Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob für Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld (Kug) Beiträge zur gesetzlichen Krankenversi-cherung und Rentenversicherung zu entrichten sind. Die Klägerin hat nach § 7 Abs. 2 des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitneh-mer und Angestellte in der chemischen Industrie vom 24. März 1979, Stand: 1. April 1982, für Arbeitnehmer, die Kug beziehen, einen Zuschuß zum Kug zu zahlen. Aufgrund des Bescheides des Arbeitsamtes Elsmhorn vom 30. Dezember 1981 waren im Falle der Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug ab 4. Januar 1982 erfüllt.
Am 4. März 1982 trug die Klägerin der Beklagten Zweifel über die Berechnung der Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge vor, wenn auch vom Zuschuß zum Kug Beiträge zu zahlen wären, und bat um Klärung der Rechtslage. Mit Schreiben vom 20. April 1982 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach dem Wortlaut des § 163 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und des § 166 Abs. 2 AFG - sei - unabhängig von der Höhe des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts - für die Stunden, für die Kug gezahlt worden sei, ein fiktives Arbeitsent-gelt anzusetzen. Dies bedeute, daß der für die Berechnung der Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge maßgebende Vollohn in Fällen der hier in Rede stehenden Art durch Addition des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts (einschließlich des Zuschusses zum Kug) und des fiktiven Arbeitsentgelts zu ermitteln sei. Das könne gegebenenfalls dazu führen, daß das beitragspflichtige Arbeitsentgelt während der Kurzarbeit höher sei als während der übrigen Zeit. Eine Kürzung des fiktiven Arbeitsentgelts um den Betrag des Zuschusses komme angesichts der eindeutigen gesetzlichen Vorschriften nicht in Betracht; andererseits sei es aber auch nicht möglich, die Zuschüsse bei-tragsfrei zu belassen. Die Beklagte stützte sich insoweit auf das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes der Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit am 23./24. September 1981 und die Stellungnahme des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen vom 30. März 1982. Wenn diese Rechtsauffassung auch nicht zweifelsfrei sei, so sei sie jedoch im Interesse einer Gleichbehandlung aller Versicherten und Arbeitgeber der Berechnung von Kranken- und Rentenversicherungsbeiträgen zugrundezulegen. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9. November 1982).
Auf die Klage hob das Sozialgericht (SG) Itzehoe den Bescheid der Beklagten vom 20. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 9. November 1982 auf und verurteilte die Beklagte, die an sie für die Monate Januar bis März 1982 gezahlten Beiträge in Höhe von 8.193, 41 DM zurückzuerstatten. Außerdem stellte es fest, daß der nach § 7 Abs. 2 des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte der chemischen Industrie vom 24. März 1979, Stand: 1. April 1982, zum Kug gewährte Zuschuß bei der Ermittlung des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts nicht berücksichtigt werden dürfe (Urteil vom 13. Oktober 1983).
Das Schleswig - Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat - nach Beiladung von drei Arbeitnehmern der Klägerin - die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 13. Juni 1984). Es ist davon ausgegangen, daß der Zuschuß zum Kug trotz der entgegenstehenden Bestimmung im Manteltarifvertrag Arbeitsentgelt i.S. des § 14 des Sozialgesetzesbuches - Viertes Buch - (SGB 4) sei und deshalb an sich zu dem nach den allgemeinen Berechnungsvorschriften erheblichen Grundlohn zahle. Seine Einbeziehung in den Rahmen der allgemeinen Vorschriften sei jedoch durch die Sperrwirkung des Sonderrechts der §§ 163 Abs. 1, 166 Abs. 2 AFG ausgeschlossen. Der Geltungsbereich dieser Sondervorschriften erfasse über das Kug hinaus auch andere Leistungen für ausgefallene Arbeitsstunden, jedenfalls solche, die das tatsächlich gezahlte Kug lediglich bis zur Höhe des dem Arbeitnehmer durch den Arbeitsausfall entgangenen Arbeitsentgelts ergänzen sollten. Denn in diesem Umfang sei das gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 1 AFG zu bestimmende fiktive Arbeitsentgelt bereits Grundlage für die Beitragsberechnung. Eine ausdrückliche Erfassung des Zuschusses im Zusammenhang der §§ 68, 163 Abs. 1, 166 Abs. 2 AFG sei weder notwendig noch- eben wegen der fiktiven Berechnungsgrundlage - möglich. Eine entsprechende Anwendung der für das Schlechtwettergeld getroffenen Sonderregelung in den §§ 163 Abs. 3, 166 Abs. 4 AFG mit der Folge einer Beitragsberech-nung aus der Summe von Arbeitsentgelt und AFG-Leistung erscheine nicht zulässig. Dagegen hat das LSG (hilfsweise) eine analoge Anwendung des § 189 Abs. 1 Satz 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für möglich erachtet, falls eine den §§ 163, 166 AFG immanente Problemlösung nicht in Betracht komme und deshalb eine Gesetzeslücke bestehen würde.