Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltpunkte für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet. Angehörige der Deutschen Reichsbahn. tatsächlich erzielter Verdienst. Berücksichtigung des Steigerungssatzes 1,5. Vergleichsberechnung. Rentenzuschlag. Dynamisierung. Abschmelzung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
- § 256a Abs 2 SGB 6 erfasst für die Ermittlung von Entgeltpunkten verfassungskonform auch bei ehemaligen Angehörigen der Deutschen Reichsbahn nur die tatsächlich erzielten Verdienste.
- Der für Angehörige der Deutschen Reichsbahn nach dem Rentenrecht der DDR geltende Steigerungssatz von 1,5 % ist nur im Rahmen der nach Art 2 RÜG vorzunehmenden Vergleichsberechnung zu berücksichtigen.
Normenkette
SGB VI § 256a Abs. 2 F: 2001-07-27, §§ 319a, 248 Abs. 3 S. 1; AAÜGÄndG 2 Art. 2 Nr. 2; RÜG Art. 2 §§ 30-32, 35 Nr. 3; EinigVtr Art. 30 Abs. 5 S. 2 Nr. 1; EisenbV § 11; PDVO § 16; SozPflVRV § 47; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 10. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Altersrente und des Rentenzuschlags für die Klägerin.
Die im Februar 1933 geborene Klägerin hat ihr Berufsleben in der DDR zurückgelegt. Dort war sie zuletzt vom 1. März 1967 bis 30. September 1990 bei der Deutschen Reichsbahn (DR) beschäftigt. Vor 1980 erzielte sie keine Entgelte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der DDR; vom 1. Januar 1980 bis zum 30. September 1990 zahlte sie freiwillige Beiträge auf Grund der Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung vom 17. November 1977 (FZR-Verordnung – GBl DDR I, 395). Ab 1. Oktober 1990 bezog sie Vorruhestandsgeld.
Die Beklagte gewährte der Klägerin ab 1. März 1993 Altersrente für Frauen nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Höhe von monatlich (ab März 1993) 712,84 DM, errechnet aus 25,2870 Entgeltpunkten (Ost), zuzüglich eines Steigerungsbetrags aus der Höherversicherung von 2,01 DM sowie einen monatlichen Rentenzuschlag von 46,15 DM (Bescheid vom 22. September 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 1994 sowie der Bescheide vom 21. Oktober 1994 und 4. Dezember 1998). Dabei wurden die in der DDR der Beitragszahlung zur Sozialpflichtversicherung und zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) für Beitragszeiten ab 1954 zu Grunde liegenden Verdienste und Beitrags- und Berücksichtigungszeiten für die Erziehung von zwei Kindern berücksichtigt. Der Rentenzuschlag wurde nach § 319a SGB VI iVm Art 2 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) ermittelt; er wurde ab 1. Januar 1996 um 20 DM und ab 1. Juli 1996 um weitere 11,64 DM vermindert; ab 1. Juli 1997 wurde er nicht mehr gezahlt. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage auf höhere Rentenzahlung unter Berücksichtigung zusätzlicher, vor 1954 zurückgelegter Versicherungszeiten und höherer Verdienste während der Beschäftigung bei der DR sowie Erhöhung der nach dem SGB VI gewährten Rente um den “Faktor 1,5” für 26 Jahre Zugehörigkeit zur DR und Zahlung einer zusätzlichen Rente aus dem FZR-Anspruch abgewiesen (Urteil vom 30. Mai 1996).
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, die Rentenansprüche “aus der Altersversorgung der DR einschließlich der Sozialversicherung und der FZR” müssten ungekürzt und angepasst an die Lohn- und Einkommensentwicklung gewährt werden. Die SGB VI-Rente sei unter Anerkennung der sich aus der 26-jährigen Zugehörigkeit zur DR und aus der Mitgliedschaft in der FZR ergebenden Erhöhungen als eine Vollversorgung zu berechnen; dabei müssten als Arbeitsverdienst bei der DR auch die dort gewährten Jahresendprämien und zusätzlichen Belohnungen angerechnet und der gesamte Verdienst ohne Kürzung auf die Beitragsbemessungsgrenze Ost bzw für die Anspruchserwerbszeit bei der DR ohne Minderung auf die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt und eine Zurechnungszeit gemäß den in der DDR erworbenen Ansprüchen angerechnet werden, außerdem sei die Zurechnungszeit für zwei Kinder zu berücksichtigen. Hilfsweise sei die Zusatzrente aus der FZR zusätzlich zur Versichertenrente zu zahlen, hilfsweise der Rentenzuschlag von Anfang an zu dynamisieren bzw nochmals hilfsweise der Rentenzuschlag solange nicht abzuschmelzen, bis der aktuelle Rentenwert in Deutschland einheitlich sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 10. Mai 2000 die Berufung zurück- und die Klage gegen den während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheid vom 4. Dezember 1998 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtenen Rentenbescheide seien rechtmäßig. Für die Berücksichtigung eines Faktors 1,5 an Stelle des hier zutreffenden Zugangsfaktors 1,0 bzw Rentenartfaktors 1,0 bei der Berechnung der SGB VI-Rente gebe es, wie auch vom Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 10. November 1998 (B 4 RA 25/98 R) schon bestätigt, im Gesetz keine Grundlage. Der nach den Berechnungsvorschriften für die Sozialversicherungsrente der DDR vorgesehene Steigerungsbetrag für jedes Jahr der ununterbrochenen Dienstzeit bei der DR von 1,5 vH des beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes der 20 Kalenderjahre vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit sei ebenso wie die Zurechnungszeit für zwei Kinder zutreffend nur gemäß Art 2 RÜG bei der Vergleichsberechnung zur Errechnung des Rentenzuschlags berücksichtigt worden. Aus dem Urteil des BSG vom 10. November 1998 (B 4 RA 33/98 R) lasse sich kein anderes Ergebnis ableiten. Der “Faktor 1,5” sei nach dem DDR-Recht ausschließlich leistungsrechtlich auf den