Entscheidungsstichwort (Thema)
Auszahlung von Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi) aufgrund Pfändung
Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Der Kläger klagt aufgrund Pfändung auf Auszahlung von Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi). Die Beklagte beruft sich auf Verrechnung.
Der Beigeladene zu 1), Vater des am 2. Juli 1974 geborenen Klägers, bezog von der Beklagten vom 14. Juni bis 21. Dezember 1983 Alg in Höhe von 304,20 DM wöchentlich. Mit Schreiben vom 13. Juli 1983, eingegangen am Folgetag, ermächtigte die Beigeladene zu 2) die Beklagte, die dem Beigeladenen zu 1) zuerkannten Leistungen mit Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 30.037,32 DM zu verrechnen, die der Beigeladene zu 1) ihr, der Beigeladenen zu 2), schuldete. Am 2. August 1983 wurde der Beklagten ein vom Kläger erwirkter Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Essen-Steele vom 25. Juli 1983 zugestellt. Danach wurde der Anspruch des Beigeladenen zu 1) gegen die Beklagte auf Auszahlung von Alg und Alhi wegen Unterhaltsrückstandes für die Zeit vom 1. September 1981 bis 31. Juli 1983 in Höhe von 6.440, - DM (zuzüglich Kosten) gepfändet und dem Kläger zur Einziehung überwiesen. Dem Beigeladenen zu 1) wurde ein monatlicher Pfändungsfreibetrag von 850, - DM zugebilligt. Durch Schreiben vom 4. August 1983 ließ die Beklagte die Beigeladene zu 2) wissen, daß dem Verrechnungsersuchen entsprochen und ab 3. August 1983 von dem Anspruch auf Alg ein pfändbarer Betrag von wöchentlich 175,20 DM einbehalten und ihr überwiesen werde. Der Beigeladene zu 1) erhielt eine mit Rechtsmittelbelehrung versehene Durchschrift dieser Mitteilung, gegen die er keinen Widerspruch erhob. Unter dem 8. August 1983 teilte die Beklagte dem Kläger, dem keine Durchschrift der Verrechnungserklärung übermittelt worden war, in Form einer Drittschuldnererklärung gemäß § 840 Zivilprozeßordnung (ZPO) mit, daß sich wegen der vorrangig verrechneten Forderung der Beigeladenen zu 2) ein pfändbarer Betrag zu seinen Gunsten nicht ergebe.
Die Beklagte zahlte dem Beigeladenen zu 1) trotz der erfolgten Verrechnung das Alg versehentlich bis zum 11. Oktober 1983 in voller Höhe weiter. Daraus ergab sich gemäß ihrer Berechnung eine Überzahlung von 1.752, - DM (60 Kalendertage x 29,20 DM), die sie vom Beigeladenen zu 1) zurückforderte (Bescheid vom 7. September 1984). Später ermäßigte sie den Erstattungsbetrag um 231, - DM, weil sie zu der Auffassung gelangt war, daß der Anspruch auf Alg nur bis zur Hälfte (152,10 DM wöchentlich) hätte verrechnet werden dürfen und demgemäß lediglich ein Betrag von kalendertäglich 25,35 DM hätte einbehalten werden dürfen (Bescheid vom 2. November 1984).
Für die Zeit ab 16. August 1984 bewilligte die Beklagte dem Beigeladenen zu 1) Anschluß-Alhi in Höhe von 229, - DM wöchentlich. Durch Schreiben vom 13. November 1984 unterrichtete sie hiervon die Beigeladene zu 2) mit dem Hinweis, daß nach den derzeit gültigen Regelsätzen der Sozialhilfe ein Unterhaltsbedarf des Beigeladenen zu 1) in Höhe von 174, - DM wöchentlich bestehe; der diesen Bedarf übersteigende Betrag von 55, - DM werde einbehalten und ihr überwiesen. Der Beigeladene zu 1) erhielt eine mit Rechtsmittelbelehrung versehene Durchschrift dieser Mitteilung, die er unangefochten ließ. Der Kläger wurde nicht benachrichtigt.
Am 5. Juni 1985 wurde der Beklagten ein weiterer vom Kläger erwirkter Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Essen-Steele vom 21. Mai 1985 zugestellt. Danach wurde der Anspruch des Beigeladenen zu 1) gegen die Beklagte auf Alg und Alhi wegen Unterhaltsrückstandes für die Zeit vom 1. August 1983 bis 31. Mai 1985 in Höhe von 6.160, - DM und wegen des ab 1. Juni 1985 laufenden Unterhalts in Höhe von monatlich 280, - DM (zuzüglich Kosten) gepfändet und dem Kläger zur Einziehung überwiesen. Die Beklagte setzte den Kläger unter dem 11. Juni 1985 im Wege einer Drittschuldnererklärung gemäß § 840 ZPO wie vormals davon in Kenntnis, daß wegen der vorrangig verrechneten Forderung der Beigeladenen zu 2) ein pfändbarer Betrag zu seinen Gunsten nicht übrigbleibe.
Mit seiner am 1. Februar 1984 zum Sozialgericht (SG) erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.350,03 DM nebst 4 v.H. Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen sowie ab August 1984 vom pfändbaren Teil der dem Beigeladenen zu 1) gewährten Leistungen 200, - DM monatlich zu seinen Gunsten einzubehalten und an ihn auszuzahlen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24. Juni 1985). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 25. April 1986). In den Entscheidungsgründen heißt es: Das Auszahlungsbegehren des Klägers sei nicht gerechtfertigt. Dahinstehen könne, ob dies bereits deshalb anzunehmen sei, weil der Kläger sich die Wirkungen der vom Beigeladenen zu 1) nicht angefochtenen Verrechnungsbescheide entgegenhalten lassen müsse. Die Klage sei jedenfalls deswegen unbegründet, weil die Beklagte den pfändbaren und gepfändeten Teil der gegen sie gerichteten Alg- bzw. Alhi-Forderung des Beigeladenen zu 1) durch Verrechnung erfüllt habe.
Die Voraussetzungen für eine Verrechnung gemäß § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) - Allgemeiner Teil - (SGB 1) hätten vorgelegen. Unerheblich sei, daß die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zeitlich vorangegangen sei. Zwar seien nach erfolgter Pfändung Erfüllungshandlungen, zu denen auch die Verrechnung gehöre, grundsätzlich ausgeschlossen. Jedoch ergebe sich aus § 392 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der hier entsprechend heranzuziehen sei, eine Ausnahme. Ein Rückgriff auf die Vorschriften der §§ 387 ff. BGB erscheine geboten, weil Voraussetzungen, Durchführung und Wirkungen der Aufrechnung im SGB 1 nur unvollkommen geregelt seien. Die Bestimmung des § 392 BGB diene dem Schutz des Schuldners und müsse, da es sich bei der Verrechnung um Aufrechnung ohne Gegenseitigkeit handele, auch bei der Verrechnung zur Anwendung kommen. Dafür spreche, daß die Einfügung des § 52 in das SGB 1 den Zweck verfolgt habe, die Aufrechnungsbefugnisse der Sozialleistungsträger zu erweitern und den Zugriff auf die Forderungen solcher Leistungsberechtigten zu erleichtern, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllten. Mit dieser Zielsetzung lasse sich nicht vereinbaren, öffentlich-rechtliche Leistungsträger, die - wirtschaftlich gesehen - als "ein" Gläubiger anzusehen seien, gegenüber privaten Aufrechnungsberechtigten zu benachteiligen.
Es begegne auch keinen rechtlichen Bedenken, daß die Anwendung des § 392 BGB zur Vorrangigkeit der Verrechnung gegenüber der Pfändung von Unterhaltsansprüchen führe. Weder aus § 850d ZPO noch aus anderen Vorschriften lasse sich entnehmen, daß Unterhaltsgläubiger gegenüber anderen Gläubigern bevorrechtigt seien. Die Bestimmung des § 850d ZPO verringere lediglich den pfändungsfreien Betrag für bestimmte Bezüge, sage aber nichts darüber aus, daß beim Zusammentreffen von Pfändung zugunsten eines Unterhaltsberechtigten und Verrechnung seitens eines Sozialleistungsträgers der Pfändung der Vorrang gebühre.
Schließlich sei nicht ersichtlich, daß die Vorschriften der §§ 52, 51 Abs. 2 SGB 1 und des § 392 BGB gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz -GG-), den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG) oder andere verfassungsrechtliche Grundsätze verstießen.
Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung der §§ 52, 51, 54 SGB 1, der §§ 850c, 850d ZPO, der §§ 392, 394 BGB sowie des Art. 6 GG. Zur Begründung macht er geltend, das LSG habe der Rechtsfigur der Verrechnung im Verhältnis zu den Vorschriften über den Pfändungsschutz zu Unrecht den Vorrang eingeräumt. Es habe verkannt, daß die Unterhaltsansprüche gemäß den §§ 1601 ff. BGB grundsätzlich vorrangig vor den Forderungen anderer Gläubiger zu befriedigen seien. Die Vorrangigkeit der Unterhaltsforderungen folge aus § 850d ZPO. Durch diese Vorschrift habe sichergestellt werden sollen, daß der unterhaltsberechtigte Gläubiger seinen Unterhaltsbedarf allein durch Verwirklichung seines Unterhaltsanspruches decken könne und nicht auf Inanspruchnahme staatlicher Fürsorgeleistungen angewiesen sei. Darüber hinaus könne sich ein Unterhaltsgläubiger auf den besonderen Schutz des Art. 6 GG berufen. Das verbiete eine Anwendung des § 392 BGB. Diese Norm stelle eine Billigkeitsregelung dar und setze voraus, daß die zur Verrechnung kommende Forderung des Drittschuldners der Forderung des Pfändungspfandgläubigers gleichwertig sei. Daran fehle es hier, da die Unterhaltsansprüche sowohl dem Schutz des § 850d ZPO als auch des Art. 6 GG unterfielen. Dies sei gemäß § 54 SGB 1 auch im Rahmen der §§ 52, 51 SGB 1 zu beachten. Demgemäß sei § 52 SGB 1 in dem Sinne auszulegen, daß eine Pfändung, soweit sie sich auf Unterhaltsansprüche beziehe, unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge von Pfändung und Verrechnung stets Vorrang habe, und der unterhaltsberechtigte Gläubiger den Teil des Arbeitseinkommens des unterhaltspflichtigen Schuldners beanspruchen könne, der den Selbstbehalt übersteige. Das Ergebnis werde durch § 850c ZPO erhärtet. Gelange nämlich diese Vorschrift zur Anwendung, führe sie infolge der erhöhten Pfändungsfreigrenzen zur Unzulässigkeit der Verrechnung. Dasselbe müsse wegen der Schutzwirkung des Art. 6 GG für § 850d ZPO gelten. Bestätigt werde das Ergebnis schließlich durch § 394 BGB sowie das Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 6. Oktober 1983 - L 9 Ar 139/82 - Rpfl. 1984, 278.
Der Kläger beantragt,die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte entsprechend dem Klageantrag in erster Instanz zu verurteilen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 16. August 1984 Alhi zu bewilligen und den pfändbaren Teil an ihn auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und erwidert: Es sei für die Anwendung des § 392 BGB unerheblich, ob die Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen erfolge. Ebensowenig komme es auf die Qualität der Forderung des Gläubigers an; maßgebend sei allein das Verhältnis von Schuldner und Drittschuldner. Auch berufe der Kläger sich zu Unrecht auf § 54 SGB 1 und § 394 BGB. Diese Bestimmungen würden durch die spezialgesetzliche Regelung des § 51 Abs. 2 SGB 1 verdrängt. Diese Norm gestatte eine Aufrechnung oder Verrechnung selbst dann, wenn die Sozialleistung, mit der aufgerechnet oder verrechnet werden solle, nicht gepfändet werden könne. Die vom Kläger beanspruchte Vorrangstellung von Unterhaltsansprüchen gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger finde in der Rechtsordnung keine Stütze. Das zeige sich schon daran, daß der Grundsatz der zeitlichen Priorität auch bei Pfändungen zugunsten von Unterhaltsansprüchen nur teilweise aufgegeben worden sei. Aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des LSG NRW lasse sich nichts Gegenteiliges herleiten. Sie betreffe einen völlig anders gelagerten Sachverhalt. Im übrigen lasse § 51 Abs. 2 SGB 1 einen Zugriff auf Sozialleistungen ohne Beachtung der Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO zu, so daß ein Differenzbetrag, der mittels Pfändung gemäß § 850d ZPO beschlagnahmt werden könne, in der Regel nicht mehr vorhanden sei.
Die Beigeladene zu 2), die wie der Beigeladene zu 1) keinen Antrag stellt, betont, der Gesetzgeber habe der Bedeutung der Unterhaltsansprüche bereits aufgrund des § 48 SGB 1 in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Im übrigen habe der Gesetzgeber, wie die Motive zu § 51 SGB 1 (BT-Drucks. 7/868, S. 37) erkennen ließen, der Pfändung von Unterhaltsansprüchen im Verhältnis zur Verrechnung bewußt keinen Vorrang eingeräumt.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers hat mit der Maßgabe Erfolg, daß die Sache an das LSG zurückverwiesen wird.
