Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Grundstückseigentümers für die Sanierung so genannter Altlasten
Leitsatz (amtlich)
Zu den aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Grenzen der Zustandshaftung des Eigentümers für die Grundstückssanierung bei Altlasten.
Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. Jürgen Grumbrecht und Koll. |
Rechtsanwälte Christoph Messerschmidt und Koll. |
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Zwischenurteil vom 14.01.1999; Aktenzeichen 22 ZB 98.1067) |
VG Ansbach (Urteil vom 01.09.1997; Aktenzeichen AN 13 K 92.00120) |
BVerwG (Zwischenurteil vom 14.12.1990; Aktenzeichen 7 B 133.90) |
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 19.07.1990; Aktenzeichen 5 S 2021/89) |
Tenor
1. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 1990 – BVerwG 7 B 133.90 – und das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Juli 1990 – 5 S 2021/89 – verletzen die Beschwerdeführerin zu 1. in ihrem Grundrecht aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Januar 1999 – 22 ZB 98.1067 – und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. September 1997 – AN 13 K 92.00120 – verletzen die Beschwerdeführer zu 2. in ihrem Grundrecht aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
3. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Baden-Württemberg haben der Beschwerdeführerin zu 1. ihre notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten.
4. Der Freistaat Bayern hat den Beschwerdeführern zu 2. ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers für die Sanierung so genannter Altlasten.
I.
1. Das Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz – BBodSchG) vom 17. März 1998 (BGBl I S. 502), das in seinen wesentlichen Teilen am 1. März 1999 in Kraft getreten ist, definiert für seinen Anwendungsbereich die umweltrechtlichen Altlasten in Anlehnung an landesgesetzliche Begriffsbestimmungen und die Literatur in § 2 Abs. 5 wie folgt: Altlasten sind zum einen stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), und zum anderen Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist (Altstandorte), durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden. Vor dem Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes folgten die rechtlichen Regelungen über die Erkundung, Sicherung und Sanierung von Altlasten im Wesentlichen aus dem Landesrecht. Nur einzelne Länder hatten besondere Regelungen über die Altlastensanierung und die öffentlichrechtliche Verantwortlichkeit für Altlasten erlassen (vgl. etwa Hessisches Altlastengesetz vom 20. Dezember 1994, GVBl S. 764; Thüringer Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz vom 31. Juli 1991, GVBl S. 273). Die Regelungen über die Altlastensanierung und die öffentlichrechtliche Verantwortlichkeit für Altlasten ergaben sich überwiegend aus dem allgemeinen Sicherheitsrecht der Länder. So richtete sich insbesondere die verwaltungsrechtliche Inanspruchnahme der Grundeigentümer zur Sanierung von Altlasten weitestgehend nach den landesgesetzlichen Bestimmungen über die Zustandshaftung des Polizei- und Ordnungsrechts.
In Baden-Württemberg war demgemäß bis zum Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes insoweit § 7 des Polizeigesetzes (PolG) in der Fassung vom 13. Januar 1992 (GBl S. 1) maßgebend. Danach hat die Polizei, wenn die öffentliche Sicherheit durch den Zustand einer Sache bedroht oder gestört wird, ihre Maßnahmen gegenüber dem Eigentümer oder gegenüber demjenigen zu treffen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt.
In Bayern richtete sich die Zustandsverantwortlichkeit für Altlasten nach Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982 (GVBl S. 1098). Danach sind, sofern der Zustand einer Sache Maßnahmen nach diesem Gesetz notwendig macht, diese gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten. Die Maßnahmen können auch gegen den Eigentümer oder den sonst dinglich Verfügungsberechtigten gerichtet werden; dies gilt nicht, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese gegen den Willen des Eigentümers oder des sonst dinglich Verfügungsberechtigten ausübt. Soweit auf Grund besonderer Vorschriften eine andere Person verantwortlich ist, sind die Maßnahmen gegen diese zu richten. Die Vorschrift des Art. 9 Abs. 2 LStVG war auch maßgeblich, wenn Maßnahmen der Gewässeraufsicht zur Altlastensanierung auf der Grundlage der Art. 68 und 68 a des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 1994 (GVBl S. 822) ergingen.
2. Das Bundes-Bodenschutzgesetz hat in Bezug auf die Zustandsverantwortlichkeit für Altlasten in der Sache keine Änderung gebracht. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG sind neben dem Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Rechtsnachfolger auch der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. § 24 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG stellt ergänzend klar, dass die insoweit Verpflichteten die Kosten der angeordneten Maßnahmen zu tragen haben.
Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zum Schutz des Bodens (BTDrucks 13/6701) hatte in § 25 Abs. 2 vorgesehen, den Grundstückseigentümer und den Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück, der weder Verursacher der Altlast ist noch bei der Begründung des Eigentums Kenntnis von der Altlast oder den sie begründenden Umständen hatte oder hätte haben können, von der Kostenpflicht zu befreien, soweit die Kosten der angeordneten Maßnahmen die Nutzung des Grundstücks mit den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteilen ausschließen. Nach Satz 2 der angeführten Regelung sollte dies beim Eigentümer der Fall sein, soweit die zur Durchführung der Maßnahmen erforderlichen Kosten den Verkehrswert des Grundstücks unter Berücksichtigung der durchgeführten Maßnahmen übersteigen. Die Regelung wurde vom Bundestag in der vorgeschlagenen Fassung beschlossen. Unter anderem wegen dieser Beschränkung der Kostentragungspflicht des Eigentümers rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an (vgl. BTDrucks 13/8182, S. 8). Auf dessen Empfehlung hin wurde die Vorschrift ersatzlos gestrichen (vgl. BTDrucks 13/9637, S. 5).
II.
Verfahren 1 BvR 242/91
1. Die Beschwerdeführerin erwarb im Oktober 1982 eine ihrem Grundstück benachbarte Fläche im Wege der Zwangsversteigerung. Auf diesem Grundstück hatte ein Unternehmen bis in das Jahr 1981 Hutstoffe aus Kaninchenfellen hergestellt; dabei waren zur Entfettung der Felle chlorierte Kohlenwasserstoffe (Perchlor- und Trichlorethylen) verwendet worden. Über das Vermögen des Unternehmens war im Jahr 1981 der Konkurs eröffnet worden; nach Befriedigung der Absonderungsberechtigten reichte die Konkursmasse nur noch zur Deckung der Masseforderungen aus.
