rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblichkeit der Vermietung eines Grundstücks zur Beherbergung von Asylbewerbern
Leitsatz (redaktionell)
Die Vermietung eines Grundstücks zur Unterbringung von Asylbewerbern, Aussiedlern und Zuwanderern (220 Zimmer) überschreitet die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung, wenn über die übliche Vermietungsleistung hinausgehende Sonderleistungen (hier: Bereitstellung, Wechsel und Reinigung von Bettwäsche, Zurverfügungstellung von Koch- und Essgeschirr sowie von Reinigungsutensilien, Überlassung von Waschmaschinen, Trocknern und Kühlschränken) erbracht werden und keine Nutzung eigenen Vermögens vorliegt, sondern angemieteter Grundbesitz lediglich weitervermietet wird.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, 1 Nr. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Untervermietung von durch die Klägerin angemieteten Gebäuden als Ausweichunterkünfte zur Unterbringung von Asylbewerbern, Aussiedlern und Zuwanderern als gewerbliche Vermietung zu qualifizieren ist und daher der Gewerbesteuer unterliegt.
Die Klägerin ist als Bauträger sowie mit der Vermittlung von Immobilien, Finanzierungen und Versicherungen gewerblich tätig. In den streitigen Veranlagungszeiträumen 1989–1993 mietete die Klägerin in ... ... an sowie seit April 1990 in ... das Grundstück ... Die Gebäude auf diesen ... Grundstücken waren für die Unterbringung von insgesamt etwa 220 Personen ausgelegt. Die Grundstücke vermietete die Klägerin zum Zwecke der Nutzung als Wohnheim und Ausweichquartier für die Unterbringung von Asylbewerbern, Aussiedlern und Zuwanderern an das ... ... sowie die .... In den Mietverträgen über das Gebäude ... ... vom 17.02.1998, über das Grundstück ... vom 09.10.1991 und über das Objekt ... vom 19.04.1990 wurde die Klägerin als „Beherbergungsunternehmen” bezeichnet. Die Mietverträge waren im wesentlichen gleichlautend formuliert, enthielten in § 1 die Beschreibung der vertraglichen Pflichten des „Beherbergungsunternehmers”, legten in § 2 das Entgelt für die Unterbringung fest und präzisierten schließlich die vom Beherbergungsunternehmer zu erbringenden Leistungen wie Bereitstellung von Betten, Bettwäsche, Koch- und Eßgeschirr, Reinigungspflichten, Hausmeisterbetreuung und Reparaturen. Die Mietverträge konnten mit einer Frist von drei Tagen gekündigt werden, eine Zusatzvereinbarung zwischen der Klägerin und der ... vom November 1991 (Aktenseite 18) verlängerte mit sofortiger Wirkung die Kündigungsfrist der Verträge auf sechs Monate. Die Klägerin erzielte aus den jährlichen Mieteinnahmen Einkünfte in Höhe von ... DM (1998), ... DM (1990), ... DM (1991), ... DM (1992) und ... DM (1993). Der Beklagte qualifizierte zunächst erklärungsgemäß die Einkünfte als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, vertrat allerdings im Anschluß an eine im September 1992 durchgeführte Außenprüfung die Auffassung, die Vermietungseinkünfte seien gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG. Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheiden vom 27.12.1995, 16.10.1996 und 19.08.1996 Gewerbesteuermeßbeträge in Höhe von ... DM (1998), ... DM (1990), ... DM (1991), ... DM (1992) und ... DM (1993) fest.
Gegen die Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge wandte sich die Klägerin mit Einspruch im wesentlichen mit der Begründung, die Untervermietung erfolge im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Durch die Vermietung an einen begrenzten Personenkreis und die Unterbringung von Aussiedlern und Asylbewerbern, einer grundsätzlich hoheitlichen Aufgabe der Länder und Gemeinden, habe sie auch nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17. März 1997 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Gem. § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz unterliege jeder stehende Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz sei unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu verstehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG sei eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen werde und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstelle Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit zu sehen ist. Über diese gesetzlichen Tatbestandsmerkmale hinaus müsse die Betätigung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreiten.
Im vorliegenden Fall sei nur streitig, ob die Klägerin durch die Unterbringung eines begrenzten Personenkreises am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen habe und sich diese Betätigung noch im Rahmen privater Vermögensverwaltung bewege. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie sich mit der Vermietung von Wohnheimen für Aussiedler und Asylanten nur an einen begrenzten Personenkr...