versicherten Verdienst bezogen gewesen; die Rente nach dem SGB VI berechne sich aber nach anderen Grundsätzen als die Rente nach dem Sozialversicherungsrecht der DDR. Darin liege keine “Kürzung” von in der DDR erworbenen Ansprüchen, solange der Vergleichsbetrag einer DDR-Rente nicht unterschritten und insgesamt eine Dynamisierung durchgeführt werde. Die Nichtberücksichtigung eines besonderen Steigerungsbetrags sei auch nicht verfassungswidrig. Ein Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Rente “aus dem FZR-Anspruch” bestehe neben dem Anspruch auf SGB VI-Rente und dem Anspruch auf Rentenzuschlag nicht. Ebenso wenig könne die Klägerin verlangen, dass der Rentenzuschlag dynamisiert oder nicht abgeschmolzen werde. Im Übrigen habe die Beklagte der Rentenberechnung nach dem SGB VI alle nachgewiesenen Beschäftigungszeiten und tatsächlich versicherten Entgelte sowie eine zehnjährige Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung zu Grunde gelegt und bei Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte gemäß § 256a SGB VI keine Entgelte der Klägerin auf die Beitragsbemessungsgrundlage gekürzt. Dass der Klägerin zusätzlich zu dem von der Beklagten berücksichtigten Verdienst bei der DR Jahresendprämien und zusätzliche Belohnungen gezahlt worden seien, sei für die Zeit bis 1973 nicht glaubhaft gemacht. Soweit für die Zeit danach im Hinblick auf § 9 der Verordnung über die Pflichten und Rechte der Eisenbahner vom 28. März 1973 (EisenbV – GBl DDR I, 217 ff) von regelmäßigen Prämienzahlungen ausgegangen werden könne, seien diese nach § 9 Abs 2 Satz 2 EisenbV nicht versicherungspflichtig gewesen und könnten deshalb auch für die SGB VI-Rente nicht berücksichtigt werden. Das LSG hat die Revision “im Hinblick auf den geltend gemachten Faktor 1,5” zugelassen.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf eine höhere Rente im Hinblick auf die Bewertung der Zeit ihrer Zugehörigkeit zur DR weiter. Sie trägt vor, die von der Beklagten vorgenommene Rentenberechnung verletze die Eigentumsgarantie sowie den Gleichheitssatz und das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes (GG) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), indem die dauerhafte Zusage aus dem Versorgungssystem der DR missachtet und ihr Alterseinkommen dadurch unverhältnismäßig vermindert werde. Nach dem “Leiturteil des BVerfG vom 28.4.1999” hätten die von ihr in der DDR erworbenen Ansprüche weiteren Bestand und genössen Eigentums-, realen Bestands- und dauerhaften Vertrauensschutz. Die in der DDR erworbenen Anwartschaften/Ansprüche seien deshalb angepasst an die Lohn- und Gehaltsentwicklung im Beitrittsgebiet zu berücksichtigen, und die Rente und Zusatzrente nach dem SGB VI sei unter Anerkennung der sich aus der Zugehörigkeit zur DR ergebenden Erhöhungen der zu berücksichtigenden Entgelte um den “Faktor 1,5” zu berechnen. Soweit § 256a Abs 2 SGB VI auch in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom 27. Juli 2001 (2. AAÜG-ÄndG) nicht vorsehe, dass entsprechend höhere Arbeitsverdienste zu berücksichtigen seien, sei diese Lücke verfassungskonform rechtsfortbildend zu schließen. Jedenfalls aber sei die nach Art 2 RÜG berechnete Rente in verfassungskonformer Auslegung der Zahlbetragsgarantie des Einigungsvertrags entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1, 47) so anzupassen, dass der im Zeitpunkt der Wiedervereinigung erreichte Lebensstandard aufrecht erhalten werde. Demzufolge habe die Klägerin, deren nach Art 2 RÜG berechnete Rente zum 31. Dezember 1991 mit einem Betrag von 755 DM einem Wert von 38,2085 Entgeltpunkten entsprochen habe, zum 1. Juli 2001 Anspruch auf eine Rente von 1.648,70 DM.
Die Klägerin beantragt,
- das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 10. Mai 2000 und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Mai 1996 abzuändern und
- die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid der Beklagten vom 22. September 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 1994 sowie die Rentenbescheide vom 21. Oktober 1994 und 4. Dezember 1998 zu ändern und der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer in der DDR rechtmäßig erworbenen Anwartschaften/Ansprüche, die an die Lohn- und Gehaltsentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen sind, eine höhere Rente zuzuerkennen und dazu die Rente und Zusatzrente nach dem SGB VI unter Anerkennung der sich aus 26-jähriger Zugehörigkeit zur Deutschen Reichsbahn ergebenden Erhöhungen der zu berücksichtigenden Entgelte um den “Faktor 1,5” zu berechnen sowie
- hilfsweise, gemäß Art 100 GG dem Bundesverfassungsgericht die grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen dieses Rechtsstreits zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die Revision wirksam nur begrenzt zugelassen (vgl Senatsbeschluss vom 8. Juli 2002 – B 5 RJ 154/00 B – mwN). Gegenstand der Überprüfung im Revisionsverfahren ist der Leistungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der rentenrechtlichen Bewertung der Zeit vom 1. März 1967 bis 28. Februar 1993, in der sie bei der DR beschäftigt war bzw Vorruhestandsgeld bezogen hat. Insoweit hat das LSG aber zu Recht die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG zurück- und die Klage gegen den im Berufungsverfahren ergangenen Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 1998, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden ist, abgewiesen. Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur DR kann die Klägerin keine höheren Leistungen beanspruchen, als ihr die Beklagte zuerkannt hat.
Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte richtet sich allein nach dem SGB VI. Das mit Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 vollständig abgelöste Rentenrecht der DDR bestimmt die Höhe der Leistungen nur insoweit, als dieses Recht inhaltlich in Art 2 RÜG übernommen worden ist und noch zur Zahlung eines Rentenzuschlags zur SGB VI-Rente gemäß § 319a SGB VI führt (dazu nachfolgend unter 1. und 2.). Verfassungsmäßige Rechte der Klägerin werden hierdurch nicht verletzt (dazu nachfolgend unter 3.). Dass das Begehren der Klägerin durch weitergehende Garantien der EMRK gestützt sein könnte, ist nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich (zum Verhältnis von GG und EMRK in Bezug auf die in der DDR erworbenen Rentenanwartschaften vgl Senatsurteil vom 30. August 2000 – B 5/4 RA 87/97 R – veröffentlicht in JURIS – mwN).
1. Während ihrer Beschäftigung bei der DR hat die Klägerin Beitragszeiten in der (allgemeinen) Sozialversicherung der DDR (Sozialpflichtversicherung und FZR) zurückgelegt. Diese Beitragszeiten sind nach § 248 Abs 3 Satz 1 SGB VI Beitragszeiten im Bundesgebiet gleichgestellt. Entgeltpunkte (EP) werden dafür nach Maßgabe der Sonderregelung in § 256a SGB VI ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird (§ 256a Abs 1 Satz 1 SGB VI). Was dabei als Verdienst zählt, ist in § 256a Abs 2 und 3 SGB VI abschließend geregelt. Zu berücksichtigen sind hier insoweit auch die nach Erteilung des Rentenbescheids im Hinblick auf Beschäftigte bei der DR und der Deutschen Post (DP) durch Art 2 Nr 2 des 2. AAÜG-ÄndG vom 27. Juli 2001 (BGBl I, 1939) in § 256a Abs 2 SGB VI vorgenommenen Änderungen. Denn Gesetzesänderungen, die während der Rechtshängigkeit der vorliegenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) eintreten, sind grundsätzlich vom Gericht zu berücksichtigen, auch wenn sie erst nach Erlass der mit der Revision angefochtenen Entscheidung in Kraft getreten sind. Voraussetzung ist, dass das neue Gesetz nach seinem zeitlichen Geltungsbereich das streitige Rechtsverhältnis erfassen will (vgl BSG Urteile vom 27. Oktober 1976 – 2 RU 127/74 – BSGE 43, 1, 5 = SozR 2200 § 690 Nr 4, S 17 und vom 5. April 2001 – B 13 RJ 35/00 R – BSGE 88, 89, 91 = SozR 3-1200 § 33a Nr 4, S 17 f mwN). Dies ist vorliegend der Fall; die Neufassung des § 256a Abs 2 SGB VI ist nach Art 13 Abs 12 des 2. AAÜG-ÄndG mit Wirkung vom 1. Januar 1992 in Kraft getreten, soweit – wie im Fall der Klägerin – ein Rentenbescheid mit Beschäftigungszeiten bei der DR oder DP am 10. November 1998 noch nicht bindend war. Auch diese Änderungen führen indes bei der Klägerin nicht zu einer höheren Rente. Eine Regelungslücke, die – wie die Klägerin geltend macht – im Wege der Rechtsfortbildung oder verfassungskonformen Auslegung zu ihren Gunsten geschlossen werden müsste, liegt nicht vor.
a) Nach § 256a Abs 2 Satz 1 SGB VI nF zählen als Verdienst der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur FZR oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 oder danach bis zum 31. März 1999 zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 279b) gezahlt worden sind. Für Beschäftigungszeiten bei der DR oder DP vor dem 1. Januar 1974 gelten für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst Beiträge zur FZR als gezahlt (§ 256a Abs 2 Satz 2 SGB VI nF). Bestand ein Beschäftigungsverhältnis bei der DR oder DP am 1. Januar 1974 bereits ununterbrochen zehn Jahre, so gelten für Zeiten der Beschäftigung bei der DR oder DP vom 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst, höchstens bis zu 650 Mark monatlich, Beiträge zur FZR als gezahlt (§ 256a Abs 2 Satz 3 SGB VI nF). Nach § 256a Abs 3 SGB VI zählen als Verdienst auch die nachgewiesenen beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 1. Juli 1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen in einem Sonderversorgungssystem erworbener Anwartschaften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur FZR nicht gezahlt werden konnten (Satz 1), allerdings für Versicherte mit Berechtigung zur FZR für Beträge oberhalb der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen zur FZR nur, wenn die zulässigen Höchstbeiträge zur FZR gezahlt worden sind (Satz 2).
