE 57, 146, 150 = SozR 1300 § 103 Nr 3). In der Regel wird daher bei Streitfragen, die nicht eindeutig durch Gesetz oder Rechtsprechung geklärt sind und für die beide Seiten gute Argumente haben, nicht von einer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit ausgegangen werden können, wenn der die Leistung bewilligende Leistungsträger anders entscheidet, als es der Erstattung beanspruchende Leistungsträger getan hätte. Dementsprechend vermag auch der Umstand, daß die dem Erstattungsstreit zugrundeliegende Streitfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, die grundsätzliche Bindung der beteiligten Leistungsträger an die Bescheide, mit denen der auf Erstattung in Anspruch genommene Träger dem Sozialleistungsberechtigten gegenüber entschieden hat, nicht zu beseitigen, sondern spricht eher für die Aufrechterhaltung der Bindungswirkung. Die nur ausnahmsweise in Betracht kommende Durchbrechung der Bindungswirkung in Fällen offensichtlicher Fehlerhaftigkeit soll gerade verhindern, daß der einen Erstattungsanspruch geltend machende Leistungsträger schon dann eine Überprüfung erzwingen kann, wenn er lediglich eine andere Rechtsauffassung vertritt. Insoweit muß und soll die Rechtsanwendungsprärogative weiterhin bei dem für das jeweilige Leistungsrecht zuständigen Leistungsträger verbleiben - nicht zuletzt um Erstattungsstreitigkeiten zwischen Leistungsträgern auf ein angemessenes Maß zu begrenzen.
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur engen Zusammenarbeit der Leistungsträger (§ 86 SGB X) mit der Folge, daß sich die Beklagte gegenüber dem Erstattungsanspruch der Klägerin nicht auf die Bindungswirkung des Rentenbescheides berufen könnte, kann auch nicht darin gesehen werden, daß die Beklagte den Versicherten bzw dessen Rechtsnachfolgerin erst auf die Möglichkeit hingewiesen hat, entgegen der gesetzlichen Antragsfiktion des § 116 Abs 2 SGB VI zu bestimmen, daß der Reha-Antrag nicht als Rentenantrag gelten solle. Indem die Witwe des Versicherten entsprechend diesem Hinweis von ihrem Dispositionsrecht Gebrauch gemacht hatte, wirkte sich dies für die Klägerin insofern nachteilig aus, als ihr aufgrund des daraufhin festgesetzten späteren Rentenbeginns die Möglichkeit genommen wurde, hinsichtlich des für die vorangegangene Zeit gezahlten Krg einen Erstattungsanspruch geltend zu machen. Gleichwohl kann der Beklagten nicht der Vorwurf eines "unlauteren" und gegen die Pflicht zur engen Zusammenarbeit verstoßenden Verhaltens gegenüber der Klägerin gemacht werden.
Nachdem die Beklagte aufgrund des medizinischen Sachverhalts zur Überzeugung gekommen war, EU sei bereits seit Beginn der Erkrankung am 17. Januar 1992 anzunehmen, handelte sie im Rahmen ihrer dem Versicherten gegenüber bestehenden Betreuungspflicht, wenn sie mit Schreiben vom 25. März 1993 auf die gesetzliche Fiktion des § 116 Abs 2 SGB VI und die sich daraus ergebenden Folgen hinwies. Zu diesem Hinweis konnte sich die Beklagte schon deshalb veranlaßt sehen, weil angesichts des am 24. Februar 1993 zusätzlich gestellten Rentenantrags aus ihrer Sicht nicht klar sein mußte, von welchem Antrag nach dem Willen des Versicherten für die Rentengewährung auszugehen sei. Im übrigen war die Beklagte auch zu einem entsprechenden Hinweis auf das bestehende Bestimmungsrecht unter dem Gesichtspunkt des sich aus § 14 SGB I ergebenden Beratungsanspruchs des Versicherten verpflichtet. Nach dieser Vorschrift muß sich die Beratung auf die jeweiligen Gestaltungsmöglichkeiten erstrecken, die jeder verständige Sozialleistungsberechtigte mutmaßlich nützen würde oder die für ihn von Bedeutung sind. Dabei hat die Beratung auch von Amts wegen zu erfolgen, wenn im konkreten Fall ein Beratungsbedarf erkennbar ist (vgl Mrozynski, aaO, § 14 RdNrn 6, 11, 13 mwN; vgl auch BSG SozR 1200 § 14 Nr 15; BSG SozR 3-1200 § 14 Nrn 12, 16, 22, jeweils mwN). Von einem solchen Beratungsbedarf durfte die Beklagte vorliegend ausgehen, da sie aufgrund der Aktenlage nicht sicher sein konnte, ob der Versicherte bzw dessen Rechtsnachfolgerin von dem bestehenden Bestimmungsrecht Kenntnis hatte. Insoweit hat die Beklagte völlig zu Recht darauf hingewiesen, daß ungeachtet des Rentenantrags vom 24. Februar 1993 bereits der Reha-Antrag vom 24. Juni 1992 gemäß der Fiktion des § 116 Abs 2 SGB VI als für den Rentenbeginn maßgeblicher Antrag zugrunde zu legen sei. Handelte die Beklagte aber entsprechend ihren dem Versicherten gegenüber bestehenden gesetzlichen Pflichten, kann hierin nicht gleichzeitig ein Verstoß gegen ihre Pflicht zur engen Zusammenarbeit mit der Klägerin gesehen werden.
Allein der Umstand, daß bei der rechtlich zulässigen Bestimmung eines späteren Rentenbeginns dem Rentenversicherungsträger insofern ein Vorteil zukommt, als die Rentenzahlung erst zu einem späteren Zeitpunkt aufzunehmen ist, kann nicht dazu führen, in dem rechtlich gebotenen Hinweis auf die bestehende Dispositionsbefugnis eine Art "kollusives Zusammenspiel" zwischen dem Rentenversicherungsträger und dem Versicherten bzw dessen Rechtsnachfolger zu Lasten der KK zu sehen. Will diese eine Ausübung des Dispositionsrechts zu ihrem Nachteil verhindern, muß sie sich rechtzeitig aktiv in das Verfahren einschalten und deutlich machen, daß ab dem Zeitpunkt, ab dem aus ihrer Sicht von dauernder EU auszugehen ist, eine uneingeschränkte Disposition des Versicherten über die Einleitung und Durchführung eines Rentenverfahrens nicht mehr besteht, sondern die Wirksamkeit entsprechender Erklärungen des Versicherten gegenüber dem Rentenversicherungsträger von ihrer Zustimmung abhängig ist (BSGE 76, 26 = SozR 3-2500 § 50 Nr 3). Solange die KK - wie vorliegend - von diesem in § 51 SGB V verankerten Recht keinen Gebrauch macht, kann sie dem Rentenversicherungsträger nicht mit Erfolg vorhalten, den Versicherten auf eine Gestaltungsmöglichkeit hingewiesen zu haben, die für sie mit Nachteilen verbunden ist.
Ob dies auch für solche Fälle gilt, in denen der Versicherte auf Druck des Rentenversicherungsträgers und vornehmlich in dessen Interesse sein Bestimmungsrecht ausübt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Für eine solche Sachverhaltskonstellation fehlt es hier an jeglichen Anhaltspunkten.
Die Kostenentscheidung des Berufungsurteils war aufrechtzuerhalten. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind gemäß § 193 Abs 4 Satz 1 SGG ebenfalls nicht zu erstatten.
Fundstellen
Haufe-Index 542768 |
SGb 1999, 621 |
KVuSR 2000, 52 |
SozSi 2000, 306 |