Alexandra Pung, Torsten Werner
Tz. 121
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Wegen der in der Vergangenheit häufig unterbliebenen Besteuerung von VG nach § 17 EStG, die dem FA nicht zur Kenntnis gelangt sind, ist durch das JStG 1996 § 54 EStDV eingefügt worden. Dieser bestimmt, dass die Notare verpflichtet sind, dem nach § 20 AO zuständigen FA vor allem über die Gründung, Kap-Erhöhung oder -Herabsetzung, Umwandlung oder Auflösung von Kap-Ges oder die Verfügung über Anteile an Kap-Ges betr Urkunden jeweils eine beglaubigte Abschrift zu übersenden (s § 54 Abs 1 S 1 EStDV). Betroffen von der Übersendungspflicht sind nach Inkrafttreten des MoMiG auch die Musterprotokolle iSd § 2 Abs 1 a GmbHG, die notariell zu beurkunden sind (hierzu zB s Heckschen, DStR 2009, 166). Die Absendung ist innerhalb von zwei Wochen nach Beurkundung oder Beglaubigung vorzunehmen und auf der Urkunde zu vermerken (s § 54 Abs 2 EStDV). Erst danach erhalten die Beteiligten ihre Ausfertigung oder Abschrift der Urkunde (s § 54 Abs 3 EStDV). Dadurch wird sichergestellt dass die FÄ von Anteilsveräußerungen an GmbHs erfahren, da für diese Verkäufe die notarielle Form vorgeschrieben ist (s § 15 Abs 3 GmbHG). Nach Inkrafttreten des MoMiG werden von der Regelung auch Anteilsveräußerungen an Unternehmergesellschaften iSd § 5a GmbHG erfasst. Denn auch bei der Gründung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter Verwendung der Mustersatzung ist eine notarielle Beurkundung erforderlich (zB s Dahlbender/Schelp, GmbH-StB 2009, 23). Der § 54 EStDV geht auf Forderungen des Bundesrechnungshofs zurück (s BT-Drs 12/8490 Nr 64). Zum Umfang der Mitteilungspflicht s Schr des BMF v 14.03.1997 (DB 1997, 850). Danach umfasst die Mitteilungspflicht auch Verpflichtungsgeschäfte, soweit die Verpflichtung eine Verfügung über Anteile an Kap-Ges zum Gegenstand hat. Ebenfalls von der Mitteilungspflicht erfasst werden aufschiebend bedingte Verfügungen sowie Treuhandverträge, soweit sie eine Verfügung über Anteile an Kap-Ges zum Gegenstand haben. Nicht von § 54 EStDV erfasst werden schuldrechtliche Treuhandverhältnisse, insbes die sog Vereinbarungstreuhand (s Tz 194). Ebenfalls von § 54 EStDV nicht erfasst wird nach Verw-Auff die Verpfändung von Anteilen an Kap-Ges.
Fohler/Greitemann (DB 2005, 2488, 2490) weisen zutr darauf hin, dass ein Verstoß gegen § 54 EStDV Sanktionen nicht auslöst.
Verkäufe von Aktien, die einer notariellen Beurkundung nicht bedürfen, sind durch § 54 EStDV nicht betroffen.
Anteile an englischen Limiteds werden nach der Ansicht von Fetsch (GmbHR 2008, 133) dann von der Beurkundungspflicht des § 15 Abs 4 GmbHG erfasst, wenn der Kaufvertrag in D abgeschlossen wird und mangels abw Rechtswahl dem dt Recht unterliegt. SE kann sich der Beurkundungspflicht in diesen Fällen nur durch die Wahl eines ausl Vertragsstatuts entzogen werden. Ggf ist dann aber § 54 Abs 1 S 2 EStDV (s Tz 123) zu beachten.
Nach Ansicht des FG Ddf (s Urt des FG Ddf v 28.08.2008, EFG 2010, 311) löst die Mitteilung nach § 54 Abs 1 EStDV an das in § 20 AO bezeichnete FA (= FA der Kö) eingehende Ermittlungspflichten nach § 88 AO auch des Wohnsitz-FA des AE aus. Die Ermittlungspflichten erstrecken sich dabei nach Auff des FG Ddf auch auf die Frage, ob eine Beteiligung iSd § 17 Abs 1 EStG vorliegt.
Tz. 122
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Ob § 54 EStDV in der Praxis zum gewünschten Erfolg führt, ist uE zu bezweifeln. Anteilsveräußerungen werden offensichtlich verstärkt über ausl Notare abgewickelt. Zum einen beurkunden diese zT kostengünstiger als dt; zum anderen kann gegenüber diesen die Erfüllung der sich aus § 54 EStDV ergebenden Pflichten wohl nicht eingeklagt werden. Hierzu s van Randenborgh/Kallmeyer (GmbHR 1996, 908).
Nach Auff des BGH (s Beschl des BGH v 17.12.2013, DStR 2014, 379) ist vor und nach Inkrafttreten des MoMiG eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung durch einen ausl Notar anzuerkennen, sofern die ausl Beurkundung der dt gleichwertig ist. Zu der Problematik ebenfalls s Herrler (GmbHR 2014, 225), s Link (BB 2014, 579), s Haerendel (DStR 2001, 1802), s Dignas (GmbHR 2005, 139), s Mohr (GmbH-StB 2011, 310), s Brück (DB 2004, 2409), s Ulrich/Böhle (GmbHR 2007, 566), s Albers (GmbHR 2011, 1078), s Ulrich/Marnick (GmbHR 2011, 420), s Weller (BB 2005, 1807 und DK 2008, 253), s Olk/Nikoleyczik (DStR 2010, 1576), s Bayer (GmbHR 2013, 897), s Begemann/Galla (GmbHR 2009, 1065), s Laeger (BB 2010, 2647), s Reithmann (GmbHR 2009, 699), s Trendelenburg (GmbHR 2008, 644), s Schlößer (GmbHR 2007, 301), s Saenger/Scheuch (BB 2008, 65), s Bauer/Anders (BB 2012, 593), s Krause (BB 2009, 2501), s Lieder/Ritter (notar 2014, 187), s Meichelbeck/Krauß (DStR 2014, 752), s Singer (NWB 2016, 1811) und s Urt des LG Frankfurt v 07.10.2009 (BB 2009, 2500).
Nach dem Urt des OLG Stuttgart (s Urt des OLG Stuttgart v 17.05.2000, DB 2000, 1218) genügt die Beglaubigung einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen durch einen amerikanischen notary public nicht der Form des § 15 Abs 4 GmbHG. Das AG Berlin-Charlottenburg hat mit Beschl v 22.01.2016 (...