Mit den Regelungen in § 256a Abs 2 und 3 SGB VI werden bei der nach § 256a Abs 1 SGB VI durchzuführenden Ermittlung von EP die in der DDR versicherten Verdienste berücksichtigt. Als solche werden die im Beitrittsgebiet tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste und Einkünfte herangezogen, soweit dafür entweder Beiträge gezahlt worden sind oder die Voraussetzungen des Abs 2 Satz 2 oder 3 oder des Abs 3 erfüllt sind.
aa) Höhere als die tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste heranzuziehen, erlaubt § 256a SGB VI nicht. Dem steht schon der klare Wortlaut von § 256a Abs 2 Satz 1 SGB VI nF entgegen. Soweit darin vor der Änderung durch Art 2 Nr 2 des 2. AAÜG-ÄndG die Worte “tatsächlich erzielte” fehlten, handelt es sich bei ihrer Einfügung lediglich um eine Klarstellung (vgl auch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung BT-Drucks 14/5640, S 13 f ≪Teil A II≫, wonach “Aufgrund der Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 10. November 1998 über die Anrechnung des Arbeitsverdienstes oberhalb von 600 Deutsche Mark für Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post bei der Rentenberechnung… rechtliche Klarstellungen vorgenommen” werden). Mit dem Arbeitsverdienst wird die Beitragsbemessungsgrundlage (vgl den Klammerzusatz in § 256a Abs 1 SGB VI) ausgedrückt. Nach den Grundregelungen des SGB VI werden Beiträge vom tatsächlichen und nicht von einem fiktiven Arbeitsverdienst gezahlt und geht die Ermittlung der EP, sofern nicht ausdrücklich anders angegeben (wie zB bei den Werten für Fremdrentenzeiten, vgl auch die durch das Gesetz vom 15. Dezember 1995 ≪BGBl I, 1824≫ eingefügte Regelung in § 256a Abs 3a SGB VI) von dem tatsächlich erzielten Arbeitsverdienst aus (vgl § 70 Abs 1 Satz 1 iVm § 161 Abs 1, §§ 162 ff SGB VI, wo von den beitragspflichtigen Einnahmen des Versicherten als Beitragsbemessungsgrundlage gesprochen wird). Insoweit bezog sich auch § 256a Abs 2 Satz 1 SGB VI aF nur auf die im Beitrittsgebiet tatsächlich erzielten Verdienste (so bereits auch Urteile des 4. Senats aaO BSGE 83, 104 = SozR 3-2600 § 256a Nr 3 und SozR 3-2600 § 256a Nr 2; vgl auch Diel in Hauck/Noftz, SGB VI-Komm, K § 256a, RdNr 3 und 6, Stand September 1996).
bb) Versichert und damit rentenrechtlich relevant sind Arbeitsverdienste und Einkünfte regelmäßig nur durch Beitragszahlungen; ausgeklammert bleiben daher – wie bereits vom LSG zutreffend ausgeführt worden ist – die von der Klägerin zusätzlich geltend gemachten Prämienzahlungen und angeblichen Belohnungen, für die keine Pflichtbeiträge gezahlt worden sind bzw die auch nach den Rechtsvorschriften der DDR keiner Beitragspflicht unterlagen. § 256a Abs 2 Satz 2 und 3 SGB VI idF des 2. AAÜG-ÄndG ebenso wie § 256a Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI bestimmen zwar Ausnahmen, die es ermöglichen, tatsächlich erzielten Arbeitsverdienst, für den keine Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt wurden, zu berücksichtigen. Diese Sonderregelungen greifen jedoch bei der Klägerin nicht ein.
Soweit § 256a Abs 2 Satz 2 und 3 SGB VI nF für Beschäftigungszeiten bei der DR für Verdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze eine Versicherung in der FZR fingieren, knüpfen diese Bestimmungen an Voraussetzungen an, die bei der Klägerin nicht gegeben sind. Denn nach den von der Revision nicht gerügten und damit für den Senat nach § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG erzielte sie bis 31. Dezember 1973 keine über der Beitragsbemessungsgrenze (DDR) liegenden Arbeitsverdienste und hatte am 1. Januar 1974 noch keine 10-jährige ununterbrochene Beschäftigungszeit bei der DR zurückgelegt. Im Übrigen begünstigt die neue Regelung in § 256a Abs 2 Satz 2 und 3 SGB VI lediglich diejenigen Personen, für die der ab 1. März 1971 mögliche Beitritt zur FZR nicht zu höheren Rentenleistungen führte, als ihnen durch die Ausgestaltung der besonderen betrieblichen Altersversorgung der DR und DP zustand (Näheres dazu vgl Urteile des 4. Senats vom 10. November 1998 – B 4 RA 33/98 R – BSGE 83, 104 = SozR 3-2600 § 256a Nr 3 und B 4 RA 32/98 R – SozR 3-2600 § 256a Nr 2 sowie B 4 RA 21/98 R, B 4 RA 25/98 R, B 4 RA 38/98 R und B 4 RA 43/98 R, jeweils veröffentlicht in JURIS), und denen die günstigere Berechnung der sog “Alten Versorgung” nach § 13 EisenbV erhalten blieb, wenn sie am 1. Januar 1974 (bei Schließung der besonderen betrieblichen Altersversorgung) die zuvor für einen Anspruch auf die besondere Eisenbahnerversorgung erforderliche 10-jährige Beschäftigungszeit (§ 2 Abs 1 Buchst a Versorgungsordnung der Deutschen Reichsbahn) schon zurückgelegt hatten, was bei der Klägerin eben nicht der Fall war.
§ 256a Abs 3 SGB VI trägt dem Umstand Rechnung, dass im Beitrittsgebiet das erzielte Einkommen zeitweise wegen der dort geltenden Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen der Zugehörigkeit zu einem Sonderversorgungssystem nur in geringerem Umfang als im alten Bundesgebiet durch Beiträge versichert werden konnte. Dies traf bei der Klägerin nicht zu. Soweit sie Verdienste über der Beitragsbemessungsgrenze (Höchstgrenze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung der DDR von 600 M monatlich bzw 7.200 M jährlich; vgl § 67 Abs 2 der Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten – SVO – vom 21. Dezember 1961 ≪GBl II 1961, 533≫, ab 1. Januar 1975: § 72 Abs 1 und 2 Nr 3 der Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten – SVO – vom 14. November 1974 ≪GBl I 1974, 531≫, ab 1. Januar 1978: § 16 Abs 2 Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten – SVO – vom 17. November 1977 ≪SVO 1977 – GBl I, 373≫) hatte, konnte sie diese Verdienste durch Beitragszahlung zur FZR versichern, was für die Zeit ab 1980 auch geschehen ist.