Ab September 1983 wurden schwere Verunreinigungen von Boden und Grundwasser mit chlorierten Kohlenwasserstoffen auf und unter dem erworbenen Grundstück festgestellt, die auf die Verwendung dieser Stoffe bei der Hutstoffproduktion zurückzuführen waren. Mit Bescheiden vom April 1985 und vom August 1986 gab die zuständige Behörde der Beschwerdeführerin umfangreiche Maßnahmen zur Überprüfung des Bodens und des Grundwassers sowie verschiedene Maßnahmen zur Beseitigung der Verunreinigungen auf. Nach eigenen Angaben wandte die Beschwerdeführerin bis 1998 für die Sanierungsarbeiten 1,1 Millionen DM auf. Dem habe ein Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt des Schadensfalls von rund 350.000 DM gegenübergestanden.
Die Beschwerdeführerin focht die behördlichen Anordnungen im Ausgangsverfahren an. Da die Notwendigkeit der Sanierung und die Ursache der Verunreinigungen außer Streit standen, wandte sich die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor allem gegen die behördliche Ermessensentscheidung zur Störerauswahl und rügte allgemein die Unverhältnismäßigkeit der Zustandshaftung im Blick auf Art. 14 GG. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. In seinem die Berufung zurückweisenden Urteil führte der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:
Soweit die Beschwerdeführerin einwende, es sei mit Art. 14 GG nicht zu vereinbaren, dass der Eigentümer eines Grundstücks, das eine ihm beim Erwerb nicht bekannte Altlast enthalte, bis zu seinem wirtschaftlichen Ruin zur Sanierung der Altlasten herangezogen werden könne, sei dem entgegenzuhalten, dass dieses Ergebnis durch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vermieden werden könne. Der vorliegende Rechtsstreit biete keine Veranlassung, im Einzelnen zu der Frage Stellung zu nehmen, wo die Grenze des einem Grundstückseigentümer unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Zumutbaren liege. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin durch die Erfüllung der ihr auferlegten Maßnahmen in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht wäre.
Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung habe; die Frage, ob die Heranziehung eines Grundstückseigentümers als polizeirechtlicher Zustandsverantwortlicher zur Untersuchung und Beseitigung so genannter Altlasten und die daraus folgende Kostenlast mit Art. 14 GG vereinbar seien, könne ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens auf der Grundlage der Feststellungen des angefochtenen Urteils und der dort erwähnten Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien, beantwortet werden.
Es könne offen bleiben, inwieweit der Rechtsauffassung zu folgen sei, die unter Berufung auf Art. 14 GG eine Begrenzung der nach allgemeinem Polizei- und Ordnungsrecht bestehenden Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers für die Sanierung von Altlasten befürworte. Erwogen werde eine Haftungsreduzierung in den Fällen, in denen sich der Eigentümer selbst in einer Art Opferposition befinde, weil sein Grundstück allein durch Fremdeinwirkung in Mitleidenschaft gezogen und dadurch zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit geworden sei. Richtig an dieser Überlegung sei, dass die Verantwortlichkeit des Eigentümers oder Inhabers der tatsächlichen Gewalt für den ordnungswidrigen Zustand von Sachen Ausfluss der tatsächlichen und rechtlichen Sachherrschaft sei, welche die Nutzung der Sache mit den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteilen ermögliche. Hier möge zu erwägen sein, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Eingrenzung der Verantwortlichkeit in Betracht kommen könne, wenn eine Heranziehung zur Gefahrenbeseitigung, insbesondere die Belastung mit deren Kosten, den privatnützigen Gebrauch der Sache ausschaltete.
Derartige Überlegungen schieden aber von vornherein aus, wenn der Zustandsverantwortliche bei Begründung des Eigentums oder der Sachherrschaft vom ordnungswidrigen Zustand der Sache wusste oder doch zumindest Tatsachen kannte, die auf das Vorhandensein eines solchen Zustandes schließen ließen. Wer dieses Risiko eingehe, müsse auch die gesetzliche Folge der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit tragen. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Beschwerdeführerin habe als Inhaberin eines Betriebes, der seit langem auf dem Nachbargrundstück angesiedelt war, die Art der von ihrem Rechtsvorgänger bis etwa ein Jahr vor dem Eigentumsübergang auf dem fraglichen Grundstück betriebenen Produktion und auch die Verwendung von Chemikalien gekannt. Nach eigenen Angaben habe sie auch gewusst, dass der Brunnen auf dem Grundstück stark nach Lösungsmitteln roch. Wer bei dieser Sachlage ein Grundstück erwerbe, befinde sich nicht in einer Opferposition, die es von Verfassungs wegen verbieten könnte, ihn nach den Grundsätzen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts als Zustandsverantwortlichen zur Gefahrenbeseitigung heranzuziehen.
2. Mit der gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde wird eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG gerügt. Die uneingeschränkte Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers für Altlasten verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Besonders in den Fällen, in denen der Eigentümer die Gefahrensituation (Kontamination) weder in irgendeiner Form mitverursacht habe noch sie ihm bei Erwerb des Grundstücks erkennbar gewesen sei, sei es unangemessen, ihn für die Folgen einer der Allgemeinheit zugute gekommenen Industrialisierung verantwortlich zu machen, ohne dass ihm konkrete, im Zusammenhang mit der Gefahrverursachung stehende Vorteile geblieben wären.
Soweit der Verwaltungsgerichtshof auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verweise, wolle er offensichtlich darauf abstellen, ob die vom Störer verlangte Maßnahme noch im Rahmen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten liege und die Opfergrenze noch nicht überschritten sei. Demgegenüber müsse die verfassungsrechtliche Grenzziehung dort erfolgen, wo der Grundstückseigentümer selbst keine direkten oder indirekten Ursachen für den störenden Zustand gesetzt habe. Aus der Tatsache, dass ein Erwerber von einer früheren industriellen Produktion Kenntnis gehabt habe, könne nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass er mit einer Kontamination des Grundstücks habe rechnen müssen. Vor allem aber sei im konkreten Fall das Gefahrenpotenzial chlorierter Kohlenwasserstoffe für Boden und Grundwasser bis zu Beginn der achtziger Jahre überhaupt nicht bekannt gewesen. Wenn selbst die Fachbehörden die Gefährlichkeit dieser Stoffe nicht gekannt hätten, könne dem Erwerber eines Grundstücks nicht vorgehalten werden, er habe aus deren Verwendung auf eine mögliche Schädigung des Bodens oder Grundwassers schließen müssen.
