Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. Feststellung des Grads der Behinderung. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Änderung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts. Bestandskraft. Abschmelzung. Feststellung der Rechtswidrigkeit des früheren Bescheids. verbindliche Regelung im Begründungsteil. sozialgerichtliches Verfahren. kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Berücksichtigung neuer Tatsachen im Klageverfahren. zwischenzeitliche Ablehnung eines neuen Antrags. Sprungrevision. Zurückverweisung
Leitsatz (amtlich)
1. Die bestandskräftige Feststellung eines überhöhten GdB kann nur nach den Vorschriften der §§ 44 ff SGB 10 korrigiert werden.
2. Kann die Feststellung eines zu hohen GdB nicht mehr zurückgenommen werden, kommt eine Abschmelzung des überhöhten GdB entsprechend § 48 Abs 3 SGB 10 in Betracht.
3. Die Anwendung des § 48 Abs 3 SGB 10 im Schwerbehindertenrecht setzt voraus, dass durch einen Verwaltungsakt festgestellt worden ist, inwiefern die bislang geltende Feststellung des GdB rechtswidrig ist.
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Feststellungsbescheid, der rechtswidrigerweise den GdB zu hoch festgestellt hat, ist entweder nach § 45 SGB X – teilweise – zurückzunehmen, oder kann, wenn dies nicht mehr möglich ist, gem. § 48 Abs. 3 SGB X abgeschmolzen werden. Wird diese Möglichkeit der Abschmelzung nicht wahrgenommen, kann die unterbliebene Abschmelzung nicht bei einer zukünftigen Änderung der Verhältnisse nachgeholt werden.
2. Die Korrektur der Folgen eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakts nach § 48 Abs. 3 SGB X setzt eine entsprechende ausdrückliche Verwaltungsentscheidung – die auch im Begründungsteil einer Entscheidung liegen kann – voraus.
Orientierungssatz
1. Eine Regelung iS des § 31 SGB 10, mit der die Behörde verbindlich auf die Rechtswidrigkeit einer früheren GdB-Feststellung hinweist, kann sich auch im Begründungsteil eines Bescheids befinden.
2. Das Tatsachengericht hat bei einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich alle bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eintretenden entscheidungsrelevanten neuen Tatsachen zu berücksichtigen. Daran ändert ein zwischenzeitlich ergangener Verwaltungsakt nichts, der einen Neufeststellungsantrag ablehnt.
Normenkette
SGB 10 § 48 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1, §§ 44, § 44ff, §§ 45, 12, 31 S. 1, § 39; SGB 9 § 69 Abs. 1 Sätze 1, 3; SGB 9 § 2; SGG §§ 77, 54 Abs. 1 S. 1, § 96 Abs. 1, § 161
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 30. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 40 ab Juli 2007 hat.
Nachdem das beklagte Land den im August 2001 gestellten Erstantrag des 1951 geborenen Klägers mit Bescheid vom 21.1.2002 abgelehnt hatte, weil der GdB weniger als 20 betrage, stellte es auf den Widerspruch des Klägers mit Abhilfebescheid vom 5.11.2002 einen GdB von 30 ab August 2001 fest. Als den GdB begründende Beeinträchtigungen berücksichtigte der Beklagte eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen, Knorpelschäden der Kniegelenke, eine Funktionseinschränkung der Füße, eine Fettleber sowie eine Nierenfehlbildung links.
Auf den vom Kläger im Dezember 2004 angebrachten Änderungsantrag stellte der Beklagte einen GdB des Klägers von 40 ab Dezember 2004 fest (Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005). In dem anschließenden, auf Feststellung eines GdB von 50 gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt/Oder - S 5 SB 2/06 - bewertete der gerichtliche Sachverständige Dr. B. in seinem chirurgisch-sozialmedizinischen Gutachten vom 21.12.2006 aufgrund der nachweisbaren funktionellen Beeinträchtigungen des Klägers den Gesamt-GdB mit 10.