Anwartschaften in einem Sonderversorgungssystem hat die Klägerin nicht erworben. Die in der DDR für den Bereich der DR 1956 geschaffene besondere betriebliche Altersversorgung wurde (ebenso wie die 1960 für den Bereich der DP geschaffene Altersversorgung) zum 1. Januar 1974 in die allgemeine Sozialversicherung überführt. Fortan galten für die Gewährung und Berechnung der Altersrente von Eisenbahnern mit Anspruch ab 1. Januar 1974 nach Maßgabe der §§ 11 bis 15 EisenbV die Rechtsvorschriften über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung (§ 11 Abs 2 EisenbV), für die Gewährung und Berechnung der Zusatzaltersrente die Rechtsvorschriften über die freiwillige Zusatzrentenversicherung bei der Sozialversicherung (§ 12 Abs 1 EisenbV). Rentenanwartschaften bestanden somit für die Klägerin ausschließlich in der allgemeinen Sozialversicherung (vgl BSG Urteil vom 5. März 1996 – 4 RA 82/94 – BSGE 78, 41 = SozR 3-8120 Kapitel VIII H III Nr 9 Nr 5; vgl auch BSG Urteil vom 14. Mai 1996 – 4 RA 86/94 – veröffentlicht in JURIS – zur Unterscheidung von “echten” Sozialversicherungsansprüchen und -anwartschaften ≪Sozialpflichtversicherung- und FZR-Versicherung≫ und Ansprüchen kraft Zusage einer Zusatz- oder Sonderversorgung).
b) Der hier in Rede stehende “Faktor 1,5” ändert nichts an dem versicherten Arbeitsverdienst der Klägerin als maßgeblicher Beitragsbemessungsgrundlage iS des § 256a SGB VI. Es handelt sich – wie das LSG zutreffend herausgestellt hat – bei diesem Faktor um eine dem Rentenrecht der DDR eigene Berechnungsgröße, die in den Berechnungsvorschriften des bundesdeutschen Rentenrechts keine Entsprechung hat und die nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers des 2. AAÜG-ÄndG im Recht des SGB VI keine Anwendung finden sollte.
aa) Die monatliche Altersrente in der DDR errechnete sich allgemein aus einem Festbetrag (abhängig von der Zahl der Arbeitsjahre) und einem Steigerungsbetrag (§ 5 Abs 2 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung – Rentenverordnung – vom 23. November 1979 ≪GBl I, 401 – RentV-DDR≫), wobei der Steigerungsbetrag in Höhe von 1 % des in den letzten 20 Kalenderjahren vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit erzielten beitragspflichtigen Durchschnittsverdienstes für jedes Jahr der versicherungspflichtigen Tätigkeit sowie für jedes Jahr der Zurechnungszeit gewährt wurde (§ 5 Abs 2 Buchst b iVm Abs 1 Buchst a RentV-DDR). An Stelle des allgemeinen Steigerungsbetrags trat für Zeiten der versicherungspflichtigen Beschäftigung in bestimmten Bereichen ein besonderer Steigerungsbetrag. Für Beschäftigte der DR bestimmte § 11 Abs 3 Satz 1 EisenbV, dass bei einer ununterbrochenen Dienstzeit von 10 Jahren und mehr bei Berechnung der Altersrente für jedes Jahr der Dienstzeit bei der DR der Steigerungsbetrag 1,5 % des beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes der letzten 20 Kalenderjahre vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit betrug. Entsprechende Steigerungsbeträge gab es auch für Beschäftigungszeiten bei der DP (§ 16 Abs 3 der Verordnung über die Pflichten und Rechte der Mitarbeiter der Deutschen Post – Post-Dienst-Verordnung vom 28. März 1973 – GBl I, 222) und im Gesundheits- und Sozialwesen (§ 47 RentV-DDR). Dieser besondere Steigerungsbetrag bewirkte, dass die Versicherten nach 45 Beschäftigungsjahren in den betreffenden Bereichen und einem monatlichen Durchschnittsverdienst von 600 M in dem für die Rentenberechnung maßgeblichen Zeitraum eine um 135 M höhere Rente erreichen konnten als Versicherte in den nicht auf diese Weise privilegierten Berufsbereichen, ohne dass ihnen dafür höhere Beiträge abverlangt worden wären. Ähnliche Vergünstigungen gab es noch für weitere ausgewählte Berufstätigkeiten (vgl Schönow, DRV 2002, 10, 14).
bb) Im SGB VI findet sich ein vergleichbarer Berechnungsfaktor weder in Gestalt eines besonderen Rentenart- oder Zugangsfaktors (dazu vgl auch BSG Urteil vom 10. November 1998 – B 4 RA 25/98 R – veröffentlicht in JURIS) noch in Gestalt einer Heranziehung fiktiv höherer Arbeitsverdienste für Beitragszeiten. Personen, die über längere Zeit nur ein geringes Arbeitseinkommen erzielt haben, gewährt das bundesdeutsche Rentenrecht bei der Rentenberechnung einen sozialen Ausgleich durch die Mindestbewertung von Pflichtbeiträgen. Diese im früheren Recht nur auf Pflichtbeiträge vor 1973 bezogene Vergünstigung (vgl Art 2 § 55a Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz) ist mit dem SGB VI auf Pflichtbeiträge bis 31. Dezember 1991 ausgedehnt worden und kommt unter den Voraussetzungen des § 262 SGB VI auch den Rentnern mit Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet zugute. Ausweislich der Berechnung in Anlage 3, S 5 zum Rentenbescheid vom 4. Dezember 1998 enthält die Summe der der Rente der Klägerin zu Grunde gelegten Entgeltpunkte dementsprechend 2,1262 “Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt”.
