(1) 1Wenn der Täter den Steuervorteil (die Kindergeldzahlung) für sich oder einen anderen nicht erlangt hat, kommt nur der Tatbestand der versuchten Steuerhinterziehung in Betracht (§ 23 Abs. 1 StGB, § 370 Abs. 2 AO). 2Nach der gesetzlichen Definition des § 22 StGB versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
3Ein unmittelbares Ansetzen ist gegeben, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschritten hat und sein Verhalten so eng mit der tatbestandlichen Ausführungshandlung verknüpft ist, dass bei ungestörtem Fortgang des Geschehens ohne wesentliche Zwischenakte mit der Tatbestandsverwirklichung zu rechnen ist. 4Bei einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO beginnt das Versuchsstadium mit der Abgabe der unrichtigen oder unvollständigen Angaben. 5Handelt es sich um eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, kann zugunsten des Berechtigten eine Mitteilung nach § 68 EStG bis zu einem Monat nach dessen Kenntnisnahme von der Änderung der Verhältnisse als unverzüglich angesehen werden. 6In besonders begründeten Einzelfällen (z.B. Tod des Kindes) kann auch eine Mitteilung bis zu sechs Monate nach Kenntnisnahme als hinreichend betrachtet werden. 7Handlungen, die der Berechtigte vor Beginn des Versuchsstadiums im Zusammenhang mit der versuchten Steuerhinterziehung vornimmt, sind straflose Vorbereitungshandlungen. 8Gehört zu diesen Vorbereitungshandlungen die Ausstellung unrichtiger Belege, ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu prüfen (vgl. S 2.2 und S 10.2.2). 9Unabhängig von der konkreten Gefährdung des Rechtsguts ist der Versuch auch dann strafbar, wenn lediglich nach der Vorstellung des Täters eine Rechtsgutsverletzung drohte (Umkehrschluss aus der Strafbarkeit bei grobem Unverstand, § 23 Abs. 3 StGB).
(2) 1Die versuchte Tat wird nicht bestraft, wenn die Voraussetzungen des Rücktritts vom Versuch nach § 24 Abs. 1 StGB (Strafaufhebungsgrund) vorliegen. 2Danach muss der Täter entweder die weitere Ausführung der Tat freiwillig aufgegeben (bei nicht beendetem Versuch) oder die Vollendung der Tat durch eigene Tätigkeit verhindert haben (bei beendetem Versuch). 3Da der Täter im Falle des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO bereits unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat und im Falle des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO die Finanzbehörde bereits in Unkenntnis gelassen hat, kann ein Rücktritt nur durch aktives Tun des Täters erfolgen, insofern liegt grundsätzlich immer ein Fall des § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB (beendeter Versuch) vor.
(3) Neben § 24 StGB können auch die Voraussetzungen des § 371 AO gegeben sein, der Rücktritt und die Selbstanzeige (vgl. S 6) schließen sich nicht gegenseitig aus.