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 14 SGB 4 und der §§ 163, 166 AFG. Sie hält an ihrer Auffassung fest, daß die Zuschüsse zum Kug nicht beitragsneutral seien. Nach dem Gesetzeswortlaut sei neben dem fiktiven Vollohn für Kurzarbeit auch der Zuschuß als Arbeitsentgelt i.S. des § 14 SGB 4 der Beitragsberechnung zugrundezulegen. Dies widerspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, möge es auch in einzelnen Fällen dazu kommen, daß dadurch während der Kurzarbeit höhere Beiträge als sonst zu zahlen seien. Die geltende Fassung der §§ 163, 166 AFG sei mit dem Ziel beschlossen worden, die Verwaltungsarbeit zu verein-fachen, da die bis dahin geltende Regelung mit dem Bestreben nach "größtmöglicher Gerechtigkeit im Einzelfall" einen erheblichen Auf-wand verursacht gehabt habe. Um dies zu erreichen, sei gesetzlich festgelegt worden, was als Arbeitsentgelt gelte, ohne eine rechtliche Beziehung zu dem für die gekürzte Arbeitszeit gewährten Entgelt herzustellen. Die gezahlten Kug-Zuschüsse würden auch nicht in jedem Falle zu einer Überhöhung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts führen. Bei der Berechnung des fiktiven Arbeitsentgelts würden nämlich nicht die tatsächlich ausgefallenen Stunden, sondern nur die berücksichtigt, für die dem Arbeitnehmer Kug gewährt worden sei. Auch der Hilfsbegründung des LSG könne nicht gefolgt werden. Gegen eine planwidrige Gesetzeslücke spreche schon die Absicht des Gesetzge-bers, eine Verwaltungsvereinfachung zu erreichen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG sowie, das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Die Klägerin macht geltend, die Revisionsbegründung enthalte lediglich Ausführungen und Rechtsansichten, lasse aber einen auch nur allgemein gehaltenen Antrag nicht erkennen. In sachlicher Hinsicht tritt sie den Rechtsausführungen des LSG bei.
Die Beigeladenen zu 1) und zu 3) bis 5) haben sich in der Sache nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Die Beigeladene zu 2), die zunächst selbst Revision eingelegt, diese aber wieder zurückgenommen hat, hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist zulässig. Der von der Klägerin erhobene Einwand des mangelnden Revisionsantrages greift nicht durch. Zwar hat die Beklagte einen ausdrücklichen Antrag nicht in der Revisionsbegründungsschrift gestellt, diesen aber bereits in der Revisionsschrift vorweggenommen. Das ist unschädlich. Dem Erfordernis des § 164 Abs. 2 Satz 3 SGG, wonach die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten muß, ist Genüge getan, wenn sich Umfang und Ziel der Revision aus der Revision und der Revisionsbegrün-dung eindeutig entnehmen lassen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 164 Anm. 10 m.w.N.). Das ist aber der Fall, wenn bereits die Revisionsschrift einen präzisen Antrag enthält.
Die Revision ist jedoch nur teilweise begründet. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind im Ergebnis zu Recht ergangen, soweit mit ihnen der Bescheid der Beklagten vom 20. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 1982 aufgehoben wurde und die Beklagte zur Rückerstattung von Beiträgen verurteilt wurde. Ob die Beklagte mit ihrer schriftlichen Äußerung vom 20. April 1982 gegenüber der Klägerin überhaupt einen Verwaltungsakt erlassen oder Iediglich eine rechtliche Auskunft erteilen wollte, kann dahingestellt bleiben. Geht man mit den Beteiligten und den Vorinstanzen davon aus, daß es sich um einen Verwaltungsakt handelt, dann ist er schon deshalb als rechtsfehlerhaft aufzuheben, weil er nicht den Anforderungen entspricht, die im Beitragsrecht der Sozialversiche-rung an einen Verwaltungsakt gestellt werden müssen.