cc) Die Änderung des § 256a Abs 2 SGB VI hat der Gesetzgeber des 2. AAÜG-ÄndG bewusst darauf beschränkt, wegen der Auswirkungen der alten Versorgung “tatsächlich erzielte Arbeitsentgelte” über der Beitragsbemessungsgrenze der DDR ohne Beachtung der Beitragszahlung zur FZR als versichert anzusehen. Besonderheiten bei der Rentenberechnung nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets sollten (weiterhin) keine Anwendung im Recht des SGB VI finden (so ausdrücklich die Begründung zum 2. AAÜG-ÄndG – BT-Drucks 14/5640, S 16 zu Art 2 Nr 2 ≪§ 256a≫, der unverändert Gesetz geworden ist). Dementsprechend hat der Gesetzgeber zugleich weiter gehenden Vorstellungen hinsichtlich der Berücksichtigung der von Beschäftigten der DR und DP in der DDR erworbenen Rentenanwartschaften und insbesondere auch Forderungen (Entschließungsantrag der FDP vom 16. Mai 2001 – BT-Drucks 14/6104 – zu den Beschäftigungszeiten im Gesundheitswesen der DDR), den besonderen Steigerungsbetrag von 1,5 % rentensteigernd zu berücksichtigen, eine Absage erteilt (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 16. Mai 2001 – BT-Drucks 14/6063, S 22, 26 f und Stenografischer Bericht über die 171. Sitzung des Bundestags vom 18. Mai 2001, S 16778 f).
2. Mit den übrigen wesentlichen Berechnungselementen für die Rente aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR findet sich der im Rentenrecht der DDR vorgesehene besondere Steigerungsbetrag für Beschäftigungszeiten bei der DR allerdings in den Vorschriften des Art 2 RÜG. Insoweit behält er für die Klägerin Bedeutung im Rahmen der nach § 319a SGB VI vorzunehmenden Vergleichsberechnung und einen danach zu leistenden Rentenzuschlag.
a) Nach Art 2 § 28 Abs 1 RÜG ergibt sich der Monatsbetrag der Rente wegen Alters aus dem Festbetrag und dem Steigerungsbetrag. Der Steigerungsbetrag ergibt sich nach Art 2 § 30 RÜG aus der Vervielfältigung von 1. beitragpflichtigem Durchschnittseinkommen, 2. Anzahl der Arbeitsjahre und 3. Steigerungssatz. Das beitragspflichtige Durchschnittseinkommen wird nach Art 2 § 31 Abs 1 Satz 1 RÜG ermittelt, indem das beitragspflichtige Einkommen der letzten 20 Jahre vor Ende der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit bis spätestens 31. Dezember 1991 (Berechnungszeitraum) durch die Zahl der Monate, in denen in diesem Zeitraum Beiträge gezahlt worden sind (Beitragsmonate), geteilt wird. Der Steigerungssatz beträgt allgemein für jedes Jahr der Beschäftigung 1 vom Hundert (Art 2 § 32 Abs 1 RÜG) und für jedes Jahr der Beschäftigung bei der DR nach der EisenbV und der Versorgungsordnung der DR 1,5 vom Hundert, wenn diese Beschäftigung mindestens zehn Jahre oder bei Eintritt von Invalidität mindestens fünf Jahre ununterbrochen ausgeübt worden ist (vgl Art 2 § 35 Nr 3 RÜG). Diese Regelungen entsprechen im Wesentlichen dem oben unter 1.b) dargestellten Rentenrecht der DDR. Ausweislich der Anlage 17 zum der Klägerin erteilten Rentenbescheid vom 4. Dezember 1998 hat die Beklagte für die Ermittlung des Rentenzuschlags nach § 319a SGB VI bei Berechnung des Monatsbetrags der Rente nach Art 2 RÜG insbesondere den höheren Steigerungssatz von 1,5 vH auch für 26 Jahre Beschäftigung bei der DR berücksichtigt.
b) Der nach Art 2 RÜG berechnete Rentenbetrag ist – ungeachtet der Erhöhung nach Art 2 § 39 RÜG (vgl dazu nachfolgend unter 3.) – statisch. Das gilt auch für den nach § 319a SGB VI zusätzlich zur SGB VI-Rente geleisteten Rentenzuschlag. Er wird, wenn der für den Berechtigten nach Anwendung des SGB VI ermittelte Monatsbetrag der Rente bei Rentenbeginn in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1993 niedriger ist als der für den Monat des Rentenbeginns nach Art 2 RÜG ermittelte Betrag, gemäß § 319a Satz 1 SGB VI in Höhe der Differenz geleistet, solange die rentenrechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. § 319a Satz 2 SGB VI bestimmt zudem, dass der Rentenzuschlag vom 1. Januar 1996 an bei jeder Rentenanpassung um ein Fünftel des Rentenzuschlags, mindestens aber um 20 DM vermindert wird; durch die Verminderung darf der bisherige Zahlbetrag der Rente nicht unterschritten werden. Ein danach noch verbleibender Rentenzuschlag wird bei den folgenden Rentenanpassungen im Umfang dieser Rentenanpassungen abgeschmolzen (Satz 3).
Diese Vorschriften hat die Beklagte hier zutreffend angewandt. Das Begehren der Klägerin, ihr als Rente anstatt der Summe aus dem nach SGB VI berechneten dynamisierbaren Monatsbetrag der Rente und statischem Rentenzuschlag einen Betrag zu leisten, der sich ergibt, wenn der nach Art 2 RÜG berechnete Betrag fortwährend entsprechend den besonderen Rentenanpassungsvorschriften Ost dynamisiert wird, findet danach im Gesetz keine Grundlage.
3. Nach Überzeugung des Senats werden durch die Berücksichtigung nur der tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste gemäß § 256a SGB VI und durch die Zahlung eines statischen Rentenzuschlags nach § 319a Satz 1 SGB VI sowie dessen Abschmelzung nach § 319a Satz 2 SGB VI keine verfassungsmäßigen Rechte der Klägerin verletzt. Es besteht deshalb kein Anlass, das Verfahren nach Art 100 Abs 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
a) In der Sozialversicherung der DDR erworbene Ansprüche und Anwartschaften haben erst mit Herstellung der deutschen Einheit durch und nach Maßgabe des Einigungsvertrags (EinigVtr) Eigentumsschutz nach Art 14 Abs 1 GG erlangt (BVerfG Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 – BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3, S 47). Zu den Maßgaben gehört das Außerkrafttreten des Rentenrechts der DDR, die Überleitung des – bei Abschluss des Einigungsvertrags schon verabschiedeten, aber noch nicht in Kraft getretenen – SGB VI und eine Vertrauensschutzregelung für Rentner und rentennahe Jahrgänge (Art 30 Abs 5 EinigVtr). Dementsprechend sind die Renten für Berechtigte im Beitrittsgebiet nach dem SGB VI zu berechnen, wobei Personen, deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 30. Juni 1995 begonnen hat, die Rente mindestens in der Höhe des Betrags zu leisten ist, der sich nach dem zum 30. Juni 1990 geltenden Recht des Beitrittsgebiets ohne Berücksichtigung von Leistungen aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen ergeben hätte (Art 30 Abs 5 Satz 2 Nr 1 EinigVtr).
Der durch das RÜG vollzogene, durch den Einigungsvertrag bereits vorgegebene Systemwechsel zum SGB VI, dh die Ersetzung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch eine einheitliche, aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Versorgungsleistung unter Verzicht auf Zusatzleistungen, die der betrieblichen Altersversorgung oder der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in Westdeutschland gleichen, ist nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungskonform und insbesondere mit dem Eigentumsschutz aus Art 14 Abs 1 Satz 1 GG und dem Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG vereinbar, soweit damit keine Einbußen verbunden sind, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechen und vom EinigVtr zuerkannte Eigentumspositionen in unzumutbarer Weise schmälern (BVerfG aaO, BVerfGE 100, 1, 39 f, 44 f, 46 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3, S 52 f, 56 f, 58). Derartige Einbußen sind hier nicht festzustellen.
aa) Indem im Rentenbescheid vom 4. Dezember 1998 ein Monatsbetrag der Rente nach Art 2 RÜG mit 761,00 DM festgestellt und die Differenz zum Monatsbetrag der nach dem SGB VI berechneten Rente zum 1. März 1993 als Rentenzuschlag gewährt wird, erhält die Klägerin mehr als ihr nach dem zum 30. Juni 1990 geltenden Recht des Beitrittsgebiets, auf das sich Art 30 Abs 5 Satz 2 Nr 1 EinigVtr bezieht, zugestanden hätte.
Die Berechnung nach dem in Art 2 RÜG übernommenen Recht des Beitrittsgebiets führt – wie auch in Anlage 17 zum Rentenbescheid aufgezeigt – unter Berücksichtigung des höheren Steigerungssatzes von 1,5 vH für 26 Jahre Zugehörigkeit zur DR sowie aller Versicherungsjahre bis zum Rentenbeginn lediglich zu einem Betrag von 504,37 DM für die SV-Rente und einem Betrag von 3,93 DM für die FZR-Rente, mithin zu einem durch Art 30 Abs 5 Satz 2 Nr 1 EinigVtr geschützten Mindestzahlbetrag für die Rente der Klägerin von nur 508,30 DM. Der der Ermittlung des Rentenzuschlags zu Grunde gelegte höhere Betrag beruht ausschließlich auf der in Art 2 § 39 Abs 1 RÜG vorgeschriebenen, im Recht der DDR zum 30. Juni 1990 noch nicht vorgesehenen Erhöhung der für die SV- und die FZR-Rente errechneten Beträge, bei der die zum 1. Juli 1990 für Renten des Beitrittsgebiets erfolgte Angleichung sowie deren Anpassungen zum 1. Januar und 1. Juli 1991 und die Erhöhung zum 1. Januar 1992 (zum Ausgleich des KVdR-Beitrags; vgl VerbandsKomm Art 2 § 39 RÜG RdNr 2 und 3) berücksichtigt werden.
bb) Soweit das BVerfG in seinem oa Urteil vom 28. April 1999 (1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 –, BVerfGE 100, 1 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3) eine Dynamisierung des geschützten Zahlbetrags für Berechtigte verlangt hat, die Ansprüche und Anwartschaften in Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der DDR erworben haben, kann sich die Klägerin darauf nicht berufen.
Zum einen hat die Klägerin – wie oben unter 1.a) dargelegt – Rentenanwartschaften ausschließlich in der Sozialversicherung der DDR und nicht in einem Sonder- oder Zusatzversorgungssystem der DDR erworben, so dass sie von der besonderen Vertrauensschutzregelung in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst b zum EinigVtr (im Folgenden: EinigVtr Nr 9 Buchst b), auf die sich die Entscheidung des BVerfG bezieht, von vornherein nicht erfasst wird.