Daraufhin hob der Beklagte ohne ausdrückliche Anhörung unter Hinweis auf § 24 Abs 2 Nr 2 SGB X (Eilbedürftigkeit) mit Bescheid vom 1.3.2007 den Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 gemäß § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft insoweit auf, als ein GdB von mehr als 30 festgestellt worden war. In der Begründung führte der Beklagte aus, die Bescheide vom 5.11.2002 und 10.3.2005 seien rechtswidrig, da mit ihnen ein GdB von 30 bzw 40 festgestellt worden sei. Gemäß § 69 Abs 1 S 5 SGB IX sei eine Feststellung nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliege. Tatsächlich hätten nur Beeinträchtigungen vorgelegen, die einen Gesamt-GdB von 10 begründen. Die Rücknahme des Bescheides vom 5.11.2002 komme wegen des Ablaufs der Frist gemäß § 45 Abs 3 SGB X nicht in Betracht. Der GdB könne nicht unter 30 abgesenkt werden. Der Bescheid werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Streitverfahrens.
Nachdem der Kläger während des Klageverfahrens im Juli 2007 wegen behaupteter Verschlimmerung beim Beklagten einen weiteren Änderungsantrag gestellt hatte, ordnete das SG auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 19.2.2008 ein Ruhen des Verfahrens an. Nach Einholung verschiedener Berichte der behandelnden Ärzte sowie Beiziehung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme, die einen GdB von 20 vorschlug, entschied der Beklagte mit Bescheid vom 2.2.2009, dass der Bescheid vom 10.3.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 in der Gestalt des Bescheides vom 1.3.2007 nicht geändert werde, weil die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers weiterhin keinen höheren GdB als 30 bedingten. Der Bescheid werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Streitverfahrens.
Nach Wiederaufnahme des Klageverfahrens - unter dem Az S 24 SB 31/09 - hat das SG von Amts wegen zunächst mehrere Befundberichte und danach ein Gutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Ba. vom 21.12.2011 eingeholt. Zusammenfassend hat die Sachverständige ausgeführt: Der im November 2002 festgestellte Gesamt-GdB von 30 sei aufgrund der seinerzeit vorliegenden Befunde (Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen, Knorpelschäden der Kniegelenke, Funktionseinschränkung der Füße, Fettleber, Nierenfehlbildung links) nicht nachvollziehbar. Seit November 2002 hätten die beim Kläger bestandenen Beschwerden zugenommen. Im Vordergrund des heutigen Beschwerdebildes (erstmals vom Kläger mit Schreiben vom 20.7.2007 angegeben) stünde das Bronchialasthma mit allergischer Rhinitis und Konjunktivitis. Hierfür sei ein GdB von 20 angemessen. Sie halte heute einen Gesamt-GdB von 30 für gerechtfertigt.
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In der mündlichen Verhandlung des SG am 30.5.2012 hat die Vorsitzende darauf hingewiesen, dass der Bescheid des Beklagten vom 1.3.2007 bezüglich der Rücknahme des Bescheides vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 rechtmäßig sei. Der Kläger hat daraufhin beantragt, |
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den Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 in der Fassung des Rücknahmebescheides vom 1.3.2007 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, seinen Bescheid vom 21.1.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5.11.2002 dahingehend zu ändern, dass bei ihm (dem Kläger) ab 10.7.2007 ein GdB von 40 festgestellt wird. |
Mit Urteil vom selben Tag (30.5.2012) hat das SG dem Klageantrag entsprochen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt:
Die zulässige Klage sei begründet. Gegenstand des Verfahrens seien der Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 und der Rücknahmebescheid vom 1.3.2007. Der Bescheid des Beklagten vom 2.2.2009 sei hingegen nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, da er keinen streitgegenständlichen Bescheid ändere oder ersetze. Zu Unrecht habe der Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 5.11.2002 mit Wirkung für die Zukunft abgelehnt. Denn in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers, die zum Zeitpunkt der Erteilung dieses Bescheides vorgelegen hätten, sei eine Änderung eingetreten, die die Erhöhung des GdB rechtfertige. Die gemäß § 48 SGB X vorzunehmende Prüfung beschränke sich darauf, ob in der Höhe des mit Bescheid vom 5.11.2002 festgestellten Gesamt-GdB (von 30) eine Änderung in der Gestalt eingetreten sei, dass die im Gesundheitszustand des Klägers seither eingetretenen Verschlimmerungen diesen GdB um mindestens 10 erhöhten. Das sei nach Überzeugung der Kammer der Fall. Dem Bescheid vom 5.11.2002 hätten für die Feststellung eines GdB von 30 eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen, Knorpelschäden der Kniegelenke und eine Funktionseinschränkung der Füße, eine Fettleber und Nierenfehlbildung zugrunde gelegen.
