Tz. 72
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Spätere Herabsetzungen des Veräußerungspreises (zB infolge eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs oder Urt) oder der (tw) Ausfall der Kaufpreisforderung (zB wegen Erlass der Forderung oder Vermögenslosigkeit des Erwerbers) wirken (materiell-rechtlich) auf die Bemessung des Veräußerungspreises iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG zurück. Dies gilt auch für nachträgliche Erhöhungen des Veräußerungspreises (zB durch erfolgsabhängige Kaufpreisbestandteile; s Beschl des BFH v 27.09.1994, VIII B 21/94, DStR 1995, 97). Bei dem punktuellen Ereignis der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile kommt es hinsichtlich der Gewinnermittlung (nur) auf den tats erzielten VG an. Die Folge ist, dass der VG zum Veräußerungsstichtag nachträglich neu berechnet werden muss; vergleichbar der Gewinnermittlung bei anderen Veräußerungs- oder Aufgabetatbeständen, bei denen eine stliche Berücksichtigung von Wertänderungen in späteren VZ aufgr der Singularität des Vorgangs nicht möglich ist (zB s §§ 17 Abs 2, 16 Abs 2 EStG; s § 8b Abs 2 KStG; dazu s Kobor, in H/H/R, § 16 EStG Rn 445, 446 mwNachw). Die von der Rspr zu den §§ 16 und 17 EStG entwickelten Grundsätze sind auf VG iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG gleichermaßen anzuwenden (s Urt des BFH v 19.08.2009, BStBl II 2010, 249 unter II.4.a) und s Urt des BFH v 13.12.2016, BFH/NV 2017, 1415 unter Rn 49; zust s Rabback, in R/H/vL, 3. Aufl, § 27 UmwStG Rn 125). Dabei kommt es bei Wertveränderungen der geschuldeten Gegenleistung bis zu deren Erfüllung nicht darauf an, welche Gründe rechtlicher oder tats Art zu der rückwirkenden Sachverhaltsänderung geführt haben, ob diese Gründe "im Kern" bereits im urspr Rechtsgeschäft angelegt waren und ob es sich hierbei um private Motive handelt (ständige Rspr; zB s Urt des BFH v 13.10.2015, BStBl II 2016, 212 unter Rn 15). Ist die Gegenleistung bereits erfüllt, wirken nachträgliche Änderungen des Kaufpreises nur dann zurück, wenn der Rechtsgrund hierfür im Anteilsübertragungsvertrag festgeschrieben worden ist (ständige Rspr; zB s Urt des BFH v 13.10.2015, BStBl II 2016, 212 unter Rn 23).
Tz. 72a
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Die Berücksichtigung von Änderungen des Veräußerungspreises iRd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG (s Tz 72) gelten auch für Veräußerungen im Wege des Tauschs (zB gegen andere Anteile). Besteht dabei das Entgelt für die Übertragung der einbringungsgeborenen Anteile zB in der Übertragung anderer Anteile, so verlangt die Begleichung dieser Gegenleistung jedenfalls die Übertragung des wirtsch Eigentums an letztgenannten Anteilen. Erlangt der Veräußerer das Eigentum daran später nicht oder nur an einem Teil der Anteile, ist dies als rückwirkende Änderung des Veräußerungspreises auf den Veräußerungsstichtag zu berücksichtigen (s Urt des BFH v 10.05.2010, BFH/NV 2010, 2067). Wird die Gegenleistung an einem Tausch erst nach der Anteilsübertragung der einbringungsgeborenen Anteile erfüllt, wirken Werterhöhungen oder -minderungen bis zum Erfüllungszeitpunkt auf den Stichtag der Entstehung des VG zurück (im Ergebnis bestimmt sich der maßgebende Veräußerungspreis folglich nach dem gW des erlangten WG im Erfüllungszeitpunkt; s Urt des BFH v 13.10.2015, BStBl II 2016, 212; s Wacker, in Schmidt, EStG, 42. Aufl, § 16 Rn 283). Wertveränderungen nach der Erfüllung der Gegenleistung sind unbeachtlich (mit Erlangung der Gegenleistung sind Gefahr und Chance der Wertveränderung auf den Veräußerer übergegangen).
Tz. 72b
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Falls eine St-Festsetzung für den VZ der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile bereits durchgeführt ist, muss der entspr Bescheid geändert werden. Ist der Bescheid nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (s § 164 AO) ergangen, kommt eine Änderung gem § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO in Frage (s Urt des BFH v 19.08.2009, BStBl II 2010, 249 und v 13.12.2016, BStBl II 2017, 786 unter Rn 49; ebenso s Rabback, in R/H/vL, 3. Aufl, § 27 UmwStG Rn 125). Der Begriff des Ereignisses iSd § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO umfasst alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge. Dazu rechnet auch die Änderung (oder gar der Ausfall) einer Kaufpreisforderung als tats Lebensvorgang mit stlicher Relevanz für die rückwirkende (Neu-)Berechnung eines stpfl VG. Bei einem außergerichtlichen Vergleich ist ein rückwirkendes Ereignis stets dann anzunehmen, wenn Veräußerer und Erwerber der Beteiligung sich über die Auslegung des Veräußerungsvertrags gestritten und infolge dessen einvernehmlich den Kaufpreis im Nachhinein neu festgelegt haben und so den urspr Vertrag tats entspr geändert haben. Welche (ggf unterschiedlichen) Motive der Vertragsparteien für den Vergleich maßgebend waren oder ob zivilrechtlich überhaupt ein Anfechtungsrecht gegen den schuldrechtlichen Vertrag bestand, ist für Zwecke der Anwendung des § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO ohne Bedeutung (s Urt des BFH v 19.08.2009, BStBl II 2010, 249; s Buciek, FR 2010, 278).
Wird ein Gesellschaftsanteil gegen abgekürzte Leibrente veräußert und entscheidet sich der AE für die Sofortversteueru...