Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 2000/78/EG. Art. 4 Abs. 1. Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Nationale Bestimmung, die das Höchstalter für die Einstellung von Beamten der Feuerwehrlaufbahn auf 30 Jahre festlegt. Verfolgtes Ziel. Begriff ‚wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung’
Beteiligte
Tenor
Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er einer innerstaatlichen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die das Höchstalter für die Einstellung in die Laufbahn des mittleren feuerwehrtechnischen Dienstes auf 30 Jahre festlegt, nicht entgegensteht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. April 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Mai 2008, in dem Verfahren
Colin Wolf
gegen
Stadt Frankfurt am Main
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer, K. Lenaerts, in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, des Kammerpräsidenten E. Levits, der Kammerpräsidentin P. Lindh (Berichterstatterin) sowie der Richter C. W. A. Timmermans, A. Rosas, P. Kūris, A. Borg Barthet, A. Ó Caoimh und L. Bay Larsen,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
- von Irland, vertreten durch D. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von P. McGarry, BL,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von W. Ferrante und M. Russo, avvocati dello Stato,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Enegren und B. Conte als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. September 2009
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16, im Folgenden: Richtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Wolf und der Stadt Frankfurt am Main (Deutschland) wegen deren Entscheidung, die Bewerbung von Herrn Wolf um die Einstellung in den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst nicht zu berücksichtigen, weil er die Altersgrenze von 30 Jahren überschritten hatte.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Die Richtlinie wurde auf der Grundlage von Art. 13 EG erlassen. Die Erwägungsgründe 9, 11, 18 und 25 dieser Richtlinie haben folgenden Wortlaut:
„(9) Beschäftigung und Beruf sind Bereiche, die für die Gewährleistung gleicher Chancen für alle und für eine volle Teilhabe der Bürger am wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben sowie für die individuelle Entfaltung von entscheidender Bedeutung sind.
…
(11) Diskriminierungen wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung können die Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren, insbesondere die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines hohen Maßes an sozialem Schutz, die Hebung des Lebensstandards und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die Solidarität sowie die Freizügigkeit.
…
(18) Insbesondere darf mit dieser Richtlinie den Streitkräften sowie der Polizei, den Haftanstalten oder den Notfalldiensten unter Berücksichtigung des rechtmäßigen Ziels, die Einsatzbereitschaft dieser Dienste zu wahren, nicht zur Auflage gemacht werden, Personen einzustellen oder weiter zu beschäftigen, die nicht den jeweiligen Anforderungen entsprechen, um sämtliche Aufgaben zu erfüllen, die ihnen übertragen werden können.
…
(25) Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters stellt ein wesentliches Element zur Erreichung der Ziele der beschäftigungspolitischen Leitlinien und zur Förderung der Vielfalt im Bereich der Beschäftigung dar. Ungleichbehandlungen wegen des Alters können unter bestimmten Umständen jedoch gerechtfertigt sein und erfordern daher besondere Bestimmungen, die je nach der Situation der Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können. Es ist daher unbedingt zu unterscheiden zwischen einer Ungleichbehandlung, die insbesondere durch rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäftigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung gerechtfertigt ist, und einer Diskriminierung, die zu verbieten ist.”
Rz. 4
Der Zweck der Richtlinie ist nach ihrem Art. 1 die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sex...