Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz - Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb - VEB Reparaturwerk
Leitsatz (amtlich)
Nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen des Versorgungssystems der technischen Intelligenz (§ 1 Abs 1 iVm Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG) konnte eine Versorgungsanwartschaft nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden.
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1 Sätze 1-2, § 5 Abs. 1, § 8; AAÜG Anl. 1 Nr. 1; EinigVtr Anlage II Kap. VIII H III Nr. 9; EinigVtr Anlage II Kap. VIII H; IngV; ZAVtIV; ZAVtIVDBest 1 § 1; ZAVtIVDBest 2 § 1; VoEigProdBetrV; VoEigBetrKombVVBV; VoEigKombV
Beteiligte
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme – |
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Dezember 2001 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem nach Nr 1 der Anlage 1 zum AAÜG verpflichtet ist, für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz und entsprechende Arbeitsentgelte festzustellen.
Der im Jahre 1941 geborene Kläger war seit dem Jahre 1958 bei dem VEB Reparaturwerk Neubrandenburg beschäftigt. Nach Abschluss eines Studiums am 29. September 1972 war er berechtigt, die Berufsbezeichnung „Ingenieur für Maschinenbau” zu führen und arbeitete weiterhin (jedenfalls bis zum 30. Juni 1990) in dem VEB Reparaturwerk Neubrandenburg als Planungstechnologe und Konstrukteur.
Seinen Antrag auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (1. September 1972 bis 30. Juni 1990) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. September 1999 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 13. März 2000 ab, weil die vom Kläger ausgeübte Beschäftigung in dem VEB Reparaturwerk Neubrandenburg zwar der „technischen Qualifikation” entspreche, jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder in einem diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sei.
Durch Urteil vom 15. Februar 2001 hat das SG Neubrandenburg die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Voraussetzung für die Überführung von Ansprüchen nach dem AAÜG sei die Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem. Diese Zugehörigkeit könne nicht im Nachhinein begründet werden. § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG bestimme, dass erworbene Ansprüche und Anwartschaften überführt würden. Die systematische Auslegung der Vorschrift spreche dafür, dass zum Überführungszeitpunkt eine tatsächliche Zugehörigkeit bestanden haben müsse. Die §§ 2 Abs 2 und 4 Abs 5 AAÜG stellten ebenfalls auf erworbene Ansprüche und Anwartschaften ab. Der Kläger habe jedoch keine Ansprüche erworben, da er zum Zeitpunkt der Schließung des Systems mangels Versorgungszusage kein Mitglied der Zusatzversorgung gewesen sei. Der Kläger habe auch keine Ansprüche mit Hilfe einer erweiterten Auslegung von § 5 Abs 1 AAÜG erworben. Denn er habe zum 1. Juli 1990 nicht auf Versorgungsleistungen aus dem Zusatzversorgungssystem vertrauen dürfen, da er trotz seiner Beschäftigung keinen obligatorischen Anspruch auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem gehabt habe.
Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat durch Urteil vom 12. Dezember 2001 das Urteil des SG vom 15. Februar 2001 sowie den Bescheid vom 20. September 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2000 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Zeitraum vom 1. September 1972 bis 30. Juni 1990 bei dem VEB Reparaturwerk Neubrandenburg als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der Nr 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Das LSG hat ua ausgeführt: Zwar sei dem Kläger für den streitigen Zeitraum keine Versorgungszusage erteilt worden, die nach Bundesrecht als Verwaltungsakt hätte verbindlich sein können; er habe jedoch eine Tätigkeit ausgeübt, für die ihrer Art nach, nach den vom Bundesrecht tatbestandlich in Bezug genommenen Texten der Versorgungsordnungen und sonstigen einschlägigen abstrakt generellen Erläuterungen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei. Der Kläger habe einen von der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl S 844) iVm der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl S 487) erfassten Beruf als Planungstechnologe und Konstrukteur in einem volkseigenen Betrieb ausgeübt. Dies sei ausreichend. Weder aus dem Wortlaut der Verordnung (aaO) noch aus der hierzu ergangenen 2. Durchführungsbestimmung ergebe sich, dass es sich insoweit um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt haben müsse.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt sinngemäß eine Verletzung von § 5 AAÜG und ist der Ansicht, zu Unrecht sei das LSG davon ausgegangen, dass von der Versorgungsordnung auch ein volkseigener Betrieb, wie derjenige, bei dem der Kläger beschäftigt gewesen sei, nämlich der VEB Reparaturwerk Neubrandenburg, erfasst werde. Unter die Verordnung fielen nur volkseigene Produktionsbetriebe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Dezember 2001 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 20. September 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2000 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor: Er habe im streitigen Zeitraum einen abstrakt von der Versorgungsordnung erfassten Beruf tatsächlich ausgeübt, weil er die Berufsbezeichnung „Ingenieur für Maschinenbau” habe führen dürfen. Nicht erforderlich sei, dass er in einem Produktionsbetrieb tätig gewesen sei, wie sich aus § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz ergebe. Im Übrigen sei der VEB Reparaturwerk Neubrandenburg zu 70 % mit industrieller Produktion befasst gewesen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS einer Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 SGG).
