Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer. Anteilsvereinigung durch Verlängerung der Beteiligungskette
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG ist auch bei der Ausgliederung einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft aus einem Einzelunternehmen auf eine personenidentische Personengesellschaft (Einmann-GmbH & Co. KG), also bei einer bloßen Verlängerung der Beteiligungskette erfüllt.
2. Eine Steuerbefreiung nach § 5 GrEStG kommt im Rahmen des § 1 Abs. 2b GrEStG nicht in Betracht.
3. In der Tatsache, dass bei einer Ausgliederung zur Neugründung die Vorbehaltensfrist nicht eingehalten werden muss, während sie im Fall einer Ausgliederung zur Aufnahme zu beachten ist, ist kein Verstoß gegen Art. 3 GG zu sehen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2b, §§ 5, 6a Sätze 3-4; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Grunderwerbsteuerfestsetzung als Folge einer Ausgliederung der Klägerin aus einem Einzelunternehmen auf eine personenidentische GmbH & Co KG.
Herr A war alleiniger Inhaber eines Einzelunternehmens mit der Firma B e. K.. Dieses war zu 100 % an der Klägerin beteiligt.
Am ….2021 gründete Herr A die C GmbH & Co. KG (im Folgenden C KG). An dieser ist er als einziger Kommanditist beteiligt. Komplementärin ist die D Verwaltungs-GmbH, deren Alleingesellschafter ebenfalls Herr A ist und die nicht am Vermögen der C KG beteiligt ist.
Mit notariellem Vertrag vom ….2021 (Bl. 4 der Grunderwerbsteuer[GrESt]-Akten) wurde das gesamte einzelkaufmännische Unternehmen B e.K. mit allen Aktiva und Passiva nach den §§ 152 ff., 123 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) auf die C KG ausgegliedert. Die Eintragung der Ausgliederung ins Handelsregister erfolgte für das Einzelunternehmen und die C KG jeweils am …2022.
Gegenstand der Ausgliederung waren unter anderem sämtliche Geschäftsanteile an der Klägerin. Zu deren Vermögen gehörte zum Zeitpunkt der Ausgliederung auch Grundbesitz.
Aufgrund des vom Notar am …2021 übersandten Ausgliederungsvertrages teilte der Beklagte mit Schreiben vom 29.09.2022 der Klägerin mit, dass durch die Ausgliederung mit Handelsregistereintragung bezüglich der Klägerin ein gemäß § 1 Abs. 2b Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) grunderwerbsteuerbarer Tatbestand verwirklicht worden sei. Steuerbefreiungen wie z.B. der § 6a GrEStG kämen nicht zur Anwendung. Die Klägerin wurde aufgefordert, bis zum 27.10.2022 sämtliche Grundstücke, die am XX.XX.2022 zum Vermögen der Klägerin gehört haben und deren Verkehrswerte anzugeben.
Mit Schreiben vom 03.03.2023 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass die Anteile an der Klägerin bisher von Herrn A privat gehalten worden seien und sich im steuerlichen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens von Herrn A befunden haben. Im Zusammenhang mit der Umstrukturierung sei das Einzelunternehmen einschließlich der im Betriebsvermögen gehaltenen Anteile im Rahmen des Umwandlungssteuergesetzes in die C KG eingebracht worden. Dieser Tatbestand sei sowohl nach § 5 GrEStG als auch nach § 6a GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Mit Schreiben vom 14.03.2023 teilte der Beklagte mit, dass im vorliegenden Fall keine Steuerbefreiung zur Anwendung komme. Durch die Ausgliederung der Anteile sei für die Klägerin ein nach § 1 Abs. 2b GrEStG steuerbarer Vorgang verwirklicht worden. Die C KG sei Neugesellschafterin der Klägerin geworden. Somit gingen die Grundstücke fiktiv auf die Klägerin als neue Kapitalgesellschaft über. Die Steuerbefreiung des § 5 GrEStG sei hingegen nur auf Personengesellschaften anwendbar. Voraussetzung für die Anwendung des § 6a GrEStG sei, dass an der Ausgliederung ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft beteiligt seien. Abhängig sei eine Gesellschaft nur dann, wenn das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor und nach der Umwandlung an der abhängigen Gesellschaft beteiligt sei. Im vorliegenden Fall seien an der Ausgliederung Herr A als übertragender Rechtsträger und die C KG als übernehmende Rechtsträgerin beteiligt. Gesellschaften, die innerhalb von fünf Jahren vor der Umwandlung gegründet worden seien, könnten nach dem gleichlautenden Ländererlass zur Anwendung des § 6a GrEStG vom 22.09.2020 keine abhängigen Gesellschaften sein. Da die C KG am XX.XX.2021 gegründet worden sei, könne sie keine abhängige Gesellschaft sein. Somit sei auch § 6a GrEStG nicht anwendbar und der Vorgang sei voll steuerpflichtig.
Mit Schreiben vom 22.03.2023 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dass § 5 GrEStG grundsätzlich auf alle steuerbaren Erwerbsvorgänge des § 1 GrEStG anwendbar sei, auch auf die fiktiven Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 GrEStG. § 5 GrEStG greife deshalb auch dann, wenn auf die Gesamthand statt eines Grundstücks mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft, die zuvor in einer Hand vereinigt gewesen seien, übergingen. Ein steuerfreier Üb...