III.
Verfahren 1 BvR 315/99
1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer umfänglicher forstwirtschaftlicher Flächen. Eine Teilfläche von 16 ha verpachteten sie im Oktober 1970 an einen Verein zur Errichtung und Unterhaltung einer (Tontauben-)Schießanlage. Dabei wurde ein Pachtzins von jährlich 12.792 DM vereinbart. Der Verein übernahm im Vertrag die Einrichtung und den ordnungsgemäßen Betrieb der Schießanlage und verpflichtete sich, alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen zu erwirken und die notwendigen Versicherungen abzuschließen. Bereits im August 1970 war die bauaufsichtliche Genehmigung für einen ersten Bauabschnitt des Schießplatzes erteilt worden. Im Januar 1971 erhielt der Verein die sicherheitsrechtliche Erlaubnis zur Errichtung und Benutzung eines Wurftaubentrapstandes mit 15 Wurfmaschinen, eines Skeetstandes und eines Trapstandes mit vollautomatischer Wurfeinrichtung.
1972 wurde für die Wasserversorgung der Stadt F. ein Wasserschutzgebiet festgesetzt. Die verpachteten Grundstücke wurden bis auf eines sämtlich in die weitere Schutzzone des Wasserschutzgebietes einbezogen. Für die dazugehörigen Brunnen war die wasserrechtliche Bewilligung bereits 1966 erteilt worden. Auf die beabsichtigte Schutzgebietsausweisung war in den Amtsblättern der betroffenen Landkreise im Juni 1970 hingewiesen worden.
Die Schießanlage wurde in den Folgejahren ohne die erforderlichen öffentlichrechtlichen Genehmigungen erweitert. Besorgnisse der Stadt F. wegen der Trinkwasserversorgung führten 1983 zur generellen Überprüfung der Anlage. Die nachträgliche Genehmigung wurde im August 1984 abgelehnt. Im Januar 1985 widerrief die Behörde die Baugenehmigung und die sicherheitsrechtliche Erlaubnis. Im Dezember 1985 ordnete sie die sofortige Vollziehung des Widerrufs an. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wies der Verwaltungsgerichtshof im Jahre 1987 zurück. Den Pachtvertrag zwischen dem Verein und den Beschwerdeführern lösten die Beteiligten wegen der behördlichen Einstellung des Schießplatzbetriebes auf.
Die wasserwirtschaftliche Überprüfung ergab, dass mit dem auf die Tontauben abgefeuerten Bleischrot eine Bleimenge von insgesamt 200 bis 300 Tonnen auf dem Schießplatzgelände verschossen worden war. Bodenuntersuchungen zeigten, dass die oberste Bodenschicht nicht nur durch Bleischrot, sondern auch durch gelöstes Blei stark belastet war. Bleikontaminationen konnten zudem in Tiefen bis zu 80 cm festgestellt werden.
Die zuständige Behörde forderte deshalb mit wasserrechtlicher Anordnung im Juli 1988 gemäß Art. 68 Abs. 3 BayWG vom Verein die Sanierung des Geländes durch Abtrag und Entsorgung der obersten, 20 cm starken Bodenschicht. Im Januar 1989 wurde über das Vermögen des Vereins der Konkurs eröffnet. Daraufhin richtete die Behörde die Sanierungsanordnung an die Beschwerdeführer als Zustandsverantwortliche. Die Sanierung sei erforderlich, um eine Grundwasserverunreinigung zu verhindern. Im betroffenen Bereich sei 1,60 m unter dem Gelände oberflächennahes Grundwasser anzutreffen, das zudem in Verbindung mit dem Tiefengrundwasser stehe, aus dem die Stadt F. über 20 Brunnen jährlich bis zu 5,4 Millionen Kubikmeter Grundwasser für ihre Trinkwasserversorgung fördere.
Gegen die Anordnung des Sofortvollzuges des Sanierungsbescheides wandten sich die Beschwerdeführer im Ergebnis erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof wies den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Juli 1991 im Wesentlichen zurück (BayVBl 1992, S. 274). Dabei ging er davon aus, dass die Beschwerdeführer nicht nur als Zustandsverantwortliche, sondern auch als Handlungsstörer hafteten. Sie hätten die Grundstücke zum Zweck der Nutzung als Wurftaubenschießanlage verpachtet; die Gefährdung sei nicht allein durch den Sportschützenbetrieb, sondern auch durch die Verpachtung zu diesem Zwecke herbeigeführt worden. Aus diesem Grunde verstoße die Sanierungsanordnung auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, obwohl die finanziellen Belastungen in keinem Verhältnis zu den erzielten Pachteinnahmen stünden. Daraufhin ließen die Beschwerdeführer die geforderte Sanierung durchführen. Sie wurde 1997 abgeschlossen und kostete insgesamt 5,9 Millionen DM.
Mit der Klage im Hauptsacheverfahren begehrten die Beschwerdeführer die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sanierungsanordnung sowie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5,5 Millionen DM nebst Zinsen. Die Sanierungsanordnung sei rechtswidrig, weil das Grundeigentum vollständig entwertet werde. Pachteinnahmen von insgesamt 160.000 DM stünden Sanierungskosten in vielfacher Höhe gegenüber. Dies hätte aus verfassungsrechtlichen Gründen zumindest im Rahmen der Ermessensausübung berücksichtigt werden müssen.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Sanierungsanordnung sei nicht deshalb rechtswidrig, weil sie unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht habe. Eine Beschränkung der Haftung des Eigentümers als Zustandsstörer sei weder verfassungsrechtlich geboten noch in der bisherigen Rechtsprechung anerkannt. Die Auffassung, die Sozialpflichtigkeit des Eigentums sei auf den konkreten Eigentumsgegenstand beschränkt, sei als reine Hypothese zu beurteilen. Es entspreche vielmehr der wohl fast einhelligen Rechtsprechung, die Frage der Haftungsbegrenzung auch des Zustandsstörers danach zu beurteilen, ob er sich in einer Opferposition befinde oder die finanzielle Belastung seiner Risikosphäre zuzuordnen sei. Letzteres sei bei Teilnahme am Wirtschaftsverkehr wie der Verpachtung eines Grundstückes zu bejahen. Die vom Verwaltungsgerichtshof im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vertretene Auffassung, die Beschwerdeführer seien auch als Verhaltensstörer zu betrachten, griff das Verwaltungsgericht nicht mehr auf.