Die unter den Beteiligten streitige Frage, wie der Zuschuß des Arbeitgebers zum Kug beitragsrechtlich zu behandeln ist, kann als solche, d.h. als eine nicht auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezogene Rechtsfrage, nicht Regelungsgegenstand eines Verwaltungsakts und deshalb auch nicht Streit- und Entscheidungsgegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens sein; denn anders als ein Rechtssatz, der für einen lediglich gedachten Tatbestand eine abstrakte Rechtsfolge anordnet, kann ein Verwaltungsakt (§ 31 SGB 10), nur "zur Regelung eines Einzelfalles", d.h. eines konkreten, in der Lebenswirklichkeit gegebenen Sachverhalts ergehen (Urteil des Senats vom 16. Februar 1982 --12 RK 62/80 - BSG SozR 1300 § 33 Nr. 1). Ein das Beitragsrecht betreffender Bescheid muß sonach, auch wenn er nicht die Versicherungspflicht und die Beitragspflicht selbst, sondern nur die Beitragsberechnung und damit die Höhe der Beiträge betrifft, perso-nenbezogen sein. Notwendig ist jedenfalls eine Konkretisierung des Verwaltungsakts insoweit, als es sich um die von Ihm betroffenen Personen handelt. Daher ist der Erlaß eines Verwaltungsakts, der sich an einen nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet (Allgemeinverfügung), im Beitragsrecht der Sozialversicherung unzulässig. Hier ist vielmehr ein Verwaltungsakt nur dann "inhaltlich hinreichend bestimmt" (§ 33 Abs. 1 SGB 10), wenn er auch die betroffenen Versicherten hinreichend deutlich bezeichnet. Auf eine solche Bezeichnung der Personen kann schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht verzichtet werden; nur dann ist der Personenkreis, für und gegen den der Verwaltungsakt bindend werden soll, eindeutig bestimmt. Auch ist nur bei einer hinreichend deutlichen Benennung bestimmter Personen sichergestellt, daß diese zum Verwaltungsverfahren und - nach Klageerhebung - zum sozialgerichtlichen Verfahren hinzugezogen werden können (BSG aaO).
Das an die Klägerin gerichtete Schreiben der Beklagten vom 20. April 1982 und der Widerspruchsbescheid vom 9. November 1982 erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie lassen nicht einmal erkennen, daß sie in ihrem Regelungsgehalt außer an die Klägerin auch an die Gesamtheit der Arbeitnehmer der Klägerin gerichtet sind, die seinerzeit als Kug-Bezieher in Betracht kommen konnten. Die von der Beklagten angenommene Beitragspflicht für die Zuschüsse zum Kug würde aber auf die Arbeitnehmer selbst durchschlagen (§§ 381 Abs. 1 Satz 1, 1385 Abs. 4 Buchst. a RVO). Auf deren konkrete Einbeziehung in das Verwaltungsverfahren, und zwar entweder aller Arbeitneh-mer oder, falls dies wegen ihrer großen Zahl unzweckmäßig gewesen wäre, wenigstens einzelner von ihnen (mit denen dann ein Muster-verfahren hätte durchgeführt werden können), hätte deshalb nicht verzichtet werden dürfen. Die Vorinstanzen haben sonach die mangels hinreichender Bezeichnung der betroffenen Versicherten rechtswidrige Verwaltungsentscheidung der Beklagten im Ergebnis zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur Erstattung der dann ohne Rechtsgrund erhaltenen Beiträge - über deren Gesamtbetrag kein Streit bestand - verurteilt.
Hingegen kann das Urteil des SG keinen Bestand haben, soweit es die Feststellung enthält, der Zuschuß zum Kug dürfe bei der Ermittlung des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts nicht berücksichtigt werden. Insoweit ist auch das die Entscheidung des SG voll bestä-tigende Urteil des LSG aufzuheben. Ein Feststellungsurteil darüber, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind
(§§ 55 Abs. 2 SGG), ist nach dem Grundsatz der Subsidiarität hier unzulässig, weil das Klageziel vorrangig über eine Anfechtungsklage erreicht werden kann. Das Fehlen eines ordnungsgemäßen Beitragsbescheides darf nicht dazu führen, im Wege einer Feststellungsklage das zwingende Erfordernis einer personenbezogenen Verwaltungsentscheidung über Beitragspflicht und Beitragshöhe zu umgehen (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 22. Mai 1985 - 12 RK 30/84 - BSGE 58, 150).
Aus den dargelegten formellen Gründen ist es dem Senat verwehrt, auf die beachtlichen Rechtsausführungen des LSG, insbesondere zu der "Sperrwirkung" der Sondervorschriften des AFG über das der Beitragsberechnung zugrundezulegende fiktive Arbeitsentgelt bei Gewährung von Kug, im Rahmen einer Sachentscheidung einzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war die Kostenerstattungspflicht der Beklagten auf die Kosten der Klägerin zu beschränken, da den Beigeladenen zu 3) bis 5) im Revisionsverfahren ersichtlich keine Kosten erwachsen sind.
Fundstellen