Ob der Kläger einen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage durchsetzbaren Anspruch (§ 54 Abs 1 SGG) auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem während seiner Tätigkeit als Planungstechnologe und Konstrukteur bei dem VEB Reparaturwerk Neubrandenburg vom 1. September 1972 bis 30. Juni 1990 sowie auf Feststellung der von ihm in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte hat, kann auf Grund der vom LSG festgestellten Tatsachen, wie sie sich aus Tatbestand und Entscheidungsgründen ergeben, nicht abschließend beurteilt werden.
Das LSG hat ausgehend von seiner Auffassung, von der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz seien grundsätzlich alle diejenigen nach Beruf und Beschäftigungsqualität Versorgungsberechtigten erfasst, die in einem volkseigenen Betrieb gleich welcher Art beschäftigt gewesen seien, nicht festgestellt, ob es sich bei dem VEB Reparaturwerk Neubrandenburg (auch) um einen Produktionsbetrieb gehandelt hat. Diese Frage ist jedoch sowohl im Hinblick auf § 1 Abs 1 Satz 1 als auch auf § 5 Abs 1 AAÜG (iVm § 8 AAÜG) entscheidungserheblich. Denn sollte es sich bei dem VEB Reparaturwerk Neubrandenburg um einen Produktionsbetrieb gehandelt haben, dann würde der Kläger vom Anwendungsbereich des AAÜG erfasst, weil aus bundesrechtlicher Sicht zum 1. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft bestanden hätte. Denn er hätte – bundesrechtlich – einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Ferner hätte der Kläger im og Zeitraum auch eine Tätigkeit ausgeübt, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem Zusatzversorgungssystem gemäß Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG vorgesehen war; in diesem Fall hätte er auch eine Zeit der Zugehörigkeit zurückgelegt, die gemäß § 5 Abs 1 AAÜG als Pflichtbeitragszeit gilt (vgl hierzu Urteil vom gleichen Tag – B 4 RA 34/01 R – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Nach § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz „für Ansprüche und Anwartschaften”, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. „Erworben worden sind” in diesem Sinne aus der Perspektive des am 1. August 1991 in Kraft getretenen AAÜG (Art 3 RÜG) vom 25. Juli 1991 Versorgungsanwartschaften, wenn die Nichteinbezogenen rückschauend nach den Regeln der Versorgungssysteme, soweit diese auf Grund des Einigungsvertrages (EV) Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 am 3. Oktober 1990 zu Bundesrecht geworden sind, praktisch und rechtsgrundsätzlich im Regelfall am 30. Juni 1990 (vgl hierzu EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 iVm § 22 Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990, GBl I S 495) hätten einbezogen werden müssen; hierzu gehören Rechtspositionen ohne erfolgte Einzelfallregelung (Versorgungszusagen, Einzelentscheidung, Einzelvertrag), wenn aus bundesrechtlicher Sicht ein Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage nach den Regelungen der Versorgungssysteme unter Beachtung des Gleichheitsgebotes bestanden hätte. Nach § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG gilt das AAÜG – darüber hinaus – auch in Fällen, in denen nach dieser Vorschrift eine Versorgungsanwartschaft fingiert wird. Das ist der Fall, wenn in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt einmal eine durch Einzelfallregelung konkretisierte Aussicht bestand, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten, diese Aussicht (Anwartschaft) aber auf Grund der Regelungen der Versorgungssysteme vor dem 1. Juli 1990 wieder entfallen war.
