Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. keine Abrechnung einer ambulanten Operation für eine Portimplantation als nachstationäre Behandlung. Sicherung des Erfolgs der Krankenhausbehandlung durch Chemotherapie nach stationärer Tumorentfernung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Krankenhaus, dass eine Versicherte wegen eines Zökumkarzinoms vollstationär behandelt hat, indem es den Tumor operativ entfernte, hat keinen gesonderten Vergütungsanspruch für eine nachstationäre Implantierung eines Ports für die Applikation von Zytostatika im Wege ambulanter Operation, da die Portimplantation zur Zytostatikabehandlung der Sicherung des Behandlungserfolgs des Zökumkarzinoms dient.
Normenkette
SGB 5 § 12 Abs. 1, § 109 Abs. 4 S. 3, §§ 115a, 115b; KHEntgG § 1 Abs. 3 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 3 Nr. 3; BGB § 387
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Januar 2015 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 556,37 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Portimplantation.
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Versorgung Versicherter einschließlich ambulanter Operationen zugelassenen Krankenhauses. Sie behandelte die bei der beklagten Krankenkasse (KK) Versicherte in der Zeit vom 8. bis 19.3.2010 wegen eines Zökumkarzinoms vollstationär, indem sie den Tumor operativ entfernte. Die Klägerin implantierte der Versicherten im Wege ambulanter Operation einen Port für die Applikation von Zytostatika (1.4.2010). Die Klägerin berechnete und erhielt von der Beklagten für die stationäre Behandlung 7472,39 Euro (Fallpauschale - Diagnosis Related Group - 2010 ≪im Folgenden DRG≫ G18B). Sie forderte (30.6.2010) und erhielt für die ambulante Operation 556,37 Euro. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung meinte gutachtlich (30.7.2010), die innerhalb der Grenzverweildauer erfolgte Portimplantation sei mit der DRG G18B abgegolten. Sie habe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hemikolektomie gestanden, um die anschließend geplante Chemotherapie zu verabreichen. Die Beklagte forderte vergeblich 556,37 Euro zurück und verrechnete den Betrag mit unstreitigen Forderungen der Klägerin (9.11.2010). Das SG hat die Klage abgewiesen: Die Portimplantation sei als nachstationäre Leistung innerhalb der Grenzverweildauer der vorausgegangenen stationären Behandlung mit der DRG G18B abgegolten. Es sei unerheblich, dass sich die Versicherte während des stationären Aufenthaltes Bedenkzeit erbeten habe, um über die Einwilligung in die Chemotherapie zu entscheiden, und dass sie erst nach Krankenhausentlassung hierein eingewilligt habe (Urteil vom 20.12.2011). Das LSG hat die Beklagte dagegen antragsgemäß zur Zahlung verurteilt: Die ambulante Implantation eines Ports für eine anschließende adjuvante Chemotherapie 12 Tage nach Krankenhausentlassung sichere nicht den Behandlungserfolg der stationären Tumorentfernung, sondern diene dem eigenständigen Behandlungsziel der Verhinderung bösartiger Neubildungen (Urteil vom 21.1.2015).
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG). Die Regelung schließe eine zusätzliche Vergütung von Leistungen des Krankenhauses innerhalb der Grenzverweildauer aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Januar 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2011 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Der klagenden Krankenhausträgerin steht der im Gleichordnungsverhältnis zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12) verfolgte Vergütungsanspruch aus der Behandlung anderer Versicherter zu (dazu 1.). Die Beklagte erfüllte diesen Vergütungsanspruch in Höhe von 556,37 Euro dadurch, dass sie mit einem aus der Behandlung der Versicherten resultierenden Erstattungsanspruch wirksam aufrechnete (dazu 2.).
1. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Beklagten zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung weiterer 556,37 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8; BSG SozR 4-5560 § 17b Nr 6 RdNr 8 mwN).
2. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs in Höhe von 556,37 Euro aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren erfüllt, mit dem die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Restvergütungsforderung der Klägerin aufrechnete. Die Beklagte erfüllte den der Klägerin zustehenden restlichen Vergütungsanspruch durch die wirksame Aufrechnung (dazu a), weil ihr ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe zustand (dazu b bis d). Für die ambulante Operation, die die Klägerin am 1.4.2010 der Versicherten erbrachte (dazu c), konnte sie keine weitere Vergütung beanspruchen, weil sie diese Leistung unter Achtung des Wirtschaftlichkeitsgebots als nachstationäre Leistung erbringen musste (dazu d).
a) Die Beklagte erklärte gegenüber der Klägerin wirksam die Aufrechnung. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Die Beklagte konnte mit ihrer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen, da ihr Erstattungsanspruch in der erklärten Höhe bestand (vgl dazu allgemein BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN; zur Aufrechnung BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.
b) Die Beklagte zahlte der Klägerin 556,37 Euro Vergütung ohne Rechtsgrund, weil die Klägerin für die zugunsten der Versicherten am 1.4.2010 erbrachte ambulante Operation keinen Vergütungsanspruch hatte. In dieser Höhe steht der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu (vgl zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN, stRspr). Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf separate Vergütung der ambulanten Operation vom 1.4.2010, weil die Klägerin diese Leistung wirtschaftlicher als nachstationäre Behandlung hätte erbringen können. Eine gesonderte Vergütung einer solchen nachstationären Behandlung wäre nicht zulässig gewesen. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG dient die Portimplantation zur Zytostatikabehandlung der Sicherung des Behandlungserfolgs des Zökumkarzinoms.
c) Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs für die am 1.4.2010 erbrachte ambulante Operation ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser ≪Fallpauschalengesetz - FPG≫ vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 1 Abs 3 S 2 KHEntgG (idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412), § 115b Abs 2 S 4 SGB V (vgl insgesamt § 115b SGB V idF durch Art 1 Nr 84 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.4.2007) und § 7 Abs 1 S 1 des Vertrages nach § 115b Abs 1 SGB V - Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus (AOP-Vertrag). Nach § 109 Abs 4 S 1 SGB V wird das Krankenhaus mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs 1 SGB V für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Krankenhausbehandlung wird ua ambulant (§ 115b SGB V) erbracht (§ 39 Abs 1 S 1 letzter Fall SGB V). Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) , des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen (vgl § 109 Abs 4 S 3 SGB V). Die ambulante Durchführung von Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe wird für die gesetzlich versicherten Patienten nach § 115b SGB V vergütet (§ 1 Abs 3 S 2 KHEntgG). Gemäß § 115b Abs 1 S 1 Nr 1 und 2 SGB V vereinbaren der Spitzenverband Bund der KKn, die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe und einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte. Die Leistungen werden unmittelbar von den KKn vergütet (§ 115b Abs 2 S 4 SGB V). Die im Katalog nach § 3 AOP-Vertrag aufgeführten ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Eingriffe und die nach den §§ 4, 5 und 6 AOP-Vertrag erbrachten Leistungen des Krankenhauses und der Vertragsärzte werden auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs, seiner Abrechnungsbestimmungen und ggf des Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen und der Ersatzkassen-Gebührenordnung nach einem festen Punktwert außerhalb der budgetierten und pauschalierten Gesamtvergütungen vergütet (§ 7 Abs 1 S 1 AOP-Vertrag). Der zitierte AOP-Vertrag ist rechtswirksam. Da eine Katalog-Vereinbarung (§ 115b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V) nicht zu Stande kam, setzte das Erweiterte Bundesschiedsamt ihren Inhalt fest (vgl § 115b Abs 3 S 1 SGB V; AOP-Vertragsfestsetzung vom 17.8.2006). Der Vergütungsanspruch umfasst die Leistungen, zu denen das sie erbringende Krankenhaus - wie hier - zugelassen ist, die dem Leistungskatalog des § 115b SGB V unterfallen, die das Krankenhaus sachlich und rechnerisch richtig abrechnet sowie die es wirtschaftlich und qualitätsgerecht erbracht hat (vgl zum Ganzen BSGE 116, 146 = SozR 4-2500 § 115b Nr 5, RdNr 9 f).
