Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergünstigung bei der direkten Besteuerung der Stiftungen zugeflossenen Gewinne. Qualifizierung als staatliche Beihilfe. Staatliche Beihilfen. Artikel 87 EG und 88 EG. Banken. Bankstiftungen. Begriff des Unternehmens. Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Entscheidung 2003/146/EG der Kommission. Gültigkeitsprüfung. Unzulässigkeit. Artikel 12 EG, 43 EG und 56 EG. Diskriminierungsverbot. Niederlassungsfreiheit. Freier Kapitalverkehr
Leitsatz (amtlich)
1. Eine juristische Person wie die im Ausgangsverfahren kann nach einer entsprechenden vom nationalen Gericht unter Berücksichtigung der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Regelung durchzuführenden Prüfung als „Unternehmen“ im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG zu qualifizieren sein und unterlag als solche dann seinerzeit den Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen.
2. Eine Befreiung vom Abzug auf Gewinne wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende kann nach einer entsprechenden vom nationalen Gericht durchzuführenden Prüfung als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG zu qualifizieren sein.
Normenkette
EGVtr Art. 87 Abs. 1
Beteiligte
Cassa di Risparmio di Firenze |
Ministero dell'Economia e delle Finanze |
Cassa di Risparmio di Firenze SpA |
Fondazione Cassa di Risparmio di San Miniato |
Cassa di Risparmio di San Miniato SpA |
Tatbestand
„Staatliche Beihilfen ‐ Artikel 87 EG und 88 EG ‐ Banken ‐ Bankstiftungen ‐ Begriff des Unternehmens ‐ Vergünstigung bei der direkten Besteuerung der den Bankstiftungen zugeflossenen Gewinne ‐ Qualifizierung als staatliche Beihilfe ‐ Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt ‐ Entscheidung 2003/146/EG der Kommission ‐ Gültigkeitsprüfung ‐ Unzulässigkeit ‐ Artikel 12 EG, 43 EG und 56 EG ‐ Diskriminierungsverbot ‐ Niederlassungsfreiheit ‐ Freier Kapitalverkehr“
In der Rechtssache C-222/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Italien) mit Entscheidung vom 23. März 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Mai 2004, in dem Verfahren
Ministero dell’Economia e delle Finanze
gegen
Cassa di Risparmio di Firenze SpA,
Fondazione Cassa di Risparmio di San Miniato,
Cassa di Risparmio di San Miniato SpA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann (Berichterstatter) und R. Schintgen sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta und des Richters G. Arestis,
Generalanwalt: F. G. Jacobs,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen:
‐ der Cassa di Risparmio di Firenze SpA, vertreten durch P. Russo und G. Morbidelli, avvocati,
‐ der Fondazione Cassa di Risparmio di San Miniato und der Cassa di Risparmio di San Miniato SpA, vertreten durch A. Rossi und G. Roberti, avvocati,
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und V. Di Bucci als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Oktober 2005
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 12 EG, 43 EG ff., 56 EG ff., 87 EG und 88 EG sowie die Gültigkeit der Entscheidung 2003/146/EG der Kommission vom 22. August 2002 über die steuerlichen Maßnahmen für Bankenstiftungen, die Italien durchgeführt hat (ABl. 2003, L 55, S. 56).
2 Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Cassa di Risparmio di Firenze SpA (im Folgenden: Cassa di Risparmio di Firenze), der Fondazione Cassa di Risparmio di San Miniato und der Cassa di Risparmio di San Miniato SpA (im Folgenden: Cassa di Risparmio di San Miniato), alle drei mit Sitz in Italien, auf der einen Seite und dem Ministero dell’Economia e delle Finanze (italienisches Wirtschafts- und Finanzministerium) auf der anderen Seite wegen eines Antrags der Fondazione Cassa di Risparmio di San Miniato auf Befreiung vom Steuerabzug für Gewinne des Wirtschaftsjahres 1998.
I ‐ Der nationale rechtliche Rahmen
3 In Italien wird von den von Aktiengesellschaften ausgeschütteten Gewinnen eine Steuervorauszahlung gemäß Artikel 1 des Gesetzes Nr. 1745 vom 29. Dezember 1962 über die Einführung einer Steuervorauszahlung oder eines Steuerabzugs bei Gewinnen, die von Gesellschaften ausgeschüttet werden, und mit Änderungen der Regelung der Pflicht zur Namensnennung der Aktieninhaber (GURI Nr. 5 vom 7. Januar 1963, S. 61) in der Fassung des Decreto-legge Nr. 22 vom 21. Februar 1967 mit neuen Bestimmungen im Bereich der Steuervorauszahlung oder des Steuerabzugs bei von den Gesellschaften ausgeschütteten Gewinnen (GURI Nr. 47 vom 22. Februar 1967, S. 1012), mit Änderungen als Gesetz verabschiedet durch Gesetz Nr. 209 vom 21. April 1967 (GURI Nr. 101 vom 22. April 1967, S. 2099, im Folgenden: Gesetz Nr. 1745/62), einbehalten.
4 Nach Arti...