Soweit der Beklagte mit Bescheid vom 10.3.2005 beim Kläger ab Dezember 2004 einen GdB von 40 festgestellt habe, sei dieser Bescheid von Anbeginn rechtswidrig, sodass ihn der Beklagte während des laufenden Klageverfahrens zu Recht mit Bescheid vom 1.3.2007 aufgehoben habe. Der Bescheid des Beklagten vom 1.3.2007 werde auch vom Kläger nicht beanstandet.
Hiervon ausgehend habe das Gericht zu prüfen, ob seit Feststellung eines GdB von 30 mit Bescheid vom 5.11.2002 möglicherweise zu einem Zeitpunkt nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten sei, die die Erhöhung des GdB rechtfertige. Das sei der Fall, denn beim Kläger sei ein Bronchialasthma hinzugetreten, dessen Auswirkungen in jedem Fall zur Erhöhung des Gesamt-GdB führen müsse. Dies ergebe sich insbesondere aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Sachverständigen Dr. Ba.
Die Bewertung dieser Gesundheitsstörung durch die Sachverständige mit einem Einzel-GdB von 20 sei auch angesichts der Nr 26.8 der hier noch zu berücksichtigenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) angemessen.
Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, diese ab Juli 2007 durch Hinzutreten der Lungenerkrankung nachweisbare Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers unberücksichtigt zu lassen, um den nicht mehr rücknehmbaren Bescheid vom "20.2.2002" (gemeint 5.11.2002) zu korrigieren. Zumindest dann, wenn das ehemals festgestellte Ausmaß einer einzigen Gesundheitsstörung das alleinige tragende Element der Gesamt-GdB-Feststellung gewesen sei, rechtfertige dies nicht, eine "stille Abschmelzung" in dem Sinne vorzunehmen, dass weitere, neu hinzugetretene Gesundheitsstörungen solange nicht berücksichtigt würden, bis das nun für gerechtfertigt erachtete Ausmaß der Beeinträchtigung dem seiner Zeit festgestellten Gesamt-GdB entspreche.
Zunächst sei festzustellen, dass die in § 45 Abs 3 S 1 und Abs 4 SGB X geregelte Frist für eine Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Bescheides vom "21.1.2002" (gemeint 5.11.2002) bereits abgelaufen sei. Soweit nunmehr zu prüfen sei, ob aufgrund des Eintritts einer vom Kläger geltend gemachten wesentlichen Änderung durch Hinzutreten einer Lungenerkrankung dieser Bescheid mit Wirkung für die Zukunft, nämlich ab 10.7.2007 aufzuheben sei, habe das Gericht festzustellen, inwieweit sich eine Änderung ergeben habe. Ausgehend von dem ursprünglich zu hoch festgesetzten Gesamt-GdB sei demnach trotz der Rechtswidrigkeit der GdB in dem Ausmaß zu erhöhen, in dem sich tatsächlich eine Änderung im Gesundheitszustand eingestellt habe. Etwas anderes würde sich allein dann ergeben, wenn der Beklagte einen auf § 48 Abs 3 SGB X basierenden "Abschmelzungsbescheid" erteilt hätte, was hier nicht geschehen sei. Dass § 48 Abs 3 SGB X auch für Feststellungen zur Höhe des GdB gelte, habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits in seinem Urteil vom 19.9.2000 - B 9 SB 3/00 R entschieden.
