Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag der Erben auf Vollziehungsaussetzung nach Ergehen von teilweise geschätzten Steueränderungsbescheiden aufgrund bislang nicht versteuerter Einnahmen des verstorbenen Steuerpflichtigen
Leitsatz (redaktionell)
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit von teilweise auf Schätzungen beruhenden Steueränderungsbescheiden, wenn der Betriebsprüfer nach dem Tod des Steuerpflichtigen u.a. durch Ermittlungen bei Banken bisher nicht erklärte Betriebseinnahmen sowie Einnahmen aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung festgestellt hat, zahlreiche Unterlagen zur Einkünfteermittlung von den Erben nicht mehr vorgelegt werden konnten und der Betriebsprüfer deswegen die Gewinne bzw. Überschüsse aus den ermittelten Mehreinnahmen schätzen musste (u.a. Ansatz von 42 % der bisher nicht erklärten Betriebseinnahmen als zusätzlicher Gewinn).
2. Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte durch die Vollziehung der Steuerbescheide besteht auch dann nicht, wenn die Erben erklärt haben, es werde ein Nachlassinsolvenzverfahren erforderlich, wenn das FA die durch die Steueränderungsbescheide entstehenden Steuerschulden beitreiben werde.
Normenkette
AO 1977 § 162 Abs. 1-2; EStG § 4 Abs. 1, 3; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg – Außensenate Karlsruhe –, Postfach 10 01 08, 76231 Karlsruhe
Dienstgebäude: Moltkestraße 80, 76133 Karlsruhe
Fernsprecher: 0721 926 3829 Fax: 926 3559, E-Mail: Poststelle@FGKarlsruhe.justiz.bwl.de
Tatbestand
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit geänderter Steuerbescheide aufgrund einer Außenprüfung.
Die Antragstellerin zu 1 ist die verwitwete Ehefrau, die Antragsteller zu 2 und 3 sind die gemeinsamen Kinder der Antragstellerin und des am … 1997 verstorbenen …. Der Verstorbene war als Ingenieur nichtselbständig tätig, zudem betrieb er nebenberuflich ein Ingenieurbüro.
In den eingereichten Steuererklärungen erklärte er Einnahmen aus dieser Nebentätigkeit und ermittelte den Gewinn im Wege der Einnahme Überschuss Rechnung. Zudem erklärten die Eheleute … Einnahmen aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung.
Anlässlich des Todes von Herrn … gingen beim für die Erbschaftssteuer zuständigen Finanzamt … Mitteilungen verschiedener Banken über das Kapitalvermögen am Todestag ein. Diese Unterlagen wurden an den zuständigen Veranlagungsbezirk übersandt. Zusätzlich kam eine Mitteilung der aufgrund von Freistellungsaufträgen freigestellten Einnahmen aus Kapitalvermögen für das Jahr 1997 vom Bundesamt für Finanzen. Aus beiden Informationen war erkennbar, dass die erklärten Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht zutreffend sein konnten.
Die Antragstellerin zu 1 erstattete Selbstanzeige über bisher nicht erklärte Einnahmen aus Kapitalvermögen und erklärte für die Jahre 1994 bis 1997 erhebliche Zinseinnahmen nach.
Aufgrund zwischenzeitlich eingegangener anderer Kontrollmitteilungen war dem Finanzamt bekannt geworden, dass der Verstorbene mehr Einnahmen erzielt haben musste, als er in seinen Steuererklärungen angegeben hatte. Der Antragsgegner ordnete daher am 8.12.2000 eine Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 an. Da im Zuge der Anfangsermittlungen des Prüfers erhebliche fehlende Einnahmen festgestellt wurden, erweiterte der Prüfer die Prüfungsanordnung am 13.11.2001 auf die Jahre 1990 bis 1994.
Die Prüfung gestaltete sich schwierig, da zahlreiche Unterlagen vernichtet waren und von den Erben des Verstorbenen nicht mehr vorgelegt werden konnten. Durch Ermittlungen bei Banken ermittelte der Prüfer fehlende Betriebseinnahmen für die Jahre 1990 bis 1997 in Höhe von 1.080.000 DM (netto) und schätzte den hieraus entstehenden Gewinn mit 42 % der Einnahmen. Zudem stellte er erhebliche nicht erklärte Zinseinnahmen und nicht erklärte Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung fest. Das Ergebnis der beinahe 3 Jahre dauernden Außenprüfung stellte der Prüfer im Bericht vom 15.12.2003, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, dar.
Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Einkommen- Umsatz-, Gewerbe- und Vermögenssteuer ergangenen Bescheide legten die Antragsteller Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass die Ergebnisse teilweise geschätzt worden seien und die Dürftigkeit des Nachlasses geltend zu machen werde, wenn die Bescheide des Finanzamts zutreffend wären.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.03.2005 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung erhobene Klage ist beim Senat unter dem Aktenzeichen 1 K 132/05 anhängig. Zugleich beantragten die Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung der Steuernachzahlung mit der Begründung, dass ein Nachlassinsolvenzverfahren erforderlich werde, wenn das Finanzamt die Steuerschulden beitreiben würde. Die Bescheide würden auf ungerechtfertigten Schätzungen beru...