Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 15b und § 52 Abs. 33a EStG sind verfassungsgemäß. Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung von Steuersparmodellen
Leitsatz (redaktionell)
1. § 15b i. V. m. § 52 Abs. 33a EStG sind verfassungsgemäß.
2. § 15b und § 52 Abs. 33a EStG sind hinreichend bestimmt und klar.
3. Es ist nicht verfassungswidrig, wenn Verluste aus Steuerstundungsmodellen nicht zum sofortigen Verlustausgleich zugelassen werden, sondern nur zeitlich gestreckt berücksichtigt werden.
4. § 15b und § 52 Abs. 33a EStG entfalten keine unzulässige echte oder unechte Rückwirkung.
5. Der Vertrauensschutz des Anlegers wird zerstört, wenn der Investor in seinem Prospekt darauf hinweist, dass eine Änderung der Steuergesetze in der Diskussion ist.
6. Das Vertrauen des Anlegers in seine Dispositionsentscheidung ist nicht schützwürdig, wenn er sich bezüglich seiner Anlage ein Widerrufsrecht vorbehalten hat.
7. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei der Einschränkung von Steuerstundungsmodellen den negativen Ankündigungseffekt des Bekanntwerdens des Gesetzesentwurfs durch einen vorgezogenen Anwendungsstichtag minimiert.
Normenkette
EStG 2005 § 15b Abs. 4, § 52 Abs. 33a, §§ 2, 36 Ab. 1, § 25 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4; AO § 18 Abs. 1 Nr. 2, § 38; BGB § 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1, § 193
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob § 15 b und § 52 Abs. 33a des Einkommensteuergesetzes (EStG) verfassungsgemäß sind.
Die Windpark GmbH & Co. KG, (die Beigeladene) wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 26. November 2002 (Bl. 2 ff. Anlagenband) als Windpark Nr. … GmbH & Co. KG (Handelsregister des Amtsgerichts – AG – X HRA…) gegründet. Gesellschaftszweck ist der Erwerb und Betrieb von Anlagen zur Gewinnung von Strom aus regenerativen Energien. Die Beigeladene ist u.a. befugt, sich an gleichartigen Unternehmen zu beteiligen. In Ausübung dieses Rechts ist sie einzige Kommanditistin von vier Windparks, und zwar der Windpark I GmbH & Co. KG, der Windpark II GmbH & Co. KG, der Windpark III GmbH & Co. KG sowie der Windpark IV GmbH & Co. KG (s. Übersicht Bl. 1 Anlagenband), die insgesamt 41 Windenergieanlagen betreiben. Außerdem ist die Klägerin zu 60% an ihrer Komplementärin, der Windpark xxx-GmbH (W-GmbH), beteiligt.
An der Beigeladenen sind neben der W-GmbH als Komplementärin (ohne Beteiligung am Vermögen der Beigeladenen) mehrere hundert Investoren als Kommanditisten beteiligt. Zur Entwicklung der Zahl der Kommanditisten im Jahr 2005 (Streitjahr) ergeht Hinweis auf HRA … sowie Bl. 10 ff. Anlagenband. Das Kommanditkapital wurde in drei Tranchen platziert (Bl. 27 Anlagenband), und zwar die 1. Tranche gemäß Prospekt vom September 2004, die 2. Tranche (I. Tranche 2005) gemäß Prospekt vom Januar 2005 und die 3. Tranche (II. Tranche 2005) gemäß Prospekt vom September 2005.
Der Kläger erklärte im Rahmen der 3. Tranche (II. Tranche 2005) am 11. November 2005 mit Wirkung zum 11. November 2005 – und damit abweichend vom Muster der Beitrittserklärung (Bl. 135 Leitz-Ordner), das nur einen Beitritt zum 31. Oktober 2005, 30. November 2005 und 27. Dezember 2005 vorsah (s. auch Seite des 5 des Beteiligungsprospekts, Bl. 8 Leitz-Ordner) – seinen Beitritt zur Beigeladenen mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 300.000 EUR. Zusätzlich war ein Agio in Höhe von 5% (15.000 EUR) zu zahlen. Der Kläger konnte die Beitrittserklärung Nr. 96-0705 (Bl. 7 f. Anlagenband) nach der in der Beitrittserklärung enthaltenen Widerrufsbelehrung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen widerrufen. Die Widerrufsbelehrung ist vom Kläger unter dem 11. November 2005 gesondert unterschrieben. Das Beratungsgespräch fand nach der Bestätigung auf der Beitrittserklärung am 21. November 2005 statt. Der Beitritt wurde mit der Annahme der Beitrittserklärung wirksam (S. 1 der Beitrittserklärung, rechte Spalte, 2. Absatz). Die Beigeladene nahm die Beitrittserklärung des Klägers am 1. Dezember 2005 mit Wirkung zum 11. November 2005 an (s. Bl. 8 Anlagenband). Die Überweisung der Kommanditeinlage vom Kläger an die Beigeladene, die nach der Beitrittserklärung (an sich) vier Arbeitstage vor dem Beitrittszeitpunkt zu erfolgen hatte, erfolgte nach dem Kontoauszug des Klägers am 25. November 2005.
Der Beitritt des Klägers erfolgte nach den Bestimmungen in der Beitrittserklärung in der Weise, dass der Kläger der Beigeladenen bis zur Eintragung der Beteiligung in das Handelsregister zunächst als atypisch stiller Gesellschafter beitrat; die Beteiligung des Klägers als Kommanditist wurde zum Handelsregister angemeldet und am 10. Februar 2006 unter HRA… in das Handelsregister eingetragen.
Wegen der Einzelheiten der Beteiligung wird auf den Beteiligungsprospekt vom September 2005 verwiesen. Das anteilige steuerliche Ergebnis (bezogen auf eine Beteiligung von 100.000 EUR) betrug bei einer Beteiligung an der 1. Tranche -3.408,63 EUR, b...