Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorschrift des § 2 Abs. 3 EStG verfassungswidrig
Leitsatz (redaktionell)
Die Neuregelung des § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 3; FGO § 69 Abs. 2-3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Frage, ob die erzielten negativen Gewerbeeinkünfte in voller Höhe mit den übrigen positiven Einkünften bei der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 1999 ausgeglichen werden können.
Die Antragsteller sind miteinander verheiratet und bezogen in den Vorjahren als angestellte Ingenieure Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (im Jahre 1995 z. B. in Höhe von rund 180.000 DM brutto). Aus einer Grundstücksgemeinschaft erzielt der Antragsteller regelmäßig positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (1995: rund 278.000 DM, 1999: 522.584 DM). Die Antragstellerin erzielte im Jahre 1999 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 7.258 DM.
Im Jahre 1997 gründeten die Antragsteller unter gleichzeitiger Aufgabe ihrer nichtselbständigen Beschäftigungsverhältnisse eine Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Die Antragsteller sind deren alleinige Kommanditisten sowie alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH; sie erzielten aus der Gesellschaft, deren Geschäftszweck die Entwicklung einer neuartigen Beratungssoftware ist, Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -.
Die Finanzierung der Gesellschaft erfolgte in der Anlaufphase ganz überwiegend durch Eigenmittel der Gesellschafter.
Die Einlagen der Gesellschafter beliefen sich per 31. 12. 1997 auf 470.000 DM, per 31. 12. 1998 auf 627.604 DM und per 31. 12. 1999 auf 725.456 DM; die handelsrechtlichen Fehlbeträge der KG entwickelten sich wie folgt:
- 1997: 369.791 DM,
- 1998: 727.450 DM,
- 1999: 862.576 DM.
Die Antragsteller bezogen in dieser Zeit zusammen die folgenden Geschäftsführervergütungen, um welche die Betriebsergebnisse der Gesellschaft bei der Ermittlung der Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erhöht wurden:
- 1997: 133.333 DM,
- 1998: 160.000 DM,
- 1999: 162.200 DM.
Mit Bescheid vom 20. März 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der KG für den Veranlagungszeitraum 1999 wurde festgestellt, dass von dem Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 701.135 DM wegen § 15a Abs. 1 EStG lediglich ein Teilbetrag in Höhe von 564.308 DM sofort ausgleichsfähig war, während der Differenzbetrag, da sich das negative Kapitalkonto der Antragsteller insoweit erhöht hatte, nur mit späteren Gewinnen verrechnet werden durfte.
Im Einkommensteuerbescheid vom 14. Mai 2001 wurde entsprechend den Regelungen in § 2 Abs. 3 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes - StEntlG - 1999 von dem ausgleichsfähigen Gewerbeverlust in Höhe von 564.308 DM (Antragsteller: 282.679 DM, Antragstellerin: 281.629 DM) lediglich ein Verlust von 364.921 DM zum Ausgleich der positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 515.326 DM (Antragsteller: 522.584 DM; Antragstellerin: ./. 7.258 DM) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte zugelassen. Auf diese Weise berechnete der Antragsgegner einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 157.663 DM und setzte die Einkommensteuer bei einem zu versteuernden Einkommen von 137.023 DM auf 34.872 DM fest.
Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Antragsteller am 29. Mai 2001 Einspruch ein und stellten gleichzeitig beim Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Mit Bescheid vom 21. Juni 2001 ordnete der Antragsgegner zunächst das Ruhen des Verfahrens hinsichtlich der Anwendung von § 2 Abs. 3 EStG bis zum Ergehen einer höchstrichterlichen Entscheidung an und lehnte die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ab. Auf Antrag der Antragsteller wurde mit Verfügung vom 22. August 2001 die Abschlusszahlung aus dem Einkommensteuerbescheid für 1999 unter Gewährung monatlicher Ratenzahlungen in Höhe von 5.000 DM gestundet.
Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 22. August 2001 wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück; die hiergegen erhobene Klage ist beim erkennenden Senat zum Aktenzeichen 6 K 6331/01 anhängig.
Zeitgleich mit der Klageerhebung am 20. September 2001 haben die Antragsteller auch den vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Sie meinen, die Vorschrift des § 2 Abs. 3 EStG sei verfassungswidrig und daher nicht anzuwenden. Es habe daher ein vollständiger Ausgleich der - gemäß § 15a EStG ausgleichsfähigen - Verluste aus Gewerbebetrieb mit den Überschüssen aus Vermietung und Verpachtung stattzufinden; dies hätte im Streitjahr 1999 einen negativen Gesamtbetrag der Einkünfte und damit eine Steuerfestsetzung auf Null DM zur Folge.
Die Beschränkung der Verlustverrechnung durch § 2 Abs. 3 EStG n. F. ...