Mit Beschluss vom 24.10.2012, zugestellt am 5.11.2012, hat das SG die Sprungrevision gegen das Urteil vom 30.5.2012 zugelassen.
Am 15.11.2012 hat der Beklagte beim BSG Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 48 Abs 3 SGB X. Entgegen der Auffassung des SG finde § 48 Abs 3 SGB X auf die Feststellung des GdB im Schwerbehindertenrecht nur entsprechend in dem Sinne Anwendung, dass die Verwaltung insofern auch ohne ausdrückliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts nach § 48 Abs 3 SGB X berechtigt und verpflichtet sei, bei einer nachträglichen Änderung der bei Erlass der rechtswidrigen, bestandskräftig gewordenen Entscheidung zur Höhe des GdB maßgebend gewesenen Verhältnisse, den nunmehr tatsächlich vorliegenden GdB festzustellen. Dies ergebe sich insbesondere aus § 69 Abs 1 S 3 SGB IX, wonach die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt würden. Er - der Beklagte - gehe davon aus, dass es mit dieser Vorschrift grundsätzlich unvereinbar sei, einen GdB festzustellen oder zu belassen, der die vorliegenden Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft übersteige.
Das BSG habe in dem durch das SG angeführten Urteil vom 19.9.2000 - B 9 SB 3/00 R - im Hinblick auf die Berücksichtigung eines fehlerhaft festgestellten GdB bei der Ermittlung des neuen, aufgrund des Hinzutritts eines Leidens zu beurteilenden Gesamt-GdB unter anderem ausgeführt, dass es sich bei einer derartigen Neufestsetzung im Rahmen einer auf § 48 Abs 1 SGB X gestützten Aufhebung wegen einer Änderung der Verhältnisse zugunsten des Betroffenen nicht um eine reine Hochrechnung des im alten Bescheid festgestellten Gesamt-GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung der verschiedenen Leiden handele. An anderer Stelle weise das BSG im gleichen Urteil darauf hin, dass das Gesetz die Möglichkeit der Korrektur eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung jedenfalls ausdrücklich nur mit dem in § 48 Abs 3 SGB X geregelten Verfahren bereitstelle. Das BSG beziehe sich dabei auf die Entscheidung vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 -, in der das BSG ebenfalls bereits auf die entsprechende Anwendung von § 48 Abs 3 SGB X auch im Schwerbehindertenrecht verwiesen habe.
Keine Aussage finde sich in den genannten Urteilen des BSG zu der Frage, ob die Feststellung des tatsächlich vorliegenden GdB in entsprechender Anwendung von § 48 Abs 3 SGB X einen ausdrücklich auf dieser Vorschrift basierenden Abschmelzungsbescheid voraussetze. Die Antwort auf diese Rechtsfrage ergebe sich nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz. Sie stehe auch praktisch nicht außer Zweifel. Allerdings werde die Auffassung des SG, wie von diesem ausgeführt, auch durch das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8.9.2004 - L 10 SB 82/03 - vertreten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Frankfurt/Oder vom 30. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 3.4.2013 darauf hingewiesen, dass der Bescheid des Beklagten vom 1.3.2007 den Satz enthält: "Die Bescheide vom 05.11.2002 sowie vom 10.03.2005 sind rechtswidrig, da mit ihnen ein GdB von 30 bzw. 40 festgestellt wurde."
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist zulässig. Sie ist aufgrund ihrer Zulassung durch den Beschluss des SG vom 24.10.2012 statthaft und vom Beklagten form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Revisionsbegründung genügt zudem inhaltlich den Anforderungen gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG.
Die Revision ist im Sinne einer Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das SG begründet.
