Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an einem betrieblich genutzten, mit einem ausschließlich vom Steuerpflichtigen finanzierten Gebäude bebauten Grundstück. Gewinnrealisierung bei der Beendigung von wie materielle Wirtschaftsgüter zu behandelnden Nutzungsmöglichkeiten. gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1990 der sowie gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes 1990
Leitsatz (amtlich)
Erwirbt der die Herstellungskosten eines Gebäudes tragende und dieses unentgeltlich betrieblich nutzende Steuerpflichtige den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück von seinem Ehegatten, ohne das der Steuerpflichtige bereits zuvor wirtschaftlicher Eigentümer der dem anderen Ehegatten gehörenden Grundstückshälfte war, ist dieser Vorgang als Anschaffung zu beurteilen. Zu den Anschaffungskosten rechnet auch der Verzicht auf den durch die Bebauung des Grundstücks mit dem Gebäude nach §§ 95, 946, 951, 812 BGB entstandene Ersatzanspruch (Ausführungen zur Annahme einer gemischten Schenkung, Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage der Gewinnrealisierung bei der Beendigung von wie materielle Wirtschaftsgüter zu behandelnden Nutzungsmöglichkeiten).
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7; BGB §§ 95, 946, 951 i.V.m. § 812, § 812; HGB § 255 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Der geänderte Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1990 der Firma und über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes 1990 vom 6. März 1995 und die Einspruchsentscheidung vom 30. September 1994 werden geändert. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb wird auf DM, der Anteil der Klägerin 1) daran mit DM und der Klägerin 2) mit DM sowie der verrechenbare Verlust mit DM festgestellt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden bis zum 6. März 1995 dem Beklagten zu 29,5 % und den Klägerinnen zu 70,5 %, danach dem Beklagten zu 16,6 % und den Klägerinnen zu 83,4 % auferlegt. Der Streitwert wird bis zum 6. März 1995 auf 51.873 DM und danach auf 43.825 festgesetzt.
Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf ihn entfallenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vorher Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, wie eine Ausgleichszahlung in der Sonderbilanz der Klägerin 2) zu erfassen ist.
Die Klägerin 1) betreibt ein unternehmen. Ihre Komplementärin ist die GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführerin die Klägerin 2) ist, welche auch die Kommanditistenstellung innehat. Das unternehmen wird auf einem 4.778 m² großen Grundstück betrieben, das die Klägerin 2) und ihr Ehemann am 31. Juli 1968 in Miteigentum zu je 1/2 erworben und 1969 mit einer Halle und einem Wohnhaus bebaut haben. Die bebaute Fläche beträgt 1.702 m². Die Halle dient vollständig, das Wohngebäude zu 22,65 % dem Gewerbe der Klägerin 1). Die Herstellungskosten der Halle sind von der Klägerin 2) allein aufgebracht worden. Sie wurden als ihr Sonderbetriebsvermögen bilanziert und auf eine Nutzungsdauer von 25 Jahren verteilt. Dabei ging man davon aus, daß die Klägerin 2) wirtschaftliche Eigentümerin des auf ihren Ehemann entfallenden Anteils sei. Auch die Herstellungskosten des Wohngebäudes, welche die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann je zur Hälfte getragen haben und die auf 50 Jahre abgeschrieben werden, wurden zu 11,325 % als Sonderbetriebsvermögen der Klägerin 2) erfaßt. Ebenso verfuhr man bei den Anschaffungskosten des zu 96,16 % betrieblich genutzten Grund und Bodens. Die Anschaffungskosten der Außenanlagen sowie der Betriebseinrichtungen wurden vom Betrieb bezahlt. Die Wirtschaftsgüter wurden in der Sonderbilanz der Klägerin 2) mit folgenden Anschaffungskosten erfaßt und standen zum 31.12.1989 wie folgt zu Buch:
|
Buchwert |
Anschaffungskosten |
|
DM |
DM |
Grund und Boden |
89.499 |
89.499 (anteilig) |
Wohnhaus |
16.607 |
29.280 (anteilig) |
Halle |
68.377 |
427.190 (100 %). |
Durch Vertrag vom 29. Dezember 1989 übertrug der Ehemann der Klägerin 2) seine Eigentumshälfte an dem Grundstück unter sofortigem Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten auf die Klägerin 2). Als „Ausgleich für die Grundstücksübertragung” wurde die Zahlung eines Betrages von 510.000 DM durch die Klägerin 2) vereinbart. Hierfür nahm diese ein Darlehen in Höhe von 500.000 DM auf, wofür im Streitjahr 41.364,36 DM Schuldzinsen zu zahlen waren, die in Höhe von 29.514 DM als Betriebsausgaben gebucht wurden.
In einem Gutachten des Gutachterausschusses der Stadt vom 3. April 1989, welches der Beklagte anerkannt hat, wurden folgenden Verkehrswerte auf den 1. März 1989 ermittelt:
|
DM |
DM |
Grund und Boden |
|
477.800 |
Wohnhaus |
|
487.700 |
Halle |
|
483.313 |
Außenanlagen Wasser-, Abwasser- und Elektroanschluß |
24.000 |
|
Hoffläche 81.500 |
|
|
Montagegrube |
2.500 |
|
Ölabscheider |
300 |
108.360 |
Betriebseinrichtungen |
|
|
Heizung Halle |
6.0... |