Da der Kläger weder eine Versorgungszusage zum 30. Juni 1990 noch zu irgendeinem Zeitpunkt davor hatte, können die Vorschriften des AAÜG demnach auf ihn nur dann Anwendung finden, wenn ihm aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, dh nach den insoweit vom EV noch partiell übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, wären diese unter Beachtung des Gleichheitsgebotes umgesetzt worden, eine Anwartschaft auf eine Versorgung durch Einzelfallregelung am 30. Juni 1990 hätte zuerkannt werden müssen, sodass er – wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten – zum 1. Juli 1990 im (jetzt) rechtsstaatlichen Umfeld („kraft Gesetzes”) Leistungen aus dem Versorgungssystem hätte beanspruchen können. Nach den Regelungen der Versorgungssysteme hätte er obligatorisch iS einer „gebundenen Verwaltung” und ohne Entscheidung des Versorgungsträgers in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden müssen, wenn er die abstrakt-generellen Voraussetzungen hierfür am 30. Juni 1990 (und deswegen am 1. August 1991) erfüllt hatte, und zwar nach der Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen beruflichen Qualifikation sowie der „Beschäftigungsstelle”. Dann hätte ihm nämlich aus bundesrechtlicher Sicht ein Anspruch auf eine Versorgungszusage zugestanden. Aus bundesrechtlicher Sicht wären hingegen diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wenn er nach den Versorgungsordnungen oder Durchführungsbestimmungen oder sonstigen Regelungen der ehemaligen DDR lediglich durch Einzelvertrag oder Einzelentscheid oder Ermessensentscheidung bloß hätte einbezogen werden können. Denn eine derartige (Ermessens-)Entscheidung, die auch der Erzeugung politischen und gesellschaftlichen Wohlverhaltens diente, könnte allein aus der Sicht der DDR und nach deren Maßstäben getroffen werden. Sie darf infolgedessen mangels sachlicher objektivierbarer bundesrechtlich nicht nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend ersetzt werden.
Geht man von diesen Grundsätzen aus, so stellt sich (zunächst) die Frage, ob der Kläger nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage gemäß der hier allein in Betracht kommenden Versorgungsordnung der technischen Intelligenz (aus bundesrechtlicher Sicht) am 1. August 1991 nach der Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen und tatsächlich erworbenen beruflichen Qualifikation sowie der „Beschäftigungsstelle” ein Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage gehabt hätte. Durch seine berufliche Ausbildung zum „Ingenieur für Maschinenbau” hatte der Kläger zwar den Titel eines Ingenieurs nach der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur” vom 12. April 1962 (GBl II S 278) und hätte ausgehend von der beruflichen Qualifikation grundsätzlich in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz aufgenommen werden können (vgl § 1 Abs 1 der 2. Durchführungsbestimmung). Er war nach den Feststellungen des LSG gemäß seiner Ausbildung auch als Konstrukteur und Planungstechnologe eingesetzt.
Für eine Einbeziehung in das Versorgungssystem war jedoch ferner Voraussetzung, dass er eine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb – und nicht, wie das LSG meint, in irgendeinem volkseigenen Betrieb – ausgeübt hat. Ein Vergleich von § 1 Abs 1 der 2. Durchführungsbestimmung mit Abs 2 Satz 1 aaO zeigt, dass nur solche Beschäftigten in das Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, die in einem „volkseigenen Produktionsbetrieb” (oder in einem gleichgestellten Betrieb) tätig waren. Darüber hinaus ergibt sich dies auch aus § 1 der hierzu ergangenen 1. Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl S 1043), die durch die 2. Durchführungsbestimmung aufgehoben worden ist. Auch danach war notwendige Voraussetzung für die Einbeziehung in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz die Beschäftigung in einem „Produktionsbetrieb”. Schon § 5 der Verordnung vom 17. August 1950 sah für den Erlass dieser Durchführungsbestimmungen das Einvernehmen des Ministeriums für Industrie vor. Diese Differenzierung zwischen den volkseigenen Produktionsbetrieben und den anderen volkseigenen Betrieben ist nicht immer in dieser sprachlichen Klarheit aufrechterhalten worden, sondern gelegentlich zur sprachlichen Vereinfachung ausgesetzt worden, wie sich auch aus § 1 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebs vom 9. Februar 1967 (GBl II Nr 21 S 121) ergibt; die Bestimmung enthält den Hinweis, dass im fortlaufenden Text, der sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe bezieht, der Ausdruck „volkseigener Produktionsbetrieb” durch die Bezeichnung „Betrieb” ersetzt wird. In der Sache wurde jedoch der Unterschied bekräftigt. Denn nach § 49 Abs 1 der Verordnung (aaO) galt die Verordnung – unmittelbar – „für die volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens”. Die Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und Vereinigungen volkseigener Betriebe vom 28. März 1973 (GBl I S 129), die die Verordnung vom 9. Februar 1967 (aaO) ersetzt hat, unterscheidet demgemäß grundsätzlich zwischen ua den volkseigenen Betrieben in der Industrie, im Bauwesen und im Verkehrswesen, für die sie unmittelbar gilt, und ua den volkseigenen Betrieben im Handel auf dem Gebiet der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft und in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft. Insbesondere die Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (GBl I S 355), welche als – soweit ersichtlich – letzte staatliche Äußerung der DDR zur Unterscheidung zwischen den volkseigenen Produktionsbetrieben und den sonstigen volkseigenen Betrieben für das Sprachverständnis der ab dem 3. Oktober 1990 als Bundesrecht weiter anzuwendenden Regeln besondere Bedeutung hat, stellt den volkseigenen Kombinaten und Kombinatsbetrieben in der Industrie und im Bauwesen den volkseigenen Kombinaten und Kombinatsbetrieben in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft gegenüber. Nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 2. Oktober 1990, an den das Bundesrecht anknüpft, enthielt § 1 Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung also bloß eine Klarstellung, dass der volkseigene Betrieb ein „volkseigener Produktionsbetrieb” (der Industrie oder des Bauwesens) gewesen sein musste. Hierauf kommt es bundesrechtlich an.
