Entscheidungsstichwort (Thema)
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM PRETORE DI SUSA. NICHTANWENDUNG EINES GEGEN DAS GEMEINSCHAFTSRECHT VERSTOSSENDEN GESETZES DURCH DAS INNERSTAATLICHE GERICHT. 1. VORABENTSCHEIDUNGSFRAGEN – BEFASSTSEIN DES GERICHTSHOFES – VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE UNZUSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG (EWG-VERTRAG, ARTIKEL 177). 2. GEMEINSCHAFTSRECHT – UNMITTELBARE GELTUNG – BEGRIFF – FOLGEN FÜR DAS NATIONALE GERICHT (EWG-VERTRAG, ARTIKEL 189). 3. GEMEINSCHAFTSRECHT – VORRANG – ENTGEGENSTEHENDES STAATLICHES RECHT – UNANWENDBARKEIT DER GELTENDEN BESTIMMUNGEN – HINDERNIS FÜR EIN WIRKSAMES ZUSTANDEKOMMEN MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT NICHT ZU VEREINBARENDER GESETZGEBUNGSAKTE. 4. GEMEINSCHAFTSRECHT – UNMITTELBAR GELTENDE BESTIMMUNGEN – KONFLIKT ZWISCHEN DEM GEMEINSCHAFTSRECHT UND EINEM SPÄTEREN GESETZ – RECHTE UND PFLICHTEN DES ANGERUFENEN STAATLICHEN GERICHTS – NICHTANWENDUNG AUCH DER SPÄTEREN NATIONALEN BESTIMMUNG – UNVEREINBARKEIT JEDER VERFASSUNGSPRAXIS, WELCHE DIE LÖSUNG DES KONFLIKTS EINER ANDEREN STELLE ALS DEM ANGERUFENEN GERICHT VORBEHÄLT, MIT DEM VERTRAG
Leitsatz (amtlich)
1. DER GERICHTSHOF HÄLT SICH SOLANGE MIT EINEM GEMÄSS ARTIKEL 177 DES VERTRAGES EINGEREICHTEN VORABENTSCHEIDUNGSERSUCHEN FÜR BEFASST, WIE DIESES NICHT VOM VORLEGENDEN GERICHT ZURÜCKGENOMMEN ODER VON EINEM HÖHEREN GERICHT AUF EIN RECHTSMITTEL HIN AUFGEHOBEN WORDEN IST.
2. UNMITTELBARE GELTUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS BEDEUTET, DASS SEINE BESTIMMUNGEN IHRE VOLLE WIRKUNG EINHEITLICH IN SÄMTLICHEN MITGLIEDSTAATEN VOM ZEITPUNKT IHRES INKRAFTTRETENS AN UND WÄHREND DER GESAMTEN DAUER IHRER GÜLTIGKEIT ENTFALTEN MÜSSEN. DIE UNMITTELBAR GELTENDEN BESTIMMUNGEN SIND UNMITTELBARE QUELLE VON RECHTEN UND PFLICHTEN FÜR ALLE DIEJENIGEN, DIE SIE BETREFFEN, EINERLEI, OB ES SICH UM DIE MITGLIEDSTAATEN ODER UM EINZELPERSONEN HANDELT. DIESE WIRKUNG ERSTRECKT SICH AUCH AUF JEDES GERICHT, DAS ALS ORGAN EINES MITGLIEDSTAATES DIE AUFGABE HAT, DIE RECHTE ZU SCHÜTZEN, DIE DAS GEMEINSCHAFTSRECHT DEN EINZELNEN VERLEIHT.
3. NACH DEM GRUNDSATZ DES VORRANGS DES GEMEINSCHAFTSRECHTS HABEN DIE VERTRAGSBESTIMMUNGEN UND DIE UNMITTELBAR GELTENDEN RECHTSAKTE DER GEMEINSCHAFTSORGANE IN IHREM VERHÄLTNIS ZUM INTERNEN RECHT DER MITGLIEDSTAATEN NICHT NUR ZUR FOLGE, DASS ALLEIN DURCH IHR INKRAFTTRETEN JEDE ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES GELTENDEN STAATLICHEN RECHTS OHNE WEITERES UNANWENDBAR WIRD, SONDERN AUCH – DA DIESE BESTIMMUNGEN UND RECHTSAKTE VORRANGIGER BESTANDTEIL DER IM GEBIET EINES JEDEN MITGLIEDSTAATES BESTEHENDEN RECHTSORDNUNG SIND –, DASS EIN WIRKSAMES ZUSTANDEKOMMEN NEUER STAATLICHER GESETZGEBUNGSAKTE INSOWEIT VERHINDERT WIRD, ALS DIESE MIT GEMEINSCHAFTSNORMEN UNVEREINBAR WÄREN.