Das LSG hat für den Gegenstand der Klage zutreffend den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bejaht. Der Kläger macht die Ansprüche des Beigeladenen zu 1) auf Alg und Alhi im eigenen Namen geltend, soweit sie ihm aufgrund der Pfändung zur Einziehung überwiesen worden sind. Die öffentlich-rechtliche Natur eines Anspruches wird durch seine Pfändung und Überweisung nicht geändert. Die Klage betrifft demnach einen Streit um Alg und Alhi, für den gemäß § 51 Abs. 1 SGG die Sozialgerichte zuständig sind (BSGE 53, 182, 183 = SozR 1200 § 54 Nr. 5; BSGE 53, 260, 262 = SozR 1200 § 54 Nr. 6; SozR 1750 § 832 Nr. 2; BSGE 60, 87, 89 = SozR 1200 § 53 Nr. 6).
Die Zulässigkeit der vom Kläger von Anfang an auf Zahlung von 1.350,03 DM nebst 4 v.H. Zinsen ab Klagezustellung gerichteten Klage ergibt sich, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, aus § 54 Abs. 5 SGG. Danach kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Letzteres ist hier allerdings nicht schon deshalb der Fall, weil der Kläger als Pfändungspfandgläubiger der Beklagten gegenüber nicht in einem Verhältnis der Unter- und Überordnung steht. Entscheidungen über Ansprüche auf Alg und Alhi trifft die Beklagte durch Verwaltungsakt. Die Überweisung einer Forderung zur Einziehung verschafft dem Pfändungspfandgläubiger nicht mehr Befugnisse, als sie dem Schuldner gegen den Drittschuldner zustehen; der Pfändungspfandgläubiger muß daher in gleicher Weise wie der neue Gläubiger aufgrund eines gesetzlichen Forderungsüberganges oder einer Überleitung hinnehmen, daß der Drittschuldner zur Regelung durch Verwaltungsakt befugt ist, und ggf., daß die Regelung schon in bestimmter Weise bindend erfolgt ist (BSGE 53, 182, 183 = SozR 1200 § 54 Nr. 5; SozR 1750 § 832 Nr. 2). Im vorliegenden Fall ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, ob und in welcher Höhe dem Beigeladenen zu 1) Anspruch auf Alg und Alhi zusteht. Höhe und Umfang der zuerkannten Ansprüche richten sich demgemäß nach den Bewilligungen; die Pfändung der Forderungen orientiert sich an den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen. Für die Frage, ob und ggf. welcher Teil des Alg und der Alhi an den Kläger auszuzahlen ist, bedarf es mithin keiner erneuten Regelung, so daß ein Verwaltungsakt nicht mehr zu ergehen hatte. Damit verbleibt der Senat bei seiner schon in früheren Entscheidungen zum Ausdruck gebrachten Auffassung, daß es vor Erhebung der Klage auf Zahlung des gepfändeten Betrages einer bewilligten Sozialleistung nach § 54 Abs. 5 SGG keines Vorverfahrens bedarf (BSGE 18, 76, 77 SozR Nr. 2 zu § 119 RVO; BSGE 53, 182, 183 f. = SozR 1200 § 54 Nr. 5; SozR 1750 § 832 Nr. 2).
In der Sache vermag der Senat den Vorinstanzen nicht beizupflichten.
Richtig ist allerdings, daß sich das Pfändungspfandrecht, das der Kläger am 2. August 1983 gemäß den §§ 828 ff. ZPO durch die Pfändung des Alg (§ 54 Abs. 3 SGB 1) erwarb, gemäß § 832 ZPO auch auf die dem Beigeladenen zu 1) ab 16. August 1984 bewilligte Alhi erstreckt hat. Die Vorinstanzen haben sich hierzu nicht ausdrücklich geäußert. Doch sind sie hiervon stillschweigend ausgegangen. Andernfalls hätten sie die Frage der Verrechnung für die Zeit vom 16. August 1984 bis 4. Juni 1985 nicht aufwerfen können; denn der zweite vom Kläger ausgebrachte Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ist der Beklagten erst am 5. Juni 1985 zugestellt worden.
