Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung. Nachholung der Auflösung einer Rücklage nach § 7g EStG bei einem Überschussrechner. Totalgewinnidentität

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Gedanke der Totalgewinnidentität es ermöglicht, die in einem bereits bestandskräftig veranlagten Vorjahr zu Unrecht unterbliebene Auflösung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG im Falle der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung im ersten noch offenen Veranlagungszeitraum erfolgswirksam nachzuholen.

 

Normenkette

EStG 2002 § 4 Abs. 3, § 7g Abs. 6, 3, 4 S. 1; FGO § 69 Abs. 3, 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 31.03.2008; Aktenzeichen VIII B 212/07)

BFH (Beschluss vom 31.03.2008; Aktenzeichen VIII B 212/07)

 

Tenor

Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom 31. Januar 2007 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung im Verfahren 1 K 1222/07 ausgesetzt, soweit die Steuer höher als 42.079 EUR festgesetzt ist.

Hinsichtlich der auf den ausgesetzten Betrag entfallenden und bereits verwirkten Säumniszuschläge wird die Aufhebung der Vollziehung angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2003 vom 31. Januar 2007 zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 48 v.H. dem Antragsteller und zu 52 v.H. dem Antragsgegner auferlegt.

 

Gründe

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt, der ab dem Jahr 1996 zunächst gewerbliche Einkünfte aus einer Partnervermittlung sowie Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit als freier Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei erzielte.

Am 1. Dezember 1999 eröffnete der Antragsteller eine eigene Rechtsanwaltskanzlei. In seiner Einnahme -Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EinkommensteuergesetzEStG – für das Jahr 2000 machte er Abschreibungen auf Anlagevermögen in Höhe von 229.016,47 DM geltend. Ausweislich des beigefügten Anlagespiegels handelte es sich dabei lediglich in Höhe von 21.892,79 DM um Abschreibungen auf bereits vorhandenes Anlagevermögen. Mit Bescheid vom 14. Februar 2002 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer 2000 erklärungsgemäß und endgültig fest. In seiner Gewinnermittlung für das Jahr 2001 machte der Antragsteller wiederum Abschreibungen auf Anlagevermögen in Höhe von 120.000 DM geltend, die ausweislich des beigefügten Kontennachweises zur Gewinnermittlung als Ansparabschreibung deklariert waren. Mit Bescheid vom 17. Februar 2003 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer 2001 ebenfalls erklärungsgemäß und endgültig fest. Mit Schreiben vom 16. April 2003 informierte der Antragsgegner den Antragsteller darüber, dass er hinsichtlich der Einkommensteuervorauszahlungen ab dem Jahr 2002 von einem voraussichtlichen Gewinn in Höhe von 60.000 DM ausgehe und gab dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme. Dieser teilte daraufhin am 25. April 2003 mit, dass er wegen seiner Kanzleieröffnung am 1. Dezember 1999 Ansparabschreibungen für Existenzgründer im Jahr der Gründung und in den nächsten fünf Jahren in Anspruch nehmen könne. Daher sei für das Jahr 2002 kein Gewinn in Höhe von 60.000 DM zu erwarten.

Für das Jahr 2002 machte der Antragsteller ebenfalls eine Ansparabschreibung in Höhe von 95.000 EUR geltend und erklärte ferner in seiner Gewinnermittlung für das Jahr 2003 Erträge aus der Auflösung von Ansparabschreibungen in Höhe von 19.500 EUR. Die Einkommensteuerbescheide für 2002 und 2003 ergingen am 5. Januar 2004 und 27. Oktober 2004 jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit vom 1. November 2004 bis 14. März 2005 fand bei dem Antragsteller für die Jahre 2001 und 2002 eine Außenprüfung statt, die ausweislich des Prüfungsberichts vom 14. März 2005 im wesentlichen ohne Beanstandungen verlief. Im Prüfungsbericht finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass Gegenstand der Prüfung auch die Ansparabschreibungen gewesen wären. Ausweislich der beigezogenen Akten des Antragsgegners befindet sich allerdings in der sog. Hinweisakte ein Aktenvermerk vom 14. März 2005, der als Hinweis für die Veranlagungsstelle folgende Formulierung enthält:

„Die Rücklage § 7 g EStG wurde ergebnislos geprüft. Zu beachten bleibt, dass der Steuerpflichtige wegen seiner Tätigkeit in 1996 nicht zum Kreis der Existenzgründer zählt und somit die Zweijahresfrist für die Auflösung gilt.”

Aufgrund des Prüfungsergebnisses wurde der Einkommensteuerbescheid 2002 mit Bescheid vom 24. Juni 2005 geringfügig geändert und der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Am 30. Dezember 2005 reichte der Antragsteller seine Einkommensteuererklärung 2004 nebst Gewinnermittlung beim Antragsgegner ein, mit der er Erträge aus der Auflösung einer Ansparabschreibung in Höhe von 24.000 EUR erklärte. Mit Bescheid vom 20. Januar 2006 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer 2004 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Im November 2006 fand beim Antragsgegner eine Außenprüfung für die Jahre 2003 und 2004 statt. Ausweislich T...

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