Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Familienversicherung. Gesamteinkommen. Berücksichtigung von nicht der deutschen Einkommensteuerpflicht unterliegenden ausländischen Einkünften. fehlende Mitwirkung des Ehegatten hinsichtlich Angaben zu seinen ausländischen Einkünften. Beweislast. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der zum Ausschluss der beitragsfreien Familienversicherung von Kindern führenden Höhe des Gesamteinkommens des Ehegatten sind auch ausländische Einkünfte zu berücksichtigen, die nicht der deutschen Einkommensteuerpflicht unterliegen.
2. Verweigert der Ehegatte Angaben zu seinen im Ausland erzielten Einkünften, liegt die Beweislast im Verantwortungsbereich des Mitglieds der gesetzlichen Krankenversicherung.
Orientierungssatz
Die Heranziehung ausländischer Einkünfte zum Gesamteinkommen iS des § 10 Abs 3 SGB 5 verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Normenkette
SGB I §§ 31, 66 Abs. 1 S. 1; SGB IV § 16; SGB V § 10 Abs. 3, 6; SGB X § 31 S. 1; EStG § 2 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2019 und des Sozialgerichts Konstanz vom 20. September 2018 geändert sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. September 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2017 aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen zur Hälfte. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Familienversicherung der Kinder der Klägerin streitig.
Die Klägerin wohnt mit ihren minderjährigen Kindern (Beigeladene) in Baden-Württemberg. Sie ist seit dem 1.8.2017 sozialversicherungspflichtig beschäftigt und bei der beklagten Krankenkasse gesetzlich krankenversichert. Ab diesem Zeitpunkt beantragte sie die Aufnahme der Beigeladenen in die Familienversicherung bei der Beklagten. Der Ehemann und Kindsvater wohnt in Singapur und ist in Deutschland nicht gesetzlich krankenversichert. Er verweigerte gegenüber der Klägerin und der Beklagten die Auskunft über seine in Singapur erzielten Einkünfte, weil diese nicht deutschem Steuerrecht unterfielen. In Deutschland erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1041 Euro jährlich.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit, aufgrund der vorliegenden Unterlagen "noch nicht über den Krankenversicherungsschutz" der beigeladenen Kinder entscheiden zu können. Auch das nicht dem deutschen Einkommensteuerrecht unterliegende Einkommen des Ehegatten könne zum Ausschluss der Familienversicherung führen. "Hinsichtlich der Verweigerung der vorzulegenden Unterlagen und Nachweise" werde "auf die §§ 60 - 67 SGB I verwiesen", die Familienversicherung könne "nicht geprüft" werden (Bescheid vom 18.9.2017; Widerspruchsbescheid vom 2.11.2017).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.9.2018). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Die Familienversicherung sei gemäß § 10 Abs 3 SGB V ausgeschlossen, weil sich die Höhe des Gesamteinkommens des Ehemannes nicht feststellen lasse. Auch die in Singapur erzielten Einkünfte würden zum Gesamteinkommen zählen. Es komme nicht darauf an, in welchem Land er seine Einkünfte versteuere. Die Nichterweislichkeit des Sachverhalts gehe zu Lasten der Klägerin, die ihre Meldepflicht nach § 10 Abs 6 Satz 1 SGB V verletzt habe. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, was sie unternommen habe, um die erforderliche Auskunft von ihrem Ehemann zu erhalten (Urteil vom 10.12.2019).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 10 Abs 3 SGB V iVm § 16 SGB IV sowie des § 106 Abs 1 SGG. Das die Familienversicherung ausschließende Gesamteinkommen bestimme sich allein nach deutschem Steuerrecht. Ansonsten wäre die Gleichbehandlung aller Eltern nicht gewährleistet. Das LSG habe zudem seine Aufklärungs- und Hinweispflichten verletzt. Es habe die Klägerin nicht darauf hingewiesen, ihre rechtlichen Möglichkeiten und Schritte zur Erlangung der notwendigen Auskünfte darzulegen.
