Entscheidungsstichwort (Thema)
vGA bei Darlehensgewährung durch GmbH. Änderung der Einkommensteuerfestsetzung nach § 32a KStG, wenn eine Änderung der Körperschaftsteuerfestsetzung unterbleibt. Verletzung der Ermittlungspflicht des FA und Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Erwirbt der Gesellschafter mit Mitteln der GmbH ein Grundstück, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn er von Anfang an nicht ernstlich bestrebt war, die erhaltenen Mittel in absehbarer Zeit wieder zurückzuzahlen, und deshalb davon auszugehen ist, dass eine Rückzahlungsverpflichtung von vornherein nicht begründet werden sollte.
2. Eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung ist nach dem Sinn und Zweck des § 32a Abs. 1 KStG ist auch dann möglich, wenn eine Änderung des KSt-Bescheids unterbleibt, da sich die vGA bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer nicht auswirkt.
3. Das der Finanzverwaltung in § 32a Abs. 1 KStG eingeräumte Ermessen ist auf Null reduziert, wenn die Steuerfestsetzung für den Gesellschafter ohne die Änderung sachlich unrichtig wäre und daher jede andere Entscheidung als die der Änderung der unrichtigen Steuerfestsetzung als ermessenswidrig beurteilt werden müsste, so dass die Ausübung des Ermessens im Änderungsbescheid nicht begründet werden muss.
4. Das FA ist nicht verpflichtet, bei der Festsetzung der Einkommensteuer des Gesellschafters zu ermitteln, ob eine vGA vorliegt, wenn hierfür keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, so dass, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, dass eine vGA der Gesellschaft vorlag, Treu und Glauben der Änderung der Einkommensteuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht entgegensteht.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1; KStG § 32a Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Zahlung des Kaufpreises für ein vom alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH erworbenes Grundstück durch die GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) oder als Darlehen der GmbH an den Gesellschafter zu beurteilen ist.
Die Kläger (Kl) sind Eheleute, die für das Streitjahr (2001) zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wurden. Der Kl war im Streitjahr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der X GmbH, die auf dem Gebiet des Maschinenbaus tätig ist. Für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erhielt der Kl von der GmbH keine Vergütung. Die Klägerin (Klin) war als Altenpflegerin nichtselbständig tätig. Ihr Bruttoarbeitslohn betrug im Streitjahr 47.367 DM.
Zu den Kunden der X GmbH gehörte u.a. die Behörde A. Im Jahr 2000 bestellte diese bei der X GmbH 200 Zündspulen zum Selbstkostenrichtpreis von 1.528,62 EUR pro Stück. Selbstkostenrichtpreise sind nach der einschlägigen Vorschrift später in Selbstkostenfestpreise umzuwandeln. Die X GmbH nahm das Angebot an und lieferte vereinbarungsgemäß die bestellten Zündspulen. Im Laufe des Jahres 2004 vereinbarten die Behörde A und die X GmbH die Lieferung von 350 weiteren Zündspulen. Nach erfolgter Lieferung dieser Zündspulen kam es zwischen der Behörde A und der X GmbH zu einem Streit über die Höhe des für die Zündspulen zu zahlenden Preises. Während die X GmbH die Auffassung vertrat, es sei ein bestimmter Selbstkostenfestpreis vereinbart worden, vertrat die Behörde A die Auffassung, man habe sich auf einen bestimmten Selbskostenrichtpreis geeinigt. Mit Urteil vom 14. Dezember 2005 (Anlagenband II, Anlage 1) wies das Landgericht (LG) B eine Klage der X GmbH gegen die Bundesrepublik Deutschland (vertreten durch die Behörde A), mit der nach teilweiser Rücknahme der Klage noch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 293.599,11 EUR nebst Zinsen begehrt wurde, als „zur Zeit unbegründet” ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das LG B aus, der Werklohnanspruch der X GmbH sei zur Zeit nicht fällig, da die Parteien einen Selbskostenrichtpreis vereinbart hätten und das danach erforderliche Preisprüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Auf die Frage, ob und ggf. mit welchem Ergebnis das Prüfungsverfahren inzwischen abgeschlossen worden sei, trugen die Kl mit Schriftsatz vom 31. Januar 2012 (Bl. 170 f. der Finanzgerichts(FG)-Akten) vor, es sei „nicht mehr geplant, Geschäfte mit irgend einer öffentlichen Einrichtung in Deutschland zu tätigen”; die X GmbH arbeite nur noch exportorientiert.
Mit Kaufvertrag vom 26. April 2001 (Allg. Akten, Fach „C-Straße 1, Z”) erwarb der Kl zum Kaufpreis von 620.000 DM das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück C-Straße 1 in Z. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte in zwei Raten in Höhe von 200.000 DM und 420.000 DM mit zwei von der X GmbH ausgestellten Verrechnungsschecks. Die genannten Schecks wurden ausweislich der Kontoauszüge (Bl. 34 und 35 der EStAkten für das Jahr 2001) am 22. Mai 2001 bzw. 02. Juli 2001 ein...