Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße. Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge. Art. 5 Abs. 2. Direktvergabe. Begriff ‚interner Betreiber’. Behörde, die eine der Kontrolle über eigene Dienststellen entsprechende Kontrolle ausübt. Übergangsregelung. Laufzeit der Direktvergabe

 

Normenkette

EGV Nr. 1370/2007 Art. 5, 8 Abs. 2

 

Beteiligte

Mobit

Mobit Soc. cons. arl

Regione Toscana

 

Tenor

Art. 5 und Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates sind dahin auszulegen, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1370/2007 auf ein vor dem 3. Dezember 2019 durchgeführtes Vergabeverfahren nicht anwendbar ist, so dass eine zuständige Behörde, die mit einer ein wettbewerbliches Vergabeverfahren abschließenden Vergabeentscheidung vor diesem Datum eine Konzession für öffentliche Personennahverkehrsdienste auf der Straße erteilt, diesen Art. 5 nicht einhalten muss.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidungen vom 6. April 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Juni 2017, in den Verfahren

Mobit Soc. cons. arl

gegen

Regione Toscana,

Beteiligte:

Autolinee Toscane SpA,

Régie Autonome des Transports Parisiens (RATP) (C-350/17),

und

Autolinee Toscane SpA

gegen

Mobit Soc. cons. arl,

Beteiligte:

Regione Toscana,

Régie Autonome des Transports Parisiens (RATP) (C-351/17),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Siebten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter C. Lycourgos, E. Juhász (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Mobit Soc. cons. arl, vertreten durch P. L. Santoro, A. Bianchi, M. Siragusa, P. Merlino und M. Malena, avvocati,
  • der Autolinee Toscane SpA, vertreten durch M. Lombardo, G. Mazzei und G. Morbidelli, avvocati,
  • der Regione Toscana, vertreten durch L. Bora, L. Caso, S. Fidanzia und A. Gigliola, avvocati,
  • der Régie Autonome des Transports Parisiens (RATP), vertreten durch S. Macchi di Cellere, avvocato, sowie durch P. Delelis und E. Morgan de Rivery, avocats,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Sclafani, avvocato dello Stato,
  • der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, P. Dodeller, E. de Moustier und C. David als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und P. Leitão als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara und W. Mölls als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Oktober 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. 2007, L 315, S. 1).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreiten zwischen der Mobit Soc. cons. arl, einem Konsortium mehrerer Unternehmen im Verkehrssektor, und der Regione Toscana (Region Toskana, Italien) bzw. zwischen der Autolinee Toscane SpA und Mobit wegen der Vergabe einer Konzession für öffentliche Nahverkehrsdienste an Autolinee Toscane.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der 31. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1370/2007 lautet:

„Da die zuständigen Behörden und die Betreiber eines öffentlichen Dienstes Zeit benötigen, um den Bestimmungen dieser Verordnung nachzukommen, sollten Übergangsregelungen vorgesehen werden. Im Hinblick auf eine schrittweise Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge gemäß dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten der Kommission binnen sechs Monaten nach der ersten Hälfte des Übergangszeitraums einen Fortschrittsbericht vorlegen. Die Kommission kann auf der Grundlage dieser Berichte geeignete Maßnahmen vorschlagen.”

Rz. 4

Art. 2 „Begriffsbestimmungen”) dieser Verordnung bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a) ‚öffentlicher Personenverkehr’ Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden;

b) ‚zuständige Behörde’ jede Behörde oder Gruppe von Behörden eines oder mehrerer Mitgliedstaaten, die zur Intervention im öffentlichen Personenverkehr in einem bestimmten geografischen Gebiet befugt ist, oder jede mit einer derart...

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