FinMin Schleswig-Holstein, Erlaß v. 1.2.2010, VI 353 - S 3715 - 012
Nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG konnte ein Erwerber bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung, längstens aber bis zum 30.6.2009 beantragen, dass die durch das ErbStRG mit Wirkung ab 1.1.2009 geänderten Vorschriften des ErbStG (mit Ausnahme des § 16 ErbStG) und des BewG auf Erwerbe von Todes wegen anzuwenden sind, für die die Steuer nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 entstanden ist. Das Wahlrecht aufrückwirkende Anwendung stand bei gemeinschaftlichem Erwerb jedem Erwerber individuell zu. Der Antrag konnte auch bereits vor oder mit Abgabe der Erklärung gestellt werden.
Abs. 9 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23.2.2009 (BStBl 2009 I S. 446 , bestimmt, dass ein gegenüber der Erbengemeinschaft – auf der Grundlage des „alten” Rechts beruhender – Feststellungsbescheid im Falle einer späteren Antragstellung nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG (durch einen oder mehrere Erwerber) gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO im Wege der Einzelbekanntgabe zu ändern ist. Für die Erwerber, die das Wahlrecht nicht ausgeübt haben, soll die ihnen gegenüber bereits getroffene gesonderte und einheitliche Feststellung weiter gelten.
In diesem Zusammenhang ist die Frage der „Ausgestaltung” der Feststellungsbescheide für solche Fälle gestellt worden, in denen nur ein Teil der Erben das Wahlrecht nach Art. 3 ErbStRG aufrückwirkende Anwendung der geänderten Vorschriften ausgeübt hat und gegenüber der Erbengemeinschaft noch kein Feststellungsbescheid bekannt gegeben worden ist. Hierzu vertraten die Referatsleiter Erbschaftsteuer in Abstimmung mit den Referatsleitern Abgabenordnung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder folgende Auffassung:
Abweichend von Abs. 9 der gleich lautenden Erlasse (vom 23.2.2009, a.a.O.) sind im erstmaligen (gesonderten und einheitlichen) Feststellungsbescheid für den Gegenstand der Feststellung nebeneinander zwei Werte – ein Wert nach „altem” Recht und ein Wert nach „neuem” Recht festzustellen, die der Erbengemeinschaft als Zurechnungsträger in Vertretung der Miterben bekannt gegeben werden (vgl. § 151 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 2. Satzteil BewG). Anstelle des nach § 154 Abs. 3 Satz 2 BewG aufzunehmenden Hinweises müssen die Feststellungsbescheide den Hinweis enthalten, dass die Bekanntgabe des den Wert nach § 138 BewG i.d.F. durch das JStG 2007 feststellenden Bescheids nur Wirkung für und gegen diejenigen Miterben erzeugt, die keinen Antrag nach Art. 3 ErbStRG gestellt haben. Dementsprechend ist in dem Feststellungsbescheid über den Wert nach § 157 Abs. 1 – 3 BewG darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe nur Wirkung für und gegen diejenigen Miterben erzeugt, die den Antrag nach Art. 3 ErbStRG gestellt haben.
Die damit verbundene Durchbrechung des Steuergeheimnisses, wenn dadurch andere Feststellungsbeteiligte faktisch darüber informiert würden, dass ein (u. U. namentlich genannter) Feststellungsbeteiligter einen Antrag nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG gestellt hat, lässt sich mit den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 23.4.1991, IX R 303/87, BFH/NV 1991 S. 653, rechtfertigen.
In den in Abs. 9 der gleich lautenden Erlasse (vom 23.2.2009, a.a.O.) genannten Fällen (nachträglich gestellte Anträge nach Art. 3 ErbStRG) ist in gleicher Weise zu verfahren.
Beispiel:
A verstirbt in 2008 und wird von seinen Kindern B, C und D beerbt. Vorerst stellt keiner der Erben einen Antrag nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG.
Gegenüber B, C und D ist eine einheitliche und gesonderte Feststellung des Werts nach § 138 BewG i.d.F. JStG 2007 vorzunehmen.
1. Fortführung des Beispiels:
Nunmehr stellen C und D bei dem nach § 35 ErbStG zuständigen ErbSt-FA fristgerecht einen Antrag nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG.
Es ergeht ein nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderter einheitlicher und gesonderter Feststellungsbescheid, der nebeneinander den (unveränderten) Wert nach „altem” Recht und (erstmals) den Wert nach „neuem” Recht feststellt. Der Feststellungsbescheid enthält dabei die Aussage, dass der (anteilige) Wert nach „neuem” Recht nur für die Beteiligten gilt, die einen wirksamen Antrag nach Art. 3 ErbStRG gestellt haben.
2. Fortführung des Beispiels:
D nimmt seinen Antrag (vor Eintritt der Unanfechtbarkeit des ErbSt-Bescheids) wieder zurück.
Der Feststellungsbescheid bleibt unverändert. Für D gilt der nach „altem” Recht festgestellte Wert.
3. Fortführung des Beispiels:
Der festgestellte Wert i.S. des § 138 BewG i.d.F. des JStG 2007 ist (z.B. nach § 173 AO) zu korrigieren, der Wert i.S. des § 157 Abs. 1 – 3 BewG bleibt unverändert.
Es ergeht ein nach § 173 AO geänderter einheitlicher und gesonderter Feststellungsbescheid, der nebeneinander den geänderten Wert nach „altem” Recht und den unveränderten Wert nach „neuem” Recht feststellt. Der Feststellungsbescheid enthält dabei (weiterhin) die Aussage, dass der (anteilige) Wert nach „neuem” Recht nur für die Beteiligten gilt, die einen wirksamen Antrag nach Art. 3 ErbStRG gestellt haben.
Normenkette
ErbStRG Art. 3