d) Die Klägerin durfte die Portimplantation bei der Versicherten wirtschaftlich nur als nachstationäre Behandlung erbringen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt alle Leistungserbringer, auch Krankenhäuser, bei der Behandlungsplanung die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen (vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 43 RdNr 11 f mwN; auch für BSGE vorgesehen). Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (vgl zB BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr 7, RdNr 16; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 26; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 40; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 70; Hauck, SGb 2010, 193, 197 f mwN). Behandelt ein Krankenhaus eine Versicherte bei erforderlicher Krankenhausbehandlung in unwirtschaftlichem Umfang, hat es allenfalls Anspruch auf die Vergütung, die bei fiktivem wirtschaftlichen Alternativverhalten anfiele. Der erkennende Senat hat dies für die Vergütung vollstationärer Krankenhausbehandlung aus den Rechtsgedanken von § 17b KHG, § 2 Abs 2, § 7 Abs 1 S 1, § 8 Abs 1 und § 9 KHEntgG sowie dem Regelungssystem des SGB V abgeleitet (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 26; BSG Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 3/15 R - Juris RdNr 27 mwN; s ferner BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 34/15 R - RdNr 18, vorgesehen für SozR). Gleiches gilt für nachstationäre und ambulante Behandlungen im Krankenhaus. Das Regelungssystem des SGB V gilt auch für die Wahl zwischen ambulanter Operation und nachstationärer Behandlung, soweit sich diese Bereiche überschneiden.
aa) Grundsätzlich ist nachstationäre Behandlung nicht erforderlich, wenn stattdessen vertragsärztliche Versorgung ausreicht (vgl BSGE 114, 209 = SozR 4-2500 § 115a Nr 2, RdNr 19 ff mwN). Der im Regelungssystem angelegte Vorrang der vertragsärztlichen vor der stationären, auch nachstationären Versorgung wurzelt in den Kostenvorteilen der vertragsärztlichen Versorgung, im Kern also im Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V; vgl entsprechend zu § 39 SGB V: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesundheits-Reformgesetzes, BT-Drucks 11/2237 S 177 zu § 38 Abs 1 des Entwurfs: "Vorrang der preisgünstigen ambulanten Behandlung"; BSGE 114, 209 = SozR 4-2500 § 115a Nr 2, RdNr 21). Mit der Einführung vor- und nachstationärer Leistungen sollten Einsparungen erzielt, dagegen nicht etwa neue Kosten verursacht werden, indem das Tätigkeitsfeld der Krankenhäuser auf Gebiete der vertragsärztlichen Versorgung ausgedehnt werden sollte. Eine solche, hinsichtlich der Vergütung unkoordinierte Tätigkeitsausdehnung der Krankenhäuser hätte zu Doppelvergütungen geführt, da die KKn für die vertragsärztliche Versorgung bereits nach Maßgabe der Gesamtverträge zahlen (vgl insbesondere § 72 Abs 2, § 75 Abs 7 und Abs 7a, § 82 Abs 2, § 85, §§ 87 bis 87e SGB V). Dort, wo der Gesetzgeber solche Ausweitungen der Behandlungen durch Krankenhäuser zuließ, traf er zugleich Regelungen, die eine Doppelvergütung und einen Kostenschub verhinderten (vgl zB § 115b Abs 4 und 5 SGB V aF; BSGE 114, 209 = SozR 4-2500 § 115a Nr 2, RdNr 20).