Der Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung nicht zu. Er führte zur Begründung im Wesentlichen aus, das Eigentum und die Sachherrschaft an einem Grundstück seien taugliche Anknüpfungspunkte für die wasserrechtliche Verantwortlichkeit. Die von den Beschwerdeführern als klärungsbedürftig erachtete Frage, ob ein Eigentümer für Sanierungen in Anspruch genommen werden könne, wenn deren Kosten den Verkehrswert des Grundstückes um ein Vielfaches überstiegen, lasse sich offensichtlich nur differenziert beantworten. Sie sei grundsätzlich zu bejahen, jedoch müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall beachtet werden. Der vorliegende Fall gebe für eine Rechtsfortbildung keinen Anlass. Die Beschwerdeführer hätten das Gelände, dessen Sanierung in Rede stehe, gefahrenträchtig und Gewinn bringend verpachtet; die Frage einer Begrenzung der Schadensverantwortung auf den Grundstückswert werde bei dieser Art der Sachverhaltsgestaltung nicht akut.
2. Mit der gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs gerichteten Verfassungsbeschwerde wird eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 103 Abs. 1 GG gerügt. Aus der nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu gewährleistenden Privatnützigkeit des Eigentums folgten Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit. Die Privatnützigkeit werde aufgehoben, wenn und soweit die Sanierungskosten im Verhältnis zum Wert der konkreten Sache unverhältnismäßig hoch seien und die Mehrbelastung jegliche wirtschaftliche Nutzung der Sache vereitele oder unzumutbar erschwere. Genau diese Situation der dauernden Verlustzufügung sei vorliegend eingetreten. Die Beschwerdeführer hätten Sanierungskosten in einer Höhe aufgewandt, die den konkreten Grundstückswert um mindestens das 20-fache übersteige. Sie hätten ihr sonstiges Vermögen einsetzen müssen, um die Kosten aufbringen zu können. Selbst über mehrere Generationen hinweg werde es den Beschwerdeführern nicht möglich sein, aus der weiteren Nutzung der sanierten Grundstücke die Sanierungskosten nachträglich zu erwirtschaften.
Unhaltbar sei die Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs, die Beschwerdeführer hätten eine riskante und gefahrenträchtige Verpachtung vorgenommen. Selbst wenn dieser Vorwurf zutreffen sollte, blieben die sich aus der Eigentumsgarantie ergebenden Schranken maßgeblich. Im Übrigen werde hier in willkürlicher Weise mit zweierlei Maß gemessen. Im Zusammenhang mit der im verwaltungsgerichtlichen Urteil ausführlich diskutierten Frage der Legalisierungswirkung der erteilten Genehmigungen habe das Verwaltungsgericht ausdrücklich darauf abgestellt, dass den Behörden bei Erteilung der Genehmigungen für den Schießplatz die daraus folgenden möglichen Umweltprobleme nicht bewusst gewesen seien. Auch und gerade aus diesem Grunde sei eine Legalisierungswirkung verneint worden. Der Verwaltungsgerichtshof billige dieses Ergebnis. An die Beschwerdeführer würden also offensichtlich weit strengere Maßstäbe angelegt. Ihnen werde vorgehalten, bewusst ein Risiko eingegangen zu sein, und deshalb eine schrankenlose Folgentragung zugemutet.
Zur Begründung einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG führen die Beschwerdeführer aus, das Verwaltungsgericht sei auf den im Wege der objektiven Klagehäufung gestellten Zahlungsantrag und die dazu angebotenen Beweise mit keinem Wort eingegangen. Die Beweisanträge seien erheblich gewesen, da es darauf ankomme, ob im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eine Grundwassergefährdung auf Grund unstrittiger oder bewiesener Tatsachen noch bestanden habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe dadurch Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, dass er dem Verstoß der Vorinstanz gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht abgeholfen habe.
IV.
In dem Verfahren 1 BvR 242/91 haben die Regierung des Landes Baden-Württemberg und der Bundesgerichtshof zu den Rechtsfragen Stellung genommen.
1. Die Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für nicht begründet. Den Versuchen in der Literatur, die Zustandsverantwortlichkeit in Opferlagen einzuschränken, könne nicht gefolgt werden. Die Opferlehre wolle Art. 14 Abs. 1 und 2 GG feste Grenzen der Zustandshaftung entnehmen, die in jedem Fall ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers eingriffen.
Die Opferlehre verfehle die Schutzrichtung der Eigentumsgarantie, weil sie letztlich die Rentabilität der Sache und damit den Vermögenswert des Eigentums sichere, der aber von Art. 14 GG nicht geschützt werde. Sie leide darüber hinaus an Brüchen und inneren Widersprüchen. So springe sie willkürlich vom objektiven Schutz des Eigentums auf subjektive Merkmale, nämlich die Kenntnis oder Erkennbarkeit der Altlast, die aus der Perspektive der objektiven Gewährleistung des Art. 14 GG sachwidrig und im Blick auf das Ziel polizeilicher Gefahrenabwehr sinnwidrig seien. Sachwidrig sei die Opferlehre zudem, soweit sie die Beseitigungs- und Kostenpflicht nicht trenne und den Eigentümer zum Nichtstörer machen wolle, der nur unter engen Voraussetzungen und gegen Kostenausgleich zur Duldung der Gefahrenbeseitigung verpflichtet werden könne. Würde der Eigentümer nach der Opferlehre freigestellt, müsste regelmäßig die Allgemeinheit die Sanierung bezahlen; die daraus folgende Verkehrswertsteigerung verbliebe jedoch dem Eigentümer.
Die Beschwerdeführerin hätte sich darüber hinaus in keiner Opferlage befunden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe auf Grund langjähriger Nachbarschaft die Verwendung großer Mengen von Lösemitteln auf dem später ersteigerten Grundstück nicht übersehen können und zudem nach eigenem Bekunden bereits 1975 festgestellt, dass aus dem dortigen Tiefbrunnen entnommenes Wasser nach Lösungsmitteln rieche.
2. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat Stellungnahmen der Vorsitzenden des III. und des V. Zivilsenats übermittelt.
