Tz. 188
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Liegt für die einbringungsgeborenen Anteile keine Börsennotierung vor (s Tz 187) und kann der Wert der Anteile auch nicht aus Verkäufen abgeleitet werden (s Tz 186ff), ist der gW nach Maßgabe der §§ 9 Abs 2, 11 Abs 2 BewG zu schätzen/ermitteln.
- Bewertungsstichtage vor dem 13.12.2006 (Inkrafttreten des SEStEG)
Umstr ist, wie der gW für Entstrickungstatbestände vor Inkrafttreten des § 11 Abs 2 S 3 BewG idF des SEStEG (dh vor dem 13.12.2006) zu bestimmen ist. Sofern sich der gW von nicht an der Börse notierten Anteilen nicht aus Verkäufen ableiten lässt (s Tz 186), ist grds gem § 11 Abs 2 S 2, 2 HS BewG (vor SEStEG) dieser Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kap-Ges zu schätzen. In Ausgestaltung dieser Ges-Regelung hat die FinVerw unter Berücksichtigung der Rspr des BFH Regeln zur Ermittlung des gW aufgestellt (sog Stuttgarter Verfahren; s Abschn 4ff VStR 1995). Es stellt sich die Frage, ob das Stuttgarter Verfahren für die Bestimmung des gW für Zwecke des § 21 Abs 2 S 1 und 2 UmwStG heranzuziehen ist (idS, s Kusterer, DStR 1998, 319; ders, EStB 1999, 29; s H/B, 2. Aufl, § 21 UmwStG Rn 229; s Merkert in Bordewin/Brandt, § 21 UmwStG Rn 49) oder ob eine Ermittlung des Veräußerungspreises im gewöhnlichen Geschäftsverkehr iSd § 9 Abs 2 BewG durch eine Unternehmensbewertung bei der Kap-Ges, an der die Anteile bestehen, zu erfolgen hat (hM für Bewertungsstichtage ab 01.01.1993: zB s Widmann, in W/M, § 21 UmwStG, Anh 15 Rn 334; s Schmitt, in S/H/S, 4. Aufl, § 21 UmwStG Rn 103; s Haritz, in H/M, 3. Aufl, Anh 21 aF Rn 163: Kritik am Stuttgarter Verfahren "verständlich"; s UmwSt-Erl 1998 Rn 21.06; wohl auch s Urt des FG Köln v 11.12.2008, EFG 2009, 448, rkr). UE ist nach dem Sinn und Zweck der St-Begünstigung von Einbringungen nach den §§ 20ff UmwStG und der Regelung in § 21 Abs 2 UmwStG im speziellen der gW iSd § 9 Abs 2, 11 Abs 2 BewG (ab 01.01.1993) nach den Vermögens- und Ertragsaussichten der Gesellschaft durch ein Ertragswertverfahren zu ermitteln (zB IDW S 1, s WPg 2000, 825; s Schiffers, GmbH-StB 2003, 257).
Die Gegenmeinung (insbes s Kusterer, DStR 1998, 319) verweist auf die Gültigkeit der allg Bewertungsvorschriften des ersten Teils des BewG (insbes s §§ 9, 11) auch für ErtragSt, die Selbstbindung der FinVerw durch das sog Stuttgarter Verfahren zur Bewertung von Anteilen an Kap-Ges und auf allg Prinzipien der St-Gerechtigkeit. Es trifft zwar zu, dass das Stuttgarter Verfahren für Zwecke des § 16 Abs 3 EStG herangezogen werden kann (s Urt des BFH v 21.01.1993, BFH/NV 1994, 12). Der BFH hat jedoch die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens nur unter dem Vorbehalt zugelassen, dass diese Ermittlung nicht aus besonderen Gründen im Einzelfall zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt und demzufolge dem Sinn und Zweck der ges Regelung zuwiderläuft (s Urt des BFH v 21.01.1993, BFH/NV 1994, 12). Das Stuttgarter Verfahren stellt nur ein mögliches Verfahren zur Schätzung des gW dar (s Beschl des BFH v 26.06.2007, BFH/NV 2007, 1707 unter 1. c); deshalb kommt ihm für ErtragSt-Zwecke grds auch keine Selbstbindung der FinVerw zu (s Mannek, in Gürsching/Stenger, § 11 BewG Rn 454; s Wacker, BB 1996, 2224). Selbst unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung kann von dem Stuttgarter Verfahren Abstand genommen werden, wenn es im Einzelfall zu untragbaren Schätzungsergebnissen kommt (s Beschl des BFH v 26.06.2007, BFH/NV 2007, 1707 unter 1. c) mwNachw). Hübner (DStR 1995, 1) hat aufgezeigt, dass dies ab Übernahme der St-Bil-Werte seit dem 01.01.1993 bei der Ermittlung des Einheitswerts des BV, der eine Grundlage für die Ermittlung des Vermögenswerts iRd Stuttgarter Verfahrens ist, regelmäßig der Fall ist (das Stuttgarter Verfahren erreicht durchschnittlich nur ca 65 % des Verkehrswerts der Anteile, s Urt des BFH v 24.10.2001, BStBl II 2001, 834 unter II. 2. a) aa) mwNachw; ebenso s Urt des BFH v 22.08.2002, BFH/NV 2003, 11 mit Hinw auf Urt des BFH v 22.05.2002, BStBl II 2002, 598; s Schiffers, GmbH-StB 2003, 257). Insbes wird mit dem Stuttgarter Verfahren ein Geschäfts- oder Firmenwert nicht annähernd sachgem bei der Schätzung berücksichtigt. Die Vergünstigung des § 20 UmwStG besteht aber gerade darin, den Geschäftswert bei der Sacheinlage nicht zu realisieren, sondern die Besteuerung des Geschäftswerts in Gestalt der einbringungsgeborenen Anteile in der Zukunft nachzuholen. Ein Festhalten an dem Stuttgarter Verfahren für Zwecke der Aufdeckung stiller Reserven in einbringungsgeborenen Anteilen würde somit der Systematik der §§ 20, 21 UmwStG entgegenstehen. Nach der stlichen Funktionsweise der Einbringungsvorschriften sind die einbringungsgeborenen Anteile Besteuerungsrepräsentant für das eingebrachte Vermögen, sodass die stillen Reserven des Sacheinlagegegenstands auf die Anteile übergehen und dort "gespeichert" sind. Die geforderte Kongruenz der stillen Reserven von Einbringungsobjekt und einbringungsgeborenen Anteilen wäre nicht gewahrt...