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Die Klägerin beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2019 und des Sozialgerichts Konstanz vom 20. September 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. September 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Familienversicherung der Beigeladenen für die Zeit ab August 2017 festzustellen. |
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin hat (nur) teilweise Erfolg (§ 170 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGG). Die Vorinstanzen haben lediglich zu Unrecht die auf Aufhebung des Bescheids vom 18.9.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.11.2017 (§ 95 SGG) gerichtete Anfechtungsklage, hingegen - im Ergebnis - zu Recht die von der Klägerin mit dem Ziel der Feststellung der Familienversicherung ihrer Kinder für die Zeit ab August 2017 durch die Beklagte erhobene Verpflichtungsklage abgewiesen. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) ist zulässig (dazu A). Die Verpflichtungsklage ist mangels Anspruchs auf Feststellung der Familienversicherung unbegründet (dazu B), die Anfechtungsklage hat gleichwohl Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte durfte die begehrte Feststellung der Familienversicherung nicht wegen unzureichender Mitwirkung der Klägerin versagen (dazu C).
A. Die Beklagte hat eine endgültige Prüfung und Entscheidung über die Familienversicherung ausdrücklich erst bei Vorlage weiterer Unterlagen in Aussicht gestellt. Sie hat aber zugleich den Antrag der Klägerin aufgrund deren fehlender Mitwirkung abgelehnt und insoweit eine Regelung in Gestalt eines versagenden Verwaltungsakts (§ 31 Satz 1 SGB X) nach § 66 SGB I getroffen (vgl näher unten C. 1). Neben der Anfechtungsklage gegen eine solche Versagung ist hier ausnahmsweise auch ohne - endgültige - Entscheidung der Beklagten in der Sache die Verpflichtungsklage zulässig, weil die Klägerin behauptet, dass die notwendigen Voraussetzungen der Familienversicherung schon aufgrund der bereits vorliegenden Unterlagen nachgewiesen seien (vgl zur Ausnahme vom Grundsatz der isolierten Anfechtungsklage gegen einen Versagungsbescheid BSG Urteil vom 24.11.1987 - 3 RK 11/87 - juris RdNr 21; BSG Urteil vom 17.2.2004 - B 1 KR 4/02 R - SozR 4-1200 § 66 Nr 1 RdNr 8 = juris RdNr 12; zur Verpflichtungsklage bezüglich der Familienversicherung vgl BSG Urteil vom 23.10.1996 - 4 RK 1/96 - BSGE 79, 184, 185 = SozR 3-2500 § 10 Nr 8 S 37 = juris RdNr 17).
Die Klägerin ist als Stammversicherte und Adressatin des angegriffenen Verwaltungsakts klagebefugt. Ihr steht das Recht zu, die Feststellung über das Bestehen einer mit ihrer eigenen Mitgliedschaft verbundenen Familienversicherung zu betreiben (stRspr; vgl zB BSG Urteil vom 29.2.2012 - B 12 KR 4/10 R - BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 10 mwN; aA SG Speyer Gerichtsbescheid vom 30.8.2018 - S 19 KR 120/17 - juris RdNr 21 ff; zweifelnd Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Februar 2021, § 10 RdNr 201). Dies gilt hier umso mehr, als auch die Verletzung ihrer Meldepflicht nach § 10 Abs 6 SGB V (hier idF des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378) in Streit steht. Über konkrete Leistungsansprüche für einen Familienangehörigen, die nicht mehr zu den eigenen Rechten des Stammversicherten gehören (vgl BSG Urteil vom 24.9.1996 - 1 RK 26/95 - SozR 3-2500 § 30 Nr 8 S 29 = juris RdNr 14), ist dagegen nicht zu entscheiden.
B. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts über das Vorliegen der Familienversicherung. Ihre beigeladenen Kinder erfüllen zwar nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die dafür notwendigen persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Nr 1 SGB V (idF des Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 21.12.2015, BGBl I 2408, sowie des Terminservice- und Versorgungsgesetzes vom 6.5.2019, BGBl 646). Bei der Feststellung des die Familienversicherung von Kindern ausschließenden Gesamteinkommens eines Elternteils iS des § 10 Abs 3 SGB V ist aber auch ausländisches Einkommen einzubeziehen (dazu 1.). Dessen Nichterweislichkeit geht zu Lasten der Klägerin (dazu 2.).