Der Sachentscheidung durch das Revisionsgericht stehen keine Hindernisse entgegen. Insbesondere ist die Klage zulässig. Sie ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 S 1 SGG statthaft (s BSG SozR 3-3870 § 3 Nr 9 S 21 f; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 12 RdNr 11). Sie richtet sich gegen den Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 und weiter in der Fassung des Bescheides vom 1.3.2007. Soweit der Beklagte mit dem Bescheid vom 1.3.2007 den Bescheid vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben hat, als darin ein GdB von mehr als 30 zuerkannt war, hat der Kläger nach dem Hinweis des SG in der mündlichen Verhandlung die ursprünglich auch dagegen gerichtete Klage nicht weiter aufrechterhalten, denn er hat seinen Klageantrag danach nur noch auf eine "teilweise" Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte und auf die Verurteilung des Beklagten zur Änderung des Bescheides vom 5.11.2002 dahin gerichtet, dass der GdB ab 10.7.2007 (wieder) mit 40 festzustellen sei.
Gegenstand der Klage ist danach ein Anspruch auf Feststellung des GdB mit 40 ab Juli 2007 aufgrund einer Veränderung (Verschlimmerung) desjenigen Gesundheitszustandes, der dem Bescheid vom 5.11.2002 zugrunde gelegen hat. Diesem Anspruch steht der Bescheid des Beklagten vom 10.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 und weiter in der Fassung des Bescheides vom 1.3.2007 entgegen, sodass der Kläger iS des § 54 Abs 1 S 2 SGG beschwert ist.
Soweit der Beklagte auf den Änderungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 2.2.2009 entschieden hat, dass der Bescheid vom 10.3.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2005 und des Bescheides vom 1.3.2007 nicht geändert werde, ist dieser Verwaltungsakt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Denn er enthält gerade keine Änderung oder Ersetzung der bereits angefochtenen Verwaltungsakte. Zwar wäre er wohl nach der zu § 96 SGG in der bis zum 31.3.2008 geltenden Fassung ergangenen Rechtsprechung des BSG als Gegenstand des Klageverfahrens anzusehen gewesen; dies gilt jedoch nicht nach der zum 1.4.2008 erfolgten Einschränkung der Anwendbarkeit ("nur dann") der Vorschrift (vgl BSG Beschluss vom 30.9.2009 - B 9 SB 19/09 B - juris).
Unabhängig davon hindert es der Bescheid vom 2.2.2009 nicht, den Beklagten auf die gegen die Bescheide vom 10.3.2005 und 1.3.2007 gerichtete Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wegen einer im Juli 2007 eingetretenen Änderung der Verhältnisse zur Feststellung eines höheren GdB zu verurteilen. Der Bescheid vom 2.2.2009 entfaltet insoweit keine Sperrwirkung. Seine Erteilung war entbehrlich, weil der im Juli 2007 gestellte Änderungsantrag des Klägers wegen des anhängigen Klageverfahrens nicht erforderlich war. Denn das Tatsachengericht hat bei einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich alle bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eintretenden entscheidungsrelevanten neuen Tatsachen zu berücksichtigen (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 34 mwN). Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellung des GdB nach dem Schwerbehindertenrecht. Daran ändert ein zwischenzeitlich ergangener Verwaltungsakt nichts, der einen Neufeststellungsantrag ablehnt. Anders verhält es sich allerdings dann, wenn der Kläger sein Klagebegehren daraufhin zeitlich begrenzt. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Ob die angefochtenen Bescheide vom 10.3.2005 und 1.3.2007 rechtswidrig sind, weil der Kläger eine Erhöhung des GdB auf 40 ab Juli 2007 beanspruchen kann, vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Hierzu bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen des SG. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger nicht schon deswegen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40, weil der mit Bescheid vom 5.11.2002 bindend festgestellte GdB von 30 infolge des im Juli 2007 hinzugekommenen Lungenleidens entsprechend zu erhöhen wäre.