bb) Wie der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem 6. BSG-Senat hervorgehoben hat, ist das Verbot von Doppelvergütungen aber auch mit Blick auf bereits durch Fallpauschalen vergütete Krankenhausleistungen zu beachten. Es wirkt in den Sonderkonstellationen, in denen eine Behandlung nachstationär - und nicht im Rahmen einer gesondert zu vergütenden ambulanten Operation - erbracht werden darf, weil diese Behandlung durch eine nicht ausgeschöpfte Fallpauschale für das Krankenhaus vergütet wird und damit die vom Gesetzgeber nicht gewollten Doppelzahlungen vermeidet (vgl zu den Grundsätzen BSGE 114, 209 = SozR 4-2500 § 115a Nr 2, RdNr 23 mwN ≪1. Senat≫; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 9 ≪6. Senat≫). Insoweit findet keine weitere Vergütung der Krankenhausleistung über die vorgesehene Fallpauschale hinaus statt, insbesondere keine Vergütung einer ambulanten Operation. Die Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung durch die Fallpauschale entfaltet insoweit eine Sperrwirkung. Sie verhindert eine doppelte Vergütung. Hierzu käme es bei einer separaten Vergütung als ambulante Operation, da eigenständige Mittel für ambulante Operationen bereitzustellen sind. Beispielhaft beleuchtet dies die Regelung des § 115b Abs 5 S 2 SGB V (mWv 1.1.2016 Abs 4 S 2 gemäß Art 6 Nr 12 Buchst b und c Krankenhausstrukturgesetz vom 10.12.2015, BGBl I 2229). Danach sind Mittel aus der Gesamtvergütung und den Budgets der zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäuser aufzubringen, wenn die Vertragspartner ein gemeinsames Budget für die ambulanten Operationen vereinbaren.
Rechtsgrundlage des Vergütungsausschlusses für die nachstationäre Behandlung ist das Anrechnungsverbot des § 8 Abs 2 S 3 KHEntgG: Danach darf zusätzlich zu einer Fallpauschale ua eine nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V nur berechnet werden, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt (vgl § 8 Abs 2 S 3 Nr 4 KHEntgG, seit 25.3.2009 § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG, frühere Nr 3 aufgehoben, frühere Nr 4 jetzt Nr 3 gemäß Art 2 Nr 8 Buchst a DBuchst cc und dd Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 ≪Krankenhausfinanzierungsreformgesetz - KHRG≫ vom 17.3.2009, BGBl I 534). Dieser Vergütungsausschluss für die nachstationäre Behandlung ist nur insoweit auf ambulante Operationen im Krankenhaus anwendbar, als sich die beiden Regelungen überschneiden. Das bedeutet, dass das Krankenhaus nicht nur die Bedingungen für ambulante Operationen im Krankenhaus - wie hier - erfüllen muss, sondern auch zugleich die Voraussetzungen der nachstationären Behandlung. Denn der vorbezeichnete gesetzliche Vergütungsausschluss gilt nicht generell für alle ambulanten Behandlungen, wie die Beklagte meint, sondern nach dem klaren Wortlaut lediglich für nachstationäre Behandlungen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
cc) Die Behandlung der Versicherten erfolgte innerhalb der gesetzlichen Zeitgrenzen, nämlich planmäßig an einem Behandlungstage - dem 1.4.2010 - innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung der Versicherten am 19.3.2010 (vgl § 115a Abs 1 Nr 2 und Abs 2 S 2 SGB V; zur Unerheblichkeit der Zeitgrenzen für den Abrechnungsausschluss bzgl vorstationärer Behandlung vgl BSG SozR 4-2500 § 115a Nr 3 RdNr 22). Die Versicherte erhielt die Portimplantation vertragsärztlich zum gesetzlich vorgesehenen Zweck nachstationärer Behandlung verordnet, nämlich um im Anschluss an ihre vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg der Resektion des Zökumkarzinoms ohne Unterkunft und Verpflegung zu sichern (zur Bedeutung der ärztlichen Verordnung bei nachstationärer Behandlung vgl BSGE 114, 209 = SozR 4-2500 § 115a Nr 2, RdNr 15). Es genügt für die gesetzlich gebotene Zielsetzung als nachstationäre Behandlung, im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg in dem Sinne zu sichern, dass die nachstationäre Therapie den Gesamterfolg der Behandlung des Krankheitsfalles sichern soll, um den sich bereits das Krankenhaus bemüht hat. Das entspricht dem Wortlaut der Regelung des § 115a Abs 1 Nr 2 SGB V und ihrem Zweck, die unmittelbar vorangehende vollstationäre Krankenhausbehandlung festigend zu ergänzen (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung ≪Gesundheits-Strukturgesetz≫ der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, BT-Drucks 12/3608, S 71 und S 102, zu Art 1 Nr 63 ≪§ 115a≫).