1. Nach § 10 Abs 3 SGB V (idF des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001, BGBl I 266) ist die Familienversicherung ausgeschlossen, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt. Diese Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn Eltern nicht zusammenleben. Es genügt, dass - wie hier vom LSG festgestellt - zwischen dem Mitglied und dem Verwandten des Kindes ein Ehegattenverhältnis besteht (BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 5/00 R - SozR 3-2500 § 10 Nr 22 S 107 = juris RdNr 14). Entgegen der Auffassung der Klägerin zählen zum berücksichtigungsfähigen Gesamteinkommen des Ehegatten iS von § 10 Abs 3 SGB V auch ausländische Einkünfte, die im Inland nicht zu versteuern sind. Dem steht die an das Einkommensteuerrecht anknüpfende Definition des Gesamteinkommens in § 16 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) nicht entgegen (dazu a). Die Berücksichtigung ausländischer Einkünfte entspricht vielmehr dem Sinn und Zweck der Familienversicherung als Maßnahme des sozialen Ausgleichs (dazu b). Ein Verfassungsverstoß ist insoweit nicht ersichtlich (dazu c).
a) Nach § 16 SGB IV, der gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 SGB IV (idF vom 12.11.2009 aaO) auch für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gilt, ist das Gesamteinkommen "die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts; es umfasst insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen". Aus diesem normativen Verweis auf das Steuerrecht kann nicht hergeleitet werden, dass nur das tatsächlich dem deutschen Einkommensteuerrecht unterliegende Einkommen als Gesamteinkommen iS von § 10 Abs 3 SGB V zu berücksichtigen ist. Dadurch wird lediglich auf den abschließenden Katalog der steuerrechtlichen Einkunftsarten nach § 2 Abs 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG) Bezug genommen. Indem auf die "Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts" und nicht auf das "zu versteuernde Einkommen" abgestellt wird, knüpft das Sozialversicherungsrecht an das Steuerrecht an, ohne alle Verfahrensabschnitte zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einzubeziehen (vgl zum insoweit bestehenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers BSG Urteil vom 24.11.2020 - B 12 KR 31/19 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 37 RdNr 28 mwN). Nicht maßgeblich ist damit der "Gesamtbetrag der Einkünfte" iS des § 2 Abs 3 EStG, das "Einkommen" iS des § 2 Abs 4 EStG oder das "zu versteuernde Einkommen" iS des § 2 Abs 5 Satz 1 EStG (jeweils idF der Bekanntmachung vom 8.10.2009, BGBl I 3366). Anknüpfungspunkt ist vielmehr die Summe der Einkünfte vor Abzug der in § 2 Abs 3 bis 5 EStG genannten Abzugsposten. Damit sind Abzüge aufgrund persönlicher Lebensverhältnisse wie zB Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen, die zu einer verminderten Heranziehung zum Staatshaushalt führen, nicht zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 25.8.2004 - B 12 KR 36/03 R - juris RdNr 18). Lediglich Leistungen mit spezifisch familienpolitischer Zielsetzung wie den Familienzuschlag des öffentlichen Dienstes hat der Senat in verfassungskonformer Auslegung des § 10 Abs 3 SGB V einkommensmindernd berücksichtigt, obwohl dieser zum Gesamteinkommen gemäß § 16 SGB IV zählt (BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 KR 16/02 R - BSGE 91, 190 = SozR 4-2500 § 10 Nr 3, RdNr 10 ff).
Soweit § 2 Abs 1 Satz 1 EStG nur solche Einkünfte aus dem Katalog der Einkunftsarten der Einkommensteuer unterwirft, "die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt", handelt es sich um eine spezifisch fiskalische Regelung in Anknüpfung an die Grundsatznorm des § 1 EStG (idF des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2.11.2015, BGBl I 1834) über die persönliche Steuerpflicht, der hier keine Bedeutung zukommt. Denn der persönliche und räumliche Geltungsbereich sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften folgt eigenen Regeln (vgl ua §§ 3 bis 6 SGB IV) und richtet sich nicht an steuerrechtlichen Erfordernissen aus. Fehlt es im Sozialversicherungsrecht an einer Geltungsanordnung hinsichtlich des Steuerrechts, tragen unterschiedliche Beurteilungen in der Regel den Besonderheiten der jeweiligen Rechtsmaterie Rechnung (vgl BSG Urteil vom 23.2.2021 - B 12 KR 32/19 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 30 RdNr 26). Da es hier allein um das Versicherungsverhältnis der im Inland lebenden und beschäftigten Klägerin sowie ihrer Kinder unter Berücksichtigung ehelicher Einkommensverhältnisse geht und nicht um die Versteuerung oder Verbeitragung ausländischer Einkünfte ihres Ehegatten, ist dem sozialversicherungsrechtlichen Territorialitätsprinzip (§ 30 SGB I, § 3 SGB IV) auch Genüge getan.