Der Vorsitzende des III. Zivilsenats weist auf das Urteil vom 23. Juni 1994 – III ZR 54/93 – (BGHZ 126, 279) hin. Der Vorsitzende des V. Zivilsenats bezieht sich auf die ständige Rechtsprechung des Senats, wonach der Eigentümer eines Grundstücks, von dem eine Störung ausgeht, zivilrechtlich grundsätzlich uneingeschränkt als Zustandsstörer hafte. Das gelte auch, wenn der Beeinträchtigungszustand von seinem Rechtsvorgänger herbeigeführt worden sei (vgl. BGH, NJW 1989, S. 2541 ≪2542≫ m.w.N.). Es komme nicht darauf an, ob der jetzige Eigentümer den störenden Zustand gekannt habe (vgl. BGH, NJW-RR 1996, S. 659 ≪660≫). Allerdings seien Störungen, die durch Naturereignisse ausgelöst würden, dem Grundstückseigentümer nur zuzurechnen, wenn er sie durch eigene Handlungen oder durch ein pflichtwidriges Unterlassen ermöglicht habe (vgl. BGH, NJW 1995, S. 2633 m.w.N.). Dabei sei eine wertende Betrachtungsweise nötig, weil andernfalls dem Grundstückseigentümer viel zu weitgehend auch Einwirkungen zugerechnet würden, die ein allgemeines Risiko darstellten und für die er nach Sinn und Zweck der nachbarrechtlichen Regelung des Nutzungskonflikts (§§ 903 ff. BGB) nicht mehr verantwortlich gemacht werden könne (a.a.O., S. 2634).
Entscheidungsgründe
B.
Die zulässigen Verfassungsbeschwerden sind begründet. Die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
I.
1. Die Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers berühren den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
Die maßgeblichen sicherheitsrechtlichen Eingriffsermächtigungen in Verbindung mit den Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit räumen den Behörden die Befugnis ein, den Eigentümer zur Gefahrenabwehr auf seine Kosten zu verpflichten. Der Gesetzestatbestand setzt auf Seiten des Zustandsverantwortlichen nur das gegenwärtige Eigentum an dem Grundstück, von dem die Gefahr ausgeht, voraus. Auch wenn häufig die finanzielle Belastung die wichtigste Konsequenz der Pflicht zur Altlastensanierung sein mag, rechtfertigt dies nicht, die Zustandsverantwortlichkeit und darauf gestützte Anordnungen der Behörden auf eine Geldleistungspflicht zu reduzieren. Wird der Eigentümer als Zustandsverantwortlicher in Anspruch genommen, ist originärer Inhalt der Verpflichtung seine auf eine Gefahren- oder Störungsbeseitigung gerichtete öffentlichrechtliche Handlungspflicht. Kommt er dieser Pflicht nach, ergibt sich seine Belastung aus der notwendigen, kostenverursachenden Sanierung seines Eigentumsgegenstandes sowie letztlich aus dem Fehlen von Entschädigungs- oder Erstattungsansprüchen gegen den Träger öffentlicher Gewalt. Die andernfalls in Frage kommende Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen ist eines der herkömmlichen Instrumente der Verwaltungsvollstreckung zur Durchsetzung originärer Handlungspflichten des Vollstreckungsschuldners. Entscheidend für die rechtliche Qualifikation der Zustandsverantwortlichkeit und darauf gründender Sanierungspflichten kann jedoch nicht das gegebenenfalls eingesetzte Zwangsmittel, sondern nur die damit durchgesetzte Pflicht sein (vgl. BVerwGE 10, 282 ≪284 f.≫). Die Zustandsverantwortlichkeit als Verpflichtung des Eigentümers zur Gefahrenabwehr oder Störungsbeseitigung berührt somit durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Rechtspositionen.
2. Das Eigentum ist ein elementares Grundrecht; das Bekenntnis zu ihm ist eine Wertentscheidung des Grundgesetzes von besonderer Bedeutung für den sozialen Rechtsstaat (vgl. BVerfGE 14, 263 ≪277≫). Der Eigentumsgarantie kommt im Gefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 97, 350 ≪370 f.≫; stRspr). Das verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum ist durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet (vgl. BVerfGE 31, 229 ≪240≫; 50, 290 ≪339≫; 52, 1 ≪30≫; 100, 226 ≪241≫). Es soll ihm als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privatem Interesse von Nutzen sein (vgl. BVerfGE 100, 226 ≪241≫) und genießt einen besonders ausgeprägten Schutz, soweit es um die Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht (vgl. BVerfGE 50, 290 ≪340≫; stRspr). Zugleich soll der Gebrauch des Eigentums dem Wohl der Allgemeinheit dienen (Art. 14 Abs. 2 GG). Hierin liegt die Absage an eine Eigentumsordnung, in der das Individualinteresse den unbedingten Vorrang vor den Interessen der Gemeinschaft hat (vgl. BVerfGE 21, 73 ≪83≫).
3. Weder die gesetzlichen Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit, auf denen die in den Ausgangsverfahren angefochtenen Anordnungen beruhen, noch diese Verwaltungsakte selbst stellen eine Enteignung im Sinn von Art. 14 Abs. 3 GG dar. Die einschlägigen Vorschriften bestimmen vielmehr Inhalt und Schranken des Eigentums und sind daher anhand von Art. 14 Abs. 1 und 2 GG und nicht nach Art. 14 Abs. 3 GG zu beurteilen.
a) Mit der Enteignung greift der Staat auf das Eigentum des Einzelnen zu. Sie ist darauf gerichtet, konkrete Rechtspositionen, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind, zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben vollständig oder teilweise zu entziehen. Dies geschieht entweder durch ein Gesetz, das einem bestimmten Personenkreis konkrete Eigentumsrechte nimmt – Legalenteignung –, oder durch behördlichen Vollzugsakt auf Grund gesetzlicher Ermächtigung zu einem solchen Zugriff – Administrativenteignung – (vgl. BVerfGE 100, 226 ≪239 f.≫; stRspr).
