Tz. 54

Stand: EL 114 – ET: 04/2024

Der (zweigliedrige) Tatbestand der Veräußerung iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG setzt sich aus dem Kausal-(Verpflichtungsgeschäft) und dem Erfüllungsgeschäft zusammen (ebenso s Werneburg, in H/M/B, 5. Aufl, Anh § 21aF Rn 82; s Rabback, in R/H/vL, 3. Aufl, § 27 UmwStG Rn 105). Eine Veräußerung liegt somit erst dann vor, wenn ein Veräußerungs-, Tausch-, Einbringungsvertrag, etc durch Erfüllung, dh Übertragung des zivilrechtlichen oder wirtsch Eigentums, realisiert wird (s Urt des BFH v 19.10.2010, BFH/NV 2011, 653). Wird das Eigentum an einer Beteiligung unter einer auflösenden Bedingung übertragen, ist die Veräußerung mit der Übertragung des (wirtsch oder zivilrechtlichen) Eigentums erfolgt (s §§ 1 Abs 1 iVm 5 Abs 1 S 1 BewG). Bei einem Erwerb unter einer aufschiebenden Bedingung (zB Genehmigung des Vertrags durch die inl oder EU-Kartellbehörde) wird die Veräußerung grds erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist (s §§ 1 Abs 1 iVm 4 BewG). Etwas anderes gilt nur, wenn die Vertragsparteien durch entspr Vereinbarungen sicherstellen, dass schon vor Eintritt der Bedingung das wirtsch Eigentum übergehen soll (s Tz 55).

Gem § 15 Abs 3 GmbHG bedarf es zur Abtretung von Geschäftsanteilen an einer GmbH durch den Gesellschafter eines in notarieller Form abgeschlossenen Vertrags. Diese Formvorschrift gilt auch für das Verpflichtungsgeschäft (s § 15 Abs 4 S 1 GmbHG). Ist das Verpflichtungsgeschäft wegen Mängeln nichtig oder unwirksam (zB fehlende notarielle Beurkundung nach § 15 Abs 4 S 1 GmbHG), kann der Mangel durch Nachholen der notariellen Beurkundung beseitigt werden oder durch notariell beurkundete Abtretung nach § 15 Abs 3 GmbHG ex nunc geheilt werden (s § 15 Abs 4 S 2 GmbHG; s Servatius, in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl, § 15 Rn 36).

Bei einer zivilrechtlich formunwirksamen Anteilsübertragung (dh ohne notariell beurkundeten Abtretungsvertrag) geht das wirtsch Eigentum gleichwohl über (s Urt des BFH v 17.02.2004, BStBl II 2004, 651), wenn

  • dem Erwerber das Gewinnbezugsrecht eingeräumt wird,
  • dem Erwerber das Stimmrecht übertragen wird oder der zivilrechtliche Gesellschafter verpflichtet ist, bei der Ausübung des Stimmrechts die Interessen des Erwerbers wahrzunehmen,
  • die getroffenen Vereinbarungen und die formwirksame Abtretung in der Folgezeit tats vollzogen werden und
  • Veräußerer sowie Erwerber fremde Dritte sind (s Urt-Anm von Kleinert/Sedlaczek, GmbHR 2004, 908).
 

Tz. 55

Stand: EL 114 – ET: 04/2024

Geht das wirtsch Eigentum (s § 39 Abs 2 Nr 1 AO) vor dem zivilrechtlichen Eigentum über oder wird nur das wirtsch Eigentum an den einbringungsgeborenen Anteilen übertragen, ist die Veräußerung iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG (bereits) durch die Verschaffung des wirtsch Eigentums erfolgt. Dies bedeutet gleichzeitig den Zeitpunkt der Veräußerung und die Entstehung des VG. Zu den Voraussetzungen der Übertragung des wirtsch Eigentums von Anteilen an Kap-Ges s § 22 UmwStG Tz 37 und s Schwan, Ubg 2023, 504 jeweils mwNachw auf BFH-Rspr.

 

Tz. 56

Stand: EL 114 – ET: 04/2024

Der (echte) Tausch einbringungsgeborener Anteile ist eine entgeltliche Anteilveräußerung iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG (s Tz 58; zu wirtsch vergleichbaren und tauschähnlichen Vorgängen s Tz 60). Bei einem Tausch ist die Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile dann vollzogen, wenn das wirtsch Eigentum an den hingegebenen (einbringungsgeborenen) Anteilen übergeht. Es spielt keine Rolle, wann die Verfügungsmacht über das durch Tausch erworbene WG erlangt wird.

 

Tz. 57

Stand: EL 114 – ET: 04/2024

Scheidet der AE einbringungsgeborener Anteile infolge der Umw der Kap-Ges, an der die Anteile bestehen, gegen Barabfindung aus oder werden GmbH-Anteile gegen Entgelt eingezogen, liegt – wie auch beim gleichen Veräußerungsbegriff iSd § 22 Abs 1 S 1 UmwStG idF des SEStEG (s Tz 53 aE) – eine Veräußerung vor (s § 22 UmwStG Tz 31; ebenso s Rabback, in R/H/vL, 3. Aufl, § 27 UmwStG Rn 105).

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