Zielsetzung des § 16 SGB IV ist lediglich, den im Steuerrecht bereits vorhandenen Einkommensbegriff, der eine Anknüpfung an Bruttoeinnahmen vermeidet, auch im Sozialversicherungsrecht zu verwenden (vgl Schönfeld/Plenker/Schaffhausen, Lexikon für das Lohnbüro, 63. Aufl 2021, Stichwort: "Nicht nach deutschem Recht versteuertes Einkommen als Gesamteinkommen"). Das wird durch die Gesetzgebungsgeschichte belegt. § 16 SGB IV wurde - bis heute inhaltlich unverändert - durch Gesetz vom 23.12.1976 (BGBl I 3845) zur Erläuterung des in verschiedenen Versicherungszweigen vorkommenden Begriffs des Gesamteinkommens eingeführt, "der außer dem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen z.B. auch Einkünfte aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung umfasst" (vgl BT-Drucks 7/4122 S 32 f zu § 16). Während das Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV herkömmlicherweise nur die Bruttoeinnahmen erfasst, hat die Rechtsprechung unter "Gesamteinkommen" auch schon vor Erlass des SGB IV alle Einkünfte iS des § 2 EStG unter Abzug der Betriebsausgaben und der Werbungskosten verstanden (vgl BSG Urteil vom 17.12.1964 - 3 RK 65/62 - BSGE 22, 173, 181 = SozR Nr 8 zu § 1399 RVO ≪insoweit nicht abgedruckt≫ = juris RdNr 36; BSG Urteil vom 26.10.1982 - 3 RK 35/81 - SozR 2200 § 205 Nr 52 S 143 = juris RdNr 18; "begrenztes Netto-Prinzip" BSG Urteil vom 25.8.2004 - B 12 KR 36/03 R - juris RdNr 22). Nach dem Entwurf zum Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 3.5.1988 sollte "der durch steuerrechtliche Besonderheiten geprägte Begriff des Gesamteinkommens (§ 16 SGB IV) durch den hier sinnvolleren und am Bruttoprinzip orientierten Begriff 'Einnahmen zum Lebensunterhalt' ersetzt" werden (vgl Begründung zu Art 1 § 10 Abs 1 bis 4, BT-Drucks 11/2237 S 161). Während des Gesetzgebungsverfahrens zum GRG ist hiervon jedoch wieder Abstand genommen und zum Gesamteinkommen zurückgekehrt worden, damit insbesondere der Bezug steuerfreier Sozialleistungen nicht zum Ausscheiden aus der Familienversicherung führen könne (BT-Drucks 11/3480 S 49 zu § 10).
b) Zur Berücksichtigung ausländischer Einkünfte - unabhängig davon, ob sie nach § 1 EStG der Steuerpflicht unterliegen - führt insbesondere auch die teleologische Auslegung des § 10 Abs 3 SGB V.
Die beitragsfreie Versicherung von Kindern des Mitglieds einer gesetzlichen Krankenkasse nach § 10 Abs 1, 2 und 4 SGB V ist eine Maßnahme des sozialen Ausgleichs zur Entlastung der Familie. Der Gesetzgeber kann - auch unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG - bei der Bestimmung des Personenkreises, den er in die Familienversicherung einbezieht, und bei der Entscheidung darüber, unter welchen Voraussetzungen er Kinder von ihr ausschließt, auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen und insbesondere der Eltern abstellen und damit den Gesichtspunkt der sozialen Schutzbedürftigkeit zur Geltung bringen (vgl BVerfG Urteil vom 12.2.2003 - 1 BvR 624/01 - BVerfGE 107, 205 = SozR 4-2500 § 10 Nr 1 RdNr 29). § 10 Abs 3 SGB V dient im Kern der Systemabgrenzung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Dabei geht die Regelung typisierend davon aus, dass der Unterhalt des Kindes unter den dort genannten Verhältnissen überwiegend von dem nicht gesetzlich krankenversicherten Elternteil bestritten wird (vgl BSG Urteil vom 25.8.2004 - B 12 KR 36/03 R - juris RdNr 21; BSG Urteile vom 25.1.2001 - B 12 KR 5/00 R - SozR 3-2500 § 10 Nr 22 S 108 f und - B 12 KR 8/00 R - SozR 3-2500 § 10 Nr 21 S 98 f = jeweils juris RdNr 19, 21). In diesem Fall soll für den Krankenversicherungsschutz des Kindes nicht durch eine beitragsfreie Anbindung an die Stammversicherung des Mitglieds der GKV, sondern aus dem Einkommen des Elternteils gesorgt werden, der nicht der GKV angehört.