Die gesetzlichen Regelungen über die Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers enthalten keine Ermächtigung der Exekutive, ein bestimmtes, von ihr zur Wahrung öffentlicher Aufgaben benötigtes Vermögensobjekt ganz oder teilweise zu entziehen, sondern begründen in genereller und abstrakter Weise die Pflicht des Eigentümers, von seinem Grundstück ausgehende Gefahren für die Allgemeinheit zu beseitigen. Diese Vorschriften und die daran anknüpfenden Befugnisse der Behörden bestimmen somit in allgemeiner Form den Inhalt des Grundeigentums. Der Staat, der den Zustandsverantwortlichen zum Zweck der Gefahren- oder Störungsbeseitigung in Anspruch nimmt, greift auch nicht auf das Grundstück zu, um es zur Erfüllung bestimmter Gemeinwohlzwecke zu verwenden. Die Sanierung seines Grundstücks stellt sich im Übrigen aus der Sicht des Eigentümers vielfach nicht nur als fremdnützig, sondern jedenfalls bis zu einer gewissen Belastung auch als eigennützig dar, wenn die Altlast ihn in der Nutzung des Grundstücks faktisch beschränkt.
Regelungen, die Inhalt und Schranken des Eigentums festlegen, erhalten auch dann keinen enteignenden Charakter, wenn sie im Einzelfall die Eigentümerbefugnisse über das verfassungsrechtlich zulässige Maß hinaus einschränken. Eine verfassungswidrige Inhaltsbestimmung stellt nicht zugleich einen „enteignenden Eingriff” im verfassungsrechtlichen Sinn dar und kann wegen des unterschiedlichen Charakters von Inhaltsbestimmung und Enteignung auch nicht in einen solchen umgedeutet werden (vgl. BVerfGE 52, 1 ≪27 f.≫; 58, 300 ≪320≫; 79, 174 ≪192≫; 100, 226 ≪240≫). Das gilt auch, wenn die Anwendung einer inhaltsbestimmenden Norm das Eigentum völlig entwertet. Allerdings ist zu beachten, dass der Gesetzgeber in einem solchen Fall besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen unterliegt (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪212 f.≫).
b) Der Gesetzgeber, der Inhalt und Schranken der als Eigentum grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bestimmt, hat dabei sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) Rechnung zu tragen. Das Wohl der Allgemeinheit, an dem sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zu orientieren hat, ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentümers (vgl. BVerfGE 25, 112 ≪118≫; 50, 290 ≪340 f.≫; 100, 226 ≪241≫). Der Gesetzgeber hat dabei die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen (vgl. BVerfGE 100, 226 ≪240≫) und sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen zu halten. Insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden.
Die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers ist nicht für alle Sachbereiche gleich. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz. Demgegenüber ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers umso größer, je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion von entscheidender Bedeutung (vgl. BVerfGE 50, 290 ≪340 f.≫; 53, 257 ≪292≫; 100, 226 ≪241≫).
II.
1. Nach den dargelegten Maßstäben sind die sicherheitsrechtlichen Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers eine zulässige Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Ziel der Vorschriften ist es, unbeschadet der Haftung des Verursachers eine effektive Gefahrenabwehr auch durch den Eigentümer als Herrn der Sache sicherzustellen. Der Eigentümer hat regelmäßig die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, auf die Sache und damit auch auf die Gefahrenquelle einzuwirken. Die Zustandsverantwortlichkeit findet in der durch die Sachherrschaft vermittelten Einwirkungsmöglichkeit auf die gefahrenverursachende Sache ihren legitimierenden Grund. Der Eigentümer kann überdies aus der Sache Nutzen ziehen. Auch dies rechtfertigt es, ihn zur Beseitigung von Gefahren, die von der Sache für die Allgemeinheit ausgehen, zu verpflichten (vgl. BVerwG, DVBl 1986, S. 360 ≪361≫). Die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Nutzung und Verwertung des Sacheigentums korrespondiert mit der öffentlichrechtlichen Pflicht, die sich aus der Sache ergebenden Lasten und die mit der Nutzungsmöglichkeit verbundenen Risiken zu tragen.
2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers in den angegriffenen Entscheidungen genügen indes nicht den Anforderungen der grundrechtlichen Eigentumsgarantie.
a) Die Gerichte haben – ebenso wie schon die Verwaltungsbehörden – bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 GG zu beachten. Sie müssen bei ihren Entscheidungen der verfassungsrechtlichen Anerkennung des Privateigentums sowie seiner Sozialpflichtigkeit gleichermaßen Rechnung tragen und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.
b) Daran gemessen begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die sicherheitsrechtlichen Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit dahingehend auszulegen, dass der Eigentümer eines Grundstücks allein wegen dieser Rechtsstellung verpflichtet werden kann, von dem Grundstück ausgehende Gefahren zu beseitigen, auch wenn er die Gefahrenlage weder verursacht noch verschuldet hat.
Die Gemeinwohlziele, denen das Eigentum nach Art. 14 Abs. 2 GG verpflichtet ist, finden bei von einem Grundstück ausgehenden Gefahren für Leben und Gesundheit oder das Grundwasser überdies eine verfassungsrechtliche Grundlage insbesondere in der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und dem Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen in Art. 20 a GG. Beide Verfassungsbestimmungen betreffen hochrangige Gemeinwohlbelange, die den Auftrag aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG verstärken und das grundrechtlich geschützte Interesse des Eigentümers, in der privatnützigen Verwendung seines Grundstücks nicht beschränkt zu werden, überwiegen.
Die Zustandsverantwortlichkeit findet ihren Grund in der mit dem Eigentum verbundenen Sachherrschaft sowie in der Verbindung von Vorteilen und Lasten der Sache. Wie dem Eigentümer nach geltendem Recht die Vorteile der privaten Nutzung der Sache auch dann zufließen, wenn sie ohne sein Zutun entstehen, muss er die Lasten der Sache auch dann tragen, wenn die Gefahr nicht durch ihn verursacht worden ist.
In einer Reihe von Fällen liegt die Sanierung von Altlasten überdies nicht allein im öffentlichen Interesse, sondern zugleich im privaten Interesse des Eigentümers, so dass die Sanierungspflichten weniger schwer wiegen. Hiervon ist beispielsweise auszugehen, wenn Verunreinigungen des Bodens und des Grundwassers die Nutzung des Grundstücks beeinträchtigen oder gänzlich unmöglich machen und nur durch die Gefahrenbeseitigung die Nutzbarkeit des Grundstücks wiederherzustellen ist. Außerdem werden durch die Sanierung regelmäßig der Verkehrswert des Grundstücks und sein individueller Nutzungswert erheblich gesteigert.