Grundlage für die beanspruchte teilweise Aufhebung des Bescheides vom 5.11.2002 mit Wirkung ab Juli 2007 ist § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (eingehend hierzu für das Schwerbehindertenrecht BSG Urteil vom 12.11.1996 - 9 RVs 5/95 - BSGE 79, 223, 225 = SozR 3-1300 § 48 Nr 57). Von einer solchen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl BSG Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - juris RdNr 12). Das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 bleibt allerdings regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB (BSG Urteil vom 24.6.1998 - B 9 SB 18/97 - juris). Gemäß § 48 Abs 1 S 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB X).
Bei dem Bescheid vom 5.11.2002 über die Feststellung eines GdB von 30 nach dem Schwerbehindertenrecht handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl Oppermann in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 69 SGB IX RdNr 10; stRspr des BSG s Urteil vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 - BSGE 60, 287 = SozR 1300 § 48 Nr 29; Urteil vom 19.9.2000 - B 9 SB 3/00 R - BSGE 87, 126 = SozR 3-1300 § 45 Nr 43; BSGE 91, 205 = SozR 4-3250 § 69 Nr 2 und BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, ist nach den Feststellungen des SG eine Änderung eingetreten. Denn der Kläger ist seit Juli 2007 zusätzlich und dauerhaft an einem Lungenleiden erkrankt, und dieses ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Die insoweit vom SG festgestellten Tatsachen, die gemäß § 161 Abs 4 SGG im Rahmen der Sprungrevision nicht angegriffen werden können, werden vom Beklagten als solche nicht in Zweifel gezogen. Ob diese Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen rechtlich wesentlich iS des § 48 Abs 1 SGB X ist, kann der Senat derzeit nicht beurteilen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist zunächst rechtlich davon auszugehen, dass mit dem Bescheid vom 5.11.2002 ein Gesamt-GdB von 30 auf Dauer festgestellt worden ist. Hieran ist auch der Beklagte gebunden, und zwar innerhalb des durch § 39 SGB X und § 77 SGG gesetzten Rahmens in seiner Eigenschaft als Träger des Verwaltungsverfahrens (von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 12 RdNr 4) und als zuständige Stelle für den Erlass des Verwaltungsakts. Das bedeutet, dass die Regelung des Verwaltungsakts für die erlassende Behörde und die Beteiligten iS des § 12 SGB X grundsätzlich verbindlich ist (Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, vor § 39 RdNr 3 mwN). § 39 Abs 2 SGB X bestimmt, dass ein - gemäß § 39 Abs 1 SGB X wirksam erlassener - Verwaltungsakt wirksam bleibt, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Nach § 77 SGG ist, wenn der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird, der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (materielle Bestandskraft). Gerade wegen der Schutzwirkungen, die sich aus der Bindungswirkung für die von dem Verwaltungsakt betroffenen Person ergeben, muss die den Verwaltungsakt erlassende Stelle ebenfalls daran gebunden sein.
Vorschriften, die die Bindungswirkung eines Verwaltungsakts (materielle Bestandskraft) iS des § 77 SGG durchbrechen ("soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist"), enthält das SGB X im 2. Titel des 3. Abschnitts ("Bestandskraft des Verwaltungsaktes"). Diese sehen die Rücknahme (§§ 44, 45), den Widerruf (§§ 46, 47) und die Aufhebung (§ 48) eines Verwaltungsaktes vor (s auch § 39 Abs 2 SGB X). Hinzu kommen vereinzelte speziell auf Verwaltungsakte ausgerichtete Vorschriften in anderen Gesetzen, wie zB § 60 Abs 4 Bundesversorgungsgesetz, die hier jedoch nicht einschlägig sind.
§ 69 SGB IX, der durchaus auch verfahrensrechtliche Regelungen über die Feststellung der Behinderung und die Ausstellung der Ausweise enthält (zB das jeweilige Antragserfordernis), trifft indes keinerlei verfahrensrechtliche Bestimmungen über die Rücknahme, den Widerruf oder die Aufhebung der in § 69 Abs 1 S 1 SGB IX vorgeschriebenen Feststellungen über das Vorliegen einer Behinderung und des GdB. Er lässt auch nicht erkennen, dass er die Regelungen im SGB X ganz oder teilweise verdrängt.