Der systemabgrenzende Zweck des § 10 Abs 3 SGB V würde verfehlt, wenn Kinder von nicht gesetzlich versicherten Elternteilen mit hohem Einkommen nur deshalb nicht von der beitragsfreien GKV ausgeschlossen wären, weil dieses Einkommen nicht dem deutschen Steuerrecht unterläge (so auch Schönfeld/Plenker/Schaffhausen, Lexikon für das Lohnbüro, 63. Aufl 2021, Stichwort: "Nicht nach deutschem Recht versteuertes Einkommen als Gesamteinkommen"). Auch in einem solchen Fall ist typisiert von einer Unterhaltsverpflichtung des Besserverdienenden auszugehen. Die Kosten für eine angemessene Krankenversicherung gehören - soweit sie nicht durch § 10 SGB V gedeckt sind - zum angemessenen Lebensbedarf eines Kindes und fallen damit in die Unterhaltspflicht der Eltern (§§ 1601, 1610 BGB; vgl BGH Beschluss vom 7.2.2018 - XII ZB 338/17 - juris RdNr 28; Hammermann in Erman, BGB, 16. Aufl 2020, § 1610 RdNr 49). Bei hinreichender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ist eine Entlastung der Familie nicht geboten. Dass das Einkommen des Ehegatten nicht im Inland versteuert wird, ändert an der geringeren Schutzbedürftigkeit der Familie nichts. Es wäre insoweit auch nicht gerechtfertigt, die Klägerin bei der Inanspruchnahme des Solidarausgleichs gegenüber Ehepaaren mit Steuerpflicht im Inland zu privilegieren, zumal diese mit ihren Steuern über den "Bundeszuschuss" (§ 221 SGB V) zur Verringerung der Lasten der GKV beitragen.
c) Die Heranziehung ausländischer Einkünfte zum Gesamteinkommen iS des § 10 Abs 3 SGB V verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht schon jede Differenzierung verwehrt. Das Grundrecht ist aber dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG; zB Beschluss vom 21.11.2001 - 1 BvL 19/93 - BVerfGE 104, 126 = SozR 3-8570 § 11 Nr 5 S 48 f = juris RdNr 56 mwN). Das ist hier nicht der Fall.
Die Klägerin befürchtet eine Ungleichbehandlung des in Singapur erzielten Einkommens mit in Deutschland oder anderen Ländern erzielten Einkünften, weil die "Summe der Einkünfte" keine international gültige Vergleichsgröße sei. Dabei wird übersehen, dass die Gleichbehandlung von ausländischen und inländischen Einkünften durch eine entsprechende Anwendung der (nationalen) steuerrechtlichen Regelungen durch die Beklagte gesichert werden kann. Es kann dahinstehen, ob für die Feststellung des Gesamteinkommens iS des § 10 Abs 3 SGB V aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich der Einkommensteuerbescheid maßgeblich ist (so LSG Baden-Württemberg Urteil vom 27.4.2016 - L 5 KR 3462/15 - juris RdNr 31). Im Fall der beschränkten Steuerpflicht werden die ausländischen Einkünfte im Einkommensteuerbescheid nicht erfasst, sodass dieser zum Nachweis des Gesamteinkommens von vorneherein nicht geeignet ist. Die Beklagte hat daher ausländische Einkünfte, die der Art nach mit den nach § 16 SGB IV iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 7 EStG heranzuziehenden Einkünften vergleichbar sind, so zu behandeln, als ob sie in Deutschland erzielt worden wären. Dem tragen die Grundsätzlichen Hinweise des GKV-Spitzenverbands vom 12.6.2019 zum Gesamteinkommen (abgedruckt in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Januar 2020, K § 10 Anh 3) Rechnung. Danach sind bei vergleichbaren ausländischen Einkommen grundsätzlich die gleichen Abzugsbeträge (zB Werbungskosten-Pauschbetrag für Arbeitnehmer) in Ansatz zu bringen sind, wie sie das deutsche Einkommensteuerrecht zur Ermittlung der Einkünfte iS des § 2 Abs 2 EStG vorsieht; außerdem werden Hinweise zur Währungsumrechnung gegeben (Abschn 2.5 der Hinweise aaO). Die gleichmäßige Ermittlung von aus- und inländischen Einkommen ist damit grundsätzlich gewährleistet.
