Tz. 13
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
In Einbringungsfällen besteht ein besonderes Bedürfnis nach Rechtssicherheit über die stlichen Auswirkungen einer beabsichtigten Umstrukturierung. Dies liegt zum einen darin begründet, dass es sich bei den §§ 20ff UmwStG um komplexe und komplizierte ertragstliche (Sonder-)Vorschriften (mit zahlreichen ungeklärten Rechtsbegriffen) handelt, bei denen zudem mehrere St-Subjekte (übertragender Rechtsträger und ggf deren AE und übernehmende Gesellschaft) beteiligt und vd St-Arten tangiert sind (von der ESt/KSt bis zur GrESt). Dies gilt auch für die mit dem WachstumsBG eingeführte GrESt-Befreiung gem § 6a GrEStG in Umw-Fällen (s Tz 51; s Dettmeier/Giebel, NWB 8/2010, 582 im Fazit: "Es bedarf eines gewissen Mutes, Umstrukturierungen auf der Grundlage von § 6a GrEStG ohne detaillierte Verw-Anw oder verbindliche Auskunft durchzuführen."). Zum anderen sind Einbringungsfälle sehr risikobehaftet, weil bei Versagung der (begehrten) St-Vergünstigungen der §§ 20ff UmwStG idR (ungewollt) sämtliche stillen Reserven der übertragenen WG aufzudecken sind (s 12aff). Es handelt sich hier nämlich grds um Veräußerungssachverhalte (s Tz 52ff) und somit um Gewinnrealisierungstatbestände (von Hageböke/Hendricks, DK 2013, 106, zutr als "Kernrisiko von Umw" bezeichnet), die eine rechtliche Neugestaltung zur Folge hat, die mit ertragstlicher Wirkung nicht mehr rückgängig zu machen ist. Da die Gegenleistung für den Vermögenstransfer in Gesellschaftsrechten besteht, fließen dem Stpfl zudem keine liquiden Mittel zu, die für eine St-Entrichtung zur Verfügung stehen könnten.
Auch eine (Folge-)Umstrukturierung ist mit ungeklärten Risiken verbunden, wenn diese innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach einer st-begünstigten Einbringung erfolgen soll. Hier stellt sich nämlich die für viele Sachverhalte noch offene Frage, ob die Folgeumw eine nachträgliche Einbringungsgewinnbesteuerung auslöst, weil hierin eine "schädliche" Veräußerung der sperrfristverhafteten Anteile iSd § 22 Abs 1 und 2 UmwStG zu sehen ist (dazu s § 22 UmwStG Tz 33ff). Weiss/Brühl führen dazu zu Recht aus: "Umstrukturierungen nach Einbringungen iSd § 20 UmwStG und Anteilstauschen iSd § 21 UmwStG sollten daher weiter mit großer Sorgfalt geplant und nach Möglichkeit mit einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs 2 AO abgesichert werden" (s Weiss/Brühl, FR 2020, 874 unter IV.; ebenso s Tz 13d aE). Dominik (Richter am FG) weist in einer Anm zu einem FG-Urt über einen Sperrfristverstoß iSd § 22 Abs 1 und 2 UmwStG durch Abwärtsverschmelzung darauf hin (EFG 2021, 794/800 unter "Hinw für die Praxis"), dass "es sich bei den §§ 20ff UmwStG um komplexe und komplizierte ertragstliche (Sonder-)Vorschriften" handele und daher "im Ergebnis in Einbringungsfällen die Einholung einer verbindlichen Auskunft eigentlich immer zweckmäßig und geboten" sei.
Schwedhelm/Wollweber (BB 2008, 2208) weisen darauf hin, dass beim St-Berater ein Pflichtverstoß vorliegen kann, wenn er bei einer Einbringung mit unklarer oder komplizierter Rechtslage dem Mandanten nicht empfiehlt, eine verbindliche Auskunft einzuholen (verbindliche Auskunft als Teil des Risikomanagements in Umw-/Einbringungsfällen, dazu s auch Wollweber, AG 2011, 77; ebenso s Stangl, in R/H/vL, UmwStG, 3. Aufl, Anh 14 Rn 11). Auch Compliance-Regeln in Unternehmen (Konzernen) können die Einholung verbindlicher Auskünfte zur Offenlegung und Einschätzung der Risiken von Umstrukturierungen erforderlich machen (anfallende Kosten gehören in die Planungsrechnung).
Zu den stlichen "Risiken" einer Umstrukturierung gehören nicht nur die Auswirkungen von geplanten Einbringungen/Umwandlungen gem §§ 20ff UmwStG auf die vom UmwStG geregelten St-Arten (ESt, KSt und GewSt), sondern (zunehmend) auch die mögliche (ggf Mehrfach-)Belastung mit GrESt (s Tz 50ff).
Tz. 13a
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Für Einbringungssachverhalte wird regelmäßig eine St-Beratung in Auftrag gegeben. Die pflichtgem St-Beratung verlangt sachgerechte Hinw über die Art, die Größe und die mögliche Höhe eines St-Risikos, um den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren und eine Fehlentsch zu vermeiden. Dies kann die Verpflichtung des St-Beraters einschließen, den Mandanten auf die Möglichkeit einer verbindlichen Auskunft des FA hinzuweisen und diese ggf auch zu beantragen. Dies ist insbes in Einbringungsfällen gegeben, weil es sich hier um eine einschneidende, dauerhafte und später praktisch nicht mehr korrigierbare rechtliche Gestaltung handelt (s Tz 13; ständige Rspr, BGH v 08.02.2007, DB 2007, 854). Vor Veröffentlichung des UmwSt-Erl 2011 waren die FA angewiesen, im Hinblick auf die zu erwartende Verw-Anw Anträge auf Erteilung verbindlicher Auskünfte zum UmwStG idF des SEStEG abzulehnen (s dazu Stellungnahme des IDW v 24.01.2011, Ubg 2011, 160; diese "Übergangsphase" dauerte letztlich fünf Jahre an; krit hierzu s Seer, in Tipke/Kruse, § 89 AO Rn 44; s Werder/Dannecker, BB 2013, 284). Diese generelle Nic...