Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 2000/78/EG. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Nicht fristgerechte Umsetzung
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Bundesrepublik Deutschland |
Tenor
1. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verletzt, indem sie nicht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die notwendig sind, um dieser Richtlinie in Bezug auf die Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung sowie der sexuellen Ausrichtung nachzukommen.
2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 3. Februar 2005,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin und H. Kreppel als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch U. Forsthoff als Bevollmächtigten,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Schiemann sowie der Richterin N. Colneric und des Richters E. Levits (Berichterstatter),
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Verpflichtungen aus Artikel 18 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16) verletzt hat, indem sie bis zum 2. Dezember 2003 nicht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die notwendig sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, erlassen bzw. der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat. Sie fügt hinzu, dass diese Feststellung nicht die Bestimmungen der Richtlinie über die Diskriminierung wegen des Alters betreffe.
2 Artikel 1 der Richtlinie 2000/78 bestimmt:
„Zweck
Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.”
3 Artikel 18 der Richtlinie sieht vor:
„Umsetzung der Richtlinie
Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens zum 2. Dezember 2003 nachzukommen, oder können den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag die Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie übertragen, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen. In diesem Fall gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Sozialpartner spätestens zum 2. Dezember 2003 im Weg einer Vereinbarung die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben; dabei haben die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
Um besonderen Bedingungen Rechnung zu tragen, können die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls eine Zusatzfrist von drei Jahren ab dem 2. Dezember 2003, d. h. insgesamt sechs Jahre, in Anspruch nehmen, um die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Diskriminierung wegen des Alters und einer Behinderung umzusetzen. In diesem Fall setzen sie die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Ein Mitgliedstaat, der die Inanspruchnahme dieser Zusatzfrist beschließt, erstattet der Kommission jährlich Bericht über die von ihm ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen des Alters und einer Behinderung und über die Fortschritte, die bei der Umsetzung der Richtlinie erzielt werden konnten. Die Kommission erstattet dem Rat jährlich Bericht.
…”
4 Mit Schreiben vom 28. November 2003 teilte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission mit, dass sie beabsichtige, von der in Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie 2000/78 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, eine Verlängerung der Frist für die Umsetzung der Bestimmungen über die Diskriminierung wegen des Alters um drei Jahre in Anspruch zu nehmen.
5 Da die Frist für die Umsetzung der übrigen Bestimmungen der Richtlinie am 2. Dezember 2003 abgelaufen war, ohne dass ihr die zur Umsetzung dieser Bestimmungen in das deutsche Recht getroffenen Maßnahmen mitgeteilt worden wären, leitete die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren des Artikels 226 EG ein. Nachdem sie die Bundesrepublik Deutschland...