Auch der Ausschluss von der Familienversicherung als solcher verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 oder Art 6 Abs 1 GG. Dies hat das BSG wiederholt zu § 10 Abs 3 SGB V und der Vorläuferregelung des § 205 Abs 1 Satz 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) entschieden, selbst wenn mehrere Kinder von dem Ausschluss betroffen sind (BSG Urteile vom 7.11.1991 - 12 RK 37/90 - BSGE 70, 13 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6 = juris RdNr 21 und - 12 RK 18/91 - SozR 3-2500 § 240 Nr 7 = juris RdNr 17; BSG Urteile vom 25.1.2001 - B 12 KR 12/00 R - SozR 3-2500 § 10 Nr 20 = juris und - B 12 KR 8/00 R - SozR 3-2500 § 10 Nr 21 = juris RdNr 18 ff mwN; BSG Urteil vom 25.8.2004 - B 12 KR 36/03 R - juris RdNr 19). Verfassungsbeschwerden hiergegen sind jeweils erfolglos geblieben (BVerfG Beschluss vom 9.5.1978 - 1 BvR 628/77 - SozR 2200 § 205 Nr 18; BVerfG Urteil vom 12.2.2003 - 1 BvR 624/01 - BVerfGE 107, 205 = SozR 4-2500 § 10 Nr 1; zuletzt zur Rechtslage nach In-Kraft-Treten des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes am 1.4.2007 BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 14.6.2011 - 1 BvR 429/11 - BVerfGK 18, 477; aA Felix in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 10 RdNr 54, Stand der Einzelkommentierung: 16.9.2020).
2. Feststellungen zum Gesamteinkommen des Ehegatten der Klägerin können hier nicht getroffen werden. Nachdem der Ehegatte - wie zuletzt auch in der Revisionsbegründung ausdrücklich betont worden ist - mehrmals unmissverständlich gegenüber der Beklagten erklärt hatte, seine im Ausland erzielten Einkünfte weder ihr noch seiner Ehefrau offenzulegen, waren weitere Auskunftsersuchen ihm gegenüber nicht mehr veranlasst. Die Nichtfeststellbarkeit seiner Einkünfte geht hier zu Lasten der Klägerin.
Lassen sich nach Ausschöpfung aller vernünftigerweise zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen, kommt es auf die objektive Beweislast an. Danach geht die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zulasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet. Wie sich die objektive Beweislast verteilt, ist der für den Rechtsstreit maßgeblichen Norm zu entnehmen. Dabei sind nicht nur der Zweck der Norm, sondern auch ihre Stellung sowie Erfordernisse wirksamen Rechtsschutzes zu berücksichtigen. Anhaltspunkte für die Abgrenzung bieten so unterschiedliche Kriterien wie Regel und Ausnahme, die Zumutbarkeit der Belastung mit einem Beweisnachteil und der Zurechenbarkeit der Ungewissheit bzw Unaufklärbarkeit zur Verantwortungssphäre der einen oder anderen Seite (stRspr; vgl BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R - BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 18 mwN).
