Entscheidungsstichwort (Thema)
Bilanzenzusammenhang und Änderung bestandskräftiger Bescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Korrektur eines Wertansatzes des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres stellt hinsichtlich der Veranlagung für das Folgejahr ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.
2. Der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs steht der Durchbrechung der Bestandskraft im Rahmen der Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht entgegen.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; KStG § 47 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Umfang der Änderung bestandskräftiger Bescheide des Jahres 1992 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO –.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 5. Juni 1991 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung innovativer Produkte und Anwendungen … Werkstoffe, insbesondere die Herstellung, Be- und Verarbeitung von sowie der Handel mit technischen Produkten wie … und … Produkten, … und …. Das Stammkapital der Klägerin betrug im Streitjahr 20 Mio. DM. Alleinige Gesellschafterin war die X-AG. Im Streitjahr wurde der Sitz der Klägerin von T nach C verlegt und ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis 30. September eingeführt, so dass es sich beim Streitjahr um ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 30. September 1992 handelt.
Die Klägerin reichte am 15. November 1993 die Körperschaftsteuererklärung 1992 sowie die Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz – KStG – beim beklagten Finanzamt – FA – ein, woraufhin am 10. Juni 1994 die entsprechenden Bescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO ergingen.
Am 7. März 1994 wurden geänderte Erklärungen eingereicht, weshalb das FA am 25. Juli 1994 gemäß § 164 Abs. 2 AO unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung geänderte Bescheide erließ.
Gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1992 legte die Klägerin Einspruch ein, welchem durch geänderten Bescheid vom 11. November 1994 abgeholfen wurde.
Ab 14. Dezember 1995 wurde durch das Finanzamt für Konzernprüfung T eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für das Veranlagungsjahr 1991 durchgeführt. Im Betriebsprüfungsbericht vom 9. November 2000 wurde durch den Prüfer insbesondere festgestellt, dass hinsichtlich der Organgesellschaft – Z-GmbH – bei der Klägerin als Organträgerin ein aktiver steuerlicher Ausgleichsposten in Höhe von insgesamt 743.817 DM in der Bilanz zum 31. Dezember 1991 zu bilden ist.
In der beim FA für das Streitjahr eingereichten Bilanz war ein aktiver steuerlicher Ausgleichsposten unstreitig nicht ausgewiesen.
Ab 5. Mai 1998 wurde durch die Zentrale Konzern- und Großbetriebsprüfungsstelle für den Oberfinanzbezirk … eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Veranlagungsjahre 1993 bis 1996 durchgeführt. Im Betriebsprüfungsbericht vom 21. Januar 2001 wurde der im Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts für Konzernprüfung T vom 9. November 2000 zum 31. Dezember 1991 gebildete aktive steuerliche Ausgleichsposten in Höhe von 743.817 DM unter Berücksichtigung von Mehr- und Minderabführungen durch die Z-GmbH für die Folgejahre fortgeschrieben. Hierbei wurde für 1992 eine unstreitige Minderabführung in Höhe von 242.500 DM berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2001 an die Zentrale Konzern- und Großbetriebsprüfungsstelle für den Oberfinanzbezirk … nahm die X-AG Bezug auf die Feststellungen im Prüfungsbericht vom 9. November 2000 und wies darauf hin, dass die nachträgliche Berichtigung der Bilanzansätze zum 31. Dezember 1991 bei der Klägerin zu einer Änderung der Anfangsbilanz des Jahres 1992 führe, weshalb die Veranlagung 1992 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu berichtigen sei. Daraufhin forderte das FA mit Schreiben vom 6. März 2001 die Klägerin über die X-AG dazu auf, geänderte Steuererklärungen für das Jahr 1992 einzureichen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin am 14. Mai 2001 nach.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2001 wies das FA darauf hin, dass ausgehend von den Feststellungen im Prüfungsbericht vom 9. November 2000 neben einem steuerlichen Ausgleichsposten in Höhe von 743.817 DM die Minderabführung in 1992 in Höhe von 242.500 DM zum Bilanzstichtag 30. September 1992 zu berücksichtigen sei und forderte die Klägerin unter Fristsetzung zur Einreichung einer korrigierten Steuerbilanz zum 30. September 1992 auf.
Nach fruchtlosem Fristablauf erließ das FA jeweils am 23. Oktober 2001 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG sowie einen geänderten Bescheid zum 30. September 1992 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG. Hierbei wurde das erk...