Speziell zum Verwaltungsakt über die Feststellung des GdB und zu dessen Bindungswirkung bei späterem Hinzutreten einer dauerhaften Gesundheitsstörung (Behinderung gemäß § 2 SGB IX) hat das BSG schon unter Geltung des Schwerbehindertengesetzes entschieden, dass eine ursprünglich unrichtige Entscheidung unter Beachtung ihrer Bestandskraft grundsätzlich nicht korrigiert werden darf, vielmehr hierbei die Vorschriften der §§ 48 und 45 SGB X maßgeblich sind (Urteil vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 - BSGE 60, 287 = SozR 1300 § 48 Nr 29). Durch § 48 Abs 3 SGB X ist nach diesem Urteil die Verwaltung auch im Recht der sozialen Entschädigung und im Recht der Schwerbehinderten ermächtigt worden, anlässlich einer nachträglichen Änderung eines Teils der maßgebend gewesenen Verhältnisse möglicherweise bestandskräftig gewordene Feststellungen über Schädigungsfolgen oder Behinderungen und über ihre Auswirkungen mit der wirklichen Sachlage in Einklang zu bringen (BSGE 60, 287, 291 = SozR 1300 § 48 Nr 29 S 89). Mit Urteil vom 19.9.2000 (- B 9 SB 3/00 R - BSGE 87, 126 = SozR 3-1300 § 45 Nr 43) hat das BSG bekräftigt, dass ein Feststellungsbescheid, der rechtswidrigerweise den GdB zu hoch festgestellt hat, entweder nach § 45 SGB X - teilweise - zurückzunehmen ist, oder, wenn dies nicht mehr möglich ist, gemäß § 48 Abs 3 SGB X "abgeschmolzen" werden kann. Wird diese Möglichkeit der Abschmelzung nicht wahrgenommen, kann die unterbliebene Abschmelzung nicht bei einer zukünftigen Änderung der Verhältnisse nachgeholt werden (BSGE 87, 126, 130 = SozR 3-1300 § 45 Nr 43 S 146; s auch Steinwedel in Kasseler Komm, Stand Dezember 2012, § 48 SGB X RdNr 29 mwN).
Dem Beklagten ist zuzugeben, dass das BSG bisher nicht ausdrücklich entschieden hat, dass über die Abschmelzung eines überhöht festgestellten GdB gemäß oder entsprechend § 48 Abs 3 SGB X durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist. Andererseits ist es offensichtlich, dass die nach § 48 Abs 3 SGB X gesetzlich erlaubten Rechtswirkungen im Einzelfall (s § 31 SGB X) durch Verwaltungsakt zu regeln sind. Dies ergibt sich zwingend aus der Rechtsnatur der Abschmelzung als Eingriff in einen durch Verwaltungsakt bindend zuerkannten Rechtszustand - hier die Höhe des festgestellten GdB. Für zu hoch berechnete Sozialleistungen ist schon seit der Entscheidung des BSG vom 22.6.1988 (- 9/9a RV 46/86 - BSGE 63, 266 = SozR 3642 § 9 Nr 3) geklärt, dass sie erst dann von der Erhöhung durch ein Anpassungsgesetz (als wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse) ausgespart werden dürfen, wenn durch Verwaltungsakt wirksam festgestellt ist, dass die ursprüngliche Leistungsbewilligung rechtswidrig ist. Was für eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse gilt, hat gleichermaßen auch für eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu gelten. Ebenso besteht im Rahmen des § 48 Abs 1 SGB X kein Unterschied zwischen der rechtswidrigen Gewährung überhöhter Leistungen und der Feststellung eines zu hohen GdB.