Gegen die Wirksamkeit der ersten vom Kläger veranlaßten Pfändung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Bezeichnung der gepfändeten Forderung und ihres Rechtsgrundes. Dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 25. Juli 1983 ist ohne Zweifel zu entnehmen, daß die Pfändung den Anspruch des Beigeladenen zu 1) auf Auszahlung von Alg und von Alhi in Beschlag nehmen sollte (vgl. hierzu BSGE 53, 260, 263 = SozR 1200 § 54 Nr. 6). Damit betraf die Pfändung den Anspruch des Beigeladenen zu 1) auf Zahlung von Alg, wie er am 2. August 1983 bestand. Sie erfaßte ferner den bis zum 21. Dezember 1983 fortdauernden Alg-Bezug. Das folgt aus § 832 ZPO. Danach erstreckt sich das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge. Diese Regelung ist bei der Pfändung von Alg anwendbar; denn das Alg, das grundsätzlich in fortlaufenden Bezügen gewährt wird, ähnelt in Stetigkeit und annähernder Gleichmäßigkeit der Zahlung einer Gehaltsforderung (BSGE 53, 182, 184 SozR 1200 § 54 Nr. 5; SozR 1750 § 832 Nr. 2).
Die vom Kläger am 2. August 1983 bewirkte Pfändung erstreckte sich aber auch auf die dem Beigeladenen zu 1) ab 16. August 1984 bewilligte Anschluß-Alhi. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 832 ZPO. Sie gehen dahin, bei gleichem Drittschuldner eine Vielzahl von Pfändungen der einzelnen, jeweils nach einem bestimmten Zeitraum neu entstehenden Forderungen an wiederkehrenden Bezügen zu vermeiden. Durch einen einzigen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß sollen auch alle künftig fällig werdenden Bezüge erfaßt werden, sofern nur das Verhältnis, dem die einzelnen Bezüge entspringen, im wesentlichen dasselbe bleibt. Ob ein derartiges einheitliches Verhältnis besteht, ist weniger nach rechtlichen als nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu beurteilen (vgl. auch § 833 ZPO; Stein/Jonas, Komm. zur ZPO, 19. Aufl., 832 Anm. 1; BAG AP Nrn. 1 und 2 zu § 832 ZPO). Dies hat einerseits zur Folge, daß weder die Gleichartigkeit der Bezüge noch die Gleichartigkeit der Rechtsverhältnisse, aus denen die Bezüge fließen, das erforderliche einheitliche Verhältnis begründen; es hätte deshalb hier nicht genügt, daß dem Beigeladenen zu 1) wiederum Alg zu zahlen gewesen wäre. Andererseits erfordert § 832 ZPO nicht, daß das Rechtsverhältnis, aus dem die Leistungen resultieren, dasselbe ist. Es ist mithin nicht erforderlich, daß die Voraussetzungen für die laufende Geldleistung, beim Alg u.a. Verfügbarkeit bzw. Arbeitslosigkeit, ununterbrochen und unverändert fortbestehen. Entscheidend ist der Fortbestand eines im wesentlichen einheitlichen Verhältnisses. Der Senat hat dies bei Alg angenommen, das aufgrund neuer Arbeitslosigkeit zu zahlen ist, wenn der Arbeitslose eine neue Anwartschaft auf Alg nicht erworben hat (BSGE 53, 182 = SozR 1200 § 54 Nr. 5). Er hat dies weiter bei Alhi bejaht, die aufgrund neuer Arbeitslosigkeit zu zahlen ist, wenn der bisherige Anspruch auf Alhi nicht gemäß § 135 oder § 119 Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erloschen ist (BSG SozR 1750 § 832 Nr. 2).
