Tz. 28
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
- Voll unentgeltliche Übertragung
Werden einbringungsgeborene Anteile unentgeltlich übertragen, führt der Erwerber die St-Verstrickung der Anteile fort (s Tz 33). Der unentgeltliche Rechtsträgerwechsel ist nämlich regelmäßig kein Gewinnrealisierungstatbestand iSd § 21 UmwStG (Ausnahmen bei den Veräußerungsersatztatbeständen, s Tz 31), der zu einer "Enthaftung" der Anteile nach § 21 UmwStG führen würde. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 21 Abs 1 S 1 UmwStG, nach dem der Veräußerer von einbringungsgeborenen Anteilen die stillen Reserven auch dann zu realisieren hat, wenn er selbst zwar keine Sacheinlage erbracht hat, aber die Anteile unentgeltlich vom Rechtsvorgänger erworben hat. Die unentgeltliche Rechtsnachfolge in die St-Verhaftung der Anteile sichert die Besteuerung der bei einer st-neutralen oder st-begünstigten Einbringung nicht realisierten stillen Reserven, indem die in den einbringungsgeborenen Anteilen "gespeicherten" stillen Reserven (unter Durchbrechung des Subjekt-St-Prinzips, s Tz 33 aE) nunmehr in Pers des/der unentgeltlichen Erwerber bei einem Realisationsakt "nachgeholt" wird (s Tz 1).
Die Qualität der Anteile als einbringungsgeborene Anteile iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG wird mit jeder weiteren unentgeltlichen Übertragung fortgeführt. Dies gilt
- ohne zeitliche Beschränkung,
- ungeachtet der Tatsache, dass die Beteiligung bereits mehrfach unentgeltlich übertragen worden ist und
- auch bei Teilung der Beteiligung durch unentgeltliche Übertragung an vd Rechtsnachfolger (zB Übergang im Wege der Erbfolge auf eine Erbengemeinschaft oder Schenkung von Teilanteilen an mehrere Kinder).
Eine unentgeltliche Übertragung liegt vor, wenn die Anteile nach dem Willen der Vertragsparteien ohne Gegenleistung übertragen werden. Dies ist der Fall bei einer vorweggenommenen Erbfolge oder (anderen) Schenkung ohne Auflage, Versorgungsleistungen oder Gleichstellungsgeld (s §§ 516ff BGB), bei der Erbfolge oder einer unbenannten Zuwendung unter Ehegatten (s Urt des BFH v 02.03.1994, BStBl II 1994, 366). Eine unentgeltliche Übertragung der Anteile liegt auch vor, wenn eine betriebliche Sachgesamtheit (zB Betrieb, Teilbetrieb) unentgeltlich (iSd § 6 Abs 3 EStG) übergeht und zum Gesamt-BV auch einbringungsgeborene Anteile gehören (s Tz 29) oder, wenn ein aus einbringungsgeborenen Anteilen abgeleitetes Bezugsrecht unentgeltlich überlassen/übertragen wird (s Tz 48a). Im Fall der Anteilsübergänge zwischen Angehörigen kann keine (Voll-)Entgeltlichkeit vermutet werden; bei fremden Pers hingegen besteht die (widerlegbare) Vermutung einer Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung (zB s Schmidt, in H/H/R, § 17 EStG Rn 80 mwNachw).
Werden einbringungsgeborene Anteile an (wichtige, verdiente) Arbeitnehmer ohne gesonderte Berechnung übertragen, ist idR davon auszugehen, dass "ein Tausch gegen Arbeitslohn und damit eine Entgeltlichkeit vorliegt" (s Heinrichs, GmbH-Stpr 2013, 161).
Tz. 29
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Zur Frage der Entgeltlichkeit des Erwerbs von wertlosen Anteilen an einer überschuldeten Kap-Ges s Urt des BFH v 03.08.2016, BFH/NV 2017, 156; s Schmidt, in H/H/R, § 17 EStG Rn 80.
Einbringungsgeborene Anteile können auch als (unselbständiger) Bestandteil einer betrieblichen Sachgesamtheit unentgeltlich übertragen werden (zB Erbfall hinsichtlich eines Einzel-Gew, zu dessen BV einbringungsgeborene Anteile gehören). Wird ein (Teil-)Betrieb oder MU-Anteil gegen ein Teilentgelt übertragen, ist insgesamt (dh auch hinsichtlich der einbringungsgeborenen Anteile) ein voll unentgeltlicher Vorgang anzunehmen, wenn das Teilentgelt den (Netto-)Bw der Sachgesamtheit nicht überschreitet (sog Einheitstheorie; zB s Geissler, in H/H/R, § 16 EStG Rn 76).
Tz. 30
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Hat der Übertragende Anteile an einer Kap-Ges, die er zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworben hat (dh Anteile mit vd AK oder Anteile, die einbringungsgeboren iSd § 21 UmwStG und nicht nach § 21 UmwStG st-verstrickt sind) und überträgt er nur einen Teil seiner Beteiligung unentgeltlich, besteht – in bestimmten Grenzen – die Möglichkeit, die zivilrechtliche und stliche Identität der tats übertragenen Anteile zum Zeitpunkt der Abtretung zu bestimmen (wie bei der entgeltlichen Übertragung, Einzelheiten s Tz 82ff). Diese Bestimmung ist für die stliche Beurteilung beim Übertragenden und dem Rechtsnachfolger maßgebend.
Tz. 31
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Die stliche Rechtsnachfolge gem § 21 Abs 1 S 1 UmwStG setzt beim Erwerber voraus, dass für die übertragenen Anteile in seiner Pers dem Grunde nach ein inl Besteuerungsrecht gegeben ist. Ist dies nicht der Fall (zB Schenkung der Anteile an einen Angehörigen, der im Inl keinen Wohnsitz hat), führt die unentgeltliche Übertragung gem § 21 Abs 2 S 1 Nr 2 UmwStG zur Aufdeckung aller stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile beim Übertragenden (s Tz 161) und hat eine Entstrickung der Anteile gem § 21 Abs 1 S 1 UmwStG zur Folge. Der Beschenkte übernimmt keine einbringungsgeborenen Anteile.