Es ist daher von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Verwaltungsgerichte davon ausgehen, dass es für die Erfüllung der Voraussetzungen der Zustandsverantwortlichkeit unerheblich ist, auf welche Umstände der Gefahrenzustand zurückzuführen ist und ob der Eigentümer der Sache die Gefahr verursacht oder gar verschuldet hat. Es ist verfassungsrechtlich insbesondere nicht geboten, den Eigentümer in den Fällen, in denen er die Gefahr weder verursacht noch verschuldet hat, als Nichtstörer im Sinne der sicherheitsrechtlichen Vorschriften zu qualifizieren, dem in jedem Fall eine Entschädigung wegen eingriffsbedingter Nachteile zu gewähren wäre. Der Zustandsverantwortliche muss auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen als stets nachrangig Haftender angesehen werden, dessen Inanspruchnahme nur dann ermessensfehlerfrei wäre, wenn Verursacher der Gefahr nicht (mehr) vorhanden oder zur Gefahrenbeseitigung außer Stande sind.
c) Auch wenn die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers als solche mit der Verfassung in Einklang steht, so kann sie aber im Ausmaß dessen, was dem Eigentümer zur Gefahrenabwehr abverlangt werden darf, begrenzt sein. Besondere Bedeutung hat hierbei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der nur erforderliche und im Hinblick auf den Zweck angemessene und zumutbare Grundrechtsbeeinträchtigungen zulässt. Das ist auch bei der Belastung des Eigentümers mit den Kosten einer Sanierungsmaßnahme zu beachten. Eine solche Belastung ist nicht gerechtfertigt, soweit sie dem Eigentümer nicht zumutbar ist. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist die Belastung des zustandsverantwortlichen Eigentümers zu berücksichtigen und mit den betroffenen Gemeinwohlbelangen abzuwägen. Vor allem folgende Gesichtspunkte sind hierbei maßgeblich:
aa) Die sicherheitsrechtliche Pflicht zur Gefahrenabwehr auf eigene Kosten entzieht dem Eigentümer das Grundstück nicht als Gegenstand künftiger Nutzung. Rechtlich bleiben die Substanz wie die Verfügungs- und Nutzungsbefugnisse unberührt. Die Belastung des Eigentümers mit den Kosten führt aber dazu, dass er Verluste aus dem Grundstück erleidet und in der Verwendung von Eigentum zu eigenem Nutzen beeinträchtigt wird. Im Regelfall hat er dies als Folge der Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen, um eine effektive Beseitigung der von seinem Grundstück ausgehenden Gefahren zu ermöglichen.
bb) Zur Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer hierdurch an Belastungen zugemutet werden darf, kann als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dienen, spiegeln sich in dem Verkehrswert doch nicht nur die Erträge seiner eigenen Nutzung, sondern auch Vorteile, die ohne eigene Mitwirkung und Leistung entstehen. Das sind vor allem planungs- und marktbedingte Steigerungen des Grundstückswerts. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt in der Regel das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks. Er kann darüber hinaus nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu erhalten. Das Eigentum kann damit für ihn gänzlich seinen Wert und Inhalt verlieren. Mehr als einen Anhaltspunkt stellt der Verkehrswert allerdings unter anderem deshalb nicht dar, weil das individuelle Interesse des Eigentümers am Grundstück dessen Verkehrswert möglicherweise überschreitet.
cc) Eine diese Grenzen überschreitende Belastung kann insbesondere dann unzumutbar sein, wenn die Gefahr, die von dem Grundstück ausgeht, aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit zuzurechnenden Ursachen oder von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrührt. In diesen Fällen darf die Sanierungsverantwortlichkeit nicht unbegrenzt dem alle Sicherungspflichten einhaltenden Eigentümer zur Last fallen. Anderenfalls würden ihm im Übermaß Risiken aufgebürdet, die auf Umständen beruhen, die losgelöst von der Sachherrschaft über das Grundstück sind und jenseits seiner Verantwortungssphäre liegen. Ob in diesen Fällen weitergehende Grenzen der Belastung aus anderen Gründen, etwa aus dem Sozialstaatsgebot, zu beachten sind, bedarf hier keiner Entscheidung.
dd) Die Belastung des Zustandsverantwortlichen mit Sanierungskosten bis zur Höhe des Verkehrswertes kann ferner in Fällen unzumutbar sein, in denen das zu sanierende Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen bildet und die Grundlage seiner privaten Lebensführung einschließlich seiner Familie darstellt. In solchen Fällen tritt die Aufgabe der Eigentumsgarantie, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen, in den Vordergrund (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪208≫; stRspr). Hier ist die Grenze der zumutbaren Belastung gewahrt, wenn die Kosten die Vorteile aus der weiteren Nutzung des Grundstücks nach Sanierung nicht übersteigen. Demgegenüber kann die Grenze überschritten sein, wenn etwa der Eigentümer eines Eigenheims unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage das Grundstück nicht mehr halten kann.
ee) Eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigt, kann allerdings zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis von Altlasten, die von früheren Eigentümern oder Nutzungsberechtigten verursacht worden sind, erworben hat oder wenn er zulässt, dass das Grundstück in einer risikoreichen Weise genutzt wird, zum Beispiel zum Betrieb einer Deponie oder zur Auskiesung mit anschließender Verfüllung. Auch derartige Umstände sind bei der erforderlichen Abwägung schutzwürdiger Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit beachtlich. Wer ein solches Risiko bewusst eingeht, kann seiner Inanspruchnahme als Zustandsverantwortlicher nicht entgegenhalten, seine Haftung müsse aus Gründen des Eigentumsschutzes begrenzt sein. Denn das freiwillig übernommene Risiko mindert die Schutzwürdigkeit des Eigentümers.
Auch dann, wenn und soweit Risikoumstände beim Erwerb eines Grundstücks oder bei der Nutzungsgewährung an Dritte zwar erkennbar waren oder im Verlauf der Nutzung hätten erkannt werden können, der Eigentümer aber in fahrlässiger Weise die Augen davor geschlossen hat, kann dies dazu führen, dass eine Kostenbelastung über die Höhe des Verkehrswerts hinaus zumutbar ist. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit kann der Grad der Fahrlässigkeit erheblich sein. Die Zumutbarkeit kann ferner davon beeinflusst werden, ob der Eigentümer Vorteile aus dem Risiko – etwa durch einen reduzierten Kaufpreis oder einen erhöhten Pachtzins – erzielt hat.
Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung berücksichtigt dies nicht hinreichend (vgl. BVerwG, NVwZ 1991, S. 475). Die uneingeschränkte und unbedingte Gleichsetzung des Handelns in „vorwerfbarer” Unkenntnis des Risikos mit dem Handeln in positiver Kenntnis trägt dem verfassungsrechtlichen Erfordernis eines in jeder Hinsicht gerechten und verhältnismäßigen Ausgleichs zwischen den schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und den Belangen des Gemeinwohls nicht in vollem Umfang Rechnung. Eine unterschiedslose Gleichsetzung beider Verhaltensweisen verbietet sich insbesondere deshalb, weil die Schutzwürdigkeit der vom Eigentümer erworbenen oder überlassenen Position in unterschiedlichem Ausmaß gemindert sein kann.
ff) In Fällen, in denen eine Kostenbelastung über den Verkehrswert hinaus an sich zumutbar ist, kann sie nicht auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers bezogen werden. Dem Eigentümer ist nicht zumutbar, unbegrenzt für die Sanierung einzustehen, das heißt auch mit Vermögen, das in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück steht. Dagegen kann es zumutbar sein, Vermögen zur Sanierung einzusetzen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine funktionale Einheit darstellt, etwa wenn dieses Bestandteil eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder sonstigen Unternehmens ist. Dies gilt insbesondere für Grundvermögen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine solche Einheit bildet. Aber auch der Zugriff auf dieses sonstige Vermögen darf nur unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen. Wird auf Grund der mit der Sanierung verbundenen Kostenbelastung die Fortführung des Unternehmens oder Betriebs gefährdet, ist bei der Abwägung das in Art. 14 Abs. 3 GG zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes zu beachten, weil sich die Belastung für den Betroffenen faktisch wie eine Enteignung ohne angemessene Entschädigung auswirkt. Die völlige oder ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪212 f.≫).
Die Zumutbarkeit der mit der Zustandsverantwortung zu tragenden Kostenlasten kann demnach nicht generell an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Eigentümers gemessen werden. Die Eigentumsgarantie bezweckt den Schutz des konkreten Bestands des Eigentums in der Hand des Eigentümers. Eine unverhältnismäßige Beschränkung der Privatnützigkeit einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten vermögenswerten Position wird nicht dadurch verhältnismäßig, dass der Eigentümer sie auf Grund seines sonstigen Vermögens ausgleichen und ertragen kann.
d) Solange der Gesetzgeber, dem es nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG obliegt, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, die Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit nicht ausdrücklich regelt, haben die Behörden und Gerichte durch Auslegung und Anwendung der die Verantwortlichkeit und die Kostenpflicht begründenden Vorschriften sicherzustellen, dass die Belastung des Eigentümers das Maß des nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG Zulässigen nicht überschreitet. Sie haben insbesondere anhand der vorstehend genannten Kriterien eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügende Begrenzung der finanziellen Belastung des Grundeigentümers im Rahmen einer ausschließlich auf seine Zustandsverantwortlichkeit gestützten Altlastensanierung zu gewährleisten.
Ordnet die Verwaltung Sanierungsmaßnahmen an, so ist damit nach der einfachgesetzlichen Regelung die volle Tragung der Kosten durch den Pflichtigen verbunden. Ist die Kostenbelastung aber wegen fehlender Zumutbarkeit von Verfassungs wegen begrenzt, muss die Verwaltung auch über die Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen entscheiden (vgl. BVerfGE 100, 226 ≪246≫). Ein Eigentümer, der eine ihn in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG beeinträchtigende behördliche Sanierungsanordnung wegen der damit verbundenen Kostenbelastung für unverhältnismäßig hält, muss sie im Verwaltungsrechtsweg anfechten. Lässt er diesen Verwaltungsakt bestandskräftig werden, so kann er eine Begrenzung seiner Kostenbelastung oder eine (Teil-)Erstattung aufgewandter Sanierungskosten nicht mehr geltend machen. Der Eigentümer muss also entscheiden, ob er die seine Zustandsverantwortlichkeit aktualisierende Sanierungsanordnung hinnehmen oder anfechten will. Diese Entscheidung kann er sinnvoll nur treffen, wenn er weiß, ob er unbegrenzt mit den Kosten belastet wird oder mit welcher Kostenbelastung er höchstens zu rechnen hat. Sind der Verwaltung die Gründe der Unzumutbarkeit im Zeitpunkt der Sanierungsanordnung nicht oder nicht vollständig bekannt, so dass über die Kostentragung zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden werden kann, ist die Sanierungsverfügung mit dem Vorbehalt einer gesonderten Entscheidung über die Kostentragung zu verbinden.
Auch die Verwaltungsgerichte müssen wissen, ob und wieweit der Eigentümer mit Sanierungskosten belastet wird, um die Rechtmäßigkeit eines in Eigentumspositionen eingreifenden Verwaltungsakts abschließend beurteilen zu können (vgl. BVerfGE 100, 226 ≪246≫).
III.
Im Verfahren 1 BvR 242/91 sind das Berufungsurteil und der die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisende Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof ist insbesondere von einer Begrenzung der Zustandsverantwortlichkeit erst bei Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz ausgegangen und hat deshalb in seinem Urteil die von Verfassungs wegen erforderlichen Feststellungen zum Verhältnis von Sanierungskosten und Grundstückswert nicht getroffen. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts enthält in der undifferenzierten Ablehnung jeder Begrenzung der Kostentragungspflicht bei Erwerb des Grundstücks in „fahrlässiger” Unkenntnis des Risikos eine Begründung, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen ebenfalls nicht standhält.
Auch im Verfahren 1 BvR 315/99 sind beide angegriffenen Entscheidungen aufzuheben, weil sie keine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Erwägungen zu den Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit enthalten. Da die Entscheidungen bereits wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG aufzuheben sind, bedarf es nicht mehr der Prüfung, ob auch Art. 103 Abs. 1 GG verletzt ist.
C.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Unterschriften
Papier, Kühling, Jaeger, Haas, Hömig, Steiner, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem
Fundstellen
Haufe-Index 565172 |
BB 2000, 1369 |
DStR 2000, 1364 |
NWB 2000, 2340 |
BauR 2000, 1530 |
BauR 2000, 1722 |
NVwZ 2000, 901 |
EWiR 2000, 655 |
WM 2000, 1656 |
WuB 2000, 977 |
ZfIR 2000, 464 |
JA 2000, 925 |
VBlBW 2000, 430 |
ZInsO 2000, 518 |
BRS 2000, 899 |
FSt 2001, 189 |