Nach § 10 Abs 6 SGB V hat das Mitglied die nach den Absätzen 1 bis 4 Versicherten mit den für die Durchführung der Familienversicherung notwendigen, also auch die das Gesamteinkommen betreffenden Angaben an die zuständige Krankenkasse zu melden, wobei der Spitzenverband Bund der Krankenkassen für die Meldung nach Satz 1 ein einheitliches Verfahren und einheitliche Meldevordrucke festlegt (Satz 2). Diese Regelung weist die familieninternen Verhältnisse grundsätzlich sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich der Verantwortungssphäre der Klägerin als Mitglied zu. Unabhängig davon, ob sich hier aus § 10 Abs 6 SGB V wegen der fehlenden Angaben des Ehegatten eine eigene Verletzung der Mitwirkungspflicht der Klägerin ergibt (vgl dazu unten C. 2), ist ihr die Beweislast zuzuordnen, wenn - wie hier - Vorgänge in einer besonderen Beweisnähe zu ihr nicht aufklärbar sind (vgl in anderem Zusammenhang BSG Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4, RdNr 33). Da die Familienversicherung für die Kinder mit dem Vorteil für die Eltern verbunden ist, diese nicht selbst versichern zu müssen, ist es gerechtfertigt, den Stammversicherten mit dem potentiellem Unrecht einer Beweislastentscheidung zu belasten. Es liegt in der Hand der Eltern, einen fehlenden Nachweis zu erbringen. Für eine ggf notwendige interne Klärung der Unterhaltsansprüche zwischen den Elternteilen stehen ihnen die Mittel des Familienrechts (zB § 1605 BGB) zur Verfügung. Entscheidungen der persönlichen Lebensführung wie etwa über den jeweiligen Wohnort der Ehepartner sind kein sachlicher Grund, die daraus resultierenden Beweisschwierigkeiten der Beklagten und damit der Versichertengemeinschaft aufzubürden.
C. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung, mit der die Beklagte die Feststellung der Familienversicherung für die Beigeladenen wegen mangelhafter Mitwirkung der Klägerin versagt hat (dazu 1.), ist rechtswidrig. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Versagungsbescheids sind nicht erfüllt (dazu 2.).
1. Bei Auslegung der hier streitigen Verwaltungsentscheidung nach dem objektiven Empfänger-horizont (vgl hierzu ua BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 f = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f = juris RdNr 31) hat die Beklagte nicht endgültig über die Zugehörigkeit der Beigeladenen zur Familienversicherung entschieden. Vielmehr hat sie angesichts der fehlenden Einkommensnachweise des Ehemannes ausdrücklich und unter Bezugnahme "auf die §§ 60 - 67 SGB I" auf die fehlende Mitwirkung der Klägerin abgestellt und eine Prüfung und Entscheidung erst bei Nachholung der Mitwirkung in Aussicht gestellt. Damit hat sie aber keine abschließende Entscheidung aufgrund Beweiswürdigung (§ 20 SGB X) oder nach Beweislast, sondern ihrem Inhalt nach eine sogenannte Versagungsentscheidung getroffen.
2. Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger nach § 66 Abs 1 Satz 1 SGB I ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Auf diese für den Erlass der hier angefochtenen Verwaltungsentscheidung allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage kann sich die Beklagte aber nicht stützen.
Eine Behörde darf eine Regelung nur treffen, soweit der Tatbestand einer öffentlich-rechtlichen Norm erfüllt ist (vgl § 31 SGB I). Die Verwaltung ist insoweit verpflichtet, vor Erlass eines Verwaltungsakts die Tatbestandsvoraussetzungen der maßgebenden Rechtsgrundlagen vollständig aufzuklären. Sie darf das Verfahren nicht vorzeitig abschließen. Eine Erschwerung der Aufklärung kann allenfalls wegen nicht erfüllter Mitwirkungspflichten zu einem Versagungsbescheid iS des § 66 SGB I führen oder sich - wenn alle Möglichkeiten der behördlichen Sachaufklärung erschöpft sind - im Rahmen der Beweiswürdigung auswirken (zum Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses und seinen Ausnahmen vgl Berchtold, SGb 2020, 393, 394). Dabei reicht die Bindungswirkung einer Beweislastentscheidung grundsätzlich weiter als diejenige einer Entscheidung nach § 66 SGB I, die nach § 67 SGB I in der Regel leichter rückgängig zu machen ist (vgl BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 SB 3/13 R - SozR 4-1200 § 66 Nr 7 RdNr 27; BSG Urteil vom 25.10.1988 - 7 RAr 70/87 - SozR 1200 § 66 Nr 13 S 13 = juris RdNr 12). Bei § 66 SGB I handelt es sich um einen eigenständigen Versagungsgrund, bei dem es nicht darauf ankommt, ob die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs nicht erfüllt sind (vgl BVerwG Urteil vom 17.1.1985 - 5 C 133/81 - BVerwGE 71, 8 = juris RdNr 15).
