Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtliches Gehör. Verheizung von Mineralöl
Leitsatz (redaktionell)
Auch § 93 Abs. 1 FGO ändert nichts daran, daß Gerichte nicht verpflichtet sind, ihre Stellungnahme zu einer im Prozeß umstrittenen Rechtsfrage den Parteien vor Erlaß der Entscheidung mitzuteilen.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1; FGO § 93 Abs. 1, § 105 Abs. 2 Nr. 5; MinöStG § 8
Verfahrensgang
Gründe
1. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Art. 103 Abs. 1 GG gebietet den Gerichten, die Anträge und Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen und einer Entscheidung keine Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen die Betroffenen sich nicht äußern konnten. Aus dem Verfassungsgebot des rechtlichen Gehörs läßt sich aber nicht ableiten, daß die Gerichte verpflichtet wären, ihre Stellungnahme zu einer in einem Prozeß umstrittenen Rechtsfrage – im vorliegenden Fall zu der schriftlich und mündlich eingehend erörterten Frage der Auslegung des § 8 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b des Mineralölsteuergesetzes – den Parteien vor Erlaß der Entscheidung mitzuteilen. Daran kann auch die Vorschrift des § 93 Abs. 1 FGO nichts ändern. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn der Bundesfinanzhof in den ausführlichen Urteilsgründen – die erkennen lassen, daß das Gericht sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin beschäftigt hat – nicht im einzelnen auf deren rechtliche Darlegung eingegangen ist (vgl. BVerfGE 5, 22 [24 f.]).
Dafür, daß das angefochtene Urteil auf irgendwelchen Auskünften der Bundesverwaltung beruhen würde, zu denen die Beschwerdeführerin nicht hätte Stellung nehmen können, ist nicht der geringste Anhaltspunkt ersichtlich.
2. Das angefochtene Urteil begegnet auch inhaltlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ob die Auslegung, die der Bundesfinanzhof dem § 8 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b des Mineralölsteuergesetzes gegeben hat, zutreffend ist, hat das Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen. Jedenfalls ist die Ansicht des Bundesfinanzhofs, nach der genannten Vorschrift seien Bezieher von Heizöl insoweit nicht von der Mineralölsteuer befreit, als sie aus dem Öl Wärmeenergie gewinnen, vertretbar. Die daraus sich ergebende steuerliche Differenzierung zwischen Industriebetrieben, die Mineralöl zur Erzeugung von Wärmeenergie benutzen, und Gaswerken, die aus dem Öl Gas herstellen, um dieses an Dritte zum Verheizen zu verkaufen, ist keine willkürliche Ungleichbehandlung von Gleichem.
Fundstellen