Das Auslegungsergebnis harmoniert auch mit dem Gesamtsystem der Ausschlussregelung des § 8 Abs 2 S 3 KHEntgG. So greift der vergleichbare Abrechnungsausschluss für eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale ein, wenn die vor- und voll- oder teilstationäre Behandlung übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft. Nach der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs 2 KHEntgG wird in einem DRG-Vergütungssystem grundsätzlich eine Fallpauschale je Krankenhausaufenthalt gezahlt. Allerdings ist für verschiedene Besonderheiten des Einzelfalls die zusätzliche Abrechnung ergänzender Vergütungsbestandteile möglich. § 8 Abs 2 KHEntgG führt diese Abrechnungsmöglichkeiten auf. Sie entsprechen weitgehend den bisherigen Abrechnungsmöglichkeiten (vgl Entwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser - FPG, BT-Drucks 14/6893 S 44 zu Art 5, zu § 8, zu Abs 2). Die "bisherigen" Abrechnungsmöglichkeiten waren nicht nur dadurch geprägt, dass sie unter Budgetbedingungen stattfanden (vgl zunächst § 4 Abs 5; § 5 Abs 1 S 2 und 3; § 6 Abs 4 BPflV, alle eingefügt durch Art 12 Abs 1 Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz - GSG - vom 21.12.1992, BGBl I 2266 mWv 1.1.1993 und hierzu Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung Teil II, SGB V, Bd 3, Stand Juni 2015, § 115a RdNr 8 ff). Wesentlich war auch, dass vor- und nachstationäre Behandlung seit Beginn der schrittweisen Einführung von Fallpauschalen nicht zusätzlich zur Fallpauschale abrechenbar war. Schon § 14 Abs 4 S 4 BPflV 1995 (aufgrund von § 16 S 1 KHG erlassene Bundespflegesatzverordnung vom 26.9.1994, BGBl I 2750) stellte klar, dass eine vor- und nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V neben der Fallpauschale nicht gesondert berechenbar ist, um Doppelzahlungen zu vermeiden. Die Fallpauschale deckte bereits die gesamte Behandlung "des Krankheitsfalles" unabhängig von der Verweildauer ab. Verkürzungen der Verweildauer kamen dem Krankenhaus generell über eine Verringerung der Kosten nach Maßgabe der Budgetregelungen zugute. Dies galt auch für Verweildauerverkürzungen aufgrund vor- oder nachstationärer Behandlung (vgl auch Begründung der Bundesregierung der Verordnung zur Neuordnung des Pflegesatzrechts, BR-Drucks 381/94 S 35 zu § 14 zu Abs 4). Seit 1996 ist nicht eine vor-, wohl aber eine nachstationäre Behandlung gesondert berechenbar, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer übersteigt (vgl näher § 14 Abs 4 S 4 BPflV idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b DBuchst bb Zweite Verordnung zur Änderung der BPflV vom 18.12.1995, BGBl I 2003 mWv 1.1.1996; siehe zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 115a Nr 3 RdNr 19 f).
Ausgehend von diesem gebotenen Grundverständnis unterliegt es keinem Zweifel, dass der Zweck der Chemotherapie im Anschluss an die Tumorresektion bei der Versicherten - und damit auch der Zweck der Portimplantation - entsprechend den tatsächlichen Feststellungen des LSG der gesamten Behandlung "des Krankheitsfalles" der Versicherten diente. Sie sollte der Entwicklung bösartiger Neubildungen bei der Versicherten im Anschluss an die Operation des Tumors vorbeugen. Es ist für den Vergütungsausschluss dagegen entgegen der Ansicht der Klägerin ohne Bedeutung, dass die sich an die Portimplantation anschließende Chemotherapie vertragsärztlich verabreicht werden sollte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 161 Abs 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.
Fundstellen
BSGE 2017, 94 |
ArztR 2016, 329 |
KrV 2016, 151 |
NZS 2016, 618 |
SGb 2016, 337 |
GuP 2016, 238 |