Der Senat kann offenlassen, ob § 66 SGB I hier überhaupt anwendbar ist (ablehnend für den Fall der Nachentrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen vgl BSG Urteil vom 11.6.1980 - 12 RK 60/79 - BSGE 50, 152, 153 f = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 43 S 81 f = juris RdNr 15; BSG Urteil vom 22.10.1987 - 12 RK 49/86 - BSGE 62, 214, 217 f = SozR 1300 § 21 Nr 3 S 9 = juris RdNr 16). Dies ist zweifelhaft, weil sich die Vorschrift ihrem Wortlaut nach ausdrücklich nur auf Mitwirkungspflichten in solchen Fällen bezieht, in denen jemand eine "Sozialleistung" beantragt oder erhält. Darüber hinaus verträgt sich das Erfordernis einer möglichst zeitnahen Klärung versicherungs- und beitragsrechtlich relevanter Statusfragen grundsätzlich nicht mit einem Schwebezustand, wie er nach §§ 66, 67 SGB I mit einer Versagung "bis zur Nachholung der Mitwirkung" eintreten kann (vgl BSG Urteil vom 11.6.1980 - 12 RK 60/79 - aaO RdNr 15). Ob im Fall der beantragten Feststellung einer beitragsfreien Familienversicherung zumindest eine entsprechende Anwendung in Betracht kommt, kann hier ebenfalls dahinstehen.
Denn eine Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I setzt jedenfalls voraus, dass der "Leistungsempfänger" seinen eigenen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt. Die Klägerin ist ihrer Meldepflicht nach § 10 Abs 6 SGB V aber dadurch nachgekommen, dass sie die ihr bekannten Daten mitgeteilt hat (zu dem grundsätzlich auf bekannte Tatsachen beschränkten Umfang von Mitwirkungspflichten vgl § 21 Abs 2 Satz 2 SGB X; bezüglich § 60 Abs 1 SGB I vgl BSG Urteil vom 10.3.1993 - 14b/4 REg 1/91 - BSGE 72, 118, 120 = SozR 3-7833 § 6 Nr 2 S 7 = juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 25.2.2013 - B 14 AS 133/12 B - juris RdNr 6; zu § 10 Abs 6 SGB V im Rückschluss aus § 289 SGB V vgl Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Dezember 2011, § 289 RdNr 5). Zwar umfasst die Meldepflicht des Mitglieds nach § 10 Abs 6 SGB V alle für die Durchführung der Familienversicherung notwendigen Angaben und damit auch das nach § 10 Abs 3 SGB V zu prüfende Einkommen des Ehegatten. Erklärt dieser jedoch - wie vorliegend - gegenüber dem Mitglied und der beklagten Krankenkasse abschließend, keine Angaben zu seinen im Ausland erzielten Einkünften zu machen, hat die Klägerin keine eigene Mitwirkungsobliegenheit verletzt.
Die Beklagte hätte daher - statt einen Versagungsverwaltungsakt wegen unzureichender Mitwirkung zu erlassen - ohne Verzögerung (vgl § 88 SGG) eine Entscheidung in der Sache nach Beweislast treffen müssen (vgl oben B). Die Grundsätze der Beweislast greifen unabhängig von dem Vorwurf eines Verstoßes gegen eine Mitwirkungsobliegenheit, wenn es um in der Sphäre des Mitwirkungspflichtigen liegende Tatsachen geht, die der Leistungsträger in Ermangelung entsprechender Angaben des Antragstellers nicht kennt und nicht kennen muss (vgl Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl 2018, § 65 RdNr 65 - Stand: 30.10.2020; BSG Urteil vom 2.9.2004 - B 7 AL 88/03 R - SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 17 mwN). Auf die von der Klägerin aufgeworfene Verfahrensfrage, ob vom LSG ausreichend geklärt worden sei, welche tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten die Klägerin im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht ausgeschöpft habe, um die erforderlichen Auskünfte zu erhalten, kommt es mithin nicht mehr an.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den anteiligen Erfolg.
Fundstellen
Haufe-Index 14793981 |
BSGE 2022, 245 |