Die Korrektur der Folgen eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 48 Abs 3 SGB X setzt mithin eine entsprechende ausdrückliche Verwaltungsentscheidung voraus. Die Vorschrift ist wegen der erforderlichen konstitutiven Feststellung durch die Verwaltung auch nicht eigenständig durch die Gerichte dergestalt anwendbar, dass diese eine Klage auf eine höhere Leistung oder auf Feststellung eines höheren GdB von sich aus unter Hinweis auf § 48 Abs 3 SGB X abweisen dürften (Steinwedel, aaO, RdNr 29 und 69). Dementsprechend darf die Verwaltung § 48 Abs 3 SGB X nicht stillschweigend ("freihändig") anwenden, sondern muss eine förmliche Entscheidung in Gestalt eines Verwaltungsaktes treffen, der seinerseits angefochten werden kann.
Konstitutiv für eine Entscheidung nach § 48 Abs 3 SGB X ist die durch Verwaltungsakt vorzunehmende Feststellung, dass und in welchem Umfang die ursprüngliche Bewilligung oder Feststellung rechtswidrig ist (Steinwedel, aaO, RdNr 67, 68 mwN; vgl insbesondere BSGE 63, 266 = SozR 3642 § 9 Nr 3; BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2, RdNr 7). Die Entscheidung über eine Ablehnung der Erhöhung der Leistung oder der Erhöhung des GdB kann - aus gegebenem Anlass - später getroffen werden.
Obwohl der Beklagte - zu Unrecht - die Auffassung vertritt, § 48 Abs 3 SGB X auch ohne die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ursprungsbescheides anwenden zu können, hat er eine entsprechende Entscheidung im angefochtenen Bescheid vom 1.3.2007 getroffen. Darin hat er nämlich wörtlich erklärt, dass die Bescheide vom 5.11.2002 und 10.3.2005 rechtswidrig seien, da mit ihnen ein GdB von 30 bzw 40 festgestellt worden sei und die bestehenden Beeinträchtigungen nur einen GdB von 10 rechtfertigten. Obwohl sich diese Erklärungen des Beklagten im Begründungsteil des Bescheides vom 1.3.2007 befinden, handelt es sich um eine Regelung iS des § 31 SGB X, denn der Beklagte wollte den Kläger verbindlich auf die Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 5.11.2002 getroffenen Feststellung des GdB auf 30 hinweisen. Zudem konnte der Kläger als Adressat des Bescheides vom 1.3.2007 die Regelungsabsicht des Beklagten auch eindeutig und ohne Weiteres erkennen. Es war klar, dass der Beklagte in Zukunft davon ausgehen wollte, dass der Bescheid vom 5.11.2002 rechtswidrig sei, soweit darin ein GdB festgestellt worden ist. Nach seiner Beurteilung lag beim Kläger nur ein GdB von 10 vor, der keine Feststellung nach § 69 SGB IX ermöglichte.
Diese im Bescheid vom 1.3.2007 enthaltene Feststellung ist vom Kläger in vollem Umfang angefochten worden und damit Gegenstand des Klageverfahrens. Insofern unterliegt es der gerichtlichen Entscheidung, ob der Beklagte zu Recht eine entsprechende Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 5.11.2002 angenommen hat. Da das SG von der Bindung des Bescheides vom 5.11.2002 hinsichtlich der Feststellung des GdB mit 30 ausgegangen ist, hat es zur zutreffenden Höhe des GdB zu diesem Zeitpunkt keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Auf diese Feststellungen kommt es hier an. Sofern nämlich der Verwaltungsakt des Beklagten über die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 5.11.2002 Bestand hat, ermöglicht er die Anwendung des § 48 Abs 3 SGB X bei der Berücksichtigung der im Juli 2007 eingetretenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers in der Weise, dass die Feststellung eines GdB von 40 nur dann in Betracht käme, wenn dies nach der tatsächlichen Teilhabebeeinträchtigung des Klägers gerechtfertigt wäre.
Da dem Revisionsgericht die fehlenden Feststellungen nicht möglich sind (§ 163 SGG), muss die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückverwiesen werden. Das SG wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 4055547 |
NJW 2013, 3472 |
WzS 2014, 144 |
SGb 2013, 345 |
SGb 2014, 197 |
br 2014, 23 |
Breith. 2013, 1013 |