Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 77
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
Nach dem Abs 3 des § 2 UmwStG sind dessen Abs 1 und 2, die den stlichen Rückbezug einer Umwandlung regeln, nicht anzuwenden, "soweit Eink auf Grund abweichender Regelungen zur Rückbeziehung eines in § 1 Abs 1 UmwStG bezeichneten Vorgangs in einem anderen Staat der Besteuerung entzogen werden".
Bei einer grenzüberschreitenden Umwandlung besteht idR kein Gleichklang zwischen den dt Regelungen zum stlichen Rückbezug und denen des jeweils anderen Staats. Die ausl Regelungen können einen kürzeren oder längeren Rückbeziehungszeitraum vorsehen oder sogar einen stlichen Rückbezug von Umwandlungen nicht vorsehen. Wegen einer Übersicht über die Rückwirkungsregelungen in 21 anderen EU-Staaten s v Brocke/Goebel/Ungemach/v Cossel (DStZ 2011, 684). Danach kennen sieben Staaten keinen Rückbezug der Umwandlung, während Dänemark und Schweden eine Rückwirkung bis zu 17 bzw 18 Monaten akzeptieren. Offensichtlich werden in Staaten, die einen stlichen Rückbezug der Umwandlung nicht anerkennen, die Umstrukturierungen unter Zugrundelegung sog Plan-Bil abgewickelt.
Der hr-liche Zeitpunkt der Wirksamkeit der Vermögensübertragung bestimmt sich nach dem Recht der übertragenden Kö, dh bei Hereinverschmelzungen sowie bei Ausl-Verschmelzungen nach ausl und bei Hinausverschmelzungen nach dt HR. Insoweit kann es also nicht zu einer Kollision zweier Rechtordnungen kommen.
Anders ist es jedoch bei den stlichen Wirkungen der Umwandlung. Für das StR gibt es keinen vergleichbaren Grundsatz, wonach sich der Zeitpunkt der Wirksamkeit nach dem Recht der übertragenden Kö richtet. Demzufolge können die stlichen Vorschriften der beteiligten Staaten, die den stlichen Übergangsstichtag regeln, auseinanderfallen.
Tz. 78
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
§ 2 Abs 3 UmwStG soll nach der amtl Ges-Begr (s BT-Drs 17/2710, 36) sog weiße Eink verhindern (ebenso s UmwSt-Erl 2011, Rn 02.38). Die Vorschrift betrifft insbes den Fall der Hinausverschmelzung einer Kö, soweit durch diesen Vorgang das Recht von D hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der auf die übernehmende Gesellschaft übertragenen WG verloren geht bzw eingeschränkt wird. Nach dt UmwSt-Recht werden wegen des stlichen Rückbezugs die während der sog Interimszeit anfallenden Eink nicht mehr bei der Überträgerin erfasst. Für den Fall, dass das StR des Ansässigkeitsstaats der Übernehmerin einen Rückbezug der Umwandlung nicht vorsieht oder einen vom UmwStG abweichenden (kürzeren) Rückbezugszeitraum regelt, könnten ohne eine Sonderregelung die entspr Eink weder in dem ausl Staat noch in D besteuert werden. Nach § 2 Abs 3 UmwStG ist, wenn der ausl Staat eine kürzere als eine achtmonatige Rückwirkung regelt, diese auch für die dt Besteuerung zugrunde zu legen. Kennt das ausl Recht keine rückbezogene Übertragungs-Bil, tritt auch nach dt StR eine Rückwirkung nicht ein (glA s Oppen/Polatzky, GmbHR 2012, 263, 265). Wegen weiterer Fälle s Schaflitzl/Widmayer (BB-special 8/2006, 36, 38) und s Winkeljohann/Fuhrmann (Hdb UmwSt-Recht, 2007, 724/1).
§ 2 Abs 3 UmwStG ist nicht anwendbar, wenn die Regelungen zum stlichen Rückbezug in D und im jeweils anderen Staat identisch sind. In solchen Fällen bleibt es bei der Grundregel des § 2 Abs 1 und 2 UmwStG. Die Folge davon ist, dass D für Geschäftsvorfälle in der Zeit nach dem stlichen Übertragungsstichtag kein Besteuerungsrecht mehr hat; insoweit darf bereits der ausl Staat besteuern. Dies kann von den Unternehmen für StGestaltungen genutzt werden, falls das ausl StR einen Realisationsvorgang während der Interimszeit günstiger als das dt StR besteuert.
Für die Anwendbarkeit des § 2 Abs 3 UmwStG kommt es nur auf den objektiven Tatbestand und nicht auf das Bestehen einer Missbrauchsabsicht an.
Tz. 78a
Stand: EL 77 – ET: 04/2013
Wegen sprachlicher Mängel im Gesetzestext ist § 2 Abs 3 UmwStG in hohem Maße auslegungsbedürftig. Der Wortlaut der Vorschrift ist insofern ungenau, als sich die Worte "in einem anderen Staat" sprachlich sowohl auf die vorangehenden Worte "eines in § 1 Abs 1 bezeichneten Vorgangs" als auch auf die nachfolgenden Worte "der Besteuerung entzogen werden" beziehen. UE ist die erstgenannte Lesart die allein sinnvolle, denn ansonsten käme § 2 Abs 3 UmwStG nur zur Anwendung, wenn dem ausl Staat St entzogen würden. Die Vorschrift soll jedoch das Entstehen sog weißer Eink verhindern, dh die Nichtbesteuerung in beiden Staaten. GlA s Schaflitzl/Widmayer (BB-special 8/2006, 36, 39).
Um das zutr auszudrücken, was mit der Regelung gewollt ist, hätte nicht formuliert werden dürfen "in einem anderen Staat der Besteuerung entzogen werden", sondern richtiger "in keinem anderen Staat der Besteuerung unterworfen werden" (glA s Frotscher, in F/M, § 2 UmwStG Rn 128).
Wie Frotscher (in F/M, § 2 UmwStG Rn 125) zutr ausführt, beruht es stets auf nationalen Regelungen, wenn bei einer grenzüberschreitenden Umwandlung Eink in einem der beteiligten Staaten nicht besteuert werden. Es kann nie daran liegen, dass die Rückwirkungsregelungen in D un...