Zum anderen hat das BVerfG auch für den in EinigVtr Nr 9 Buchst b Satz 5 garantierten (für Juli 1990 als Gesamtbetrag aus der Sozialversicherung und dem Sonder- oder Zusatzversorgungssystem zu erbringenden) Zahlbetrag die Dynamisierung nur dann für geboten erachtet, wenn der Monatsbetrag der neu (also nach dem SGB VI) berechneten Rente diesen Betrag zum 1. Januar 1992 nicht erreicht (BVerfG aaO, BVerfGE 100, 1, 49 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3, S 56). Bei der Klägerin liegt aber der Betrag der (fiktiven) SGB VI-Rente zum 1. Januar 1992 bereits über dem Mindestbetrag nach Art 30 Abs 5 Satz 1 Nr 1 EinigVtr von 508,30 DM; denn aus den für sie ermittelten 25,2870 Entgeltpunkten ergibt sich bei Vervielfältigung mit dem ab 1. Januar 1992 aktuellen Rentenwert (Ost) von 23,57 DM (§ 5 der 3. Rentenanpassungsverordnung vom 19. Dezember 1991 – BGBl I, 2344) ein Monatsbetrag der Rente von 596,01 DM. Die Erwägungen des BVerfG zur gebotenen Dynamisierung des Zahlbetrags nach EinigVtr Nr 9 Buchst b lassen sich daher schon mangels einer weder zeitlich (1990 bis 1992) noch sachlich vergleichbar konkreten Einbuße auf den vorliegenden Fall nicht übertragen; für die hier zu treffende Entscheidung ist infolgedessen auch unerheblich, ob die in Umsetzung der Rechtsprechung des BVerfG in § 4 Abs 4 Satz 2 AAÜG idF des 2. AAÜG-ÄndG vorgesehene Dynamisierung des geschützten Zahlbetrags entsprechend der allgemeinen Rentenanpassung verfassungskonform ist (vgl dazu BSG Urteile vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 2/02 R und B 4 RA 24/01 R –, beide zur Veröffentlichung vorgesehen).
Dass den in der Sozialversicherung der DDR erworbenen Rentenanwartschaften generell ein garantierter Realwert in dem Sinne zukäme, dass die fiktiv zum 30. Juni 1990 nach den zu diesem Zeitpunkt im Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften errechnete Rente oder gar der nach Art 2 § 39 RÜG erhöhte Betrag in Entgeltpunkte umzurechnen und entsprechend den Anpassungsvorschriften des SGB VI für Renten des Beitrittsgebiets zu dynamisieren wäre, lässt sich der Entscheidung des BVerfG nicht entnehmen und wäre mit seinen Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit des Systemwechsels auch nicht vereinbar (vgl auch BSG aaO, jeweils Umdruck S 13 f – zum Werterhalt und zur Schutzfunktion des Zahlbetrags nach EinigVtr Nr 9 Buchst b).
b) Auch die Nichtdynamisierung und Abschmelzung des Rentenzuschlags führt bei der Klägerin nicht zu verfassungswidrigen Einbußen. Als Zusatzleistung zur SGB VI-Rente bezweckt der Rentenzuschlag nach § 319a SGB VI – ebenso wie der Auffüllbetrag nach § 315a SGB VI und der Übergangszuschlag nach § 319b SGB VI (vgl Senatsurteile vom 24. Februar 1999 – B 5/4 RA 57/97 R – SozR 3-2600 § 319b Nr 2 und vom 21. April 1999 – B 5/4 RA 25/97 R – SozR 3-2600 § 315a Nr 1 sowie BSG Urteile vom 29. Juni 2000 – B 13 RJ 29/98 R – SozR 3-2600 § 307a Nr 15 ≪zum Auffüllbetrag nach § 315a≫ und vom 30. Juni 1998 – B 4 RA 9/96 R – SozR 3-2600 § 319b Nr 1 mwN ≪zum Übergangszuschlag nach § 319b SGB VI≫) in Ausfüllung und Erweiterung des sich aus Art 30 Abs 5 EinigVtr ergebenden Vertrauensschutzgedankens die Vermeidung einer wirtschaftlichen Schlechterstellung der von der Rentenüberleitung erfassten Rentner und Anwartschaftsberechtigten der Sozialpflichtversicherung und FZR. Die fehlende Dynamisierung des Rentenzuschlags hat aber ebenso wenig wie dessen Abschmelzung ab 1. Januar 1996 bei der Klägerin dazu geführt, dass ihr durch den Einigungsvertrag mit Eigentumsschutz versehenes Recht auf Rente geschmälert worden ist. Weder ist der Zahlbetrag der Rente vermindert worden noch wurde eine Dynamisierung der Rente vorenthalten. Die Klägerin hat vielmehr (durch die Anhebung und Anpassung des über der SGB VI-Rente liegenden statischen Mindestbetrags nach Art 30 Abs 5 EinigVtr) mit dem Rentenzuschlag bis zum Ende der Abschmelzung im Vergleich zu Versicherten aus den alten Bundesländern und Rentnern im Beitrittsgebiet mit Rentenbeginn ab 1997 eine höhere Leistung erhalten als ihr nach den Vorschriften des SGB VI zustehen würde (vgl auch Senatsurteil vom 24. Februar 1999 – B 5/4 RA 57/97 R – SozR 3-2600 § 319b Nr 2, S 16 und BSG Urteil vom 29. Juni 2000 – B 13 RJ 29/98 R – SozR 3-2600 § 307a Nr 15 – zur vergleichbaren Problematik beim Übergangszuschlag bzw Auffüllbetrag).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
BSGE 2003, 197 |
BSGE 90, 197 |
NZS 2003, 485 |
SozR 3-2600 § 256a, Nr.10 |