WÜRDE STAATLICHEN GESETZGEBUNGSAKTEN, DIE AUF DEN BEREICH ÜBERGREIFEN, IN DEM SICH DIE RECHTSETZUNGSGEWALT DER GEMEINSCHAFT AUSWIRKT, ODER DIE SONST MIT DEN BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UNVEREINBAR SIND, IRGENDEINE RECHTLICHE WIRKSAMKEIT ZUERKANNT, SO WÜRDE INSOWEIT DIE EFFEKTIVITÄT DER VERPFLICHTUNGEN, WELCHE DIE MITGLIEDSTAATEN NACH DEM VERTRAG VORBEHALTLOS UND UNWIDERRUFLICH ÜBERNOMMEN HABEN, VERNEINT, UND DIE GRUNDLAGEN DER GEMEINSCHAFT SELBST WÜRDEN AUF DIESE WEISE IN FRAGE GESTELLT.
4. DAS STAATLICHE GERICHT, DAS IM RAHMEN SEINER ZUSTÄNDIGKEIT DIE BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ANZUWENDEN HAT, IST GEHALTEN, FÜR DIE VOLLE WIRKSAMKEIT DIESER NORMEN SORGE ZU TRAGEN, INDEM ES ERFORDERLICHENFALLS JEDE – AUCH SPÄTERE – ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES NATIONALEN RECHTS AUS EIGENER ENTSCHEIDUNGSBEFUGNIS UNANGEWENDET LÄSST, OHNE DASS ES DIE VORHERIGE BESEITIGUNG DIESER BESTIMMUNG AUF GESETZGEBERISCHEM WEGE ODER DURCH IRGENDEIN ANDERES VERFASSUNGSRECHTLICHES VERFAHREN BEANTRAGEN ODER ABWARTEN MÜSSTE.
Normenkette
EWGVtr Art. 177, 189
Beteiligte
Staatliche Finanzverwaltung |
Tenor
DAS STAATLICHE GERICHT, DAS IM RAHMEN SEINER ZUSTÄNDIGKEIT DIE BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ANZUWENDEN HAT, IST GEHALTEN, FÜR DIE VOLLE WIRKSAMKEIT DIESER NORMEN SORGE ZU TRAGEN, INDEM ES ERFORDERLICHENFALLS JEDE – AUCH SPÄTERE – ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES NATIONALEN RECHTS AUS EIGENER ENTSCHEIDUNGSBEFUGNIS UNANGEWENDET LÄSST, OHNE DASS ES DIE VORHERIGE BESEITIGUNG DIESER BESTIMMUNG AUF GESETZGEBERISCHEM WEGE ODER DURCH IRGENDEIN ANDERES VERFASSUNGSRECHTLICHES VERFAHREN BEANTRAGEN ODER ABWARTEN MÜSSTE.
Gründe
1 DER PRETORE VON SUSA HAT DEM GERICHTSHOF MIT BESCHLUSS VOM 28. JULI 1977, BEIM GERICHTSHOF EINGEGANGEN AM 29. AUGUST 1977, GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG ZWEI VORABENTSCHEIDUNGSFRAGEN ZU DEM IN ARTIKEL 189 DES VERTRAGES NIEDERGELEGTEN GRUNDSATZ DER UNMITTELBAREN GELTUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS VORGELEGT, UM DIE AUSWIRKUNGEN DIESES GRUNDSATZES IM FALLE DES KONFLIKTS ZWISCHEN EINER NORM DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UND EINER SPÄTEREN VORSCHRIFT DES NATIONALEN RECHTS BESTIMMEN ZU KÖNNEN.
2/7 ES IST DARAN ZU ERINNERN, DASS DER PRETORE DEM GERICHTSHOF IN EINEM FRÜHEREN VERFAHRENSSTADIUM EINIGE VORABENTSCHEIDUNGSFRAGEN VORGELEGT HATTE, DIE ES IHM ERMÖGLICHEN SOLLTEN ZU BEURTEILEN, OB D...