Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Überarbeitete Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub. Rückkehr aus dem Elternurlaub. Recht, an seinen früheren Arbeitsplatz zurückzukehren oder eine gleichwertige oder ähnliche Arbeit zugewiesen zu bekommen. Bestehenbleiben der erworbenen Rechte oder Anwartschaften. Beamter eines Bundeslands, der im Beamtenverhältnis auf Probe in ein Amt mit leitender Funktion befördert wurde. Regelung dieses Bundeslands, nach der die Probezeit auch dann kraft Gesetzes und unter Ausschluss der Möglichkeit einer Verlängerung nach zwei Jahren endet, wenn die Abwesenheit auf einem Elternurlaub beruht. Unvereinbarkeit. Folgen
Normenkette
Richtlinie 2010/18/EU
Beteiligte
Tenor
1. Paragraf 5 Nrn. 1 und 2 der überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, die im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG wiedergegeben ist, ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach die endgültige Beförderung in ein Amt mit leitender Funktion im öffentlichen Dienst voraussetzt, dass der ausgewählte Bewerber zuvor eine zweijährige Probezeit im übertragenen Amt erfolgreich absolviert, und wonach die Probezeit, wenn sich ein solcher Bewerber während des überwiegenden Teils davon im Elternurlaub befand und weiterhin befindet, kraft Gesetzes und unter Ausschluss der Möglichkeit einer Verlängerung nach diesen zwei Jahren endet, so dass dem Bewerber bei der Rückkehr aus seinem Elternurlaub wieder das status- und besoldungsrechtlich niedriger eingestufte Amt übertragen wird, das er vor seiner Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe innehatte. Die damit verbundene Verletzung dieses Paragrafen kann nicht mit der Zielsetzung der Probezeit gerechtfertigt werden, die darin besteht, die Bewährung für das zu übertragende Amt mit leitender Funktion feststellen zu können.
2. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, erforderlichenfalls unter Außerachtlassung der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung aufgrund des in Paragraf 5 Nr. 1 der im Anhang der Richtlinie 2010/18 wiedergegebenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung aufgestellten Erfordernisses zu prüfen, ob es dem betreffenden Land in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens objektiv unmöglich war, der Betroffenen im Anschluss an ihren Elternurlaub die Rückkehr an ihren früheren Arbeitsplatz zu ermöglichen, und, wenn ja, darüber zu wachen, dass ihr entsprechend ihrem Arbeitsvertrag oder Beschäftigungsverhältnis ein gleichwertiger oder ähnlicher Arbeitsplatz zugewiesen wird, ohne dass dessen Zuweisung von der Durchführung eines neuen Auswahlverfahrens abhängig gemacht werden darf. Es ist ferner Sache des vorlegenden Gerichts, darüber zu wachen, dass die Betroffene im Anschluss an ihren Elternurlaub an dem Arbeitsplatz, an den sie zurückkehrt, oder an dem ihr neu zugewiesenen Arbeitsplatz eine Probezeit unter Bedingungen fortsetzen kann, die den Anforderungen von Paragraf 5 Nr. 2 der überarbeiteten Rahmenvereinbarung entsprechen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Berlin (Deutschland) mit Entscheidung vom 2. Juli 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 24. März 2016, in dem Verfahren
H.
gegen
Land Berlin
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin), des Richters A. Rosas, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Frau H.,
- des Landes Berlin, vertreten durch M. Theis, E.-N. Voigt, K.-P. Nießner und A. Hollmann als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Valero und M. Kellerbauer als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. April 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 5 Nrn. 1 und 2 der am 18. Juni 2009 geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub (im Folgenden: überarbeitete Rahmenvereinbarung), die im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG (ABl. 2010, L 68, S. 13) wiedergegeben ist, sowie der Art. 14 Abs. 1 Buchst. a und c, 15 und 16 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits...