Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen Bescheid des Standesamtes, mit dem der Antrag der gleichgeschlechtlich orientierten Beschwerdeführer auf Erlaß des Aufgebots und Vornahme der Eheschließung abgelehnt wurde, sowie gerichtliche Entscheidungen, die diesen Bescheid bestätigten.
Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG, der auch auf bereits anhängige Verfahren anzuwenden ist (vgl. Art. 8 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 2. August 1993, BGBl. I S. 1442), liegen nicht vor.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
1. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu.
a) Soweit die Beschwerdeführer rügen, die angegriffenen Entscheidungen verletzten sie in der durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Eheschließungsfreiheit, werfen sie keine klärungsbedürftige Frage auf. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG die Vereinigung von Mann und Frau zu einer Lebensgemeinschaft ist (vgl. BVerfGE 10, 59 [66]; 49, 286 [300]; 53, 224 [245]; 62, 323 [330]; 87, 234 [264]. Daraus folgt, daß aus dieser Grundrechtsnorm ein Recht auf Eingehung einer Ehe mit einem gleichgeschlechtlichen Partner nicht hergeleitet werden kann. Insbesondere ist das Bundesverfassungsgericht auch in seiner Transsexuellenentscheidung davon ausgegangen, daß die Geschlechtsverschiedenheit zu den prägenden Merkmalen der Ehe gehört (vgl. BVerfGE 49, 286 [300]).
In der Verfassungsbeschwerde werden keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, die Anlaß zu einer Überprüfung dieser Rechtsprechung geben könnten. Insbesondere sind hinreichende Anhaltspunkte für einen grundlegenden Wandel des Eheverständnisses in dem Sinne, daß der Geschlechtsverschiedenheit keine prägende Bedeutung mehr zukäme, nicht erkennbar. Die Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG war von vornherein durch den Grundsatz der Gleichberechtigung der Partner geprägt; deshalb können aus der einfachrechtlich nur schrittweise verwirklichten Gleichberechtigung Folgerungen für einen Wandel des verfassungsrechtlichen Eheverständnisses nicht gezogen werden. Für einen grundlegenden Wandel des Eheverständnisses in dem von den Beschwerdeführern behaupteten Sinne spricht auch nicht, daß die Eingehung einer Ehe nicht von der Fortpflanzungsfähigkeit der Partner abhängig ist und daß die Zahl der kinderlosen Ehen zugenommen hat, während eine wachsende Zahl von Kindern außerhalb einer Ehe geboren wird. Mit diesen Erwägungen wird die Annahme nicht widerlegt, daß die Ehe vor allem deshalb verfassungsrechtlich geschützt wird, weil sie eine rechtliche Absicherung der Partner bei der Gründung einer Familie mit gemeinsamen Kindern ermöglichen soll (vgl. auch den Hinweis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf den Zusammenhang zwischen Eheschließungsfreiheit und Familiengründung in Art. 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention, Urteil im Fall Rees, Serie A, Bd. 106, unter Nr. 49).
b) Die Frage, ob sich ein Recht auf Eheschließung für gleichgeschlechtliche Partner aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder dem Gleichheitssatz ergeben kann, ist ebenfalls nicht von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung. Beschränkt die speziellere Norm des Art. 6 Abs. 1 GG die verfassungsrechtlich gewährleistete Eheschließungsfreiheit auf Lebensgemeinschaften von Mann und Frau, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß eine verfassungsrechtliche Verbürgung desselben Inhalts, aber ohne die Beschränkung auf verschiedengeschlechtliche Partner, nicht aus den generellen Normen des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 oder aus Art. 3 Abs. 1 GG hergeleitet werden kann. Das Vorbringen in der Verfassungsbeschwerde kann auch offensichtlich nicht den Schluß stützen, daß der Gesetzgeber verpflichtet sei, dem Persönlichkeitsrecht gleichgeschlechtlicher Partner oder ihrem Recht auf Gleichbehandlung dadurch Rechnung zu tragen, daß er ihnen den Zugang zum einfachrechtlichen Institut der Ehe eröffnet. Insoweit ist nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber den genannten Grundrechten nicht auch auf andere Weise als dadurch Rechnung tragen könnte, daß er die Rechtsform der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner öffnet. Im übrigen darf der Gesetzgeber, der sich bei der einfachrechtlichen Ausgestaltung der Ehe an Art. 6 Abs. 1 GG orientiert, den Zugang zu dieser Rechtsform denjenigen Lebensgemeinschaften vorbehalten, auf die sich der verfassungsrechtliche Schutzauftrag bezieht.
c) Soweit die Beschwerdeführer auf vielfältige Behinderungen ihrer privaten Lebensgestaltung und Benachteiligungen gegenüber Ehepartnern hinweisen, kann den damit aufgeworfenen Fragen nach der Vereinbarkeit des geltenden Rechts mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und mit Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzliche Bedeutung zukommen, insbesondere den Fragen, ob der Gesetzgeber verpflichtet ist, gleichgeschlechtlichen Partnern eine rechtliche Absicherung ihrer Lebensgemeinschaft zu ermöglichen, oder ob zumindest einzelne Regelungen in verschiedenen Rechtsbereichen der Änderung bedürfen. Diese Fragen können jedoch eine grundsätzliche Bedeutung der Verfassungsbeschwerde nicht begründen, weil sie im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen sind. Sie waren nicht Gegenstand der angegriffenen Entscheidungen. Diese betrafen allein die Frage, ob der Standesbeamte verpflichtet war, das Aufgebot anzuordnen und die Eheschließung vorzunehmen.
2. Da die Weigerung, die von den Beschwerdeführern begehrte Eheschließung vorzunehmen, aus den dargelegten Erwägungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist und die weiteren Fragen nicht Gegenstand der angegriffenen Entscheidungen waren, ist eine Annahme der Verfassungsbeschwerde auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte angezeigt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
NJW 1993, 3058 |
NVwZ 1994, 54 |
Streit 1994, 176 |