Nichts anderes kann für die Gewährung von Anschluß-Alhi zutreffen. In einem solchen Fall hat der Arbeitslose innerhalb eines Jahres vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind (Vorfrist), Alg bezogen, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs. 3 AFG erloschen ist (§ 134 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a AFG). Diese auf den Vorbezug von Alg gestützte Alhi ist die Nachwirkung der beitragspflichtigen Beschäftigung, auf welcher der vorangegangene Alg-Bezug beruhte (Schmidt in: Ambs u.a., Gemeinschaftskomm. zum AFG, Stand Oktober 1987, § 134 Rdnr. 36). Schon das macht hinreichend deutlich, daß die Anschluß-Alhi im wesentlichen aus dem gleichen Grundverhältnis wie der vorangegangene Alg-Bezug hervorgeht. Diesem Gedanken hatte bereits die Rechtsprechung des Senats zur Frage einer Sperrzeit bei einem Restanspruch auf Alg und einem Anspruch auf Anschluß-Alhi in der Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG-) vom 22. Dezember 1981 - BGBl. I 1497 - Rechnung getragen. Obschon der Anspruch auf Alg und der Anspruch auf Alhi seinerzeit als verschiedene Ansprüche angesehen wurden, hat der Senat dargelegt, daß die Wirkungen einer Sperrzeit nicht nur einen Restanspruch auf Alg, sondern auch einen sich anschließenden Anspruch auf Alhi erfaßten, soweit er in die Sperrzeit falle. Er hat dies u.a. mit der rechtlichen Verkoppelung der Ansprüche auf Alg und Alhi sowie mit dem sozialpolitischen Zweck der Anschluß-Alhi begründet, der dahin gehe, in abgeschwächter Form die soziale Schutzfunktion des Anspruches auf Alg nach dessen Erschöpfung zu übernehmen (BSGE 54, 41, 46 = SozR 4100 § 119 Nr. 20). Diese Erwägungen beanspruchen seit Inkrafttreten des AFKG am 1. Januar 1982 (Art. 18) verstärkte Gültigkeit. Seit diesem Zeitpunkt gelten der Anspruch auf Alg und der Anspruch auf Alhi, soweit nichts anderes bestimmt ist, kraft Gesetzes als ein einheitlicher Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit (§ 134 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AFG). Das bedeutet, daß Tatbestände, die für den Anspruch auf Alg rechtserheblich sind, auch für den anschließenden Anspruch auf Alhi rechtserheblich bleiben sollen (so schon BT-Drucks. 9/799, S. 46 zu Nr. 46 Buchst. b). Dies gewinnt zwangsläufig für die Anschluß-Alhi Bedeutung, nämlich in dem Sinne, daß sie bei Pfändung des zuvor bezogenen Alg mit verstrickt wird. Das Ergebnis belastet weder den Schuldner (Arbeitslosen) noch die Beklagte in unbilliger Weise. Dem Schuldner bleibt es unbenommen, gegen die weitere Zwangsvollstreckung vorzugehen. Die Beklagte hat bei einem erneuten Leistungsantrag ohnehin zu prüfen, aufgrund welchen Anspruches Leistungen zu erbringen sind. Sie kann bei der Leistungsgewährung vorliegende Pfändungen unschwer mitberücksichtigen.
Da schon der erste vom, Kläger erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluß sowohl den Anspruch auf Alg als auch den auf Alhi erfaßt hat, kommt es auf die Wirksamkeit des zweiten vom Kläger ausgebrachten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mehr an. Offenbleiben kann auch, ob sich die oben angestellten Erwägungen auf Pfändung von Alg und später gewährte originäre Alhi (134 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AFG) übertragen lassen.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen steht dem Anspruch des Klägers auf Auszahlung des pfändbaren Teils der Ansprüche auf Alg und Alhi nicht die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung (§§ 52, 51 Abs. 2 SGB 1) entgegen. Dem Rechtsinstitut der Verrechnung liegt der Gedanke zugrunde, daß angesichts derselben oder ähnlicher Zielsetzung aller Sozialleistungen, der Verpflichtung aller Leistungsträger zur engen Zusammenarbeit und des Strebens nach Verwaltungsvereinfachung auf die Gegenseitigkeit der aufgerechneten Forderungen (§ 387 BGB) verzichtet werden kann; Verrechnung ist also - wie das LSG mit Recht bemerkt - Aufrechnung unter Verzicht auf die sonst notwendige Gegenseitigkeit von Schuldner und Gläubiger (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte/Landesversicherungsanstallten im Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (BfA), SGB 1, 6. Aufl., § 52 Anm. 1; Burdenski/v. Maydell/Schellhorn, SGB 1976 § 52 Rdnr. 2; Reese, DRV 1980, 264; Wannagat, SGB 1, Stand Januar 1984, § 52 Anm. 1).
