Der Erwerber kann den Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 und 8 ErbStG) und den Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) nicht in Anspruch nehmen, soweit er nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigtes Vermögen aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss (§ 13a Abs. 3 Satz 1 ErbStG). Letztwillige Verfügung ist das Testament, rechtsgeschäftliche Verfügung ist z. B. ein Erbvertrag des Erblassers oder ein Schenkungsvertrag.
Betroffen sind insbesondere folgende Fälle:
- Sachvermächtnisse, die auf begünstigtes Vermögen gerichtet sind,
- Vorausvermächtnisse, die auf begünstigtes Vermögen gerichtet sind,
- ein Schenkungsversprechen auf den Todesfall oder
- Auflagen des Erblassers, die auf die Weitergabe begünstigten Vermögens gerichtet sind.
Das gilt auch dann, wenn ein Erbe im Rahmen der Teilung des Nachlasses Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 1 ErbStG auf einen Miterben überträgt (§ 13a Abs. 3 Satz 2 ErbStG).
Die Regelung des § 13a Abs. 3 ErbStG trägt dem Umstand Rechnung, dass derjenige, der die Unternehmensfortführung tatsächlich gewährleistet, und nicht derjenige, der aufgrund zivilrechtlicher Universalsukzession zunächst Eigentümer bzw. Miteigentümer geworden war, die Verschonungsmaßnahmen erhalten soll.
Einhaltung der Lohnsummenregelung und der Behaltensfristen
Für den übernehmenden Erwerber bzw. Miterben, der die Begünstigung in Anspruch nehmen will, gilt es zu beachten, dass ihn die Pflicht zur Einhaltung der Lohnsummenregelung bzw. Behaltensregelung auch hinsichtlich des übertragenen Anteils trifft. Der übernehmende Erwerber oder der Miterbe hat die steuerlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Lohnsummenregelung und Behaltensregelung zu tragen.
Vermächtnis
Mutter M hat in ihrem Testament bestimmt, dass der Sohn S Alleinerbe sein soll. Die Tochter T soll dagegen einen Betrieb als Vermächtnis erhalten. Der gemeine Wert des Vermächtnisses (Betriebs) beläuft sich auf 2.100.000 EUR und das Verwaltungsvermögen auf 20 %. M verstirbt im Januar 2016 und hinterlässt neben dem Betrieb noch sonstiges Privatvermögen mit einem gemeinen Wert i. H. v. 5.000.000 EUR.
Lösung:
a) Auswirkungen für den Erben (Sohn S)
Dem Erben S wird die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 ErbStG und § 13a Abs. 2 ErbStG nicht gewährt, da er den Betrieb weiter übertragen muss und damit die Unternehmensfortführung nicht gewährleistet. S kann aber das Vermächtnis bereicherungsmindernd (mit dem gemeinen Wert) abziehen.
Es ergibt sich für S die folgende Besteuerung:
b) Auswirkungen für die Vermächtnisnehmerin (Tochter T)
Tochter T, die das Unternehmen tatsächlich fortführt, kann die Vergünstigungen des § 13a ErbStG in Anspruch nehmen. Da das Verwaltungsvermögen mehr als 10 % beträgt, kommt bei ihr der 85 %ige Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG zur Anwendung.
Es ergibt sich für T die folgende Besteuerung:
Zunächst ist das Betriebsvermögen unter Berücksichtigung des Verschonungsabschlags zu errechnen (§ 13a Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 13b Abs. 4 ErbStG).
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Nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen (Vermächtnis) |
2.100.000 EUR |
./. 85 %iger Verschonungsabschlag |
./. 1.785.000 EUR |
Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen |
315.000 EUR |
Nunmehr ist der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG zu ermitteln. |
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Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG |
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150.000 EUR |
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Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen |
315.000 EUR |
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315.000 EUR |
./. Abzugsbetrag |
./. 150.000 EUR |
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Übersteigender Betrag |
165.000 EUR |
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Hiervon 50 % (abgerundeter Wert) |
82.500 EUR |
./. 82.500 EUR |
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Verbleibender Abzugsbetrag |
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67.500 EUR |
./. 67.500 EUR |
Begünstigtes Betriebsvermögen nach Abzugsbetrag |
247.500 EUR |
Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs und der Erbschaftsteuer: |
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Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen |
247.500 EUR |
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) |
./. 400.000 EUR |
Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) |
0 EUR |
Schenkungsteuer T (0 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) |
0 EUR |
Gibt der nachfolgende Erwerber für den Erwerb des begünstigten Vermögens nicht begünstigtes Vermögen hin, welches er vom Erblasser erworben hat, so wird er so gestellt, als habe er von Anfang an begünstigtes Vermögen erworben (§ 13b Abs. 3 Satz 1 ErbStG). Hierbei gilt als hingegebenes Vermögen nicht die Entlastung der übrigen Erwerber von solchen Nachlassverbindlichkeiten im Innenverhältnis, die mit dem begünstigten Vermögen oder Teilen davon in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Die Finanzverwaltung weist hier noch einmal darauf hin, dass der Grundsatz, wonach die Erbauseinandersetzung unbeachtlich ist, ...