Im Hinblick darauf, dass als volkseigener Produktionsbetrieb nur ein solcher in der Industrie (und im Bauwesen) in Betracht kommt, wird das LSG Ermittlungen anzustellen haben, nach welchen Sachkriterien der Staat DDR volkseigene Produktionsbetriebe in der Industrie (und im Bauwesen) von den volkseigenen Betrieben in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft unterschied. Nach dem Vortrag des Klägers, wie er vom LSG wiedergegeben worden ist, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem VEB Reparaturwerk Neubrandenburg (auch) um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt hat. Das LSG wird bei seinen Ermittlungen die Eintragung in dem Register der volkseigenen Wirtschaft gemäß der Verordnung über die Führung des Registers der volkseigenen Wirtschaft vom 10. April 1980 (GBl I S 115) heranzuziehen haben. Denn danach war nicht nur die Wirtschaftseinheit, sondern auch das zentrale oder örtliche Staatsorgan, zu dessen Leistungsbereich die Wirtschaftseinheit gehört, einzutragen (§ 4 aaO). Demnach könnte auch die Zuordnung zu einem bestimmten Fachministerium ein Bewertungskriterium gewesen sein. Ggf könnte auch ein beim Registergericht zu hinterlegendes Statut, das Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit zu enthalten hatte, Aufschluss über die Aufgaben des volkseigenen Betriebes geben. Sofern eine eindeutige, einheitliche Zuordnung iS einer industriellen Produktion (oder des Bauwesens) nicht feststellbar ist (und/oder eine Zuordnung zu mehreren Fachministerien vorlag), kann es ggf auch darauf ankommen, ob die industrielle Produktion dem VEB das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war. War der VEB Reparaturwerk Neubrandenburg (auch) ein Produktionsbetrieb in diesem Sinne, finden die Vorschriften des § 1 Abs 1 AAÜG auf den Kläger Anwendung. Ihm hätte in diesem Fall aus bundesrechtlicher Sicht eine Anwartschaft auf eine Versorgung zugestanden, weil er in seinem „Beruf” als Ingenieur eine Tätigkeit bei einer in dem Versorgungssystem vorgesehenen „Beschäftigungsstelle” ausgeübt hat, für die ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war.
Gleichzeitig hätte er in faktischer Anknüpfung an die Regelungen der Versorgungsordnung in Verbindung mit den Durchführungsbestimmungen und sonstigen abstraktgenerellen Regelungen nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts auch eine „Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem” und damit eine gleichgestellte Pflichtbeitragszeit iS des § 5 Abs 1 AAÜG erlangt. Insoweit ist unerheblich, wie die DDR und ihre Staatsorgane die Versorgungsordnungen ausgelegt haben oder wie deren Verwaltungspraxis war. Dies gilt auch hinsichtlich der nicht veröffentlichten Richtlinie vom 26. Juli 1972 „zum Abschluß von Altersversorgungen der Intelligenz”. Eine Anknüpfung an diese kommt bundesrechtlich nicht in Betracht. Denn eine danach nur – mögliche – Einzelentscheidung mit einem Entscheidungs-(und/oder Ermessens-)Spielraum kann bereits nicht Grundlage einer sachorientierten Entscheidung nach § 5 Abs 1 AAÜG sein, da insoweit zwangsläufig auf eine in der DDR übliche, ggf willkürliche Verwaltungspraxis (bei der Einbeziehung in das Versorgungssystem) zurückgegriffen werden müsste. Soweit in der Richtlinie die obligatorische Einbeziehung eines bestimmten Personenkreises geregelt war, so entsprach dieser demjenigen der Versorgungsordnung der Altersversorgung der technischen Intelligenz bzw dem der nachfolgenden Systeme.
Nach alledem ist das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
Fundstellen
VIZ 2003, 43 |
NZS 2003, 41 |
SozR 3-8570 § 1, Nr. 5 |