Im Zivilrecht erfolgt die Aufrechnung gegenüber dem anderen Teil (§ 388 Satz 1 BGB); denn sie ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (Palandt-Heinrichs, BGB, 47. Aufl., § 388 Anm. 1; Soergel-Zeiss, BGB, 11. Aufl., § 388 Rdnr. 1; Staudinger-Kaduk, BGB, 12. Aufl., § 388 Rdnr. 3). Im öffentlichen Recht hat sich die Aufrechnung eines Leistungsträgers (und damit die Verrechnung), da sie in die Rechtsposition des Berechtigten eingreift, durch Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren- -SGB 10-) zu vollziehen (Hauck/Haines, SGB 1, Stand April 1988, § 52 Rdnr. 4; Jahn, SGB 1 und 4, Stand Februar 1988, § 51 Rdnr. 14; Wannagat, a.a.O., § 51 Rdnr. 10; Zweng/Scheerer, Handbuch der Rentenversicherung, Stand August 1987, § 52 Anm. III).
Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird (§ 39 Abs. 1 Satz 1, § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB 10). Werden mehrere durch einen Verwaltungsakt berührt, wird er jedem gegenüber nur dann und erst zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem er ihm bekanntgegeben wird (BfA, SGB 10, 2. Aufl., § 39 Anm. 4; Hauck/Haines, SGB 10, Stand Februar 1987, § 39 Rdnr. 15; Kopp, VwVfG, 4. Aufl., § 43 Rdnr. 7; Stelkens/Bonk/Leonardt, VwVfG, 2. Aufl., § 43 Rdnr. 14; Wolff/Bachof, VerwR I, 9. Aufl., § 52 II c; Zweng/Scheerer, a.a.O., § 51 Anm. 5). Im vorliegenden Fall sind die Verrechnungserklärungen der Beklagten vom 4. August 1983 und 13. November 1984 der Beigeladenen zu 2) zugeleitet worden; dem Beigeladenen zu 1) ist jeweils eine mit Rechtsmittelbelehrung versehene Durchschrift übermittelt worden. Der Kläger, der als Pfändungspfandgläubiger durch die Verrechnungen ebenfalls berührt wurde, hat lediglich als Antwort auf die Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse in Form ausdrücklicher Drittschuldnererklärungen gemäß § 840 ZPO die Mitteilung erhalten, daß sich wegen der vorrangig verrechneten Forderung der Beigeladenen zu 2) kein pfändbarer Betrag zu seine Gunsten ergebe. Darin kann nicht die Bekanntgabe ihn betreffender Verrechnungen erblickt werden. Damit sind die Verrechnungen zwar gegenüber den beiden Beigeladenen, nicht aber ihm gegenüber wirksam geworden. Er braucht sie sich nicht zurechnen zu lassen (vgl. hierzu auch BSG vom 11. Juni 1987 - 7 RAr 103/85 - demnächst n SozR 1300 § 50 Nr. 17).
Da die Verrechnungen gegenüber dem Kläger keine Rechtswirkungen entfalten, kann dahinstehen, ob sie als solche mit Rechtsfehlern behaftet sind. Gleichwohl soll darauf hingewiesen werden, daß vor Erlaß eines verrechnenden Verwaltungsaktes sämtliche Betroffenen angehört werden müssen (§ 24 SGB 10). Ferner muß eine Verrechnung, da Ermessensentscheidung ("kann"), die Gründe erkennen lassen, von denen der verrechnende Leistungsträger bei Ausübung seines Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB 10). Beide Erfordernisse dürfen, wenn der entsprechende Verwaltungsakt im gerichtlichen Verfahren Bestand behalten soll, nur bis zum Abschluß des Vorverfahrens, oder, falls ein Vorverfahren nicht stattfindet, bis zur Erhebung der Klage nachgeholt werden (§ 41 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nrn. 2 und 3 SGB 10; vgl. hierzu etwa BSGE 59, 157, 172 = SozR 1300 § 45 Nr. 19; BSG vom 11. Februar 1988 - 7 RAr 55/86 -).
Das LSG hat, aufgrund seiner Rechtsauffassung zu Recht, keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob der Auszahlung des pfändbaren Teils der Ansprüche auf Alg und Alhi weitere Hinderungsgründe als die Verrechnungserklärungen der Beklagten entgegenstehen. Der Inhalt der Verwaltungsvorgänge deutet darauf hin, daß der Beklagten innerhalb der hier maßgebenden Zeiträume weitere gegen den Beigeladenen zu 1) gerichtete Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zugestellt worden sind. Das wird Veranlassung zur Prüfung der Frage geben müssen, ob die Forderung des Klägers gegenüber allen anderen Forderungen tatsächlich vorrangig zu bedienen ist.
Das angefochtene Urteil ist sonach gemäß § 170 Abs. 2 SGG aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen